Ideengeschichte

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aventinus varia Nr. 42 [29.10.2013] 

 

Samuel Raz 

Abgrenzung in Aristides Apologie 

Ein Beitrag zur Debatte um frühchristliche Identität 

 

1. Einleitung

Grüßt man einen Münchner mit „Guten Tag“, bleibt das selten unkommentiert. Fragt man ihn nach seiner bayerischen Identität, wird man allerdings wenig Konkretes zu hören bekommen. Die Bedeutung des Anderen also hier des Preußen für die  bayerische Identität, stellt auch der Religionswissenschaftler Stuckrad heraus, „stiftet doch die Grenze zwischen „uns“ und „ihnen“ allererst die Gewissheit der eigenen Identität.“ [1] Auf dieser Erkenntnis aufbauend benennt er zwei Aspekte von Identität. Zunächst „die Konstruktion von Grenzen“ und daneben ein „gruppenspezifisches Narrativ“. [2]

Konzentrieren wir uns nun auf unseren Betrachtungsgegenstand – das frühe Christentum. In der theologisch-exegetisch dominierten Forschungsdiskussion [3] wird naturgemäß besonders das christliche Narrativ in seiner Funktion für die Identität betrachtet. Ich möchte mich des anderen Aspekts annehmen – der Abgrenzung.

Apologien sind Verteidigungsschriften des christlichen Glaubens. Sie polemisieren. Der Autor grenzt sich vom Angreifer ab. Apologien bieten also für die Thematisierung des Abgrenzungsaspekts frühchristlicher Identität die ideale Textgrundlage. Ich beschränke mich in meiner Untersuchung auf die Apologie [4] des Aristides von Athen. Er polemisiert darin besonders ausführlich gegen andere Völker. Die Forschungsliteratur zu seiner „Apologie“ bietet die üblichen Untersuchungen zur Quellenkritik. [5] Darüber hinaus werden vor allem Überlegungen zum Verhältnis Aristides zum Judentum und jüdischen Vorbildern laut. Diese unabgeschlossene Diskussion bietet Ansätze, Aristides sei Jude [6] gewesen oder zum Christentum konvertiert [7] oder er sei einfach nur stark von hellenistisch-jüdischer Literatur beeinflusst [8] gewesen. Also muss zunächst abgeklärt werden, ob man aus Aristides Apologie überhaupt Hinweise auf die frühchristliche Identitätskonstruktion gewinnen kann. Meine Fragestellung lautet also: Inwieweit lässt sich frühchristliche Identität unter dem Aspekt der Abgrenzung in der Apologie des Aristides nachvollziehen?

Die Untersuchung ist also eine sehr ausführliche Quellenkritik. Deren klassische Teile behandle ich gleich zu Beginn. Insbesondere Aristides Religionszugehörigkeit muss dabei thematisiert werden. Im nächsten Schritt problematisiere ich das Verhältnis von Christentum und Judentum und kläre, in welche Diskurse die Apologie einzuordnen ist. So soll das Potential der Apologie für diese Analyse christlicher Identität herausgestellt werden. Anhand des Quellenmaterials wird abschließend Aristides Identifikationsangebot gegenüber den Polytheisten charakterisiert. 

2. Aristides von Athen und seine Apologie

2.1. Die Apologie

Beginnen wir mit einem kurzen Überblick über die Apologie des Aristides: In der Überschrift nennt er die „Gottesverehrung“ als sein Thema. (apol. Titel 1 (S)) Er beginnt entsprechend auch mit der Präsentation seiner monotheistischen Gottesvorstellung. Dabei leitet er mit der Frage nach dem Besitz der Wahrheit über zur Analyse von Völkern und ihrer Gottesvorstellungen. [9] (apol. 1) Den Barbaren schreibt er die Verehrung der Elemente zu. Er führt den Beweis, dass die beherrsch- und vernichtbaren wie verunreinigten Elemente nur Gottes Schöpfung und nicht er selbst sein können. Er gipfelt darin, dass entsprechend der aus Elementen bestehende Mensch ebenfalls nicht Gott sein könne. (apol 3-7) Die Griechen würden aufgrund der sittenlosen Göttergeschichten selbst sittenlos werden, was er im Aufzählen diverser Götter zu demonstrieren sucht. (apol. 8-11) Die Ägypter als drittes polytheistisches Volk hätten „ärger denn alle geirrt“, da sie auch Tiere anbeteten. (apol. 12) Bei der Analyse der drei Völker hebt er insbesondere sein Unverständnis hervor, dass trotz der allgemein verbreiteten Vernunft und auch bei den Philosophen derartige Vorstellungen möglich seien. In der Folge beginnt er bereits mit der Kontrastierung all dieses Polytheistischen mit monotheistischen Vorstellungen. (apol. 13) Jedoch wird hier noch die Analyse der Juden eingeschoben, die moralisch wie theologisch vorbildlich seien. Allerdings impliziere die jüdische Praxis ein Abirren vom rechten Glauben. (apol. 14) Der Gipfel der Argumentation wird mit den Christen erreicht, die der Wahrheit am nächsten kämen. Deren moralische Integrität und Glaubensinhalte werden darauffolgend beschrieben und die Apologie endet mit einem Bekehrungsaufruf. (apol. 15-17)

