Außereuropäische Geschichte

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aventinus varia Nr. 34 [20.06.2012] 

 

Julia Harnoncourt 

Dahomey as it is“. Zivilisierungsmission und biologischer Rassismus bei J. A. Skertchly

 

1. Einleitung 

Die vorliegende Arbeit untersucht das Buch „Dahomey as it is“ (Skertchly 1874) des britischen Insektenforschers J. A. Skertchly  (1850-1926) auf dessen Meinungen über die „Zivilisierungsfähigkeit“ der Bewohner des westafrikanischen Königreichs Dahomey und auf seine methodischen Vorschläge für eine Zivilisierungsmission. Dahomey exisitierte im heutigen Staat Benin vom 17. bis zum 19. Jahrhundert und soll ein extrem zentralistisch aufgebauter Staat gewesen sein. Es ist außerdem bekannt für seine wichtige Rolle als Lieferant im transatlantischen Sklavenhandel (Monroe 2011: 769f.).

Skertchly bereiste Dahomey acht Monate lang im Jahre 1871 (Frisch 1998: 105; Monroe 2011: 792). Auf Basis dieser Reise schrieb er sein Werk „Dahomey as it is“ (Ross 1985: 307). Skertchly kam eigentlich nach Dahomey, wie er selbst sagt, um zoologische Sammlungen durchzuführen. Da er aber immer wieder davon abgehalten wurde und seine Untersuchungen, als er endlich die Erlaubnis dazu bekommen hatte, sie durchzuführen, trotzdem erfolglos waren, beschloss er schlussendlich, statt Insekten Menschen zu untersuchen (Skertchly 1874: Preface xii). [1]

Zivilisierungsmissionen werden durch die Vorstellung bestimmt, dass es sowohl notwendig, als möglich ist, andere Kulturen, die für weniger entwickelt beziehungsweise weniger zivilisiert gehalten werden, im Sinne der eigenen Kultur zu verändern und auf einer imaginären, geschichtlich bestimmten Entwicklungsstufenleiter weiter nach oben zu heben. Für mich ist die Ansicht, ein selbst- oder fremdbestimmtes Menschenkollektiv durch die Kultur eines Menschenkollektivs, dem man sich zugehörig fühlt, zivilisieren zu müssen, eine der unter dem Rassismusbegriff zusammengefassten Vorstellungen. 

Somit wird klar, dass ich den Rassismusbegriff als „Rassismus im weiteren Sinne“ verstehe, bei dem der Rassebegriff nicht notwendigerweise vorkommt, (Hund 2006: 16). „Racism in a broad sense [is] defined as an ideology justifying social, economic and political inequality on grounds of putative or real innate differences […]“ (Kraler, Sonderegger 2009: 3). Was für die Analyse noch zusätzlich wichtig ist, ist die bei vielen Autoren und Autorinnen erwähnte immanente Hierarchisierung, die bei jeder Form von Rassismus zu finden ist (z.B. Sonderegger 2004: 13).

Nun möchte ich allerdings zwei für die Analyse wichtige Begriffe definieren, die den von mir als Rassismus definierten Bereich unterteilen, und versuchen, sie von einander abzugrenzen: die zivilisierungsmissionarische Vorstellung und den biologischen Rassismus. [2] Die Vorstellung der Zivilisierung versucht eine Kultur (die „eigene“ oder eine „fremde“) an eine als überlegen angenommene Kultur anzupassen (angelehnt an Schröder 2005: 21f.). In dieser Analyse geht es allerdings um eine als kulturelle Einheit wahrgenommene Staats- oder Staatengemeinschaft (manchmal England, manchmal Europa), die sich selbst als überlegen (beispielsweise zivilisiert) betrachtet und versucht, eine als unterlegen (beispielsweise unzivilisiert) angesehene Gruppe an die eigene Kultur anzupassen oder in ihrem Status auf der von der angeblich überlegenen Gruppe konzipierten hierarchischen Stufenleiter zu heben. [3] Diese Vorstellung, die Aufgabe zu haben, dies für eine andere Kultur zu tun, beruht auf der Ansicht, dazu verpflichtet zu sein, auf einem Sendungsbewusstsein (hier: „the white mans burden“; Barth 2005: 202; Sonderegger 2005: 46). Erst dies macht den Versuch der Zivilisierung zur Zivilisierungsmission.

Der biologische Rassismus geht von biologischen, natürlich gegebenen Unterschieden aus, wobei soziale und kulturelle Differenzen biologisiert werden. Boris Barth schreibt, dass diese Art von Rassismus von unveränderlichen Rassen ausgeht (Barth 2005: 203). Allerdings muss, wie ich meine, auch der biologische Rassismus nicht explizit von Rassen sprechen (er kann zum Beispiel auch von Genen sprechen). Außerdem bin ich auch von der Unveränderlichkeit der Rassen innerhalb der Konzepte des biologischen Rassimus nicht überzeugt. So gibt es zum Beispiel in Lateinamerika Vorstellungen der Hebung einer ethnischen Gruppe durch die Vermischung bestimmter Rassen, wobei hier sicherlich kulturelle und biologische Theorien vermengt werden. [4] Besonders wichtig für diese Untersuchung ist, dass eine Zivilisierungsmission und biologischer Rassismus sich nicht einander ausschließen. [5] Eine Abgrenzung ist hier also schwer.

Ein Unterschied ist sicherlich, dass bei zivilisationsmissionarischen Konzepten Einzelpersonen in der Hierarchie aufsteigen können (auch wenn der Aufstieg durch äußere Zivilisierung meistens auf Gruppen angelegt ist). In biologischen Vorstellungen kann dies, sofern sie den hierarchischen Aufstieg erlauben, nur über Gruppen und Generationen geschehen. [6] Während der zivilisationsmissionarische Aufstieg durch Praktiken erfolgt, die heute als kulturell betrachtet werden, geht dem biologisch-rassischen Aufstiegsmodell die Ansicht voraus, dass die hierarchische Verbesserung nur durch Fortpflanzung geschehen könne. Bei beiden Vorstellungen kann es sich um ein Programm handeln: den Versuch einer hierarchischen Verbesserung. Es könnte bei den biologisch-rassischen Konzepten der Statushebung einer Gruppe von einem biologischen Zivilisierungsversuch gesprochen werden, da die Indikatoren des Erfolgs in beiden Fällen solche sind, die heute als kulturell betrachtet würden.

An dieser Stelle möchte ich zuerst klären, wie Skertchly in seinem Werk „Dahomey as it is“ die Zivilisierungsmission in ihrer realen Durchführung betrachtet und die Frage stellen, ob er sie für notwendig und sinnvoll hält. Außerdem werde ich versuchen, seine zivilisatorischen Vorschläge darzustellen und seine vorgestellten Meinungen in den zeitgenössischen Diskurs einzubetten. Daran anschließend möchte ich je ein Kapitel mit zwei speziellen, sehr wichtigen Themen dieses Diskurses füllen: der Sklaverei und der katholischen Zivilisierungsmission. In beiden Fällen geht es um Skertchlys Kritik an der zeitgenössischen Politik (beispielsweise an zeitgenössischen „Zivilisierungsmissionen“) und um seine Vorschläge zu deren Verbesserung.

