Nachkriegszeit und Kalter Krieg (1945-1989)

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aventinus nova Nr. 23 [04.08.2010] / Perspektivräume Jg. 1 (2010) Heft 1, S. 57-91  

Vanessa Erstmann 

Halbstark! 

Generationskonflikte in den 1950er Jahren in der Bundesrepublik 

Die temporäre Ausstellung des Historischen Museums Hannover »Halbstarke auf zwei Rädern – Als Niedersachsen Moped fuhr« [1] eröffnete den Blick auf eine Zeit, die bis heute Faszination hervorruft.

Nostalgische Rückblicke auf die 50er Jahre lösen häufig zwei Bilder aus: Dasjenige einer amerikanisierten, konsumorientierten Jugend, die sich durch Rock ’n’ Roll, enge Röhrenjeans und Lederjacken, knatternde Motorräder, auf­fällige Frisuren, wie die pomadige Elvis-Tolle, und einen lässigen Habitus von dem entgegen­gesetzten Bild einer biederen, spießigen, mit Nierentischen und Tüten­lampen, Strickjacken und Faltenröcken, Fassonschnitten, von Schnulzen in Form von Film und Musik übersäten, antiamerikanisch und doch politisch westlich orientierten Gesellschaft abgrenzt. [2] Demnach assoziiert der Betrachter mit den 50er Jahren einen Generationskonflikt zwischen Jung und Alt, wie er in den darauf folgenden Jahrzehnten, vor allem in den berüchtigten 60ern, immer wieder auf­tauchen wird. [3] Der Begriff der »Halbstarken« scheint dabei die gesamte Gruppe der Jugendlichen der 50er Jahre zu umschreiben. [4]

Sebastian Kurme vertritt in seiner Studie über die Halbstarken die Ansicht, dass die Jugend und ihr Verhalten als aktive Impulsgeber für langfristige Veränderungen in den Lebensformen einer breiten Bevölkerungsschicht zu einem Gegenstand der Geschichtswissenschaft wurde, indem der öffentlichen Diskussion um die Jugendlichen eine gesellschaftliche und politische Bedeutung zukam. [5] Weiter führt er aus, dass es ab der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts in der Bundesrepublik Deutschland zu einer heftigen Debatte über Jugendliche kam. Es handelte sich um eine öffentliche Diskussion, an der sich Politiker, Pädagogen, Psychologen, Soziologen und Kriminologen beteiligten, und in der die Zeitschriften durch eine Fülle von Artikeln „[…] über eine scheinbar wild gewordene junge Generation […]“ [6] bei der Gesellschaft ein großes Unbehagen bezüglich ihres Nachwuchses aufkommen ließen. Die Auslöser der Debatte, die bereits erwähnten Halbstarken, verletzten die bisherigen Vorstellungen von Anstand und Ordnung durch öffentliche Krawalle bzw. Randale nach oder während Rock ’n’ Roll- Konzerten und Kinovorstellungen. Ihr allgemein aufsässiges Verhalten wurde als autoritäts­verachtend gedeutet – nicht zuletzt durch ihr Aussehen, das selbstreprä­sentativen Charakter annahm. Demnach gestalteten sich die 50er Jahre für die damaligen deutschen Jugendlichen als eine aufreibende Zeit zwischen Rock ’n’ Roll und Randale sowie amerikanischen Film -und Musikimporten, die Vorbilder wie James Dean und Elvis Presley mit sich brachten. Axel Schildt macht jedoch da­rauf aufmerksam, dass die Jugendlichen wesentlich zurückhaltender, unauffälliger und unspektakulärer auftraten, als sie in der Öffentlichkeit geschildert wurden. Bei den tatsächlichen Halbstarken handelte es sich um eine Minderheit von männlichen Jugendlichen, die von einer besorgten Öffentlichkeit dramatisiert und kriminalisiert wurde. [7] Diese Erkenntnis wurde in Ansätzen zwar auch bereits von der damaligen Jugendforschung vertreten, aber keineswegs von den übrigen Zeitgenossen. Eine große Anzahl an aufgeschreckten Bundesbürgern sah die gesamte Generation durch Rock ’n’ Roll und anstößige Kinofilme in Anarchie und Kriminalität abgleiten. Nikolaus Jungwirth zitiert die Kernfrage der damaligen Zeit: „Was ist mit unserer Jugend los?“ [8] und bringt damit das Entsetzen der Gesellschaft über die randalierenden Störer der öffentlichen Ordnung auf den Punkt. Ein Entsetzen, das erst 1959 mit dem Ende der Krawalle seinen Abschluss fand und seinen Nährboden nicht zuletzt der von der Arbeitsgemeinschaft für Jugendpflege in Auftrag gegebenen zeitgenössischen Studie »Jugendliche stören die Ordnung« von Curt Bondy über die Halbstarken verdankte. Dieser deutete seine Beobachtungen und Akteneinsichten als „[…] Alarmzeichen für tieferliegende Unordnungen in unserem gesellschaftlichen Gefüge […]“. [9]

Die zeitgenössische wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Verhalten Jugend­licher endete mit dem Abflauen der Krawalle. Eine erneute Untersuchung dieser Jugendgruppe begann erst mit der Jugend(kultur)forschung in den achtziger Jahren. Als Beispiel sei Marina Fischer-Kowalski genannt, die in ihrem Beitrag zur Sozialisationsgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg die Halbstarken der fünfziger Jahre und die protestierenden Studenten der sechziger Jahre miteinander vergleicht und dabei die These vertritt, dass es sich bei beiden um unterschiedliche Phänomene einer Generation handelt, die zwischen 1938 und 1948 geboren wurde. [10]

Mit den wesentlichen Einflüssen der amerikanischen Populärkultur auf die westdeutsche Jugend jener Zeit hat sich Kaspar Maase in »BRAVO Amerika« auseinandergesetzt. Als Grundlage dienen dem Autor zahlreiche Interviews und die ersten vier Jahrgänge der Jungendzeitschrift »BRAVO«. Maase unterstreicht die Bedeutung der Aneignung von bestimmten Konsumgütern durch Jugendliche für ihr Streben nach Selbstverwirklichung und Autonomie und grenzt sich damit von der bis dato existierenden Vorstellung eines einseitig manipulierten jugendlichen Geschmacks durch die sich schnell entwickelnde Freizeitindustrie ab. [11]

Gemeinsam ist den genannten Studien eine nationalgeschichtliche Orientierung. Erstmals Sebastian Kurme vergleicht in seiner Forschungsarbeit »Halbstarke« die Jugendlichen der 50er Jahre und ihre Wahrnehmung in den USA und Deutschland miteinander. Er begründet dies mit der Aussage, dass es sich bei den Halbstarken um ein internationales Phänomen gehandelt habe und darüber hinaus mit der Tatsache, dass die westdeutschen Halbstarken bestimmte Elemente aus der amerikanischen Populärkultur entnahmen. Daher erscheine eine nähere Be­trach­tung der Jugendkultur Amerikas, also den Ursprüngen, naheliegend. [12] Kurme stellt fest, dass es in Amerika in den fünfziger Jahren wie in Deutschland Rock ’n’ Roll begeisterte Jugendliche gab, die durch ein bis dato außerge­wöhnliches Aussehen, einen bestimmten provozierenden Habitus, Randale nach Kinofilmen mit Marlon Brando und James Dean, sowie expressiven Selbstdar­stellungen in der Körper­haltung negativ auffielen und die vorherrschen­den Vorstellungen von Moral und Ordnung aus dem Gleichgewicht brachten. Der Autor betont, dass es sich bei den amerikanischen wie deutschen Halbstarken lediglich um eine Minderheit von auffälligen Jugendlichen gehandelt habe, die Reaktionen von Presse und Öffentlich­keit aber auch hier dramatische Formen ange­nommen hätten. Im Zu­sammen­hang mit einer vermeintlich ansteigenden Jugend­kriminalität wurden die Jugendlichen fortan als »juvenile delinquents« bezeichnet. [13]

In der vorliegenden Untersuchung wird die These vertreten, dass die Kriminalisierung der Jugend, die sich mit ihrem neuen, anstößig erscheinenden Habitus dem biederen Paradigma der damaligen Gesellschaft widersetzte, eine Dramatisierung der Öffentlichkeit bedeutete, die in keinem Verhältnis zu den realen Tatbeständen stand. Um darzustellen, wie das verurteilte Verhalten der Jugendlichen sich de facto geäußert hat, wird ein besonderes Augenmerk auf die zeitgenössische Unter­suchung der Randale, die mediale Aufbereitung und vor allem auf die sich dabei äußernde Kriminalisierung der jeweiligen Jugendgruppen gelegt werden. Eben diese Motive werden in der folgenden Betrachtung erörtert, indem zunächst die politische Lage sowie die gesellschaftliche Struktur in den fünfziger Jahren der Bundesrepublik beleuchtet wird. Die Kenntnis struktureller Ähnlichkeiten zwischen USA und BRD vorausgesetzt, werden dennoch an prägnanten Stellen erläuternde Ausführungen erfolgen. Bei der Konzentration auf die Delinquenz und die Krimi­nalisierung steht, wie in den meisten Studien zu Halbstarken, eine männliche Gruppe aus dem urbanen Arbeitermilieu im Vordergrund. 

Zur besseren Veranschaulichung der Problematik wird darüber hinaus ein regionaler Schwerpunkt gesetzt: Anhand von zwei Fällen jugendlicher Krawalle in Hannover sollen die zuvor erarbeiteten Ergebnisse exemplarisch überprüft und veranschaulicht werden. Hierfür wird die ausführliche Studie von Thomas Grotum mit seiner Forschung zu den niedersächsischen Krawallen sowie ihren Hinter­gründen und Teilnehmern als Fundament gelten. [14] Zu nennen sei auch Heiko Geiling, der sich in seinem Werk »Das andere Hannover« neben den Jugend­kulturen in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ausgiebig mit den Halbstarken und ihren Krawallen beschäftigt. [15]

In einer anschließenden Reflexion werden die hier gewonnenen Erkenntnisse in einen übergeordneten Deutungszusammenhang gebracht, wobei auch der Blick auf weitergehende Entwicklungen einen Fokus erhält. Auch wenn es nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in der DDR zu vergleichbaren Ausschreitungen Jugendlicher gekommen ist, wie Uta G. Poiger in ihrer Betrachtung »Jazz, Rock, and Rebels« [16] zeigt, wird sich die vorliegende Arbeit ausschließlich mit dem Westen Deutschlands beschäftigen, um neben der gegebenen zeitlichen Eingrenzung auch den zu untersuchenden Raum einzugrenzen.

Generationskonflikte in den 1950er Jahren 

Die Bundesrepublik Deutschland in den fünfziger Jahren 

In diesem Abschnitt werden die Grundzüge der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Bundesrepublik Deutschland während der fünfziger Jahre dargestellt, um einen Kontext zu schaffen, in den das jugendliche Verhalten und die Resonanz darauf eingebettet werden können. 

Als eines der entscheidendsten Elemente der Entwicklung der Bundesrepublik in den fünfziger Jahren kann sowohl aus politik- als auch aus sozialgeschichtlicher Sicht die vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte keinesfalls selbst­verständliche Westorientierung betrachtet werden. 

Die Situation sah in Deutschland nach dem Krieg völlig anders aus als in Amerika: Während die USA sich einer blühenden industriellen Landschaft erfreute, war Deutschland nach dem Krieg in weiten Teilen zerstört, besetzt und politisch wie moralisch am Ende. [17] Die USA zog sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder zurück, sondern zeigte eine Dauerpräsenz in Europa, die sich auch auf die Unruhen bezüglich des Kalten Krieges zurückführen lässt. Immerhin erfolgte mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 im westlichen Teil Deutschlands ein Neubeginn. [18] Wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Veränderungen prägten den darauf folgenden Zeitraum, der schließlich am Ende das Konsumzeitalter einläuten sollte. [19]

Die deutsche Bevölkerung wurde von Ängsten und Sorgen begleitetet, die sich mit den Kriegsschäden und der durch den Kalten Krieg bedingten Teilung Deutschlands begründen lassen. [20] Daraus resultierte ein Schutzbedürfnis und ein Wunsch nach Stabilität, der sich im CDU-Wahlkampfslogan „Keine Experimente!“ [21] wiederzufinden scheint. Als Garant für die Sicherheit vor äußeren und inneren Bedrohungen und darüber hinaus rasanter sozialer Veränderungen stellte Bundeskanzler Konrad Adenauer demnach eine respektable Vaterfigur dar. Die prägende Rolle des ersten Bundeskanzlers wird letztlich in der Redewendung „Ära Adenauer“ in Hinblick auf die Jahre seiner Regierungstätigkeit deutlich. [22] Geschickt lenkt diese große Bedeutungsbeimessung davon ab, dass neben dem Bundes­kanzler zunächst eine Art Nebenregierung durch die Westalliierten vorherrschte. Dank Adenauers politisch stark verfolgter Westbindung konnte jedoch bereits 1955 im Deutschlandvertrag die volle Macht eines souveränen Staates für den west­deutschen Teilstaat eingeholt werden. [23] Das Ziel einer Integration in die westliche Welt folgte dem Wunsch nach militärischer Sicherheit, internationaler Gleich­berechtigung und politischer Mitsprache, machte jedoch in Bezug auf die politische Realität des Kalten Krieges zugleich eine Vereinigung der deutschen Teilstaaten unmöglich. [24] Ebenso entsprach die zügige Einbeziehung der Bundesrepublik in die westliche Welt dem Interesse der Westmächte, um sich dadurch eine dauerhafte Unterstützung im Ost-West-Konflikt zu sichern. [25] Dies lässt darauf schließen, dass die schnelle Wiederbewaffnungsdebatte und der Beitritt zur NATO 1955 ohne den Koreakrieg und der damit verbundenen Furcht vor einem heißen Krieg nicht bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgt wäre. [26]