Die Apologie ist an einen Kaiser gerichtet (apol. Titel 1 (S)). Dieser Kaiser wird als Adressat der Glaubenswahrheit genannt (apol. 16,4). Haehling argumentiert jedoch, diese Adresse sei fiktiv. Apologien dienten, was er an Aristides exemplarisch aufzeigt, zur Überzeugung christlicher Autoritäten vom persönlichen Bruch eines Konvertierenden mit seiner paganen Vergangenheit. [10] Auch Wlosok stellt nach einer Formanalyse der Apologien fest, diese seien wahrscheinlich letztendlich nicht offiziell beim römischen Staat eingegangen. Die wirklichen Leser verortet sie unter den Wissbegierigen, Sympathisanten und vor allem unter den Christen selbst. [11]

Die Intention Aristides Apologie kann schwerlich im Sinne der Wortbedeutung der Gattung Apologetik die Verteidigung des christlichen Glaubens sein. Der Verteidigungsaspekt wird nämlich nur in einem Satz deutlich. (apol. 17,6) Essig erkennt in der Schrift einen propagandistischen Abfassungszweck, der eine stringente Polemik gegen die Polytheisten bieten solle. [12] Hunger unterstreicht diese Sichtweise in seiner Argumentation für eine mögliche Konversion Aristides, der in seinem neuen Enthusiasmus für das Christentum einen Weitergabedrang verspüre. [13] Haehling hingegen sieht in Apologien vor allem die Absicht zur öffentlichen Dokumentation eines radikalen Bruchs mit der eigenen paganen Vergangenheit. [14] Die Apologie selbst nennt insbesondere die Weitergabe der Wahrheit (apol. 16,5) und Aufklären des Irrtums (u.a. apol. 17,6), beides auf dem Hintergrund der christlichen Eschatologie, (apol. 17,8) als Motivation.

Wann diese Apologie in ihrer ersten Fassung entstand ist unklar bzw. umstritten. Wahrscheinlich ist sie in der erste Hälfte des 2. Jahrhunderts anzusetzen. [15]

2.2. Aristides von Athen

Einzelheiten zur Person des Verfassers bzw. der Urheberschaft überhaupt sind weitgehend ungeklärt bzw. strittig. Die Apologie selbst bezieht sich auf den „Philosoph Aristides“ [16]. Die Frage des Bildungsstands der Autorenfigur war ein großes Thema in der frühen Aristidesforschung. Knapp lässt sich heute sagen, dass Aristides kein ausgefeiltes Griechisch beherrschte und so wohl die paideia nicht besaß. [17]

Besonders kontrovers stellt sich die Frage nach der religiösen Zugehörigkeit des Verfassers des Urtextes dar. O'Ceallaigh geht in einer sehr ausführlichen philologischen wie theologischen Analyse davon aus, dass der Autor der ersten Fassung ein jüdischer Proselyt gewesen sei. Neben Stil- und Stringenzbrüchen in der Apologie führt er dafür auch einige logisch begründete, manchmal aber nicht sehr überzeugende, [18] Argumente ins Feld. Den (hypothetischen) christlichen Interpolator – also den Redakteur, der die Apologie christlich umschrieb – verortet er theologisch begründet im späten 4. Jahrhundert. [19] Dummer geht noch einen Schritt weiter und argumentiert, dass Polemiken gegen den Polytheismus jüdisch-hellenistische und hellenistisch-popularphilosophische Vorbilder gehabt hätten. Entsprechend sei „auch ein [monotheistisch-]paganer oder ein jüdischer Schriftsteller […] denkbar.“ [20] Wie Essig meint, sei O'Ceallaighs These weder validierbar noch völlig von der Hand zu weisen. Er deutet eine Synthetisierungsmöglichkeit an, indem das Jüdische lediglich einen großen Einfluss auf die Apologie genommen habe. [21]  