2. Zivilisierungsmöglichkeit und -methoden bei Skertchly 

2.1. Skertchly und die Zivilisierungsmission? 

Zu Beginn ist festzuhalten, dass sich bei Skertchly sowohl Ideen des biologischen Rassismus, als auch zivilisationsmissionarische – also ebenfalls rassistische – Vorstellungen finden. Da ich mich aber mit seinen Vorstellungen im Zusammenhang mit der Zivilisierungsmission befasse, muss ich seine diesbezüglichen Ansichten herausarbeiten, um sie vom biologischen Rassismus abzugrenzen. 

Eine der Grundlagen für Skertchlys wissenschaftliches Denken ist der Darwinismus. [7] So nennt er auch ein ganzes Kapitel: „A plea for Darwinism“ (Skertchly 1874: 481) und macht darin seine Position sehr deutlich:

„I would here state roundly my belief that the negro is a sub-species or permanent variety of the genus homo. One of the distinctive features of a species is its power to procreate a succession of individuals similar to itself […] Now one of the strongest arguments in favour of the sub-species theory is the fact that the children of a white father and a negro mother are notoriously unproductive, more especially when they marry mulattoes like themselves.“ (Skertchly 1874: 484) 

Mit diesem Zitat spricht Skertchly den Schwarzen einerseits das Menschsein zu, [8] grenzt sie aber doch deutlich von den Weißen ab. [9] Damit unterscheidet er sich von Meinungen wie derer James Hunts (1833-1869). Dieser war in den 1860er Jahren Präsident der Anthropological Society of London und vertrat die Meinung, dass der Schwarze biologisch näher zum Affen, als zum Europäer stehen würde und darum nicht zivilisierbar sei. Diese Einstellung geht auf eine polygenetische Vorstellung zurück (Sonderegger 2009), die nicht davon ausgeht, dass alle Menschen ursprünglich einer Art entsprungen sind (Bitterli 1976: 327). [10] Skertchly aber bekennt sich mit diesem Zitat und als Anhänger des Darwinismus gleichzeitig zu einer monogenetischen Vorstellung, zu einer Therie also, wonach alle Menschen von demselben Stamm abstammen. Dadurch und durch die darwinistische Evolutionstheorie wird die Zivilisierung von Schwarzen als solche für Skertchly innerhalb seines Wissenschaftsverständnisses erst möglich. Mit demselben Zitat und mit einer seltsamen Vorstellung über die Fortpflanzungsmöglichkeiten von Mulatten/Mulattinnen gibt Skertchly allerdings auch zu erkennen, dass es in seinem Konzept Sub-Gattungen des Menschen gibt, die sich rassisch sehr wohl unterscheiden ließen und denen tiefgreifende Unterschiede zugrunde lägen. Es gab auch andere Autoren, welche seltsame Theorien über die Fortpflanzungsfähigkeit von Mulatten/Mulattinnen vertraten. Einer von ihnen, auf den sich viele seiner Nachfolger vielleicht auch Skertchly  berufen, stammt aus dem 18. Jahrhundert und heißt Edward Long (1734-1813). Er benutzte dieses Argument jedoch zur Untermauerung der polygenistischen Idee (Bitterli: 1976: 330). Letztendlich aber schließt sich Skertchly vielen zeitgenössischen darwinistischen Denkern an (Sonderegger 2009: 63) und öffnet sowohl die Tore für die Vorstellung der Zivilisierungsmöglichkeit, als auch für den ebenfalls von ihm vertretenen biologischen Rassismus.

An erster Stelle muss aber die Frage stehen, ob für Skertchly eine Zivilisierung der Schwarzen grundsätzlich möglich ist. Diese Frage verneint er mit einem Zitat von Richard Burton (1821-1890), der ebenfalls ein Mitglied der Anthropological Society ist (Sonderegger 2009: 47f.) und auch ein Buch über Dahomey geschrieben hat (Burton 2005 [1864]). Er wird relativ oft von Skertchly zitiert und genießt offensichtlich seine Wertschätzung.

„I am strongly inclined to think that there exists in the negro an „innate and enduring inferiority of a race which has had so many an opportunity of acquiring civilization, but which has ever deliberately rejected improvement.“[Nach Burton 2005 [1864]: 120] Most heartily do I agree with Burton in his statements showing that the negro has been raised to a pinnacle from which he will be overturned when the true knowledge of his race as it is, and not as it is supposed to be, is obtained.“ (Skertchly 1874: 483) 

Mit dieser Aussage widerlegt Burton der Vorstellung einer möglichen Zivilisierung; Skertchly bleibt aber mit dem, was er hinzufügt relativ vage. So widerspricht er sich selbst und diesem Zitat an mehreren anderen Stellen. Er erzählt zum Beispiel davon, dass in Dahomey der ganze Staat auf das Heer aufgebaut sei und konstatiert, je höher der militärische Rang einer Person wäre, desto höher sei ihre allgemeine Position. Dabei fügt er hinzu, dass dies in jedem Land der Fall wäre, „where civilization is as yet in its infancy“ (Skertchly 1874: 444). Mit diesem „yet“ deutet er an, dass diese Zivilisation wachsen und dass dieser „Infant“ „erwachsen“ werden kann. [11]

An einer Stelle im Vorwort zu dem Buch spricht er sogar die Zivilisierungsmission als solche an: 

„The civilisation and education of the negro is all very well, but let us have a thorough understanding of the being upon whom we are about to experiment, before launching out into extravagant theories.“ (Skertchly 1874: Preface xi) 

In diesem Zitat steckt eine immanente Kritik an der Zivilisierungsmission. Skertchly versucht aber, hierdurch sein Werk als Grundlage zu etablieren, die man vor dem Kreieren von Theorien bräuchte und reiht sich somit definitiv in den zivilisierungsmissionarischen Diskurs ein.

Ich bin der Meinung, dass Skertchly den Diskurs über die Zivilisierung von Schwarzen auf einer biologischen bzw. biologischeren Basis sieht, da er meint, dass nicht jeder Schwarze gleich ein „Negro“ sei, sondern dass „the true negroes may be defined to extend between the parallel of the Kong Mountains and that of the Congo“. Allerdings hält er die Grenzen nicht für fix und konstatiert, dass es in Richtung Norden zivilisiertere Rassen gäbe, die laut ihm sogar schwarze Philosophen hervorbringen könnten (Skertchly 1874: 484). Insofern trifft Skertchly unter den Schwarzen rassische Unterscheidungen und spricht ihnen, je nach der von ihm als Rasse definierten Gruppe, die Fähigkeit zur Zivilisation zu oder ab.