Sowohl in den USA als auch in der Bundesrepublik spiegelte sich die Allgegen­wärtigkeit des Kalten Krieges im politischen Handeln und einem intensiven Anti­kommunismus wider. Kurme räumt in diesem Kontext jedoch ein, dass die Kommunisten keine innenpolitische Gefährdung in der Bundesrepublik darstellten und seine Intensität daher übertrieben erscheint. [27] Dennoch wurde in jeder Kritik an der Regierung eine kommunistische Bewegung vermutet, die eine Gefährdung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik bedeuten konnte. [28] Über diese Befürchtungen hinaus gab es in der Bevölkerung laut Meinungsumfragen kein politisches Interesse, weswegen sich die Identifikation mit dem politischen System über den wirtschaftlichen Erfolg vollzog. Der Wirtschafts­boom ließ die Republik zu einer der führenden Industrienationen werden, nachdem sie – dank des Marshall-Plans – in die Weltwirtschaft integriert war. [29] So gab es in der Industrie aufgrund der großen Nachfrage eine Produktivitätssteigerung von 185 Prozent, die sich auch auf dem Arbeitsmarkt in einer annähernden Voll­beschäftigung niederschlug. Ab der Mitte des Jahrzehnts sanken die Arbeits­zeiten und das Haushaltseinkommen verdoppelte sich. Diese Verbesserungen dürfen jedoch nicht darüber hinweg­täuschen, dass trotz des Wirtschaftswunders Not und Mangel für weite Bevölker­ungsschichten weiterhin charakteristisch waren und der zu einem Fünftel zerstörte Wohnraum eine Wohnungsnot mit sich brachte. [30] Die Anfänge der Konsum­gesellschaft können erst gegen Ende des Jahrzehnts verortet werden, weswegen eine Distanzierung vom typischen 50er Jahre-Bild einer ausgeprägten Konsum­gesellschaft ratsam erscheint. [31] Ein weiteres, weit verbreitetes Bild ist dasjenige einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft, welches Helmut Schelsky 1953 zeichnete. Er war der Ansicht, dass vergangene Strukturumbrüche seit dem Ersten Weltkrieg zu einer einheitlichen mittelständischen Gesellschaft geführt hätten. [32] Zwar bestätigt Görtemaker, dass der politische Klassengegensatz zurückging und aufgrund durchlässiger Grenzen die Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs bestand, sich die Gesellschaft aber weiterhin hierarchisch gliederte und diese These eher eine Wunschvorstellung ausdrückte. [33] Daneben ersetzte Hans-Peter Schwarz auch die These einer Restaurationsmentalität, welche bisher die 50er Jahre als statische Zeit beschrieben hatte, mit der Auffassung, es hätte sich um eine Periode großer Modernisierung gehandelt. [34] Im Hinblick auf die deutsche Geschichte wird dieser Prozess auch als nachgeholte oder verspätete Modernisierung bezeichnet. [35]

Dem lassen sich jedoch auch Entwicklungen gegenüberstellen, die einen „bleiernen Charakter“ besaßen, wie beispielsweise die wenig überzeugende Entnazifizierungspolitik oder der Rückgriff auf Normen und Inhalte, die bereits vor dem Nationalsozialismus üblich waren. [36] Aus diesem Grund bestimmten autoritäre Normen, Verhaltensmuster und konservative Moralvorstellungen nicht nur die Familien sondern auch das öffentliche Leben. Das bedeutet, dass trotz aufgezählter dynamischer Veränderungen ein Gesellschaftstyp erhalten blieb, der in seinen Wertmaßstäben eher der wilhelminischen Gesellschaft ähnelte. [37] Zur Begründung der Orientierung an Leitbildern und Verhaltensbüchern muss erneut auf die große Unsicherheit in dieser Zeit hingewiesen werden. So vergleicht Jungwirth das Gefühl der Unsicherheit in der Republik mit der Pubertätsphase eines jungen Menschen. [38] Er schildert, dass normale Zeiten für die Bewohner der drei Westzonen neues Terrain waren, sie aber dennoch keine Anstrengung, aber sehr wohl eine Bewältigung der Vergangenheit scheuten, um einen angesehenen neuen Staat zu gründen. [39]

Bei allen Anstandshinweisen gab es Abweichungen von dem Idealbild, wie beispielsweise eine ansteigende Erwerbstätigkeit der Frauen, die nicht zu der gängigen Vorstellung der Frau als Hausfrau und Mutter passen wollte. Dieses von der Bundesregierung propagierte Frauenbild war Teil einer konservativ-klerikalen Familienideologie. [40] Wo das öffentliche und politische Leben versagt hatte, schien die Familie als eine der entscheidenden „gesellschaftlichen Basisinstitutionen“ mit ihren festen Rollenzuweisungen der letzte Halt zu sein. Es wurde in diesem Sinne eine Familienpolitik betrieben, die zur Stabilisierung der Gesellschaft beitragen sollte. Zudem kann diese Politik, bedenkt man die „Bedrohung aus dem Osten“, als Ergänzung der Verteidigungspolitik betrachtet werden. Die Erhöhung der Geburtenrate sollte sich positiv auf die zukünftige Bereitstellung von Soldaten aus­wirken und überdies den kinderreichen Völkern des Ostens entgegenstehen. [41] Aber die von Adenauer propagierte Großfamilie sollte auch als Schutz vor dem Bollwerk der kulturellen Moderne und dem übermäßigem Konsum dienen, der neben Materialismus, Zügellosigkeit und Vulgarität als eines der Kennzeichen der amerikanischen Kultur galt. [42]

Das bedeutet, dass trotz amerikanischer Kulturexporte sowie politischer und wirtschaftlicher Verflechtungen, die Vorurteile des vorangegangenen Jahrhunderts bestehen blieben und eine Westorientierung für das skeptische Bürgertum keines­falls selbstverständlich war. Sowohl Schildt als auch Kurme weisen Adenauer deshalb einen historischen Verdienst zu, da dieser durch seine Kanzlerdemokratie dem Wunsch nach einer starken Führung entsprach und eine Gewöhnung an die Demokratie ermöglichte. [43]

In den sechziger Jahren erfolgte dann schließlich auch eine Übernahme westlicher Werte. In diesem Sinne kann das Jahrzehnt als ein Übergangsstadium „[…] zwischen traditionaler Gesellschaft und sozialer Moderne sowie zwischen Autoritarismus und Demokratie“ [44] verstanden werden. Der erwähnte restaurative Charakter der herrschenden Wertvorstellungen während der fünfziger Jahre veran­lasste eine Minderheit Jugendlicher, sich einen Freiraum aus dem „motorisierten Biedermeier“ [45] zu schaffen, doch allein der Versuch wurde als Angriff auf die Stabilität der Gesellschaft verstanden und führte zu Konflikten.

Jugend und Jugendschutz in der Bundesrepublik der 50er Jahre 

Nachdem der gesellschaftliche Kontext aufgezeigt wurde, wird nun die Jugend mit ihrem Freizeitverhalten, ihrer Wertorientierung, ihrer Einstellung zu Politik und Gesellschaftsordnung sowie die Kriminalisierung der Jugendlichen betrachtet und mit demjenigen Gebaren der amerikanischen Jugendlichen verglichen werden. Unter »Jugend« wird in dieser Arbeit die Phase vom 15. bis 24. Lebensjahr verstanden. [46] Es wird indes lediglich eine Betrachtung der männlichen Jugend vorgenommen, da es kaum weibliche „teenage rebels“ gab. [47]

Die deutsche Jugend stand nach 1945 im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Diese Aufmerksamkeit beruhte auf den befürchteten Langzweitwirkungen des Nationalsozialismus. Vor allem in Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit der Demokratie in der deutschen Gesellschaft erfuhren die Jugendlichen in Untersuchungen von deutscher und alliierter Seite großes Interesse. [48] „Überall wähnten sie [die Alliierten] ‚Werwölfe’ versteckt, jugendliche Partisanen, die auf die Chance lauerten, über die Eindringlinge herzufallen.“ [49] Die Sorge bezüglich einer fanatisierten Jugend erwies sich jedoch als unbegründet, da die Besetzer in Deutschland auf eine sich betrogen fühlende Jugend stießen, die durch die Enttäuschungen des Krieges geprägt war. In Folge dessen beschrieb Helmut Schelsky die Jugend der fünfziger Jahre als skeptische Generation. [50]

Jürgen Zinnecker unterscheidet indes zwischen denjenigen, die um 1930 und denen, die um 1940 geboren wurden. Er ist der Ansicht, dass sich jugendliche Lebensbedingungen in Familie, Ausbildung und Arbeit während der unmittelbaren Nachkriegszeit und der Adenauer-Ära erheblich unterschieden. [51] Weiter führt er aus, das sich ausschließlich die Jahrgänge um 1930 als „Jugend ohne Jugend“ oder als Schelsky’s „skeptische Generation“ etikettieren ließen.

Bis zu dem Wendepunkt um 1955 war das Leben der Jugendlichen von den unmittelbaren Kriegsfolgen geprägt, weshalb in Hinblick auf die erheblichen Mängel von der „Not der Jugend“ gesprochen wurde. Es fehlte nahezu an allem, wie beispielsweise an Wohnraum, Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten. Darüber hinaus hatten 1,25 Millionen Kinder und Jugendliche ihre Väter verloren, 250.000 davon waren sogar Vollwaisen und teilweise heimatlos. [52] Nach einer achtjährigen Volksschulbildung erfolgte bereits der Eintritt in das Arbeitsleben. [53] Allerdings herrschte in den ersten Jahren der Bundesrepublik ein gravierender Mangel an Arbeits- und Ausbildungsplätzen, der um 1950 ca. 700.000 Jugendliche betraf. Das ergab bei einer Gesamtzahl von 6,9 Millionen Jugendlichen eine Quote von über 10 Prozent und veranlasste Zinnecker, diese Generation als die bereits erwähnte „Jugend ohne Jugend“ [54] zu bezeichnen.

Gegen Mitte der fünfziger Jahre kamen schließlich die um 1940 geborenen Jahrgänge in das Jugendalter und brachten eine Veränderung mit sich. Diese Generation hatte den größten Teil ihrer Kindheit bereits in der Nachkriegszeit verbracht und ihre Sozialisierung in der Wiederaufbaugesellschaft erfahren. Bei ihrem Eintritt in die Jugendphase hatte das Wirtschaftswunder unlängst Fuß gefasst und die Arbeitslosigkeit war durch eine Vollbeschäftigung ersetzt worden. [55] Infolge dieser Entwicklung wurde die Berufstätigkeit, die neben der Sicherung des Lebens­unterhalts auch Freude bereiten sollte, zum Merkmal der Jugend.

Aufgrund der Tatsache, dass die Arbeitszeiten der Jugendlichen mit 48 bis 60 Stunden pro Woche sehr lang waren, wurde die Freizeit stark eingegrenzt und spiegelte die wenige freie Zeit der Gesamtbevölkerung wider. [56] Auf der anderen Seite verbesserten sich verstärkend die finanziellen Verhältnisse und Möglichkeiten der Jugendlichen, weshalb nach zeitlicher Verzögerung das Interesse der Industrie an den Jugendlichen geweckt wurde. [57] Ergebnis dieses Interesses waren spezifisch auf Jugendliche zugeschnittene Produkte in Form von Kleidung und Schallplatten, die den Markt ergänzten. [58] Dennoch wurde das Freizeitverhalten zunächst nur in geringem Maß von Konsum geprägt und glich auch hier dem­jenigen der Gesamtbevölkerung.

Das Freizeitverhalten der Jugendlichen wurde durch eine bescheidene Bravheit dominiert: Zu den Hauptbeschäftigungen in der Freizeit Jugendlicher gehörten Lesen, das Radio in Form von Taschen- oder Kofferradios und Kinobesuche, darüber hinaus bevorzugten die Jungen, wie in Amerika, sportliche Aktivitäten, während das weibliche Geschlecht gerne Handarbeiten erledigte. Zunehmend wurden allerdings ab Mitte der fünfziger Jahre auch aufregende Erlebnisse gesucht, um die allgemeine Häuslichkeit zumindest am Wochenende durch außerhäusliche Aktivitäten zu ergänzen. [59] Damit entstand ein Unterschied zur älteren Generation, die auch das Wochenende überwiegend im eigenen Heim verbrachte und dort das Fernsehprogramm genoss.

