Allgemeines

  / aventinus / Bavarica / Allgemeines

aventinus bavarica Nr. 27 [31.10.2014] / Bayernspiegel Nr. 4/2014, S. 21 

Andreas C. Hofmann 

Völkerverständigung über das Mittel der Kultur an der Feldherrnhalle in München. Zum Wandel eines historischen Mahnmals 


Der Münchner Odeonsplatz und die Feldherrnhalle dienten als Bühne für die „russische Nacht“ des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Die nationalsozialistische Vergangenheit des Monuments gerät fast für einen Augenblick in Vergessenheit — und es ist genau dieser Kontrast, der die historische Bedeutung dieses Denkmals wieder in Erinnerung ruft.

Wo vor über 90 Jahren Adolf Hitler mit seinem „Marsch auf die Feldherrnhalle“ noch versucht hatte, die junge deutsche Demokratie von Weimar in die Knie zu zwingen, wo in der Zeit des Dritten Reiches die Nationalsozialisten heute grotesk anmutende Rituale gefeiert hatten, an genau diesem Platz spielte Juli diesen Jahres das Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks Stücke russischen Komponisten wie Tschaikowsky.  

Die Feldherrnhalle erstrahlte im bunten Licht einer Spezialfirma, das Orchester bot eine musikalische Darbietung, die ihresgleichen sucht und der Chefdirigent Mariss Jansons überzeugte durch seine gleichermaßen professionelle wie emotionale Handwerkskunst. Er schien wie verschwunden, der martialische Charakter der Feldherrnhalle, die zu Ehren der bayerischen Feldherrn Tilly und Wrede an die militärischen Erfolge im Dreißigjährigen Krieg und den napoleonischen Befreiungskriegen erinnern sollte. Ja, sie ist auch ein Zeichen der Kultur- und Kunstpolitik des bayerischen Königs Ludwig I. gewesen, der sie 1 844 eröffnen ließ. In den folgenden Jahrzehnten war sie allerdings stets mehr ein Denkmal nationaler Begeisterung (beispielsweise im Ersten Weltkrieg) als des interkulturellen Austausches.  

Und das ist es, was die Feldherrnhalle im 21 . Jahrhundert sein soll: Ein Ort der kulturellen Begegnung, ein Platz des Austausches von Völkern, die sich zuvor in ihrer Geschichte verfeindet gegenüber standen und teilweise auch bekriegten. Dabei darf die Vergangenheit der Feldherrnhalle nicht in Vergessenheit geraten, ja sie soll vielmehr eine Erinnerung für die Gegenwart sein. Der Kontrast zwischen einem vormals „nationalsozialistischen Heiligtum“ und einem Ort der kulturellen Begegnung soll hierbei kein Widerspruch sein. Er ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass nicht Krieg und Nationalismus, sondern Freundschaft und Völkerverständigung unser Jahrhundert prägen sollen. Diese Mahnung hat nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse in Ostmitteleuropa wieder an Relevanz gewonnen. 

[http://www.neumannmueller.com/uploads/tx_skheaderelement/NM_Klassik-am-Odeonsplatz-2010_8866.JPG]  

Foto: Ralph Larmann für Neumann&Müller,
http://www.neumannmueller.com

Veröffentlichung des Beitrages mit freundlicher Genehmigung der
Bayerischen Einigung e.V.

Empfohlene Zitierweise

Hofmann, Andreas C.: Völkerverständigung über das Mittel der Kultur an der Feldherrnhalle in München. Zum Wandel eines historischen Mahnmals. aventinus bavarica Nr. 27 [31.10.2014] / Bayernspiegel Nr. 4/2014, S. 21, in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9880/

Bitte setzen Sie beim Zitieren dieses Beitrags hinter der URL-Angabe in runden Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse.



Erstellt: 01.11.2014

Zuletzt geändert: 01.11.2014

ISSN 2194-198X