Eine Alternative zu diesen Auffassungen bietet Hunger, der von einer erst kürzlich erfolgten Konversion des Aristides zum Christentum ausgeht. Er stellt den werbenden Charakter der Schrift heraus und begründet diesen mit „der Begeisterung eines Neuchristen.“ [22] Die Konversion erkläre die Distanz zum Christentum, die der Text impliziere. [23]

Beide Ansätze versuchen diverse Unstimmigkeiten zu erklären, die von einem christlichen Verfasser zunächst nicht erwartet werden. [24] Hinsichtlich meiner Fragestellung ist aber insbesondere die Erkenntnis von Bedeutung, dass Aristides nicht einhellig im Christentum des 2. Jahrhunderts verortet und die Authentizität der Abschnitte über das Judentum bezweifelt wird. Deshalb werde ich das Verhältnis früher Christen zum Judentum nicht anhand der Apologie charakterisieren. Ich werde es aber allgemein problematisieren und kontextualisieren, um die Rahmenbedingung der Abgrenzung zu Polytheisten – insbesondere die Diskurseinordnung – deutlich zu machen.

3. Diskurseinordnung der Apologie: Das Verhältnis von Christen und Juden

Ausgehend von der nicht vollständig zu klärenden Religionszugehörigkeit des Aristides möchte ich zunächst die religiösen Identifikationssysteme als solche betrachten. Das Christentum stand im 2. Jahrhundert nicht alleine, sondern war stark abhängig vom Judentum. Die Forschungsdiskussion hat den Terminus „parting of the ways“ für die Frage nach der Herauslösung der Christen aus dem Judentum geprägt. Ich möchte im Folgenden anhand von vier Aspekten das frühchristliche Verhältnis von Judentum und Christentum näher beleuchten.

Erstens ist für viele Forscher die Dominanz der Rabbiner im Judentum das Hauptkriterium, um die Abkopplung der Christen zu fassen. Mit der Zerstörung des Tempels habe es eine verstärkte Normatisierung des Judentums durch die Pharisäer bzw. Rabbiner gegeben. Die endgültige Abkopplung der Christen sei dann ab dem Bar-Kochba-Aufstand bereits abzusehen, aber noch nicht völlig determiniert. Danach könne man die Hauptentwicklung im Zeitraum von 70 bis 132/35 ansetzen. [25] Goodman merkt dazu allerdings an, dass die Dominanz des rabbinischen Judentums erst im 4. Jahrhundert völlig abgeschlossen war. [26] Das Kriterium der rabbinischen Dominanz lässt also viel Spielraum für Interpretationen. Wenden wir uns also anderen Perspektiven zu.

Auf den zweiten Aspekt pochen insbesondere neuere Forschungen. Sie stellen die stark unterschiedlichen Ausprägungen der Entwicklung zur gleichen Zeitstellung in unterschiedlichen christlichen Gruppierungen bzw. bei unterschiedlichen christlichen Individuen heraus. [27] Danach lässt sich die Frage also nicht einheitlich oder gar mit fixen Daten beantworten. In dieses Bild passt gut, dass sich das Judenchristentum als besonders thoranahe christliche Strömung teilweise bis in das 5. Jahrhundert behaupten konnte. [28] Das normative Reichschristentum hingegen sah sich zu dieser Zeit schon längst nicht mehr im Judentum verortet. Aristides Apologie entstand allerdings auch schon in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Mit den nächsten beiden Aspekten versuche ich mich der Situation in diesem Zeitraum weiter anzunähern, wobei die Uneinheitlichkeit immer mitzudenken bleibt.