Während das Fernsehen auf die Erwachsenen eine große Faszination ausübte, ging die Jugend lieber in Kinovorstellungen, vordergründig, um dort abseits des elterlichen Einflusses Freunde zu treffen und weitere Unternehmungen zu planen. Für Letzteres boten sich, wie auch in den USA, Milchbars und Eisdielen als weitere neue Handlungsräume an. [60]

Durch die politische und wirtschaftliche Verflechtung mit dem Westen, dem wirtschaftlichen Aufschwung und der Erweiterung der Warenwelt, gelangten eine Reihe von Importen US-amerikanischer Alltags- und Populärkultur in die Bundes­republik. [61]

Somit wurde schrittweise ein Bild des »American way of life« vermittelt, das vordergründig die deutsche Jugend ansprach. Die Vergnügungsindustrie näherte sich dankbar dem Erlebnisdrang einer Minderheit von Jugendlichen an. In den Milchbars beispielsweise hatten die Jugendlichen nicht nur Raum für sich, sondern darüber hinaus durch die Münz-Musikboxen Zugang zu ihrer eigenen Musik. [62]

Die Entwicklung zu einem vergnügungsorientierten Freizeitstil verlief hingegen nicht ohne Konflikte, da sie mit den Autoritätsansprüchen der Erwachsenen kollidierte. Die bereits erwähnte Kontinuität von Alltags­normen wirkte sich besonders stark im Jugendbereich aus. Auch in den Erziehungsvorstellungen wurden Traditionen vergangener Gene­rationen wiederbelebt. [63] Die deutsche Gesellschaft hatte zu große Furcht vor den Modernisierungsprozessen und ihrer Wirkung auf die geneigte Jugend und sah im Umkehrschluss dadurch die ganze Gesellschaft bedroht. Dem Jugendlichen wurde auf diese Weise die Neigung unterstellt, elterliche Vorstellungen von Autorität, Kirche, Staat und Gesellschaft und somit auch alle Wertmaßstäbe in Kultur, Moral und Religion in Frage zu stellen. Dieser Gefährdung wurde mit pädagogischen Konzepten entgegengetreten, die Kontrolle, Bevormundung und Bestrafung vorsahen. Die zeitgenössische Psycho­login Helma Engels, die eine strikte Kontrolle jugendlicher Lebens­räume befürwortete, beschrieb die Jugendlichen als Gruppe von

„[…] genussüchtigen, zügellosen Halbwüchsigen, [die in ihrer] Kinobesessenheit, ihrer erschreckenden geistigen Anspruchslosigkeit, ihrer anscheinend willenlosen Triebhaftigkeit bis zu restlos verantwortungs­unbewussten, frühzeitigen geschlechtlichen Betätigungen, ohne jegliches Gemeinschaftsgefühl, lediglich verhaftet an das gegenwärtige, greifbare Heute […]“ [64]

gefangen seien. In diesem Kontext wurde die Jugend-Not-Kultur zunehmend durch die Jugend-Schutz-Kultur überlagert. Das heißt, die Jugendlichen wurden in die sich neu konstituierenden, alten Jugend- und Erwachsenenverbände zurückgeführt und rückten in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen. [65] Der Zielgedanke war eine vollständige Kontrolle aller jugendlichen Lebensbereiche, indem die Hauptge­fährdungsherde Sexualität und Konsum durch propagierten Triebverzicht unter­bunden und durch die Ideale der Sittlichkeit und Selbstzucht ersetzt werden sollten. [66]

Die Zukunft der Bundesrepublik sollte des Weiteren durch den in der gesunden Familie ausgeübten Jugendschutz, das 1951 in Kraft getretene Jugendschutzgesetz [67] und diverse Verbote gesichert werden. [68] Diese Verbote galten dem Alkohol- und Zigarettenkonsum, der Lektüre von Comics wie den Panther-Krimis, dem Campen oder Motorrad- und Mopedfahren. [69]

Dessen ungeachtet unterschieden sich die Generationen in ihrem Verhältnis zur Politik nicht, denn der nach Sicherheit strebende Konservatismus fand auch hier seinen Ausdruck. Sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den erwachsenen Bundesbürgern war das politische Denken neben einer grundsätzlichen Distanz – wie sie auch in Amerika zu finden war, von autoritären und autoritätsgläubigen Einstellungen geprägt. [70]

Demnach schien es sich in den fünfziger Jahren größtenteils um eine »brave« Jugend gehandelt zu haben, die sich durchaus der propagierten korrekten Leben­sweise anpasste, während die ältere Generation die Modernisierungs­prozesse, auch aufgrund ihrer antiwestlichen Gesinnung, als Anzeichen von Verfall be­trachtete.

Die Kontrolleinrichtungen mit ihrem Diktat einer vorbehaltlosen Anpassung an die Wertewelt der älteren Generation konnten andererseits ihren Einfluss nicht aufrecht erhalten. Immer mehr Jugendliche verschmähten die jugend­schützer­ischen Organisationen, die nahezu jugendfeindlich wahrgenommen wurden, und setzten ihnen ihre eigenen Generationsstile entgegen. Dabei orientierten sie sich ausgerechnet an der in den Augen der Gesellschaft Verderben bringenden US-amerikanischen Populärkultur und dem »American way of life«. [71] Dieser versprach mit seinen Verlockungen wie Rock ’n’ Roll, Kinofilmen und Kleidungsstilen eine Teilhabe an der Freiheit, die auch für westdeutsche Jugendliche zunehmend an Bedeutung gewann.

Halbstarke stören die Ordnung 

Ab 1956 wurde der Begriff »Halbstarke« zum Signum einer heiß diskutierten Zeiterscheinung. Die Art der Berichterstattung erweckte den Eindruck, dass sich eine ganze Generation – bestehend aus Rowdies und Motorradbanden – auf dem Weg in ihr eigenes Verderben befand. [72]

Die Jugendlichen bezeichneten sich indes nicht selbst mit dem Begriff »Halbstarke«, er war vielmehr bereits eine öffentliche Reaktion auf ihr Verhalten und stieß aus diesem Grund bei der entsprechenden Jugend auf Ablehnung. [73] Demzufolge wiesen sie vor Polizei und Gericht häufig darauf hin: „Ich bin aber kein Halb-Starker.“ [74] Kurme deutet darauf hin, dass der Begriff »halbstark« zunächst ein Synonym für »halbwüchsig« oder »halberwachsen« zu sein scheint. [75] Mit dieser Bedeutung hätte die mit den Halbstarken verbundene Problematik aber nur die mit den Krisen während der Pubertätsphase verbundenen Fragen beinhaltet. Allerdings zeigten sich in der Art der Verwendung des Begriffs noch andere Bedeutungs­ebenen, wie beispielsweise das auffällige Randalieren Jugendlicher in der Öffentlichkeit. [76] Darüber hinaus enthält die Bezeichnung ein abschätziges Urteil, welches den so Betitelten nicht gänzlich ernst nimmt und ihm eine bestimmte Position aus Erwachsenensicht zuweist. [77]

Die Jugendlichen selbst verstanden unter der für sie gewählten Benennung, nach einer Studie von Curt Bondy, Kriminelle, die sich in Banden organisierten. [78] Bondy legte darüber hinaus jedoch Wert auf eine Unterscheidung zwischen der kriminellen und verwahrlosten Gruppe Jugendlicher sowie den Halbstarken. [79] Demnach warnte er vor einer Verwechslung Halbstarker mit Kriminellen.

Eine Darstellung des „Prototyp Halbstarker“ mit seinem auffälligen Verhalten entwarf Kaiser in einer Studie, der Polizeiberichte, Literatur- und Presseberichte zugrunde lagen. [80] Dort formt er die Definition einer randalierenden Jugend, die in friedensstörender Weise auffällig wurde.

Indessen wichen Jugendliche bereits, wie ihre amerikanischen Altergenossen, durch ihre äußere Erscheinung, bestimmte musikalische Vorlieben und Konsumpraktiken von geläufigen Konventionen ab. [81] Dabei orientierten sich die Jugendlichen zunächst an den Produkten US-amerikanischer Populärkultur und den vermittelten Images, die schon für die amerikanische Jugend einen Vorbild­charakter hatten. Auch hier sei auf Filmidole wie Marlon Brando [82] und James Dean [83] oder Musiker wie Elvis Presley [84] hingewiesen, die für das eigene Autonomiestreben Pate standen. Dies verdeutlicht sich vor allem an der Mode der Halbstarken, die sich trotz jeweiliger variierender Kombinationen auf einige „Must haves“ stützte: auf die „Blue Jeans“ oder auch Nietenhosen, T-Shirts, großkarierte Hemden und Jacken, kurzgeschnittenen Satinblousons, Cowboy- und Motorradstiefeln, Slippern und Texas-Halsschmuck. [85] Das prägendste Merkmal war indes die schwarze Leder­jacke, die sich mit dem Film »Der Wilde« (The Wild One) mit Marlon Brando in Zusammenhang bringen lässt. „Da kamen sie, die Nietenhosen und Lederjacken, mit Haarkoteletten bis zum Kinn, […] mit Bewegungen, die Elvis kaum besser hingekriegt hätte.“ [86] Zu den bedeutenden Charakteristika der Halbstarken gehörte somit die Konsumorientierung, denn sie entnahmen ihre Statussymbole zur Ab­grenzung von anderen der Konsum- und Warenwelt. [87]

Überdies wurden Motorräder und Mopeds von Jugendlichen als Prestigeobjekte entdeckt. Mit dieser Motorisierung erweiterten die Jugendlichen ihren Aktions­radius und demonstrierten ihre Straßenmacht. Die Verletzungen der Verkehrs­ordnungen, die Halbstarke mit ihren Mopeds im Straßenverkehr begingen, führten zu heftigen Reaktionen der Staatsmacht, die mit Führerscheinentzug drohte. Darüber hinaus wendeten sich einige Jugendliche gegen die Motorisierung anderer, indem sie deren Fahrzeuge demolierten und Straßen blockierten oder „joy rides“ veranstalteten. [88] Lindner erläutert, dass die Jugendlichen mit ihren Fahrzeugen demonstrativ die Straßen okkupierten und diese zur „metaphorischen Flucht“ aus der mit Verboten und Regeln gekennzeichneten Welt benutzten. Deren Enge konnten sie im Rausch der Geschwindigkeit zumindest kurzfristig verlassen. [89]

In Hinblick auf den Rock ’n’ Roll, der in der Bundesrepublik [90] genauso wie in den USA die Geister schied, muss zwischen individuellem Gefallen an der Musik und der Beteiligung am Gruppenstil der Halbstarken differenziert werden. Eine große Gruppe Jugendlicher fand zwar Gefallen an der Musik, untermalte diese Tatsache jedoch deswegen nicht zwingend mit halbstarkem Gebaren und Aussehen. Für die Halbstarken selbst stellte der Rock ’n’ Roll indessen ein kollektives Stilmerkmal dar, das sie von älteren Generationen und anderen Jugendlichen gleichermaßen abgrenzte. [91]

Der Nährboden, auf den Ende der 50er Jahre der Rock ’n’ Roll fiel, entsprach dem emotionalen Nachholbedürfnis der Nachkriegsgeneration. Durch die aus den USA importierten Jungendproblemfilme wie »Saat der Gewalt« gewann die ältere Generation den Eindruck, das sich Rock ’n’ Roll und Jugendkriminalität gegenseitig bedingen würden. [92] In dieser Musik vereinten sich „schwarzer Beat mit weißer Sentimentalität“, weswegen die Einordnung und Bewertung des Rock ’n’ Roll durch rassistische Stereotype und Vorurteile geprägt wurde. Demzufolge war diese Musik für viele Bundesbürger nichts anderes als „Urwaldgeheul“ oder „Negermusik“. [93] Zwar war die Gesellschaft in den fünfziger Jahren bestrebt, sich anti-rassistisch zu geben und die in den USA herrschende Rassentrennung zu kritisieren, um sich von der eigenen antisemitischen Vergangenheit zu distanzieren, die propagierte Gleichheit zwischen den Rassen basierte jedoch auf einem Ideal männlicher Zurückhaltung und Selbstbeherrschung. Poiger erläutert, dass der in der afroameri­kanischen Kultur verwurzelte Rock ’n’ Roll mit dem dazugehörigen Tanz das genaue Gegenteil von Selbstbeherrschung verkörperte, da er laut, schnell und körperbetont war und daneben mit seinen sexuellen Komponenten gegen die bisherigen Normen von Anmut und Anständigkeit verstieß. Dadurch wurde es möglich, die Musik trotz der rhetorischen Befürwortung von Rassengleichheit als primitiv abzulehnen. [94] In dem neuartigen Tanzstil wurde beispielsweise eine Umkehrung der Geschlechterrollen und eine damit einhergehende Gesellschafts­gefährdung gesehen, da der Mann nicht zwangsläufig die Führung übernahm. [95] Entsprechend erweiterte Elvis Presley mit seiner Musik und vor allem mit seiner Bühnenshow die Angst bezüglich jugendlichen Fehlverhaltens um die Sorge vor einem Verlust der sexuellen Kontrolle. [96] Sexualität stellte das größte Tabu der fünfziger Jahre dar. Nicht nur der Rock ’n’ Roll, sondern auch der körperbezogene Tanz wurde von der Öffentlichkeit als das musikalische Äquivalent des Geschlechts­aktes gedeutet und als unmoralisch bewertet. [97]

Insgesamt wurden die Halbstarken genauso wie ihre amerikanischen Alters­genossen mit ihrem Aussehen in Kontrast zu den bürgerlichen Vorstellungen von Anständigkeit gesetzt und für ihre provokativ-herausfordernde Lässigkeit kritisiert. Die demonstrativ-lässigen Körperhaltungen und legeren Ausdrucks­for­men der Halbstarken fungierten als deutliche Symbolisierung der Abkehr von virulenten Idealvorstellungen männlich-soldatischer Tugenden und den „militärisch-strammen Vorbildern“ der Väter. [98] Ein Gebaren, das auch in Banden oder Cliquen zur Schau getragen wurde. Von der Öffentlichkeit wurden diese Gruppen mit kriminellen Straßenbanden auf eine Stufe gestellt. Ein Zusammenhang, der durch den Film »Die Halbstarken« 1956 nahe gelegt wurde, gegen dessen Gleichsetzung sich Bondy jedoch wehrte. [99]

Die Halbstarkenkrawalle in Hannover und öffentliche Reaktionen 

Neben ihrem Aussehen, ihrer Haltung, ihren musikalischen Vorlieben und einer grundsätzlichen Respektlosigkeit gegenüber Erwachsenen produzierten die Jugendlichen durch die Halbstarken­krawalle die meisten Schlagzeilen. Nach Grotum beeinflusste der Krawall in seiner spektakulären und medieneinträchtigen Form den Bekanntheitsgrad des Begriffs »Halbstarke« am entschiedensten. [100] Werner Lindner schließt sich dieser Meinung an und ergänzt, dass der Terminus »Halbstarke« das Image der gesamten Jugend in den 50er Jahren prägte, obwohl der Prozentsatz der an Krawallen wirklich Beteiligten auf maximal 3-5% der Gesamtzahl Jugendlicher geschätzt wurde. [101]

Bereits Bondy verstand unter den Krawallen eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die von Jugendlichen verursacht wurde, die keine geschlossene Gruppe bildeten und überdies kein bestimmtes Ziel vor Augen hatten. [102] Kaiser übernahm die von Bondy vorgeschlagene Mindestteilnehmerzahl von 50 Jugendlichen als Definitionsmoment und bezeichnete daraufhin Vor­komm­nisse mit einer Teilnehmerzahl ab 50 Personen als Großkrawalle. [103]