Aber nicht nur die Rasse ist für Skertchly in diesem Zusammenhang ausschlaggebend. So überträgt er auch die in Europa vorherrschende Vorstellung, dass der Grad der Zivilisierung von der sozialen Klasse abhängt (Melber 2005: 185), auf seine Vorstellungen über die Zivilisierbarkeit der Bewohner Dahomeys. Er meint zum Beispiel, dass König Gelele, der während Skertchlys Besuch Herrscher von Dahomey war, „capable of receiving a first-class education“ wäre (Skertchly 1874: 122). Er fügt noch verallgemeinernd hinzu:

„I have always found among the nobles of Dahomey a ready aptitude to receive instruction, and a thorough understanding of matters that would be deemed far beyond the grasp of their minds.“ (Skertchly 1874: 122) 

So würde ich sagen, dass Skertchly zumindest die Zivilisierung  höhergestellter Männer bestimmter Abstammung in einem gewissen Grad für möglich hält. [12] Die Einschränkung, „in einem gewissen Grad“, ist darum angemessen, weil Skertchly in einem anderen Zusammenhang meint, dass „the highest ambition of the race is to be a trader“, der sich dann in Skertchlys Vorstellung nach einer äußerlichen Zivilisierung gegen seinen weißen Lehrer wendet (Skertchly 1847: 485). Über die Aschanti, eine westafrikanische Volksgruppe, schreibt er später in einer rhetorischen Form, die in seiner Zeit durchaus üblich war, da die Handelsbeziehungen mit Afrika innerhalb der Zivilisierungsmission eine überaus wichtige Rolle spielten (Peterson 2005):

„Could the Ashantees be induced to stop their blood-thirsty practices and turn their talents to commercial pursuits they would soon develop the natural resources of their country, and it is to be hoped that a way to the coast will ere long be opened for them which will go far towards their civilization, and I doubt not that in a few years they will have completely walked over the heads of the negro Fantees whose aptitude for learning is but of a very low type. Should we become masters of Ashantee it is to be hoped that they will be ruled with a strong hand, and at the same time every opportunity of direct trade given them, by which means we may develop a cruel blood-thirsty race into the greatest mercantile tribe on the Western Coast.“ (Skertchly 1847: 513)

In diesem Zitat lassen sich viele Anhaltspunkte bezüglich Skertchlys Vorstellungen über die Zivilisierungsfähigkeiten und -methoden finden, die hier zumindest hauptsächlich auf die Aschanti bezogen werden. 

Ein Argument, das in dem Zitat sogar zweimal vorkommt, ist, dass der Handel als solches eine zivilisierende Wirkung hätte. Eine Ansicht, die im viktorianischen England von Anhängern der Marktwirtschaft nur bezüglich der Frage umstritten war, ob der Markt selber eine zivilisierende Wirkung hätte oder ob ein gewisser Zivilisationsgrad der Entwicklung eines kapitalistischen Marktes voraus gehen müsse (Peterson 2005: 35 u. 38). Skertchly vertraut offensichtlich auf die intrinsische zivilisatorische Wirkung des Marktes und hält es darum auch für eine gute Zivilisierungsmethode, wenn die Engländer Herrscher über die Aschanti werden sollten, einerseits mit einer starken Hand durchzugreifen, ihnen aber auch jede Möglichkeit für den Handel offen zu lassen. Hier findet sich auch schon das nächste Argument: das der Herrschaft. Die Konstatierung der Grausamkeit derer, die beherrscht werden sollen, ist ein typisches Muster der Legitimation von Herrschaft (Osterhammel 1995: 115). Ein Beispiel dafür ist der Kannibalenmythos. Dieser wirkte dadurch herrschaftslegitimierend, dass eine Gruppe mit dem Argument der Menschlichkeit als Gegner des Kannibalismus auftrat und dadurch die Chance bekam, Herrschaft über andere auszuüben (Hund 2007: 63). Allgemein können beide Formen von Rassismus, der Zivilisierungsmissionarische und der Biologische, als herrschaftslegitimierend errachtet werden, wobei die Zivilisierungsmission die Herrschaft als etwas (in der Theorie) nur vorübergehendes betrachtet (Peterson 2005: 38). [13] Interessant ist, dass Skertchly im Bezug auf den Kannibalismus in Dahomey Richard Burton widerspricht. Während dieser behauptet, dass die Bewohner Dahomeys Kannibalen seien, meint Skertchly, dass sie dies nur rituell andeuten würden, aber niemals wirklich Menschenfleisch äßen (Skertchly 1874: 367 u. 469). Die unterschiedliche Bewertung der Grausamkeit der dahomeyanischen Kultur durch Burton und Skertchly könnte damit zusammenhängen, dass König Gelele in der Zeit, in der Skertchly in seinem Land zu Besuch war, versuchte mehr Kontakt zu England aufzunehmen. In den 1860er Jahren, als Burton Dahomey besuchte, war dies nicht der Fall (Ellingworth 1964: 211). Skertchly hat offensichtlich ein Interesse daran, dass England in Austausch mit Dahomey steht. Darum erwähnt er auch des Öfteren König Gelele gegenüber, dass England nur unter gewissen Umständen Beziehungen mit seinem Land unterhalten würde und beteuert in seinem Buch, dass der König ein ehrliches Interesse am Kontakt mit England hätte (Skertchly 1984). In der Tat stand Dahomey zu diesem Zeitpunkt bereits in regem Austausch mit England und hatte auch schon einige Probleme zu bewältigen, da England Dahomey seine Bedingungen aufzudrängen wollte (Ellingworth 1968: 211). Dass das Kannibalismusmotiv die Zivilisierbarkeit der Dahomeyaner in den Augen der Zeitgenossen hätte in Frage stellen können (Osterhammel 2005: 417), könnte ebenfalls ein Grund dafür sein, dass Skertchly den Kannibalismus in Dahomey so beharrend verneint.

Ein anderes typisches Zivilisierungsargument lässt sich in dem oben angeführten wörtlichen Zitat finden. Die Bearbeitung des Bodens als Teil des Zivilisierungsdiskurses beinhaltet drei weitere Ebenen. Erstens wird eine Gesellschaft, die ihren Boden nicht ausreichend bearbeitet (oder dies nur für die eigene Nutzung tut) als unzivilisiert angesehen (Peterson 2005: 41); zweitens dient die Nutzbarmachung des Bodens in den Vorstellungen Skertchlys und vieler seiner Zeitgenossen als Zivilisierungsmethode im Sinne von Arbeit als Zivilisierungsmittel (Peterson 2005: 40); und drittens war die Agrikultur für den europäischen Handel extrem wichtig (Ziai 2005: 196), sicherlich auch im Sinne der Weiterführung oder Etablierung eines Abhängigkeitsverhältnisses. [14]

Skertchly meint in dem obigen Zitat auch, dass die Aschanti mit den von ihm angeführten Methoden auf der „Zivilisationsstufenleiter“ in wenigen Jahren höher steigen könnten als die Fante ein ebenfalls westafrikanisches Volk , da die Aschanti eine größere Lernfähigkeit hätten. Obwohl dies auch als biologisch-rassistisch gewertet werden kann, spricht er den Fante die generelle Fähigkeit zum Lernen nicht ab. Auch diese Art der Argumentation von mehr oder weniger zivilisierbaren Menschen oder Rassen ist durchaus üblich (Osterhammel 2005: 417).