Der dritte Aspekt ist verknüpft mit der Frage, welche Auswirkungen die christlichen Missionsaufträge auf die Positionierung zum jüdischen Erbe hatten. Denn einerseits wurde das eschatologisch begründete Christentum für pagane Mitglieder geöffnet, die nicht bereit waren, jüdischen Gesetzen zu folgen. Diese jüdisch-pagane Tischgemeinschaft im Christentum führte zu einer zunehmenden Abgrenzung anderer jüdischer Strömungen. Dobbeler argumentiert sogar, dass nun aufgrund der selteneren Interaktion eine Neudefinition der Identität jenseits des Judentums notwendig gewesen sei. Dabei lässt er allerdings außer Acht, dass die christliche Tradition von jüdischem kollektivem Gedächtnis nicht die Interaktion mit Juden bzw. anderen jüdischen Gruppierungen voraussetzt. Das wird vor allem in dem christlichen Anspruch deutlich, das erwählte Volk Gottes bzw. Israel zu repräsentieren. [29] Die Identifikationsangebote [30] des Judentums blieben also der Ausgangspunkt für eigene Positionierungen. [31] Das ist sicherlich zu einem Gutteil mit dem zweiten biblischen Sendungsauftrag Jesu – nämlich zu den Juden – begründbar, was eine Eigendefinition als jüdische Subgruppe bestärkte. [32] Jüdische Elemente behielten im Christentum also insgesamt einen starken Einfluss.

Viertens muss in diesem Zusammenhang die Fremdwahrnehmung der Christen untersucht werden. Die Fremdwahrnehmung der Christen lässt sich erstmals an der Jahrhundertwende vom 1. zum 2. Jahrhundert festmachen. Der erste Kristallisationspunkt für diskursiven Transfer – also das Übertragen von Fremdwahrnehmung auf die Eigendefinition – stellt der fiscus judaicus dar. Dabei handelt es sich um eine Steuer, die ab 96 vom römischen Staat ausschließlich von Juden erhoben wurde. Christen wurden zu einer Entscheidung gezwungen, was einen Anstoß zur Selbstdefinition gab. Diese staatliche Maßnahme führte nun auch dazu, dass die Christen seitens der paganen Mehrheitsgesellschaft zunehmend wahrgenommen wurden. [33] Ab der genannten Jahrhundertwende lassen sich erste Zeugnisse nachweisen, die diese Fremdwahrnehmung belegen. [34] Guttenberger sieht aufgrund des langsamen Heraustretens aus dem „Schutz des Synagogenverbands“ eine zunehmende Notwendigkeit, sich mit dem eigenen Wahrgenommenwerden zu beschäftigen. [35] All das sagt allerdings noch nichts darüber aus, dass Christen nun einheitlich als eigenständige Religion wahrgenommen wurden. Dass Christen teilweise bis Augustinus nachgewiesenermaßen von außen als Juden betrachtet wurden, [36] zeigt, dass die Auseinanderentwicklung im 2. Jahrhundert noch lange kein Ende – vielmehr ihren Anfang – hatte.

Was bedeutet es nun konkret, dass Aristides Apologie zeitlich gerade am Anfang des Herauslösungsprozesses des Christentums aus dem Judentum zu verorten ist? Das heißt vor allem, dass Christentum und Judentum zu diesem Zeitpunkt in vielen Punkten noch einen gemeinsamen Diskurs führten. Abgrenzungen gegen das Judentum sind also weitgehend im Kontext innerjüdischer Auseinandersetzungen zu sehen. Auch Abgrenzungen zur polytheistischen Umgebung sind aufgrund der geringen Fremdwahrnehmung als eigenständige Gruppe noch eher unter dem Schutzschirm des Judentums zu verorten und entsprechend auch jüdischer Provenienz. In anderen Worten: Der Diskurs über die Positionierung in der Gesellschaft wurde von Christen und Juden weitgehend gemeinsam geführt. [37]

Die antipagane Argumentationsweise – wie die Gattung der Apologie insgesamt – hatten auch noch andere monotheistische Religionen gemein. [38] Außerdem erlaubten es die – zwar christlich gekennzeichneten – theologischen Ausführungen bei Aristides aufgrund ihres monotheistischen Duktus (vgl. apol 1) jeder monotheistischen Religion des hellenistischen Raumes, sich damit zu identifizieren. [39] Diese beiden Feststellungen lassen folgenden Schluss zu: Neben einem gemeinsamen jüdisch-christlichen Diskurs wird auch ein übergreifender gesamtmonotheistischer Diskurs sichtbar.