Der von dieser Definition abgesteckte Rahmen umfasste unterschiedliche jugendliche Aktionen, beginnend mit harmlosen Ansammlungen, die schon als öffentliche Störung empfunden wurden, bis hin zu Schlägereien und Straßen­schlachten, bei denen es zu ernsthaft Verletzten kommen konnte. [104]

Während des Zeitraumes von 1956 bis 1958 kam es in der Bundesrepublik zu fast 100 Großkrawallen, allein in der Zeitspanne von April 1956 bis zum März 1957 fand ein Fünftel davon in Form einer Krawall-Welle statt. [105] Die Krawalle waren über die ganze Bundesrepublik verteilt, mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz kam es in jedem Bundesland zu mindestens einer Ausschreitung. Die beiden Zentren der Halbstarken-Krawalle bildeten Berlin mit 41 und Nordrhein-Westfalen mit 20 Krawallen. [106]

An dieser Stelle werden die Halbstarken-Krawalle und ihre Auswirkungen exemplarisch an den Ausschreitungen in Niedersachsen analysiert. In diesem Bundesland fanden 1956 innerhalb von drei Monaten elf Krawalle statt. Besonders in der Landeshauptstadt kam es darüber hinaus zu weiteren Ansammlungen Jugend­licher, die, so stellt Thomas Grotum fest, bisher nicht berücksichtigt worden sind. [107] Da überdies für Hannover besonders detaillierte Informationen vorliegen, wird sich die folgende Betrachtung der Ursachen und Anlässe sowie der Ziele und dem Verlauf der Krawalle ausschließlich auf diese Region konzentrieren. Dabei werden zwei Ereignisse aufgegriffen, die 1953 und 1956 in Hannover erfolgten. [108]

Erste Anzeichen einer öffentlichen Artikulation wurden bereits 1953 in einer der Musterstädte des Wiederaufbaus mit dem „Himmelfahrts­krawall“ registriert. Es handelte sich bei diesem Ereignis um eine Massenschlägerei, bei der zeitweilig mehrere Tausend Menschen anwesend waren. Eine besondere Rolle spielte in diesem Fall die Art der Berichterstattung durch die »Hannoversche Allgemeine Zeitung«. [109]

Die „Wasserschlacht“ in Hannover verdrängte in der Mitte Mai erschienenen Wochenendausgabe die nationalen und internationalen Nachrichten von der Titel­seite. Indem ein Lokalereignis ungewöhnlicherweise auf die erste Seite platziert wurde, konnte die hannoversche Leserschaft bei der Lektüre dieser Meldung den Eindruck gewinnen, über eine Art Bürgerkrieg informiert zu werden. So ist beispielsweise von einer „Schlacht“, von „schweren Zusammenstößen“ und einer „10.000 köpfigen Menge“ die Rede. Als Verursacher dieser Auseinander­setzung werden angetrunkene Jugendliche angegeben, die es gewagt hätten, ihre Füße im Brunnen vor dem Bahnhof zu baden und dadurch verursachten, dass sich dort eine Menschenmenge angesammelt habe. Darüber hinaus hätten die Übeltäter Passanten angepöbelt, den Straßenverkehr behindert und Schlägereien provoziert. Die Polizei erscheint in der Berichterstattung dieses Ereignisses als Part der Ordnungsmacht und depersonalisierter, reagierender Akteur, der die Massen mit Hilfe von Wasserwerfern und Gummiknüppeln zerstreut und Verhaftungen vor­genommen habe. Am Ende habe die Ordnungsmacht dem Ausbruch der Gefühle erfolgreich Einhalt gebieten können, da nach Aussage der im Stil einer Kriegsberichterstattung verfassten Meldung letztendlich niemand verletzt worden sei. [110]

Betrachtet man dagegen die Äußerungen der Polizei zu diesem Vorfall, scheint es sich um ein bloßes Organisationsproblem der Schutzmänner gehandelt zu haben, das diese aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht bewältigen konnten. Geiling verdeutlicht sogar, dass das von der Polizei selbst hervorgerufene Chaos eine Identifizierung der „Rädelsführer“ unmöglich gemacht habe. [111] Die Inter­pretation der Szenerie innerhalb des Zeitungsberichts lässt allerdings vermuten, dass die alleinige Schuld für die Massenansammlungen und das Chaos bei den Jugend­lichen gelegen hat. Das Agieren der Polizei wird in beiden Perspektiven nicht in Frage gestellt, ebenso wird in der Detailperspektive mit Stichworten wie „Alkohol“, „amerikanische Wildwestfilme“, „Ausleben von Ressentiments im städtischen Rotlichtviertel“ sowie das „Katz- und Maus-Spiel“ mit der Ordnungs­macht, eine jugendliche Geschmacksverirrung bekräftigt. [112]

All diese Aspekte zeigen, dass sich die Schuldzuweisungen auf der Ebene von Gerüchten und gesellschaftlichen Vorurteilslinien bewegten. Dadurch lassen sich die divergierenden unspezifischen Identifizierungsversuche der „Übeltäter“ erklären: Wollte ein Teil vermeintlicher Zeugen – womöglich in Entlastung der Hannoveraner – Jugendliche aus dem ländlichen Aligse und Misburg gesehen haben, wollten andere Passanten „junge Angestellte“ gesehen haben. Der hannoversche Polizeipräsident hatte Studenten am Werk gesehen. Im Jahre 1953 gab es immerhin 4.500 Studenten in der Stadt. [113] Dass diese bereits 1953 und nicht erst 1968 zu Tätern stilisiert wurden, verweist auf die Existenz tiefsitzender, traditioneller Vorurteilsstrukturen.

Nachdem sich die Aufregungen nach einigen Tagen zunehmend legten, wurde in Leserbriefen nun doch nachträglich die Unverhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes angeprangert: Es ist die Rede von einem „völlig ungerecht­fertigtem“, „brutalen“ und „ungeschicktem“ Eingreifen der Polizei. Diese Leser­reaktionen lassen die „Wasserschlacht“ zwar in einem anderen Licht erscheinen - eine Diskussion über die sozialen Motive der Jugendlichen erfolgt jedoch nicht, da vermutlich ein durch Alkohol bedingter Überschwang am Vatertag als normal erschien und geduldet wurde. Und tatsächlich stellte sich kurz darauf heraus, dass die Himmelfahrtsereignisse ihren Ursprung in einem Spaß des Aligser Jung­gesellenvereins hatten, mit dem die durch die Erfahrungen des Nationalsozialismus sensibilisierte, kritische Öffentlichkeit nicht umzugehen wusste. Denn einen Angriff wütender Jugendlicher auf uniformierte, deutsche Gesetzes­vertreter hatte es bisher nicht gegeben. [114]

Dieser gewandelte Interpretationsrahmen fokussierte vordergründig das als nicht situationsgemäß empfundene Vorgehen der Polizei. Dies lässt sich vermutlich einerseits mit einer Sensibilisierung aufgrund der Erfahrungen jüngster Vergangen­heit und der daraus resultierenden kritischen Öffentlichkeit und anderer­seits mit dem in der Alltagskultur verwurzelten, ungeschriebenen Gesetz einer gedehnten Toleranzgrenze bei Festtagen erklären. [115]

Drei Jahre später wurde durch die Presse an diesen Vorfall erinnert:  

„Am Montag, dem 13. August 1956, kam es in Hannover zu einem Halbstarken-Krawall, der aufgrund seines gerichtlichen Nachspiels in der gesamten Bundes­republik bekannt wurde. Ungefähr 200 männliche Jugendliche blockierten den Bonifatiusplatz, errichteten Straßensperren, nötigten Passanten und bewarfen Polizeiwagen mit Steinen.“ [116]

Die Idee zu diesem Krawall entstand bereits eine Woche zuvor: Einige Jugendliche planten, angestiftet durch die Berichterstattung der »BILD-Zeitung« von derartigen Vorfällen in Berlin und München, etwas Ähnliches in Hannover zu veranstalten. [117] Dabei stellte die Polizei wie in den anderen Städten einen potentiellen Gegner dar, weswegen sich der Protest auch hauptsächlich gegen die einschreitende Ordnungsmacht richten sollte.

Ähnlich wie in den Pressemeldungen des Jahres 1953 verbleib auch dieser Vorfall zunächst relativ unbestimmt. Ein Faktum, dass sich aus der Komplementarität von Regelverstoß und Aufmerksamkeitschance erklärt: Je eklatanter gegen eine Regel verstoßen wird, desto mehr steigert sich die Chance für die Aufmerk­samkeit. [118] Allerdings reduziert sich die Wahrnehmung dabei nicht selten auf die bloße Tatsache der Regelüberschreitung. Unabhängig von den jeweiligen Hintergründen und Motiven eines spektakulären Ereignisses dominiert das Muster der Devianz, so dass die Presse unweigerlich als Hüter des Konformitätsprinzips und Geschmacks der hegemonialen lokalen Öffentlichkeit fungiert, obwohl sie einige Motive häufig später nachreicht.

Die Meldung der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung« bezüglich der „Arbeiterjugendlichen vom Bonifatiusplatz“ schockierte die Leserschaft mit der Schilderung von „zusammengerotteten“, „Frauen angreifenden“, „Steine gegen Kraftwagen werfenden“ Halbstarken. [119]

Zusammengefasst handelte es sich um durch einen Polizeibeamten in ihrer Ehre als Mopedfahrer gekränkte Jugendliche, die ihrerseits versuchten, die Polizei zu demütigen, um eine öffentliche Revanche zu erzielen. Die Ordnungsmacht nahm die Herausforderung an und drohte mit Festnahmen, die bald darauf erfolgten. Acht Jugendliche wurden bereits am Tatort festgenommen, gegen 41 Schüler und Lehrlinge sowie drei Erwachsene wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, von denen zehn bis zum Gerichtsverfahren im Dezember in Untersuchungshaft blieben. Im bis dato größten Landfriedensbruchprozess in Deutschland erhielten sieben Angeklagte Gefängnisstrafen bis zu 12 Monaten, der Rest erhielt Jugendstrafen. [120]

Der Verlauf dieses „reinen Krawalls“ ist in vielerlei Hinsicht als typisch zu bezeichnen. Die Jugendlichen erregten durch ihr provozierendes Verhalten und das Blockieren des Verkehrs die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, wobei die Motive ihrer Ausschreitungen in zwei zentralen Elemente des Gruppenerlebnisses lagen: die Abenteuerlust und der Spaßfaktor, die bei allen Krawallen im Vordergrund standen. [121]

Das Beispiel der Vorfälle in Hannover illustriert ein Phänomen, das vor allem in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre weltweit Aufsehen erregte. In sämtlichen Groß­städten industrialisierter Gesellschaften wurden Großkrawalle von Halbstarken gemeldet, die sich in einen Zusammenhang mit der einseitigen Ausrichtung der gesellschaftlichen Ressourcen auf den Wiederaufbau in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten bringen lassen. Die in diesem Kontext geforderte Askese in allen gesellschaftlichen Bereichen wurde demnach nicht widerspruchslos hingenommen und sogar öffentlich artikuliert. [122]

Vor allem zeigt sich anhand der hier gewählten Beispiele die besondere Bedeutung der Presse. Ihre Aufgabe bestand darin, einerseits Informationen zu liefern, andererseits sollte sie jedoch keine Werbung für die Krawalle ausüben. In vielen öffentlichen Stellungnahmen zu den Halbstarken lässt sich der Gedanke finden, dass das Phänomen in gewissem Maße auch eine Erfindung der Zeitungen gewesen wäre oder dass beispielsweise diese den Halbstarken eine Publizität gegeben hätten, die das Ausmaß der Erscheinung überragte. [123] Teilweise wurde den Zeitungen sogar unterstellt, dass sie durch ihre Berichterstattung den beteiligten Jugendlichen Gründe für ihr Verhalten in den Mund gelegt hätten. Neben der Rolle des Komplizen konnten sie auch als Verursacher gelten, wenn sie angeblich Jugendliche zu Straßenblockaden aufforderten, um eine außer­gewöhnliche Meldung bieten zu können. [124] Fischer-Kowalski bemerkt hierzu, dass sich die Medien damit mindestens so sehr um die Verhütung dieser „Krankheit“ bemühten, wie sie zu ihrer Verbreitung beitrugen. [125]

Es kann festgehalten werden, dass die Anzahl der Zeitungsartikel, die sich mit den 14- bis 25jährigen beschäftigten, im Zuge der Krawalle 1956 sprunghaft anstiegen. Dabei stand nicht eine Wiedergabe der konkreten Vorgänge im Vordergrund, sondern vielmehr das Phänomen der Krawalle selbst. In diesem Kontext wurde von einer Diktatur der Halbstarken und von einem Jugend-Problem berichtet. Die Raserei der Rock ’n’ Roll-Fans wurde mit dem Gehabe der „Veitstänzer“ verglichen, die im Mittelalter unter Einfluss eines halluzinogen wirkenden Pilzes in eine regelrechte Tanzwut verfallen waren. [126] Dabei wurde eine gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklung diagnostiziert, die ihre Ursachen in der Konsumorientierung und in dem Bedeutungsverlust des Religiösen habe. [127] Durch die in einigen Zeitungen stark betriebene Dramatisierung der Tatsachen wurde die allgemeine Stimmung der Öffentlichkeit nicht nur wiedergegeben, sondern zusätzlich verschärft. Dies wird besonders deutlich, wenn jugendliche Auffällig­keiten und Krawalle mit dem Ende der Menschheit gleichgesetzt wurden.