Ein Großteil der sich mit Zivilisation und Zivilisierung beschäftigenden Denker nahm an, dass die Europäer sich im Laufe der Jahrhunderte selbst zivilisiert hätten. Gemäß dieser Vorstellung hätten sich auch andere Länder, Kontinente oder Rassen vorwärts entwickelt, aber die Europäer hätten es so der Gedanke am weitesten gebracht (Osterhammel 2005: 363), während alle anderen „Zivilisationen“ zurückgeblieben oder steckengeblieben seien (Melber 2005: 183). Sogar die Möglichkeit der Dekadenz wurde diskutiert (Osterhammel 2005: 418). [15] Diese Theorien führten oft dazu, dass diverse afrikanische Praktiken mit europäischen Praktiken, die in der Geschichte weit zurücklagen, verglichen wurden. So auch bei Skertchly: Er vergleicht Götter der Dahomeyaner mit griechischen Göttern, die Praktiken der Menschenopfer mit denen der Druiden sowie die in Dahomey vorkommende Schlangenanbetung mit Kulten der Ägypter und alter alemannischer „Nationen“ (Skertchly 1847: 236, 466, 468-470). [16] Neben den Geschichtsvergleichen macht er auch Vergleiche zu europäischen Kindern. So meint er zum Beispiel, dass die Witze der Hofnarren so lustig wären, wie die von neunjährigen Kindern und dass in Europa nur zehnjährige Kinder über die Witze lachen würden, über die die Dahomeyaner lachten (Skertchly 1874: 173 u. 276). Das Motiv der „infancy“ wurde nun schon einmal angedeutet und gehört in der zeitgenössischen Literatur über die Schwarzen sicherlich zu einem der prominentesten Motive (z.B. Hund 2007: 39; Said 1994: 22). Außerdem vergleicht Skertchly die Sitten der Dahomeyaner noch mit anderen „Nationen“, unter anderem mit den Hindus und den Chinesen. [17] Diese sieht er als zivilisiert an, wobei er sich auch hier wieder einmal sich selbst widersprechend auf deren „barbarische“ Sitten bezieht (Skertchly 1874: 63, 237 u. 500). Mit den geschichtlichen Kulturvergleichen und den Vergleichen zu anderen von ihm als zivilisiert angesehenen Kulturen will er Sitten wie Menschenopfer, Sklaverei und ähnliche Bräuche zwar nicht legitimieren. Er versucht aber den Eindruck der Grausamkeit abzuschwächen, der die Vorstellung über Dahomey unter seinen Zeitgenossen offensichtlich prägte (Ross 1985: 316f.), vermutlich um den von ihm erwünschten Kontakt zwischen England und Dahomey zu ermöglichen.

Ein anderer Bezug, den Skertchly zur Zivilisierungsmöglichkeit herstellt, findet sich auch in dem Vergleich mit Kindern, da diese Vergleiche in die linearen Fortschrittsvorstellungen von Skertchly und seinen europäischen Zeitgenossen passen. Ein Kind entwickelt sich zwangsläufig, allerdings braucht es jemanden, der auf es aufpasst, damit es sich gut entwickelt, was in diesem Fall Europa bzw. England wären. Auch eine Nation, die „nur“ geschichtlich zurückliegt, kann und muss sich in manchen dieser Vorstellungen vielleicht sogar entwickeln und wird irgendwann theoretisch (in einer Ewigkeit von Jahren) den Stand der europäischen Zivilisation erreichen können. Allerdings wäre es ein Beweis äußerster Humanität (wenn nicht sogar eine Notwendigkeit), wenn dieser Nation eine dabei helfen würde, die schon viel weiter gekommen ist, um die als richtig angesehene Entwicklung einzuschlagen (Osterhammel 2005: 365f. u. 371).

Was sich bei Skertchly zumindest nicht explizit finden lässt, ist das typische Argument der Geschichtslosigkeit Afrikas (z.B. Eckert 2006: 68), obwohl seine geschichtliche Schilderung relativ kurz ist und erst mit 1625 beginnt (Skertchly 1874: 448ff.). Allerdings finden sich in seinem Bericht relativ viele Aussagen über eine falsche Form der Zivilisierung oder darüber, wie europäische Objekte oder Sitten von den Bewohnern Dahomeys zwar teilweise übernommen worden seien, dadurch aber ihren Zweck verloren hätten. So erzählt Skertchly davon, dass in Dahomey europäische Sonnenschirme Statussymbole seien, dass Leute, die rauchen, nur versuchen würden, damit ihre Zivilisierung zu zeigen und dass es Alkoholmissbrauch gäbe, was möglicherweise auch er als Nebenwirkung der Marktwirtschaft deutete (Peterson 2005: 36). Ferner würden sie die Gewehre extrem unverantwortlich verwenden, so dass deren Benutzung andauernd zu Selbstverletzungen führe und sie könnten nur reiten, wenn sie von zwei anderen Personen gehalten würden, die zu Fuß unterwegs sind, womit der Sinn des Reitens, die schnelle Fortbewegung, verloren ginge usw. (Skertchly 1874: 10, 27, 66, 167f., 198 u. 276f.). Die Liste ist endlos. Diese wirklich grausamen Beschreibungen können in den zu Skertchlys Zeiten gängigen Diskurs über die falsche Dosis der Zivilisierung eingeordnet werden (Eckert 2005: 276). Ich denke, dass Skertchlys Meinung über diese seltsamen Anwandlungen daher kommt, dass den Dahomeyanern zu früh diese Art von Zivilisation angeboten worden sei und dass sie (noch) nicht weit genug entwickelt wären, um damit umgehen zu können (ein ähnliches Argument findet sich bei Osterhammel 1995: 109). Darum hat Skertchly wohl auch eine ziemlich schlechte Meinung über die „assimilierten“ Afrikaner (Skertchly 1874: 49), über Afrikaner also, die nach europäischen Sitten erzogen wurden und eine europäische Bildung bekamen (Eckert 2006: 61). Er meint nämlich, dass deren Zivilisierung nur äußerlich sei (Skertchly 1874: 485). 

2.2. Die Sklaverei als Zivilisierungsmethode 

Im 18. Jahrhundert war Dahomey eines der wichtigsten Handelszentren für den transatlantischen Sklavenhandel (Wirz 2003: 79). Zu der Zeit, als Skertchly Dahomey besuchte, war dies wohl nicht mehr so, denn die immer größer werdende Bewegung gegen den Sklavenhandel und gegen die Sklaverei die Abolitionsbewegung war bereits im 18. Jahrhundert einflussreich (Bitterli 1976: 151). 1807 wurde in England zuerst der Sklavenhandel und 1836 auch der Besitz von Sklaven verboten. Die meisten anderen Länder Europas und Amerikas folgten England nach und nach. Kuba und Brasilien erließen erst 1880 und 1888 das Verbot der Sklaverei (Wirz 2003: 72), was bedeutet, dass unter anderem dort zu jener Zeit, in der Skertchly sein Werk „Dahomey as it is“ schrieb, der Sklavenhandel noch erlaubt war.