War Aristides nun Christ oder nicht? Das spielt unter diesen Voraussetzungen kaum eine Rolle mehr. Die Apologie des Aristides ist in die jüdisch-christlichen und die gesamtmonotheistischen Diskurse als ein Diskursbestandteil eingebettet. [40] Es ist zu bezweifeln, dass die Apologie im Rahmen eines explizit christlichen Subdiskurs entstanden ist. Aristides bezog vielmehr die Argumente aus den übergreifenden Diskursen auf seinen christlich gekennzeichneten Text. Die Ergebnisse aus Aristides Apologie lassen also auf die monotheistischen Positionierungsdiskurse schließen und damit auf die frühchristliche Abgrenzung und Identität.

4. Aristides Identifikationsangebot: Eine Dichotomie

Um nun zu beantworten, inwieweit man durch Aristides Hinweise auf die frühchristliche Identität  gewinnen kann, muss zunächst der Anspruch auf die Untersuchung der Identität problematisiert werden. Identität bzw. gar kollektive Identitäten lassen sich in einer historischen Quelle kaum nachvollziehen, da wir den Text lediglich als Diskursbestandteil betrachten können. Der Autor rezipiert bzw. adaptiert meist vorhandene Identitätskonzepte und bietet diese in seinem Text dar. Wie und ob diese Überlegungen rezipiert wurden und wie exemplarisch sie waren, würde sich nur in einer umfassenden Diskursanalyse annähernd bestimmen lassen. Deshalb spricht man häufig von Identifikationsangeboten seitens des Autors gegenüber den Rezipienten. [41] Genau das soll in Aristides Apologie untersucht werden: Welches Identifikationsangebot unterbreitet Aristides auf welche Weise den paganen Völkern gegenüber?

In Aristides Ausführungen dominiert ein Motiv, welches bereits im Programm der Apologie genannt wird: „[W]ollen wir nun zum Menschengeschlecht kommen, um zu wissen, welche hiervon an der Wahrheit teilhaben, von der wir gesprochen, und welche von ihr abirren.“ (apol. 2,1) Insbesondere der Irrtum der paganen Völkerschaften wird mithilfe verschiedener Argumente herausgestellt. Den drei aufgeführten Völkern schreibt er unterschiedliche Charakteristika zu: Den Barbaren das Verehren der Elemente (apol. 3-7), den Griechen die Verehrung menschlicher und sittenloser Götter (apol. 8-11) und den Ägyptern das Verehren von Tiergottheiten (apol. 12). Dabei wird als roter Faden immer wieder der Irrtum gegenüber der monotheistischen Wahrheit herausgestellt. Deutlich wird, dass das eigene Kult- [42] und Moralverständnis [43] maßgeblich verantwortlich für diese Wertung und der dadurch erfolgenden Abgrenzung gegenüber den drei Völkern ist. Insbesondere der pagane Umgang mit den eigenen Göttern gerät in die Kritik: „Groß ist also der Irrtum und der Spott, den die Griechen über den Ahnherrn ihrer Götter aufgebracht haben, indem sie all das von ihm erzählen, o Kaiser.“ (apol. 9,5) Verstärkt wird dieses Motiv in der Argumentation, dass das der Irrtum auch Auswirkungen auf die Sitten der irrenden Völker habe. [44]

Dieses Herausstellen negativer Merkmale gipfelt in der Konfrontation mit christlicher Moral: „Die Griechen hingegen, o Kaiser, weil schändliche Dinge verübend durch Beilager mit Männlichen und mit Mutter, Schwester und Tochter, schieben den Hohn ihrer Unlauterkeit auf die Christen. Die Christen jedoch sind rechtschaffen und heilig und die Wahrheit steht ihnen vor Augen.“ (apol. 17,2) Diese Dichotomie [45] zwischen Paganen und Christen zeigt deutlich ihre Grundlage: Der Wahrheits- und Absolutheitsanspruch der Christen in Moral- und Kultfragen. Zur besseren Charakterisierung des Eigenen dienen die paganen Völkerschaften als Projektionsfläche für zugeschrieben gegenteilige Realitäten. Dabei werden die vorhergegangenen Ausführungen dieser Sichtweisen auf die Polytheisten in Aufzählungen wie der Folgenden aufgegriffen: „Deshalb treiben sie nicht Ehebruch und Unzucht, legen kein falsches Zeunis ab,“ usw. (apol. 15,4) Dieses positive Selbstbildnis gegenüber den Anderen wird ergänzt durch die Zuschreibung einer positiven Funktion, die die Anderen aufgrund ihrer Irrtümer nicht erfüllen könnten: „Auch hege ich keinen Zweifel, daß (nur) durch das flehentliche Gebet der Christen die Welt noch fortbesteht.“ (apol. 16,6)