Langzeitwirkungen jugendlicher Ausbruchsversuche 

Bei der Betrachtung der Reaktionen auf die Halbstarken-Krawalle fallen zwei unterschiedliche Meinungen auf: Während die eine Seite überdimensionale gesellschaftliche Gefahren herannahen sah, lehnte die andere Seite derartige Ängste als Übertreibung ab und deutete die Ausschreitungen als Ausdruck von Jugendnot, Langeweile und Geltungsbedürfnis. Die Vertreter der restaurativen Haltung in Politik, Wissenschaft und Publizistik dagegen führten die Erscheinung der Halbstarken auf einen allgemeinen Autoritätsverlust und Werteniedergang zurück. Sie ordneten daraufhin die Protesterscheinungen der Jugendkriminalität [128] zu und forderten drastische Polizeiaktionen als Gegenmaßnahme. [129] Der Pädagoge Muchow verstand unter den jugendlichen Delikten Scheinverbrechen, mit denen eine massive Verachtung der Erwachsenen als Gesamtheit zum Ausdruck gebracht wurde. [130] Er sah in dem Wehrdienst die einzige Möglichkeit, einen Gemeinwillen und ein demokratisches Bewusstsein bei der Jugend herauszubilden, obzwar er diese Institution als historisch belastet beschrieb. [131] Er zog sogar eine Parallele zwischen den Halbstarken und dem Aufsteigen des Nationalsozialismus: Er deutete es als „Milchmädchenrechnung“, wenn behauptet wurde, dass nur ein Teil der Jugend halbstark wäre, da auch die Nationalsozialisten bei der Wahl vom 28.05.1928 nur 2 Prozent der Stimmen erhalten, fünf Jahre später aber die Macht ergriffen hätten. „Gerade bei massen-psychischen Erscheinungen gilt der Satz, daß kleine Ursachen oft große Wirkungen zeitigten, und gilt daher die Forderung: Pricipiis obsta - widerstehe den Anfängen!“ [132]

Es muss darauf hingewiesen werden, dass auch die Vertreter der liberalen Po­sition die Existenz von jugendlichen Untaten nicht bestreiten wollten; sie betonten aber gleichzeitig, dass das Problem der Halbstarken durch die heftigen öffentlichen Reaktionen erheblich übertrieben werde und eine provozierende Wirkung auf die Jugendlichen haben könnte. [133]

Unabhängig von den differierenden Meinungen fand eine breite gesellschaft­liche Debatte über die Jugend und ihr Verhalten statt - in der Journalisten, Wissenschaftler, Erzieher und Politiker versuchten, die Ursachen für das Phänomen der Halbstarken auszumachen. [134] Aus heutiger Sicht wirken die Darstellungen in der zeitgenössischen wissenschaftlichen Diskussion teilweise derart grotesk, dass Grotum auf die Gefahr aufmerksam macht, „[…] das gesamte „Halbstarken“- Phänomen als eine amüsante Anekdote der 50er Jahre abzuhandeln.“ [135]

Bei der Suche nach Erklärungen wurden die Erscheinungen jugendlichen Fehlverhaltens in den Kontext sich verändernder gesellschaftlicher und sozialer Rahmenbedingungen gestellt. Gerade in der rasanten ökonomischen Entwicklung in der BRD sah man eine Ursache des Halbstarken-Phänomens. Dabei ging es nicht zwingend um das »Wirtschaftswunder« an sich, sondern vielmehr um die Vielzahl neuer materieller Möglichkeiten, die dieses einer wachsenden Zahl von Bundesbürgern bot. [136]

Als weitere wesentliche Ursache der Jugendbewegung der 50er Jahre begreift Fischer-Kowalski die These vom „Kontroll-Loch“, das von den Kindern der Nach­kriegszeit in sozialer Desorganisation empfunden wurde und im Widerspruch zu den Restriktionen der Wiederaufbauphase stand. [137] Sie führt aus, dass die Schwierigkeiten des täglichen Überlebens, die Auflösung von Familienverbänden und die erzwungene Selbstständigkeit der Kinder als Ursachen für das Ausbleiben traditioneller Erziehung und Kontrolle während der Kriegswirren vermutet werden können. [138]

Vor dem Hintergrund der von gesellschaftlichen Ungleichzeitigkeiten geprägten Sozialisationserfahrungen nach 1945 und mit Blick auf Konsumversprechen der Leitkultur des »American way of life« kann die Bewegung als Ausdruck einer gegen die „Spießigkeit“ der Elterngeneration gerichteten Modernisierung begriffen werden. [139] Demnach stand hinter der Provokation und Gewaltbereitschaft der Halbstarken vor allem der Wunsch nach Interesse und Aufmerksamkeit, nicht aber eine politische Motivation. [140] Die aus Amerika herüberreichenden Signale vom Ende der Mangelgesellschaft und die in der Bundesrepublik erkennbaren Symbole einer sich ankündigenden Wohlstandsgesellschaft wurden mit den eigenen Alltags­erfahrungen in Zusammenhang gebracht. Den Halbstarken musste es irrational erscheinen, nicht auf die Möglichkeiten neuer Freiräume zuzugehen, sondern sich stattdessen in dem vorgegebenen Verzicht zu üben. [141] Dagegen fürchtete die Gesellschaft eine „Woge der Entfesslung“, die aus Amerika auf sie zurollte. Die jugendliche Autoritätsmissachtung wurde auf die kulturelle Amerikanisierung zurückgeführt und das abweichende jugendliche Verhalten daraufhin als „amerikanisiert“ bezeichnet. [142] Allen voran die Halbstarken galten demnach als amerikanisierte Jugendliche, wobei dieses Image zum Teil auch bewusst von ihnen gepflegt wurde.

Die Ablehnung amerikanischer Kulturexporte besaß neben der Sorge um die deutsche Kultur und einer Schwächung der bürgerlichen Hegemonie noch einen anderen Aspekt: Da aufgrund der politischen Konstellation im Kalten Krieg kaum die Möglichkeit bestand, an der Westintegration der BRD und an der politischen wie militärischen Schutzmacht USA von westdeutscher Seite aus Kritik zu üben, bot sich hierfür vor allem das Gebiet der Kultur an. Musste politisch eine Unter­legenheit akzeptiert werden, „ließ sich zumindest geistig eine Überlegenheit des europäischen Abendlandes gegenüber der neuen Welt betonen, die trotz atlantischer Allianz nicht übersehen werden sollte.“ [143]

Rückblickend scheint eine mehr oder weniger gelungene Disziplinierung und soziale Integration der Halbstarken aus den Reaktionen der Öffentlichkeit resultiert zu haben. In den späten 50er Jahren ebbten die Krawalle völlig ab und die Schärfe des Disputs wurde durch die Ansicht ersetzt, dass nicht jeder Jugendliche, der durch die aufgeführten Abweichungen von den konventionellen Erwachsenenvor­stellungen auffiel, dadurch zum Kriminellen wurde. [144]

Als möglicher Grund für diese überraschende Wendung der Gesinnung kann auf die Art des jugendlichen Protests verwiesen werden, der lediglich symbolisch-demonstrativ und nicht argumentativ artikuliert wurde. Ferner blieb er unorgani­siert und stand in keinerlei Verbindungen zu politischen oder sozialen Bewegungen in der Gesellschaft. [145] Notwendige situative Anlässe für die Proteste konnten nicht beliebig geschaffen werden, was neben dem zunehmenden Alter der Protestträger zu einem Verlust der Sprengkraft, also einem Abflauen des jugendlichen Impetus führte. Zudem musste die harte Vorgehensweise der Öffentlichkeit gegen Jugend­kriminalität für andere Jugendliche abschreckend gewirkt haben.

Ein weiterer wichtiger Faktor war die aufkommende Akzeptanz des ab­weichenden Verhaltens und dessen Integration in die Gesellschaft. In der Bundes­republik verlief die Entwicklung ähnlich wie in den USA. Der neu entstandene Jugendtyp des »Teenagers« orientierte sich weitgehend am bürgerlichen Jugend­ideal und bediente sich der 1956 gegründeten Zeitschrift »BRAVO« als Medium. [146] Die Teenagerkultur wurde vor allem von dem Teenager-Traumpaar Peter Kraus und Conny Froboess repräsentiert, die mitunter eine gelungene Transformation eines rebellischen Stils in eine geglättete Modevariante ermöglichten. [147] Die Entwick­lungen in den Bereichen Musik und Film verdeutlichen den Erfolg der Industrie, dem jugendlichen Verhalten die Spitze zu nehmen, indem die Impulse der Jugend in Sachen Mode und Musik vereinheitlicht wurden.

Demzufolge war der Teenager die kommerzielle Antwort auf den Halbstarken und das Produkt einer gewinnorientierten Industrie. Es wäre allerdings falsch, von einem kommerzialisierten Halbstarken zu sprechen. Schließlich wandte sich die Freizeitindustrie nun eher Jugendlichen zu, die sich mit dem Halbstarken-Stil nicht identifizierten und daher zuvor keine Möglichkeit zum jugendlichen Selbstaus­druck gefunden hatten. Maase spricht daher von einem Wechsel der domi­nierenden Trägergruppe. [148] Überdies handelte es sich nicht um eine einseitige Manipulation der Jugend durch die Freizeitindustrie, da auch die saubere Teenager-Kultur ein Ausbrechen Jugendlicher aus bestehenden Bahnen ermöglichte, selbst wenn sie gleichzeitig eine Einschränkung vollführte, die eine Gefahr für die Gesellschaft ausschloss. [149] Solange gewisse Grenzen nicht überschritten wurden, galt das Bedürfnis Heranwachsender sich auszutoben nunmehr als legitim, da die moralisch saubere Teenager-Kultur zunehmend in den Vordergrund geriet und das Rowdytum einer halbstarken Minderheit aus den Medien verdrängte. [150]

Vom Standpunkt moralischer Sorge um die Jugend aus betrachtet, konnte dies tatsächlich als Sieg traditioneller Werte und Haltungen gefeiert werden. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass vielmehr die jugendlichen Rebellen in diesem neuen sauberen Teenager-Bild und der weichen Welle des Rock ’n’ Roll keine verfügbaren Mittel zur Artikulation ihrer Anliegen fanden. Indem die Aufmerksamkeit nicht länger auf sie gerichtet war, verloren sie ihre einzige Aus­drucksmöglichkeit. 

Werden jedoch die Aktivitäten der Jugendlichen als eine weiterreichende soziale Bewegung und vor dem Hintergrund eines weit über die 1950er Jahre hinaus­gehenden sozialen Wandels begriffen, nehmen die Halbstarken einen historisch-politischen Stellenwert ein. [151] Indem sie die Machtbalance der bundes­republi­kanischen Gesellschaft in Kultur und Alltag ins Wanken brachten, bereiteten sie eine soziale und politische Modernisierung vor, die mit dem Beginn der Studenten­bewegung ab Mitte der sechziger Jahre datiert wird. [152]

Schlussbetrachtung 

Der vorliegenden Arbeit lag die These zugrunde, dass die öffentliche Bewertung des Halbstarken-Phänomens, die in eine dramatisierende Krimi­nalisierung mündete, im Kontext genauerer Betrachtungen unangebracht erscheint. Diese Tendenz, die Jugendbewegung der 50er-Jahre mit Jugendkriminalität in Verbindung zu bringen, herrschte insbesondere in den zeitgenössischen Unter­suchungen und Diskussionsbeiträgen vor, wobei sie in den USA eine noch stärkere Ausprägung erhielt als in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar können einige Vergehen Jugendlicher sowohl aus den USA wie der BRD als kriminelle Delikte gewertet werden, doch reicht es insgesamt nicht aus, das Verhalten der Jugend ausschließlich nach dem Kriterium der Gesetzesüberschreitung zu inter­pretieren. Betrachtet man den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext, innerhalb dessen dieser spezielle Habitus auftaucht, erweist sich der unnachgiebig erscheinende, strafrechtlich-juristische Maßstab als unbrauchbar.

Es konnte aufgezeigt werden, dass es sich um ein Widerspruch und Widerstand artikulierendes Konfliktverhalten gehandelt hat, das jeweils durch sozial bedingte Ursachen und Motive hervorgebracht wurde und dabei die gesellschaftlichen Normen verletzte. So lag dem Protest ganz offensichtlich keine theoretisch entwickelte oder argumentativ begründete Vorstellung von Gesellschaftskritik zugrunde. Nur in seltenen Fällen legten die jugendlichen Protestträger die Beweggründe für ihr Handeln auf verbale Art und Weise dar. 

Trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen waren die Nachkriegs­jahre sowohl in den USA als auch in der BRD eine Zeit sich strukturell stark ähnelnder Gegensätze. Auf der einen Seite handelte es sich in beiden Ländern um Jahre rasanter Entwicklungen von sozialer, wirtschaftlicher und technischer Natur, die alle Lebensbereiche erfassten. Demgegenüber ließ diese starke Veränderungsdynamik in beiden Bevölkerungen ein Bedürfnis nach Stabilität und Sicherheit in den Lebensgewohnheiten im Alltag entstehen. Die Nachkriegszeit, wie sie in den USA von Präsident Eisenhower und in der Bundesrepublik von Kanzler Adenauer geprägt worden ist, kann aus politischer Sicht nicht lediglich als eine Ära konservativer Jahre gedeutet werden, in denen es jeweils ein Defizit an gesellschaftlicher Liberalität gab. Andererseits ließen der Kalte Krieg und die mit ihm einhergehenden Ängste nur wenig Raum für Abweichungen von gesellschaftlich akzeptierten Standards. 