Skertchly sieht im Verbot des Sklavenhandels den Grund von Dahomeys Niedergang (Skertchly 1874: 45, 67). Er ist also, auch wenn er selber das bestreitet, ein eindeutiger Befürworter der Sklaverei: 

„To civilize the negro nothing would be more conducive to success than to transplant him to another continent, and there compel him to labour under a strict but enlightened system until he is capable of taking care of himself. Where they have been obliged to work, either by compulsion or by necessities, they have always improved up to a certain standard, where they all stop short as though wound up, and the cases where they have advanced beyond this limit are rare as white crows. […]

Let it not for one moment be imagined that I am an advocate for slavery, if by that is understood the possession of one human being by another as a chattel. On the contrary, I would use my best endeavours to put a stop to so nefarious a traffic in human flesh; but, at the same time, I would defend the exportation of negroes to our tropical colonies, there to be utilized as farm labourers, just as Coolies are shipped from one part of the globe to another. White labour in the tropics is impossible; and the animal best calculated to perform the necessary tillage is the negro.“ (Skertchly 1874: 486) 

Dieses Zitat gibt viele Anhaltspunkte über Skertchlys Gedanken bezüglich der Sklaverei. Als erstes soll hier aber seine Rhetorik untersucht werden. Während er eigentlich eindeutig für den Sklavenhandel argumentiert, behauptet er doch, dass er weit davon entfernt sei, ein Verfechter des „illegalen Handels“ zu sein. Außerdem schwächt er seine angebliche Einstellung gegen den Sklavenhandel noch dadurch ab, dass er meint, er wäre nur dagegen, wenn dies den Besitz von Menschen als bewegliches Gut bedeute. Ich nehme an, dass diese Rhetorik eine Notwendigkeit seiner Zeit darstellt, da es in den 1870er Jahren in England praktisch unmöglich war, für den Sklavenhandel oder für die Sklaverei zu sein (Peterson 2005: 36). Abgesehen von diesem rhetorischen Trick spricht er unter Anderem an einer anderen Stelle im Text vom „odious slave trade“ (Skertchly 1874: 43), was zeigt, dass eine offene Befürwortung des Handels mit Menschen für ihn offensichtlich unmöglich war.

Nach der eindeutigen Feststellung, dass Skertchly ein Befürworter des Sklavenhandels ist, ist es interessant, sich die Argumente, mit denen er seine Position verteidigt, genauer anzusehen. Ich habe dies in drei Argumentationsstränge geteilt: erstens die Sklaverei diene der Zivilisierung; zweitens Schwarze könnten sich noch nicht um sich selbst kümmern; und drittens Weiße seien biologisch untauglich, um die Arbeit in den Tropen zu bewerkstelligen.  

Das erste Argument, die Sklaverei diene der Zivilisierung, lässt sich wiederum in die entsprechenden Gründe unterteilen. Der Hauptgrund ist hier die Arbeit, wobei der Zwang zur Arbeit in Kauf genommen wird. Interessant ist, dass Skertchly hier den offensichtlichen Zwang neben den „Zwang durch Notwendigkeit“ stellt, der vermutlich dem kapitalistischen Druck zur Arbeit als Überlebensnotwendigkeit entspricht. Die verrichtete Arbeit soll in Skertchlys Vorstellung aber unter einem strengen aufklärerischen Regime geleitet werden. Damit kommt der Begriff der „Aufklärung“ ins Spiel, der von vielen Autoren der Sekundärliteratur als Grundlage für zivilisationsmissionarisches Gedankengut betrachtet wird (z.B. Melber 2005; Osterhammel 2005: 381). Außerdem ist in der Debatte über die Sklaverei und die Zivilisierung der Kontakt zwischen unzivilisierten und aufgeklärten Menschen im Sinne einer Vorbildfunktion ein wichtiges Moment (Pallua 2009: 27). Ein zweiter Grund für die zivilisatorischen Fähigkeiten der Sklaverei könnte bei Skertchly auch dem des klimatischen Rassismus entsprechen. Die Vorstellung in diesen Theorien ist, dass sich die Fähigkeiten der Menschen in Abhängigkeit von ihrem Aufenthaltsort verändern. So könnten zum Beispiel das Klima oder die Umwelt einen verschlechternden oder verbessernden Einfluss auf menschlichen Eigenschaften wie die Intelligenz haben (Sonderegger 2008: 99).

Allgemein ist die von Skertchly benutzte Argumentation für die Sklaverei zu dieser Zeit schon relativ alt. Schließlich war dies eines der Hauptargumente der Sklavereibefürworter während des Kampfes für das Sklavenhandel- und Sklavereiverbot (Peterson 2005: 39). Das Argument der Arbeit als Zivilisierungsmittel, wurde aber auch zu Skertchlys Zeiten häufig verwendet. Allerdings handelte es sich hier meist um Lohnarbeit, um Arbeit im Sinne des kapitalistischen Systems und dabei wurde oft ein Widerspruch zwischen Kapitalismus und der Sklaverei gesehen (Wirz 2003: 72). Aber auch dieser vermeintliche Widerspruch stand zur Diskussion, denn die diversen Vertreter meinten entweder, dass die Marktwirtschaft eine Wirtschaft zwischen gesetzlich Gleichen wäre oder sie hoben die Wichtigkeit der billigen Produkte im Sinne der Befriedigung der Konsumenten hervor (Peterson 2005: 37). 

Das zweite Argument, dass die Schwarzen noch nicht für sich sorgen könnten, ist ein typisches Argument zivilisationsmissionarischer Gedankengänge dieser Zeit und wird auch später als wichtiges Schlagwort für die Legitmation der Kolonisierung verwendet (Osterhammel 1995: 115; Ziai 2005: 198). In veränderter Weise kann dieses Argument im Entwicklungsdiskurs sogar noch heute gefunden werden (Ziai 2005: 202).

Der dritte Argumentationsstrang Skertchlys konstatiert, dass Weiße in den Tropen nicht arbeiten könnten. Dies weist wiederum auf den klimatischen Rassismus hin und ist ebenfalls ein Argument, dass schon im 18. Jahrhundert benutzt wurde (Pallua 2009: 24). Auch die Erklärung, dass eine als überlegen betrachtete Gruppe für eine gefährdende Arbeit als ungeeignet errachtet wird und darum eine als unterlegen angesehene Gruppe hierzu verpflichtet werden muss, ist schon sehr alt. In Lateinamerika benützten die Verfechter der indigenen Bevölkerung, wie zum Beispiel Bartolomé de Las Casas, ein ähnliches Argumentationsmuster: Da die indigene Bevölkerung bei der Plantagenarbeit starb, musste man schwarze Sklaven diese Arbeit verrichten lassen (Melber 2005: 177-178; von Paczensky 2000: 32). Eine wahrlich grausame Form der Argumentation, da zumindest bei der Überfahrt, der „Transplantation“ wie Skertchly es nennt , ebenfalls etliche Sklaven starben (Wirz 2003: 71). Ein zusätzlicher Punkt, der die Grausamkeit des obigen Zitats noch erhöht, ist die Bezeichnung des Schwarzen als Tier. Hinweise auf die tierische Natur der Schwarzen dienten ebenfalls des Öfteren als Legitimationsinstrument für die Sklaverei (Bitterli 1976: 157).