Diesen Erkenntnissen entsprechend muss die anfänglich aufgestellte These, die auf die Überinterpretation des neuen, anstößig erscheinenden Habitus der Jugend­lichen durch Dramatisierung und Kriminalisierung abzielt, in Teilen revidiert und einer differenzierteren Betrachtungsweise unterzogen werden. Schließlich war der »Bedarf« der Kriegsgeneration an Aufregung bringenden Vorkommnissen durch die turbulenten Kriegsjahre gedeckt - was ihr tiefes Bedürfnis nach Stabilität sowie gewohnter Sicherheit und Ordnung begründet. Der Impetus der jungen Nach­kriegsgeneration stand diesem mit konservativen Werten behafteten Bedürfnissen und Wünschen konträr gegenüber. Zudem muss die Wirkung dieser neuartigen, jugendlichen Haltung im Kontext des gesellschaftlichen Paradigmas der damaligen Zeit betrachtet werden: Im Gegensatz zu gegenwärtigen Verhältnissen, in denen sich die jugendlichen Generationen bereits ihre Freiräume erkämpft haben und eine große Toleranz von der Erwachsenengeneration erfahren, bedeutete das lässige und anstößige Aufbegehren der damaligen jungen Generation eine zu Recht brisant erscheinende Abkehr von dem bestehenden Wertesystem. Dieser Aspekt lässt die in der These kritisierte Überbewertung des jugendlichen Verhaltens in einen nachvollziehbaren Horizont rücken. 

Es bestand also ein Spannungsverhältnis zwischen sozialem Wandel auf der einen und vorherrschenden, konservativen Normen und Lebensweisen auf der anderen Seite, die sich mit den aufkommenden Veränderungen kaum in Einklang bringen ließen. Das internationale Phänomen jugendlichen Protestverhaltens in den fünfziger Jahren muss in dieses Spannungsverhältnis eingeordnet werden. Die Jugendlichen verkörperten mit ihrem Protest gegen die streng reglementierten Lebensbedingungen nicht nur die Widersprüche zwischen den Kräften der Veränderung und denen der Beständigkeit, sie dienten mit den gesellschaftlichen Diskussionen, die sie auslösten, auch als Sinnbild für das Aufeinanderprallen dieser Widersprüche. 

Krawalle bei Rock ’n’ Roll-Konzerten oder Kinovorführungen rückten den Jugendprotest in den Fokus der Öffentlichkeit. Neben diesen medienträchtigen Ereignissen brachten die Jugendlichen ihren Protest auch anhand des von ihnen kultivierten Stils zum Ausdruck. Dieser Stil, der durch die wesentlichen Elemente auffälliger Kleidung, lässigem Habitus und Rock ’n’ Roll gekennzeichnet war, symbolisierte eine Abweichung von der herrschenden Ordnung und damit ihre Herausforderung. Mit ihrem »amerikanisierten« Stil überschritten die Halbstarken in der Bundesrepublik die Grenze zwischen »deutschem Idealismus« und »westlichem Materialismus«. Obwohl die Jugendgruppen ihren Protest nicht in Form von Diskussionen artikulierten, erreichte er die Erwachsenengesellschaft, was sich in den gereizten und teilweise sogar aggressiven Reaktionen der Öffentlichkeit zeigte.

Die Furcht vor politischer und gesellschaftlicher Instabilität war in dem unter­suchten Raum aufgrund der geringen Anzahl von sich entsprechend verhaltenden Jugendlichen letztendlich übertrieben. Deswegen ist die öffentliche Debatte über die Halbstarken und »juvenile delinquents« stückweise auch als eine Stellvertreter­diskussion über sozialen, politischen und kulturellen Wandel zu betrachten, die in der Rückschau mehr über die jeweilige psychologische Verfassung der Gesell­schaft in den fünfziger Jahren als über das Gefährdungspotential der jugendlichen Protagonisten aussagt. 

Dennoch blieben die jugendlichen Artikulationen nicht wirkungslos. Durch ihr Verhalten wurde eine nachhaltige Gesellschaftsveränderung angestoßen. Zwar ging es den Jugendlichen selbst weniger um Veränderungen sachlicher Art, die sie mit ihrem Verhalten bewirken wollten, als vielmehr um die Betonung der eigenen Antibürgerlichkeit. Demnach waren sie als „Vorreiter eines hedonistischen Freizeit­verhaltens“ [153] maßgebliche Impulsgeber dafür, dass sich in den USA und in der Bundesrepublik mit der Zeit gesellschaftliche Normen zu verschieben und in beiden Ländern die Hierarchien zwischen jüngeren und älteren Generationen zugunsten der jüngeren abzuflachen begannen.

Trotz dieser Erfolge bleibt es zu betonen, dass die Halbstarken und ihre amerikanischen Altersgenossen – aufgrund ihres schillernden Charakters – eine medial überproportional beachtete Minderheit darstellten, und erst am Anfang einer Entwicklung standen. In deren weiteren Verlauf verbreiteten sich die von ihnen angestoßenen jugendlichen Lebensstile bei einer wachsenden Zahl Jugend­licher aus allen gesellschaftlichen Schichten, gleichzeitig war damit aber auch eine Abmilderung des ursprünglichen Protestcharakters der Bewegung verbunden. Auf diese Weise ebbte der Protest der Halbstarken gegen Ende der fünfziger Jahre schließlich ab, ohne dass sich an den Grundkonstellationen von Widersprüchen zwischen den Wandlungsprozessen einerseits und den mit dieser Entwicklung nicht Schritt haltenden Normen und Lebensweisen in weiten Teilen der Bevölkerung prinzipiell etwas geändert hätte. Die Tatsache, dass diese in ihren Grundzügen weiter bestehen blieben, zeigte sich schließlich in den »unruhigen« sechziger Jahren durch erneutes jugendliches Aufbegehren. [154]

Da die Proteste der sechziger Jahre demnach eine Fortsetzung der hier behandelten Problematik darstellen, wäre eine vergleichende Analyse der beiden Jahrzehnte naheliegend. Vor allem im Hinblick auf die These von Marina Fischer-Kowalski, das es sich bei beiden Protesterscheinungen um unterschiedliche Phänomene einer Generation handelte, die zwischen 1938 und 1948 geboren wurden. [155] Darüber hinaus stellt sich die Frage, weshalb das Verhalten der Halbstarken und ihrer amerikanischen Zeitgenossen eine stärkere Dramatisierung in der Öffentlichkeit erfuhr als dies in den Sechzigern der Fall war, obwohl die spätere Revolte vergleichsweise dramatischer und gewalttätiger erscheint.

Anmerkungen

  • [1]

    Die Ausstellung fand vom 2. April bis zum 20. Juli 2008 statt und konzentrierte sich vor allem auf die Mopeds, die Halbstarke in den fünfziger Jahren für sich entdeckten. Vgl. Arne Steinert: Halbstarke auf zwei Rädern. Als Niedersachsen Moped fuhr. Hannover 2008.

  • [2]

    Vgl. Rainer Eisfeld: Als Teenager träumten. Die magischen 50er Jahre. Baden-Baden 1999, S. 10.

  • [3]

    Nach Ute Daniel bezeichnet der Begriff »Generationalität« ein Ensemble von altersspezifischen inhaltlichen Zuschreibungen, „mittels derer sich Menschen in ihrer jeweiligen Epoche verorten und die teils mehr, teils weniger zugespitzt ausformuliert werden.“ Das Denken in Generationsabfolgen gliedere die Geschichte im Rückblick, da Generationen in der Vergangenheit identifiziert und zur Deutung historischer Abläufe und Strukturen herangezogen würden. Vgl. dazu ausführlich: Ute Daniel: Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter. 4. Aufl. Frankfurt am Main 2004, S. 331ff.

  • [4]

    Bzgl. des Phänomens der Generationskonflikte innerhalb der ersten Hälfte des  20. Jahrhunderts  vgl. Benno Hafeneger: Jugend-Gewalt. Zwischen Erziehung, Kontrolle und Repression. Ein historischer Abriss. Wiesbaden 1994.

  • [5]

    Vgl. Sebastian Kurme: Halbstarke. Jugendprotest in den 1950er Jahren in Deutschland und den USA. Frankfurt 2006, S. 11.

  • [6]

    Ebenda. 

  • [7]

    Vgl. Axel Schildt: Von der Not der Jugend zur Teenager-Kultur. Aufwachsen in den 50er Jahren. In: Ders., Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre.  Bonn 1993, S. 12.

  • [8]

    Nikolaus Jungwirth, Gerhard Kromschröder: Die Pubertät der Republik. Die 50er Jahre der Halbstarken. Frankfurt 1978, S. 159.

  • [9]

    Curt Bondy: Jugendliche stören die Ordnung. Bericht und Stellungnahme zu den Halbstarkenkrawallen. München 1957, S. 116. Günther Kaiser legte kurz darauf seine kriminologische Sichtweise mit der Arbeit »Randalierende Jugend« vor. Er nahm die Halbstarken aufgrund seiner Analyse von Strafakten sogar als einen Teilbereich der Jugendkriminalität wahr. Vgl. Günther Kaiser: Randalierende Jugend. Eine soziologische und kriminologische Studie über die sogenannten „Halbstarken“. Heidelberg 1959, S. 14.

  • [10]

    Vgl. Marina Fischer-Kowalski: Halbstarke 1958, Studenten 1968. Eine Generation und zwei Rebellionen. In: Ulf Preuss-Lausitz u.a. (Hrsg.): Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder. Zur Sozialisationsgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Weinheim 1983, S. 53-70. Des weiteren entwickelte Jürgen Zinnecker verschiedene Deutungen des Halbstarken-Phänomens. Vgl. Jürgen Zinnecker: Jugendkultur 1940-1985. Opladen 1987.

  • [11]

    Maase betrachtet die Halbstarken als wichtige Impulsgeber für den Ablösungsprozess, in dem sich an der Schwelle zu den sechziger Jahren eine neuartige Jugendkultur herausgebildet habe. Vgl. Kaspar Maase: Bravo Amerika. Hamburg 1992, S. 104.

  • [12]

    Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 18.

  • [13]

    Der Begriff »juvenile delinquency« umfasste mehr als eine deutsche Übersetzung mit »Jugendkriminalität«. So wurde der Begriff in den USA für jedes jugendliche Verhalten verwendet, das von den gesellschaftlichen Vorstellungen von Wohlverhalten abwich. Vgl. ebenda, S. 111.

  • [14]

    Als Basis dienten ihm Ermittlungs- und Strafakten zu Halbstarken-Prozessen in Niedersachsen.  Besonders für Hannover liegen nach Grotums Aussage sehr detaillierte Informationen vor. Vgl. Thomas Grotum: Die Halbstarken. Zur Geschichte einer Jugendkultur der 50er Jahre. Frankfurt 1994, S. 86.

  • [15]

    Vgl. Heiko Geiling: Das andere Hannover. Jugendkultur zwischen Rebellion und Integration in der Großstadt. Hannover 1996, S. 8.

  • [16]

    Poiger untersucht den Einfluss der amerikanischen Populärkultur auf die DDR und vergleicht ihre Ergebnisse mit der Situation in der Bundesrepublik. Vgl. Uta Poiger: Jazz, Rock, and Rebels. Cold War Politics in a divided Germany. Berkeley 2000.

  • [17]

    Obwohl die Amerikaner durch Besitztum, Macht und Prestige einen Anlass hatten, mit großen Erwartungen in die Zukunft zu blicken, beherrschte als zweites prägendes Merkmal ein Gefühl von Angst und Bedrohung das Amerika der fünfziger Jahre. Diese augenscheinliche Ambivalenz hatte seinen Ursprung teilweise in der Erinnerung an das von Wirtschaftskrise und Depression beherrschte Nachkriegsbild des Ersten Weltkriegs und besonders in dem Beginn des Kalten Krieges und einem nuklearen Gleichgewicht mit der Sowjetunion. Der internationale Kommunismus wurde als eine monolithische Kraft interpretiert, der das Potential zugeschrieben wurde, Freiheit, Demokratie und Wohlstand des gesamten Westens zu gefährden. Vgl. hierzu: John Dumbrell: Cold War America. 1945-1960. In: Iwan Morgan u.a. (Hrsg.): America’s Century. Perspectives on U.S. history since 1900. New York 1993, S. 133; vgl. auch: James T. Patterson: Grand Expectations. The United States. 1945-1974. New York 1996, S. 133.

  • [18]

    Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4] S. 51.

  • [19]

    Vgl. Hermann Glaser: Kleine Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. München 1991, S. 148f.

  • [20]

    Siehe Anmerkung 16. 

  • [21]

    Wahlkampfslogan der CDU im Bundestagswahlkampf von 1957. Vgl. Eisfeld, Teenager [s. Anmerkung 2], S. 145.

  • [22]

    Vgl. Detlef Briesen, Klaus Weinhauer (Hrsg.): Jugend, Delinquenz und gesellschaftlicher Wandel. Bundesrepublik Deutschland und USA nach dem zweiten Weltkrieg. Essen 2007, S. 155.

  • [23]

    Vgl. Dieter Vorsteher: „Wir sind wieder wer“. Die Fünfziger. Heidelberg 1996, S. 10.

  • [24]

    Die Alternative einer Sowjetisierung ganz Deutschlands sollte unbedingt vermieden werden. Vgl. Manfred Görtemaker: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart. München 1999, S. 271.

  • [25]

    Vgl. Axel Schildt: Ende der Ideologien? Politisch-ideologische Strömungen in den 50er Jahren. In: Ders., Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993, S. 627-635.

  • [26]

    Vgl. ausführlich: Vorsteher, Fünfziger [s. Anmerkung 22], S. 10.

  • [27]

    Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 54.

  • [28]

    Vgl. Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945-1955. 5. Aufl. Bonn 1991, S. 257.

  • [29]

    Vgl. Gottfried Niedhart: Außenpolitik in der Ära Adenauer. In: Axel Schildt, Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993, S. 814f; vgl. zudem: Imanuel Geiss: Die außen- und weltpolitischen Rahmenbedingungen. In: Dieter Bänsch: Die fünfziger Jahre. Beiträge zu Politik und Kultur. Tübingen 1985, S. 61ff.

  • [30]

    Vgl. Hans-Peter Schwarz: Die Ära Adenauer. Gründerjahre der Republik 1949-1957. In: Karl-Dietrich Bracher (Hrsg.): Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 2. Stuttgart 1981, S. 384.

  • [31]

    Vgl. Michael Wildt: Privater Konsum in Westdeutschland in den 50er Jahren. In: Axel Schildt, Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993, S. 276.

  • [32]

    Vgl. hierzu ausführlich: Helmut Schelsky: Gesellschaftlicher Wandel. In: Ders. (Hrsg.): Auf der Suche nach Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze. Düsseldorf 1965, S. 340.

  • [33]

    Vgl. Görtemaker, Bundesrepublik [s. Anmerkung 21], S. 180.

  • [34]

    Vgl. Schwarz, Ära Adenauer [s. Anmerkung 29], S. 382.

  • [35]

    Vgl. Bernhard Schäfers: Die westdeutsche Gesellschaft. Strukturen und Formen. In: Axel Schildt, Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993, S. 309. Zu den Modernisierungselementen zählten die Motorisierung mit ihren Folgen für die Mobilität, die Haushalts- und Küchentechnik mit ihren Folgen für die Arbeitsweise und nicht zuletzt das Fernsehen mit seinen Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung. Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 65.

  • [36]

    Vgl. Görtemaker, Bundesrepublik [s. Anmerkung 21], S. 196.

  • [37]

    Vgl. Axel Schildt: Politische Entscheidungen und Einstellungen. In: Deutschland in den fünfziger Jahren. Informationen zur politischen Bildung (1997) H. 256, S. 10-23, hier: S. 10.

  • [38]

    Den Ausgangspunkt für seine Überlegungen bezüglich der quälenden Unsicherheit bilden die hartnäckigen Anzeigen für Mittel gegen Schuppen in den Illustrierten der 50er Jahre. Dabei stellt sich die Szene in etwa immer gleich dar: Eine Person entdeckt in einer intimeren Situation bei einer anderen Person haferflockenartige Schuppen auf dem Kragen. Die Darstellungen rühren gekonnt auf die stark entwickelte Angst, etwas unangenehm Auffälliges und peinlich Abstoßendes an sich zu haben, was nach seiner Ansicht das kollektive Lebensgefühl der 50er Jahre ausdrückt. Vgl. Jungwirth, Pubertät der Republik [s. Anmerkung 7], S. 5-8.

  • [39]

    Ebenda, S. 8. 

  • [40]

    Ingrid Langer betont die Dominanz der katholischen Kirche in der Familienpolitik und Familienideologie der CDU/CSU. Vgl. dazu: Ingrid Langer: „Die Mohrinnen hatten ihre Schuldigkeit getan“. Staatlich-moralische Aufrüstung der Familien. In: Dieter Bänsch (Hrsg.): Die fünfziger Jahre. Beiträge zu Politik und Kultur.  Tübingen 1985, S. 119.

  • [41]

    Vgl. Winfried Speitkamp: Jugend in der Neuzeit. Deutschland vom 16. bis zum 20. Jahrhundert.  Göttingen 1998, S. 253.

  • [42]

    Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 69.

  • [43]

    Vgl. ebenda, S. 72; vgl. auch: Axel Schildt: Ankunft im Westen. Essay zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Frankfurt 1999, S. 31.

  • [44]

    Vgl. Görtemaker, Bundesrepublik [s. Anmerkung 21], S. 198.

  • [45]

    Kästners Bonmot wurde zum geflügelten Wort zur Charakterisierung der fünfziger Jahre im Spannungsfeld zwischen Restauration und Modernisierung. Mit seiner Bemerkung hatte sich Kästner jedoch auf die Zensurmaßnahmen der Biedermeierzeit gegen Schriftsteller wie Heinrich Heine bezogen, die er mit dem geistigen Klima der fünfziger Jahre in eine Beziehung setzte. Es gäbe keine offizielle Zensur mehr, „[…] weil wir keine brauchen. Wir haben, fortschrittlich wie wir nun einmal sind, die Selbstzensur erfunden.“ Erich Kästner: Heinrich Heine und wir (Februar 1956). In: Klaus Wagenbach u.a. (Hrsg.): Vaterland, Muttersprache, Deutsche Schriftsteller und ihr Staat seit 1945. Berlin 1979, S. 132.

  • [46]

    Vgl. Felix Schulz: Die Entwicklung der Delinquenz von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland. Eine vergleichende Analyse von Kriminalstatistiken und Dunkelfelduntersuchungen zwischen 1950 und 2000. Berlin 2007, S. 8f.

  • [47]

    Thiele erläutert diesen Zusammenhang mit folgender Argumentation: Mädchen hätten wesentlich mehr Verpflichtungen in der Familie als Jungen und stünden deshalb unter größerer sozialer Kontrolle. Sie bewertet das männliche Raumverhalten als extrovertiert, während Mädchen sich stärker auf die Innenräume konzentrieren würden. Wenn Mädchen überhaupt in Jugendkulturen zu finden seien, dann als „Anhängsel“ der Jungen. Sie zieht daraus das Fazit, dass „Jugendkulturen […] in erster Linie Jungen­kulturen“ seien. Gisela Thiele: Jugendkulturen und Gangs. Eine Betrachtung zur Raumaneignung und Raumverdrängung nachgewiesen an Entwicklungen in den neuen Bundesländern und den USA. Berlin 1998, S. 54.

  • [48]

    Bei ersten Umfragen von deutschen Kriegsgefangenen durch die Westalliierten, stellten sich bei den jüngeren Gefangenen beunruhigende Sympathien für den Nationalsozialismus heraus, woraufhin die Alliierten eine Behinderung der Besetzung durch fanatisierte Jugendliche befürchteten. Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 92.

  • [49]

    Reinhard Barth: Jugend in Bewegung. Die Revolte von Jung gegen Alt in Deutschland im 20. Jahrhundert. Berlin 2006, S. 101.

  • [50]

    Auch heute wird die Jugend der fünfziger Jahre noch als skeptische Generation beschrieben. Es muss allerdings bedacht werden, dass Schelsky in seiner Studie nur die Jugendlichen des ersten Nachkriegsjahrzehnt von 1945 bis 1955 behandelte, die hier behandelten Halbstarken dagegen erst in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre erschienen und demnach nicht den Jahrgängen der skeptischen Generation zugerechnet werden können. Vgl. Helmut Schelsky: Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deutschen Jugend. Düsseldorf 1957.

  • [51]

    Vgl. Zinnecker, Jugendkultur [s. Anmerkung 9], S. 39.

  • [52]

    Ebenda, S. 40. 

  • [53]

    Der Besuch einer höheren Schule war zu diesem Zeitpunkt ausschließlich einer Minderheit möglich. Vgl. Grotum, Hannover [s. Anmerkung 13], S. 54.

  • [54]

    Zinnecker, Jugendkultur [s. Anmerkung 9], S. 96.

  • [55]

    Die Jugendphase umschreibt das Alter zwischen 15 und 24 Jahren, demnach erfolgt der Eintritt in die Jugendphase mit dem 15. Lebensjahr. Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 96.

  • [56]

    Vgl. Axel Schildt: Von der Not der Jugend. Aufwachsen in den 50er Jahren. In: Ders., Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993, S.  341.

  • [57]

    Vgl. Eckhard Siepmann: Heiss und kalt. Die Jahre 1945-69. 4. Aufl. Berlin 1993, S. 325.

  • [58]

    Vgl. Wildt, Privater Konsum [s. Anmerkung 30], S. 276.

  • [59]

    Vgl. Schildt, Not der Jugend [s. Anmerkung 55], S. 344.

  • [60]

    Indem die Jugendlichen sich stärker an ihren Altersgenossen orientierten, vollzog sich eine Distanzierung von elterlicher Aufsicht. Diese „Kontroll-Lücke“ ermöglichte es den Jugendlichen, eigene Werte zu entdecken. Vgl. Elliot West: Growing up in Twentieth-Century America. A History and Reference Guide. London 1996, S. 235. Vgl. zudem: Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 77.

  • [61]

    Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S.73.

  • [62]

    Ebenda, S. 78. 

  • [63]

    Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 104.

  • [64]

    Helma Engels: Jugendschutz und Erziehungsberatung. In: Jugendschutz Jg. 1 (1956) H. 7/8, S. 2-6, hier: S. 3.

  • [65]

    Das Pfadfindertum, andere kirchliche Jugendgruppen oder Turnvereine konzentrierten sich auf die Eindämmung erotisch-sexueller Frühentwicklung und beabsichtigten die Jugendlichen möglichst lange von den zivilisatorischen Vergnügungen der Erwachsenengesellschaft fernzuhalten, die Sinne und Sinnlichkeit in Gestalt von Gaststätten, Alkohol, der Welt des Kinos oder der Motorisierung anregten. Vgl. Zinnecker, Jugendkultur [s. Anmerkung 9], S. 40.

  • [66]

    Vgl. Ulf Preuss-Lausitz: Vom gepanzerten zum sinnstiftenden Körper. In: Ders. u. a. (Hrsg.): Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder. Zur Sozialisationsgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. 2. Aufl. Weinheim 1989, S. 95.

  • [67]

    Nach diesem Gesetz durften sich minderjährige Jugendliche nicht an Orten aufhalten, an denen sittliche Gefahr drohte. Als Beispiele seien Rummelplätze, Ruinengrundstücke, Nachtclubs, Unterkünfte für Truppen, unbeleuchtete Straßen und Plätze, sowie Straßenecken, in denen kriminelle Kreise verkehrten, genannt.

  • [68]

    Kaiser weist in diesem Kontext noch einmal darauf hin, dass die Jugend von heute die Generation der Erwachsenen von morgen stellt. Vgl. Günther Kaiser: Gesellschaft, Jugend und Recht. System, Träger und Handlungsstile der Jugendkontrolle. Weinheim 1977, S. 17.

  • [69]

    In demonstrativer Öffentlichkeit fanden Verbrennungen von Comics und Büchern statt, die bezichtigt worden waren, der Zuchtlosigkeit förderlich zu sein. Vgl. Eisfeld, Teenager [s. Anmerkung 2], S. 27-29.

  • [70]

    Auf die Sehnsucht nach einer neuen starken Führungskraft, die in Adenauer seine Erfüllung finden sollte, ist bereits in dem vorangegangenen Kapitel hingewiesen worden. Vgl. hierzu auch: Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 60. Vgl. außerdem: Werner Fuchs: Jugend der 50er Jahre und Jugend der 80er Jahre. Vergleich und Verhältnis. In: Helmut Remschmidt (Hrsg.): Jugend und Gesellschaft. Realitätsbewältigung, Krisen und Auswege. Frankfurt 1986, S. 139.

  • [71]

    Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S.70.

  • [72]

    Vgl. Detlev Peukert: Die Halbstarken. Protestverhalten von Arbeiterjugendlichen zwischen Wilhelminischen Kaiserreich und Ära Adenauer. In: Zeitschrift für Pädagogik 30 (1984), S. 533-548.

  • [73]

    In seiner Studie über die Halbstarken begründete Günther Kaiser die Ablehnung damit, dass „[…] ihr zentraler Anspruch auf Achtung und Beachtung geradezu ins Leere fallen und unbefriedigt bleiben muss“. Kaiser, Randalierende Jugend [s. Anmerkung 8], S. 13.

  • [74]

    Ebenda. 

  • [75]

    Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 179.

  • [76]

    Das Rückgreifen auf einen Begriff, der ursprünglich der Umschreibung auffälliger Jugendlicher aus dem proletarischen Milieu diente, verdeutlicht die bürgerliche Angst vor der Rebellion einer Klasse, die mit ihren sonderlichen Werten und Normen das Gegenteil jeglicher Kultur darstellte.

  • [77]

    Obwohl der Begriff „Halbstarke“ heutzutage ausschließlich mit einem Jahrzehnt assoziiert wird, hatte er dort nicht seinen Ursprung. Bereits zur Jahrhundertwende wurden Arbeiterjugendliche aus sozialen Randschichten mit ihm bezeichnet. Siehe hierzu: Hans Heinrich Muchow: Sexualreife und Sozialstruktur der Jugend. Hamburg 1959, S. 15.

  • [78]

    Vgl. auch Christel Bals: Halbstarke unter sich. Köln 1962, S. 121.

  • [79]

    Vgl. Bondy, Ordnung [s. Anmerkung 8], S. 24.

  • [80]

    Vgl. Kaiser, Randalierende [s. Anmerkung 8], S. 25ff.

  • [81]

    Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S. 13.

  • [82]

    Marlon Brando löste mit seiner Rolle des Anführers einer Motorradgang in dem Film »The Wild One« 1953 einen Kult um Tapferkeit und Männlichkeit aus und wurde durch sein Motorrad, Jeans, T-Shirt und Leder­jacke zum Sinnbild des jugendlichen Rebellen. Vgl. Grace Palladino: Teenagers. An American History. New York 1996, S. 159.

  • [83]

    Als Hauptdarsteller in »Rebel without a cause« zeigte dieser sich mit seiner roten Lederjacke und jenem rebellisch lässigem Habitus. Neben seinem präsentierten Image eines Nonkonformisten lieferten auch die Umstände seines frühen Todes den Nährboden für eine begeisterte Identifikation Jugendlicher mit seiner Person. Vgl. Thomas Doherty: Teenagers and Teenpics. The Juvenilization of American Movies in the 1950s. Philadelphia 2002, S. 85.

  • [84]

    Neben seinem schrillen Kleidungsstil, den er sich bei Afroamerikanern abschaute, und der glänzenden Entenschwanzfrisur hielt er mit seinen energetischen Bühnenauftritten die Jugend in Atem. Die Elvis-Tolle erfreute sich auch in der Bundesrepublik großer Beliebtheit und wurde kopiert. Eltern dagegen reagierten negativ auf die unmännlich wirkende Haarlänge, auch wenn sie im Vergleich zu der modischen Haarlänge in den 60er Jahren unspektakulär erscheint. Vgl. Heinz-Hermann Krüger: „Die Elvis-Tolle, die hatte ich mir unauffällig wachsen lassen.“ Lebensgeschichte und jugendliche Alltagskultur in den fünfziger Jahren.  Opladen 1985.

  • [85]

    Der sogenannte Texas-Halsschmuck bestand aus einem dekorativen Metallstück, das mit einer Schnur um den Hals getragen wurde. Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 194.