Als Sklavereibefürworter hat Skertchly auch über Sierra Leone nur Schlechtes zu sagen. Sierra Leone war ein Staat, der zwar in jener Zeit schon als englische Kolonie verwaltet wurde, aber gemeinsam mit ehemaligen Sklaven dazu geschaffen worden war, um befreite Sklaven aufzunehmen. In diesem und anderen ähnlich beschaffenen Staaten (wie auch Liberia) bekamen einige Schwarze, zum Beispiel durch den Bau eines Colleges, die Möglichkeit sich eine europäisch-christliche Bildung anzueignen (Grau 2008: 68-70; Wirz 2003: 75 u. 82-83). Skertchly denkt offensichtlich, dass sich die Einwohner von Sierra Leone zu sehr mit England identifizieren würden. Er schreibt:

„Take S'a Leone, for example, where a white man can rarely obtain a civil answer to an inquiry, and where the officers of the mail steamers are subjected to the grossest insults from a set of dressed-up „merchants,“ who use language towards them such as would not be tolerated in a European port. I think it is Winwood Reade who mentions a case of a full-blooded negro taunting a Frenchman with the remark, „We beat you at Waterloo.““ (Skertchly 1874: 485)

Skertchly will hier offensichtlich eindeutig ein Bild der fehlenden Kontrolle zeichnen, da er auch sonst immer von einer Regierung der „strengen Hand“ spricht. Auf der anderen Seite kauft er den afrikanischen Händlern ihre Rolle, wie es scheint, nicht ab und setzt das Wort „merchants“ sogar unter Anführungszeichen und kursiv! Auch das Argument des Blutes fehlt hier nicht und offensichtlich ist es für ihn eine Schande, dass Schwarze mit Weißen so sprechen können, da er vermutlich der Meinung war, dass auch die Schwarzen selbst ihren Platz weiter unten auf der Stufenleiter der Zivilisation und der Rassen anerkennen müssten und sich danach verhalten sollten.

Unter den ehemaligen Sklaven in Sierra Leone waren nicht nur solche, die von Schiffen auf dem Weg nach Übersee befreit, sondern auch welche, die von ihrem Leben als Sklave in Afrika losgelöst werden konnten (Wirz 2003: 75). Es wird bis heute angenommen, dass durch das europäische Verbot der Sklaverei die innerafrikanische Sklaverei anstieg (z.B. Grau 2008: 64). So hatte sich auch der Diskurs über die Sklaverei und den Sklavenhandel in den 1870er Jahren verschoben. Sein Hauptthema war nun nicht mehr der transatlantische Sklavenhandel, sondern vor allem die Sklaverei innerhalb Afrikas, die überwunden werden sollte (Pallua 2009: 36f.; Wirz 2003: 72). Die Vorstellung, den Sklavenhandel in Afrika verbieten zu müssen, diente, wie auch das schon oben erwähnte Argument der Grausamkeit der afrikanischen Herrscher, ebenfalls der Legitimierung für Herrschaftsübernahmen und andere, beispielsweise militärische Eingriffe (Wirz 2003: 74).  

Für den innerafrikanischen Sklavenhandel benutzt Skertchly zwar nicht die Argumentation, sie würde die Zivilisierung der Schwarzen herbeiführen. Aber er verteidigt sie konsequenterweise doch. So meint er zum Beispiel, dass es den Sklaven in Dahomey relativ gut ginge und dass ihre Arbeit nicht so hart sei. Auch sei es den Sklaven, die er geschenkt bekommen hatte, egal gewesen, ob sie frei gelassen würden oder nicht (Skertchly 1874: 30 u. 306). 

Allerdings bewertet Skertchly die Sklavenhaltung in Afrika durch Afrikaner und außerhalb Afrikas doch unterschiedlich. Er ist nämlich der Meinung, dass es den Sklaven bei einem Europäer (in dem von ihm erwähnten Fall, bei ihm) besser ginge, als in Afrika (Skertchly 1874: 441). Auch wenn Skertchly die Sklaverei in Dahomey nicht so negativ betrachtet, so benutzt er doch ein Argument, dass dem der Sklavereibefürworter am Ende des 18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts noch recht ähnlich ist. Er meint, dass die Sklaverei in Übersee darum ein humanitäres Werk wäre, weil es die Afrikaner aus ihren furchtbaren Verhältnissen in Afrika befreien würde (Pallua 2009: 20; Sonderegger 2008: 100). Natürlich ist Skertchlys Version ziemlich abgeschwächt, sie stellt aber sogar in der Behandlung der Sklaven die Europäer über die Afrikaner. 

Ein weiteres Thema, dass bezüglich der Sklaverei zumindest erwähnt werden sollte, ist der europäische Blick auf den arabischen Einfluss in Afrika. Von einem Großteil der europäischen Denker, die sich mit Themen beschäftigten, die mit Afrika in Zusammenhang stehen, wurde die „orientalische Sklaverei“ als grausam und die islamische Welt als despotisch angesehen (Sonderegger 2009: 49). Skertchly aber sieht die arabische Welt durchaus positiv und hält auch die schwarzen „Mohammedaner“ eindeutig für zivilisierter als die restlichen Afrikaner (Skertchly 1874: Preface xi u. 323f.). [18] Mit dieser Annahme reiht sich Skertchly in einen Diskurs ein, der unter Anderem zwischen David Livingstone (1813-1873), einem protestantischen Missionar, der von großer Wichtigkeit in der abolitionistischen Bewegung war (Sonderegger 2009: 48-49) und dem schon erwähnten Richard Burton geführt wurde. Während Burton, wie Skertchly, die „mohammedanischen Stämme“ als höherwertig ansah, sah Livingstone die Sache genau umgekehrt. Auch die Konkurrenz zwischen Christentum und Islam spielte in diesem Diskurs natürlich eine wichtige Rolle (Sonderegger 2008: 93).

2.3. Kritik an der christlichen Mission 

Die Versuche des Christentums, Afrikaner zu konvertieren, starteten schon relativ früh. Während zum Beispiel die portugiesisch-katholische Mission bereits im 15. Jahrhundert in Afrika am Werk war (Bitterli 1976: 107), begann die protestantische Mission erst um 1800, Interesse für diesen Kontinent zu zeigen (Osterhammel 1995: 101). Zum Zeitpunkt von Skertchlys Besuch führte allerdings die relative Erfolglosigkeit der christlichen Mission zu einiger Kritik (Porter 2005: 135-136). Auch Skertchly war ein Kritiker der Zustände der Missionierungsversuche der christlichen Kirche: 

„Well would it be for missionary enterprise if these pseudo-teachers were struck off the list, and in their place more men of the John Williams type introduced among its ranks. [19] One unqualified teacher in a district will do far more towards confirming the native in his erroneous belief than the example of a score of traders who are not professed "God-men." The conversion of the savage must be obtained by slow degrees, not by a cataclysm of Christianity. First show him the advantages of civilisation, teach him to add to his creature comforts, and then improve his religion.“ (Skertchly 1874: 61)

In diesem Zitat kritisiert Skertchly vor allem, dass die christlichen Lehrer nicht ausgebildet seien und in der Tat hatte die protestantische Mission zu diesem Zeitpunkt zum einen Geldprobleme und zum anderen Probleme, freiwillige und vor allem gut ausgebildete Missionare zu rekrutieren (Porter 2005: 136). In anderen Teilen seines Textes bringt Skertchly noch andere Kritikpunkte an: Er kritisiert, dass die Konvertierten nicht in die Schule gingen, da sie unter keinem Zwang stünden, er übt Kritik an der Form der Versuche der Konvertierung, was auch in dem obigen Zitat angedeutet wird und er erzählt, dass die christlichen Missionare in der Hauptstadt von Dahomey einen sehr schlechten Ruf hätten, da ein Schüler an einer Züchtigung durch einen der beiden Priester gestorben sei (Skertchly 1847: 30, 60 u. 237). Skertchly scheint aber nicht im Allgemeinen gegen körperliche Bestrafung zu sein; so schreibt er über einen seiner afrikanischen Begleiter in Dahomey: „When he was in one of his sulky fits nothing but corporal punishment could bring him to his senses“ (Skertchly 1874: 71). Es muss Skertchly bei der Kritik an den Priestern also entweder um die Härte der Bestrafung gehen oder darum, dass die Priester nicht in der Lage gewesen seien, einen besseren Ruf zu wahren. Im Allgemeinen wird die christliche Mission zum Zeitpunkt seines Reiseberichtes ziemlich häufig kritisiert. Wichtige Kritikpunkte sind hierbei zum Beispiel hohe Geldausgaben, Verwicklungen in Korruption und geringe Effektivität bei der Konvertierung (Porter 2005: 125 u. 136f.).