  • [86]

    Berliner Kurier, 27.01.1958, Zitiert im Pressespiegel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 28.01.1958, S. 2. Zitiert nach: Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 189.

  • [87]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 220.

  • [88]

    Vgl. Zinnecker, Jugendkultur [s. Anmerkung 9], S. 88; Kaiser, Randalierende [s. Anmerkung 8], S. 24-27.

  • [89]

    Vgl. Lindner, Jugendprotest [s. Anmerkung 97], S. 62.

  • [90]

    Hingegen der weitverbreiteten Vorstellung, der Rock ’n’ Roll sei ein selbstverständlicher Bestandteil der deutschen Musiklandschaft in den fünfziger Jahren gewesen, flüchteten die meisten Bundesbürger in Schlagerscheinwelten. Siehe hierzu: Eckhard Siepmann: Bikini. Die fünfziger Jahre. Kalter Krieg und Capri-Sonne. Berlin 1981, S. 164-169.

  • [91]

    Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S. 103. Die Erwachsenenwelt versuchte neben Kino, Radio, Fernsehen, Sport und Jugendvereinen, auch den musikalischen Sektor zu kontrollieren. Die deutschen Plattenproduzenten hatten mit ihrer „Heile-Welt-Musik“ jedoch keinen Bezug zu den Problemen und der Realität von Jugendlichen. Vgl. Peter Spengler: Rockmusik und Jugend. Bedeutung und Funktion einer Musikkultur für die Identitätssuche im Jugendalter. Frankfurt 1987, S. 34.

  • [92]

    Ebenda, S. 35. 

  • [93]

    Vgl. Poiger, Rebels [s. Anmerkung 15], S. 137ff.

  • [94]

    Ebenda, S. 89. 

  • [95]

    Auch die »BRAVO« verortete den Ursprung des Rock ’n’ Roll zielsicher in der rituellen Musik Afrikas und berichtete von zu weißen Negern gewordenen Amerikanern, die bei Filmvorführungen Kinos demolierten und Krawall machten. Automatisch stellte das Blatt damit Krawalle und wilde Tanzerei als ein typisches Verhalten von Afroamerikanern dar. Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S. 93-94.

  • [96]

    Charakteristisch für die Bühnenshows von Elvis Presley waren seine aufreizenden Bewegungen, die ihm den Beinamen „Elvis the pelvis“ einbrachten und bei den Mädchen hysterische Anfälle auslösten. Er verband den Rock ’n’ Roll mit einem Körperkult, in dem viele Zeitgenossen nur den sexuellen Aspekt erkennen konnten. Vgl. David Halberstam: The Fifties. New York 1993, S. 456.

  • [97]

    Der Soziologe Pitirim Sorokin spricht von einer sexualisierten Jugendkultur, die beschützt werden müsse und proklamiert vor allem den Schutz der Jugend vor Rock ’n’ Roll. Vgl. dazu: Paul Boyer: Promises to keep. The United Staates since 1945. Lexington 1995, S. 150.

  • [98]

    Vgl. Werner Lindner: Jugendprotest seit den fünfziger Jahren. Dissens und kultureller Eigensinn. Opladen 1996, S. 46.

  • [99]

    Vgl. Bondy, Ordnung [s. Anmerkung 8], S. 58.

  • [100]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 78.

  • [101]

    Vgl. Lindner, Jugendprotest [s. Anmerkung 97], S. 27.

  • [102]

    Vgl. Bondy, Ordnung [s. Anmerkung 8], S. 28.

  • [103]

    Vgl. Kaiser, Randalierende [s. Anmerkung 8], S. 102.

  • [104]

    Daneben unterscheidet Bondy – zur Klärung der Ursachen und Motivationen der Jugendlichen – drei unterschiedliche Krawall-Typen, deren Grenzen sich jedoch überschneiden: Der reine Krawall entwickle sich, ohne dass an diesem Ort bereits ähnliches vorgefallen sei, der Veranstaltungs-Krawall sei nur im Rahmen einer Veranstaltung möglich und der Folge-Krawall entstehe an einem Ort, an dem es zuvor bereits zu einem Krawall gekommen sei. Vgl. dazu ausführlich: Bondy, Ordnung [s. Anmerkung 8], S. 28ff.

  • [105]

    Vgl. Kaiser, Randalierende [s. Anmerkung 8], S. 102.

  • [106]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 80.

  • [107]

    Ebenda, S. 86.

  • [108]

    Aufgrund der prägnanten Berichterstattung durch die »Hannoversche Allgemeine Zeitung« sind die dazugehörigen Artikel dem Anhang beigefügt worden.

  • [109]

    An dieser Stelle sei auf die Zeitungsartikel über die Wasserschlacht in Hannover verwiesen, die sich im Anhang befinden.

  • [110]

    Vgl. Geiling, Hannover [s. Anmerkung 14], S. 34.

  • [111]

    Ebenda, S. 35. 

  • [112]

    Ebenda, S. 37. 

  • [113]

    Vgl. Zinnecker, Jugendkultur [s. Anmerkung 9], S. 27.

  • [114]

    Vgl. Thilo Girndt: Was war los in Hannover 1959-2000. Erfurt 2001, S. 30.

  • [115]

    Eine gesellschaftliche Entlastungsfunktion als konstitutiver Teil des Zivilisationsprozesses, vgl. hierzu: Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. 2 Bde. 22. Aufl. Frankfurt am Main 1998.

  • [116]

    Ebenda, S. 30. 

  • [117]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 87.

  • [118]

    Vgl. dazu: Rüdiger Schmitt-Beck: Über die Bedeutung der Massenmedien für soziale Bewegungen. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Jg. 4 (1990), S. 642-662.

  • [119]

    Es sei erneut auf den im Anhang beigefügten Zeitungsartikel: „Die Arbeiterjugendlichen vom Bonifatiusplatz“ der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung« verwiesen.

  • [120]

    Vgl. Girndt, Hannover [s. Anmerkung 113], S. 30.

  • [121]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 94.

  • [122]

    Vgl. Geiling, Hannover [s. Anmerkung 14], S. 32.

  • [123]

    Vor allem die Boulevard-Presse wurde für die Häufigkeit und die sensationslüsterne Art der Berichter­stattung kritisiert. Vgl. Günther Kaiser: Jugendliche Gewalttätigkeit. Ausmaß, Erscheinungsformen, Erklärungsversuche. In: Hans-Georg Wehling (Hrsg.): Jugend, Jugendprobleme, Jugendprotest. Stuttgart 1982, S. 114.

  • [124]

    Vgl. Bondy, Ordnung [s. Anmerkung 8], S. 69-70. Zumindest aber die Anzahl und Ausmaße der Krawalle wurde den Medien zugeschrieben, deshalb forderte Muchow, dass die Pressestellen der Polizei die Informationen nur bedingt an die Öffentlichkeit weiterleiten sollten. Vgl. Muchow, Sexualreife [s. Anmerkung 76], S. 115.

  • [125]

    Vgl. Fischer-Kowalski, Halbstarke [s. Anmerkung 9], S. 55.

  • [126]

    Vgl. Poiger, Rebels [s. Anmerkung 15], S. 95.

  • [127]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 159.

  • [128]

    An den unterschiedlichen Äußerungen wird erkennbar, wie sehr das, was man »Jugendkriminalität« nennt, von dem Standpunkt des Betrachters abhängt. Vgl. Günther Kaiser: Jugendrecht und Jugendkriminalität. Jugendkriminologische Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Gesellschaft, Jugendrecht und Jugendkriminalität. Weinheim 1973, S. 21.

  • [129]

    Zu Beginn der Welle von Halbstarkenkrawallen war die Forderung nach Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht beliebt. Vgl. ebenda, S. 146.

  • [130]

    Vgl. Muchow, Sexualreife [s. Anmerkung 76], S. 127.

  • [131]

    Auch der Pädagoge Hans Heinrich Muchow sah in dem Wehrdienst die einzige Möglichkeit, einen Gemeinwillen und ein demokratisches Bewusstsein bei der Jugend herauszubilden, obzwar er diese Institution als historisch belastet beschrieb: Vgl. ebenda, S. 189.

  • [132]

    Hans Heinrich Muchow: Zur Psychologie und Pädagogik der Halbstarken (III). In: Unsere Jugend 8 (1956), S. 486-491, hier: S. 486. In den Quellen lassen sich allerdings keine Hinweise finden, nach denen die Halbstarken Elemente nationalsozialistischer Ideologie aufgenommen hätten.

  • [133]

    Aus diesem Grund lehnten sie zu eifrige Maßnahmen der Staatsgesellschaft ab und schlugen stattdessen individuelle Schritte innerhalb der Familie und in den Kirchen vor. Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 247.

  • [134]

    Ebenda, S. 243. 

  • [135]

    Ebenda, S. 145. 

  • [136]

    Vgl. Geiling, Hannover [s. Anmerkung 14], S. 51. Neben dem Doppelverdienertum wurden vor allem die erwerbstätigen Frauen kritisiert. Da die arbeitenden Eltern nicht das propagierte familiäre Leben erfüllten, wurden sie für das Verhalten ihres Nachwuchses zur Verantwortung gezogen. Vgl. Hans Zulliger: Jugendliche und Halbstarke. Ihre Psychologie und ihre Führung. Zürich 1958, S. 80-81; vgl. auch: Ute Benz, Wolfgang Benz: Jugend in Deutschland. Opposition, Krisen und Radikalismus zwischen den Generationen. München 2003, S. 12.

  • [137]

    Vgl. Jürgen Kleindienst: Halbstark und tüchtig. Jugend in Deutschland 1950-1969. 48 Geschichten und Berichte von Zeitzeugen. Berlin 2002, S. 18.

  • [138]

    Ebenda, S. 61. 

  • [139]

    Vgl. Siepmann, Bikini [s Anmerkung 89], S. 164-169.

  • [140]

    Vgl. Briesen, Jugend [s. Anmerkung 21], S. 29.

  • [141]

    Vgl. Paul Willis: „Profane Culture“. Rocker, Hippies. Subversive Stile der Jugendkultur. Frankfurt 1981, S. 108-110

  • [142]

    Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S. 88.

  • [143]

    Vgl. Axel Schildt: Moderne Zeiten. Freizeit, Massenmedien und Zeitgeist in der Bundesrepublik der 50er Jahre. In: Ders., Arnold Sywottek (Hrsg.): Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993, S. 20f.

  • [144]

    Mit den Worten „Juvenile delinquency isn’t wearing long hair and leather jacket“ wehrte sich Elvis Presley noch 1957 gegen die Anschuldigung, er hätte einen negativen Einfluss auf die Jugend gehabt. Ein Jahr später trat Presley in die US-Armee ein und opferte hierfür seine berüchtigte „Schmalzlocke“, was einer Versinnbildlichung einer Zähmung des Rock’n’Roll-Königs gleichkam. Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 263.

  • [145]

    Ebenda, S. 273f.

  • [146]

    Das Heft distanzierte sich einerseits eindeutig von den Halbstarken und ihren Krawallen, sprach den Jugendlichen andererseits aber auch das Recht auf eigene Lebensformen und Interessen zu und ermöglichte damit ihren Lesern, sich als eigenständige Gruppe in der Gesellschaft zu fühlen. Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S. 521-585.

  • [147]

    Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 277.

  • [148]

    Erstmals war damit auch jungen Frauen die Möglichkeit zur Eroberung öffentlicher Räume gegeben. Vgl. Maase, Amerika [s. Anmerkung 10], S. 168.

  • [149]

    Vgl. Robert Palmer: Rock ’n’ Roll. Die Chronik einer Kulturrevolution. St. Andrä-Wördern 1997, S. 36.

  • [150]

    Vgl. Kurme, Halbstarke [s. Anmerkung 4], S. 280.

  • [151]

    Während der 50er Jahre waren historische und generationsspezifische Argumentationen, wie beispiels­weise diejenigen von Schelsky, stark verbreitet. Doch dieser Ansatz verlor offenbar seine Erklärungskraft: Die Halbstarken wurden in der Folge nicht als ein historisches Ereignis von potentiell politischer Bedeutung betrachtet, sondern eher als ein mehr oder weniger zeitloses Phänomen, das auf besonderen Merkmalen der Unterschichtjugend beruht. Die Halbstarken-Bewegung wurde als eine Gefahr für die Gesellschaft, nie aber als positiver Faktor sozialen Wandels gesehen. Erste Ansätze, sie unter diesem Blickwinkel zu betrachten, kamen erst in den 80er Jahren auf. Vgl. Fischer-Kowalski, Halbstarke [s. Anmerkung 9], S. 62.

  • [152]

    Vgl. Geiling, Hannover [s. Anmerkung 14], S. 51. Marina Fischer-Kowalski bezeichnet die Halbstarken als soziale Bewegung des überwiegend proletarischen Teils der Generationenkohorte aus den Jahren 1938 bis 1948 und identifiziert die Mittelschichtsangehörigen der selben Generation als soziale Akteure der nachfolgenden Studentenbewegung. Vgl. Fischer-Kowalski, Halbstarke [s. Anmerkung 9], S. 60.

  • [153]

    Vgl. Grotum, Halbstarken [s. Anmerkung 13], S. 228.

  • [154]

    Vgl. Peter Roos: Trau keinem über dreißig. Eine Generation zwischen besetzten Stühlen. Köln 1980, S. 21. Vgl. zudem: Willis: „Profane Culture“ [s. Anmerkung 127], S. 25.

  • [155]

    Vgl. Fischer-Kowalski, Halbstarke [s. Anmerkung 9], S. 54.

Empfohlene Zitierweise

Erstmann, Vanessa: Halbstark! Generationskonflikte in den 1950er Jahren in der Bundesrepublik. aventinus nova Nr. 23 [04.08.2010] / Perspektivräume Jg. 1 (2010) Heft 1, S. 57-91, in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/7932/

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Erstellt: 04.08.2010

Zuletzt geändert: 04.08.2010

ISSN 2194-1963