An dem obigen Zitat lässt sich auch erkennen, dass Skertchly sehr wohl meint, dass der Glaube der Dahomeyaner die falsche Religion sei und die Dahomeyaner darum zum christlichen Glauben konvertiert werden sollten. Allerdings schlägt er vor, dies langsam anzugehen und gibt den „Vorteilen des zivilisierten Lebens“ den Vorrang vor dem Christentum. Der christlichen Mission in Afrika wurde fast immer neben der Konvertierung von Schwarzen zum Christentum auch die Aufgabe der „Zivilisierung“ zugeschrieben (Grau 2008: 65). Christliche Missionare werden aber wohl im Gegensatz zu Skertchly die Vermittlung des Glaubens als wichtiger erachtet haben.

Ein anderes Thema, dass sich bei Skertchly finden lässt, ist die Konkurrenz zwischen der protestantischen und der katholischen Mission (Eckert 2006: 107). So schreibt Skertchly über die portugiesisch katholische Mission: 

„Some missionaries unfortunately appear to think that „the heathen,“ as they are pleased to term that part of the human family who have not embraced Christianity, are mere brutes, without reasoning powers, and who will at once allow their time-honoured religious theories to be supplanted by those of a true faith. In too many cases have I seen the most lamentable results“ (Skertchly 1874: 60f.). 

Besonders interessant an diesem Zitat finde ich die immanente Kritik am Begriff des „Heiden“, wobei nicht klar gemacht wird, wie weit und wie genau dieser Begriff kritisiert wird. Dem Satzbau nach zu urteilen, scheint es aber eine Ablehnung der Verallgemeinerung aller Nicht-Christen unter demselben Begriff zu sein, was zum Beispiel auch mit der eher positiven Betrachtung der Araber zu tun haben könnte. 

Ein anderer bedeutender Punkt ist, dass Skertchly den Schwarzen hier zumindest das Denkvermögen nicht abspricht. An einer etwas späteren Stelle des Textes erzählt Skertchly, dass es öfter vorgekommen sei, dass ein nicht sehr intelligenter christlicher Missionar (hier bezieht er sich nicht nur auf die Katholiken oder genauer auf die Portugiesen) einem Schwarzen (nur) so viel beigebracht hätte, dass der Schwarze in einer Diskussion mit seinem Lehrer in der Lage gewesen sei, dessen Lehrsätze zu hinterfragen. Und Skertchly fügt hinzu, dass der daraus folgende Zustand dieser Schwarzen schlimmer wäre, als der vor ihrem Kontakt mit diesen Missionaren (Skertchly 1874: 62). Auch hier spricht Skertchly den Schwarzen eine gewisse Intelligenz zu und hält es sogar für möglich, dass ein Schwarzer eine Diskussion mit einem dummen weißen Missionar gewinnen könnte. Allerdings scheint Skertchly fast hinzufügen zu müssen, sei diese neu errungene Position des Schwarzen äußerst schädlich. In dem obigen Zitat spricht er ebenfalls von „bedauerlichen Folgen“, ohne allerdings genauer auf diese einzugehen. Dieses Argument könnte sich auch in den Diskurs über die falsche Dosis der Zivilisierung einbauen lassen, wobei es eher so wirkt, als ob es hier um die falsche Art von Zivilisierung ginge. Ich könnte mir aber vorstellen, dass beide Diskurse, auf das Selbe hinauslaufen, nämlich dass die „Schwarzen“ in eine unterwürfige und untergeordnete Position gedrängt werden sollen. Zusätzlich spricht Skertchly den Religionen der Schwarzen, auch wenn er sie für falsch hält, zumindest Altehrwürdigkeit zu.

Abschließend sei noch erwähnt, dass auch die christliche Mission trotz (oder gerade wegen) ihrer oft hervorgehobenen humanistischen Ansätze (Grau 2008: 62; Eckert 2006: 106, Bitterli 1976: 108), die auch von Skertchly kritisiert werden (zum Beispiel im Zusammenhang mit der Abolitionsbewegung), [20] ebenfalls zur Kolonisierung Afrikas beitrug und wie viele der oben schon erwähnten Themen auch zu dessen Legitimation genutzt wurde (Grau 2008: 75).

3. A personal plea against Racism [21]

Skertchlys Werk „Dahomey as it is“ strotzt nur so von Rassismen, von kulturellen, beispielsweise zivilisierungsmissionarischen, genauso wie von biologischen, die sich in dem Werk teilweise ergänzen und teilweise auch widersprechen. Die verschiedenen Rassismen schließen sich gegenseitig also offensichtlich nicht aus!  

Beim Lesen des Buches stellt sich die Frage, warum der Autor eigentlich nach Dahomey fuhr, wenn sein Interesse für die Menschen und ihre Kultur offensichtlich nur so weit reichte, um sie nach typischer eurozentristischer Manier zu verurteilen. Die meisten seiner Urteile sind allerdings schon durch die Vorstellung der grundsätzlichen Inferiorität der Schwarzen vorprogrammiert. So breitet sich diese Vorstellung auf jedes Urteil aus, das er über die Dahomeyaner trifft, unabhängig davon ob dieses Urteil mit der Kultur oder zum Beispiel mit dem Aussehen der einzelnen Menschen zu tun hat. So sind Skertchlys und alle anderen zivilisationsmissionarischen Vorstellungen inhärent allein schon durch die Vorstellung der Notwendigkeit einer Zivilisierung durch Europa von einem Inferioritätsgedanken geprägt, wobei dieser in dem hier behandelten Reisebericht kaum versteckt wird. Hinzu kommt aber noch, dass für Skertchly nicht jede Person oder Personengruppe automatisch zivilisierbar ist, sondern dass die Zivilisierungsfähigkeit außerdem nach Rasse, Klasse und Geschlecht unterteilt wird. [22] Darüber hinaus fehlt Skertchly möglicherweise sogar in der Theorie die Vorstellung einer möglichen Gleichstellung mit Europa in ferner Zukunft, da es für ihn Zivilisierungsfähigkeit nur bis zu einem gewissen Grad gibt.

Die Sklaverei sieht Skertchly als eine Möglichkeit der Zivilisierung an, da er die Schwarzen nicht für fähig hält, für sich selbst zu sorgen. Allerdings meint Skertchly zumindest rhethorisch dass die Sklaverei durch das Argument der Zivilisierung nur vorübergehend legitimiert sei, solange die Schwarzen, eine „harte Hand“ und das Vorbild des aufgeklärten Europäers bräuchten.

Für die christliche Mission wünscht er sich klügere und besser ausgebildete Missionare, die sich besser in die Schwarzen hineinversetzen könnten (Skertchly 1874: 61), um ihnen den christlichen Glauben näher zu bringen, wobei bin ich der Überzeugung, dass der Versuch, Menschen zu verstehen, die man von vornherein als unterlegen ansieht, von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.

Im Allgemeinen ist  ist Skertchly sicherlich in manchen Punkten konservativ für seine Zeit, allerdings mit seinem Gedankengut alles andere als eine Ausnahme darstellt. Nachdem die verschiedenen Rassismen teilweise heutzutage noch nicht verschwunden sind auch in diversen wissenschaftlichen Schriften nicht kann die Interpretation eines Werkes, wie Skertchlys „Dahomey as it is“, vielleicht eine Hilfe dafür darstellen, neuere Werke zu interpretieren und deren problematische Aussagen auf ihre Ursprünge zurück zu führen. Vielleicht kann diese Interpretation sogar in gewissen Punkten zur Selbstreflexion beitragen.

4. Literatur 

Alberdi, Juan Bautista (1943): Bases y puntos de partida para la organizaciòn polìtica de la Repùblica de Argentina. Buenos Aires: Ediciones Estrada. 

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Bitterli, Urs (1976): Die „Wilden“ und die „Zivilisierten“. Grundzüge einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung. München: Beck´sche Verlagsbuchhandlung. 

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Julia Harnoncourt (1985*) studiert an der Universität Wien Geschichtswissenschaften. Ihre Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich der Kolonial- und Wissenschaftsgeschichte sowie in der Rassismus- und Genderforschung. Im Moment befasst sie sich in ihrer Diplomarbeit mit dem Thema der Bevölkerungspolitik im kolonialen Algerien im 19. Jahrhundert. Seit Oktober 2011 ist sie  Redakteurin für Außereuropäische Geschichte dieses Onlinemagazins.

Anmerkungen

  • [1]

    Skertchly ist Insektenforscher (Ross 1985: 307). 

  • [2]

    Ich lehne mich hier an einem Artikel von Boris Barth (Barth 2005: 201-203) an, wobei sein Rassismusbegriff auf den biologischen Rassismus beschränkt ist. So grenzt er in seinem Artikel den Begriff des Rassismus von dem der Zivilisierungsmission ab, während ich die Zivilisierungsmission innerhalb des Rassismusbegriffs begreife und versuche diese vom Begriff des biologischen Rassismus abzugrenzen. 

  • [3]

    Wichtig ist hier, dass ich, im Gegensatz zu Barth, die theoretisch mögliche Gleichstellung nicht für notwendig halte (Barth 2005: 202), da auch oft nur von einer Hebung des Status, von einer „Verbesserung“, die Rede ist. 

  • [4]

    Z.B. bei Alberdi, der großen Einfluss auf die argentinische Politik hatte (Alberdi 1943), oder bei der Vorstellung des Branqueamento in Brasilien (Silverio 2004) usw.

  • [5]

    Der biologische Rassismus stellt also keine „Grenze“ zu der Zivilisierungsmission dar, wie Barth es im Titel seines Artikels andeutet (Barth 2005: 201). 

  • [6]

    Auch hier, will ich noch einmal andeuten, dass die Grenzen verschwimmen. 

  • [7]

    Der Begriff der Wissenschaftlichkeit wird hier im Sinne des zeitgenössischen Diskurses verwendet und darum nicht unter Anführungszeichen gesetzt. 

  • [8]

    Ich benutze nicht das Wort Afrikaner, da sich der Diskurs Skertchlys und auch der meisten seiner Zeitgenossen, auf alle Menschen, die als schwarz wahrgenommen werden, bezieht, ohne dass dabei ihr Geburtsland eine Rolle spielt. 

  • [9]

    Wenn von Schwarzen die Rede ist, so muss auch von Weißen die Rede sein, um der inhärenten Logik des Diskurses zu folgen. 

  • [10]

    Der Monogenismus bezieht sich ebenfalls nur auf den Ursprung von einer Art, betont aber zumindest zeitweise, wie auch Skertchly, die unüberwindbaren Unterschiedlichkeiten der „Sub-Gattungen“. 

  • [11]

    Das Motiv der Kindlichkeit als rassistisches Motiv, kommt später noch einmal genauer zur Sprache. 

  • [12]

    Frauen hält Skertchly allgemein für grausam, auch die in Europa. (Skertchly 1874: 458) Er hat also keine sehr hohe Meinung über Frauen und hält sie darum wohl auch nicht für ausreichend zivilisierungsfähig und/oder sie liegen einfach nicht in seinem Interessensbereich (was ebenfalls relativ üblich ist). 

  • [13]

    Bei jeder Form von Rassismus ist die Hauptfunktion eigentlich die Legitimierung irgendeiner Art von Herrschaft. (Sonderegger 2004: 8) 

  • [14]

    Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte ich vermutlich erwähnen, dass ein Großteil Afrikas in den 1870ern noch nicht kolonisiert war, aber schon gewisse Abhängigkeitsverhältnisse bestanden (Eckert 2006: 60). 

  • [15]

    Auch Skertchly spricht von der langsamen Dekadenz Dahomeys (Skertchly 1874: 459 u. 482). 

  • [16]

    Übernommen nach Skertchlys „nations“.

  • [17]

    Der Vergleich verschiedener Kulturgruppen miteinander könnte ebenfalls als monogenistischer Hinweis gedeutet werden (Bitterli 1976: 331). 

  • [18]

    Nach Skertchlys „mohammedans“.

  • [19]

    John Williams (1769-1839) war ein sehr erfolgreicher protestantischer Missionar auf Tahiti, dem es sogar gelungen war einen der dort ansässigen Chiefs zu konvertieren. (Bierbach, Cain 1997: 33)

  • [20]

    Wobei hier hinzuzufügen ist, dass das Christentum, zumindest zu einem früheren Zeitpunkt, auch zur Legitimation der Sklaverei beigetragen hat (von Paczensky 2000: 31). 

  • [21]

    Dieser Titel wurde vom Wortlaut her Skertchlys Kapitelüberschrift „A plea for Darwinism“ (Skertchly 1874: 481) nachempfunden.

  • [22]

     Der aufmerksamen Leserin oder dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass in dieser Untersuchung häufig nur die männliche Schreibweise benutzt wurde. Dies hat den Grund, da Skertchly in den meisten hier benutzten Zitaten von Männern spricht und ich es darum für falsch halte Frauen hier mit hinein zu nehmen, da rassische Vorstellungen von Männern und Frauen oft sehr unterschiedlich sind.

Empfohlene Zitierweise

Harnoncourt, Julia: „Dahomey as it is“. Zivilisierungsmission und biologischer Rassismus bei J. A. Skertchly. aventinus varia Nr. 34 [20.06.2012], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9460/

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Erstellt: 24.05.2012

Zuletzt geändert: 22.02.2013

ISSN 2194-1971