Die herausgearbeitete Dichotomie als Kern des Identifikationsangebots wird mit Logikargumenten zusätzlich unterstrichen. So arbeitet er in apol. 13,8 heraus, dass entweder griechische Gesetze oder sittenlose Götter als Vorbilder Gültigkeit haben könnten, aber keinesfalls beide gleichzeitig. Hier sei ein Widerspruch in der griechischen Gesellschaft. Der andere Punkt, in dem Aristides sein Unverständnis ausdrückt, ist mit dem Topos griechischer Vernunft verbunden: „Staunen aber muss man, o Kaiser, über die Griechen, dass sie, obwohl an Gesittung und Vernunft alle übrigen Völker überragend, toten Götzen und unbeseelten Bildern nach in die Irre gegangen sind, obgleich sie sehen, daß ihre Götter von ihren Verfertigern gesägt, geschlichtet, zugestutzt, abgeschnitten, gebrannt, geformt und in jegliche Gestalt verwandelt werden.“ (apol. 13,1) Aristides kontrastiert hier die Vernunft als Grundlage griechischen Handelns mit der religiösen Realität. Mehrfach stellt er im Text auch die Frage, warum gerade die Philosophen derartiges religiöses Handeln nicht ablehnten, sondern vielmehr förderten: „Und Staunen überkommt mich, o Kaiser, ob ihrer Philosophen, daß auch sie so irregingen und den Namen Götter Bildern gaben, die zu Ehren der Elemente gefertigt worden, und (daß) die Weisen nicht einsahen, daß auch jene Elemente vergänglich und auflöslich sind.“ (apol. 3,3) Beide Argumente bauen auf als Unstimmigkeiten rezipierte Aspekte der griechischen Logik auf. Sie nehmen dabei zweierlei Funktion ein. Einerseits delegitimieren sie die Griechen zusätzlich und unterstreichen so deren Vergleichbarkeit mit Ägyptern und Barbaren bzw. Chaldäern. Andererseits legitimieren und betonen sie die auf den christlichen Wahrheitsanspruch aufbauende Abgrenzung.

Die Argumentation wird auch dadurch unterfüttert, dass Aristides an das griechische Funktionsgedächtnis [46] der Griechen anknüpft. Wie wir gerade gesehen haben, muss Aristides die Griechen zusätzlich delegitimieren, um seine Argumentation schlüssig klingen zu lassen. Er scheint dabei sehr stark im griechischen Denken verhaftet zu sein, da er versucht, Abgrenzungsstrategien der Griechen in seiner Argumentation zu relativieren, um sie letztendlich mit anderen polytheistischen Völkern gleichsetzen zu können. Zunächst wird das darin deutlich, dass er argumentiert: „Da nun die Griechen weiser sind als die Barbaren, haben sie mehr als die Barbaren geirrt“ (apol. 8,2). Dabei übernimmt er das griechische Selbstbild, mitunter weise zu sein, in seine Argumentation. Er geht allerdings noch einen entscheidenden Punkt weiter; er bezieht sich auf die Ägypter, die im griechischen Funktionsgedächtnis als besonderer Referenzpunkt für Abgrenzungen dienten: [47] „Die Ägypter aber, weil schlimmer und unvernünftiger als alle Völker auf Erden, haben ärger denn alle geirrt“. (apol. 12,1) Daraus lassen sich zwei Aspekte herausarbeiten. Zunächst sucht Aristides Anknüpfungspunkte an das – die Diskurse im östlichen Mittelmeerraum dominierende – hellenistische Denken, um Rezipienten besser zu erreichen. Indem er Ägypter als unvernünftiger bezeichnet, knüpft er an dieses griechische Identitätsmuster an. Das könnte eine höhere Aufnahmebereitschaft für seine folgenden Ausführungen mit sich gebracht haben. Der daraus folgende zweite Aspekt ist, dass Aristides durch die Anknüpfung an den Ägyptertopos implizit Griechen und Barbaren formähnlich ablehnen möchte. Ägypter, Barbaren und Griechen sollen so auf eine – gleichermaßen abzulehnende – Ebene gebracht werden. Zwar wird den Ägyptern mit ihren tierischen Gottheiten ein besonderer Irrtum zugeschrieben, (apol. 12,1) jedoch werden sie gemeinsam mit Barbaren und Griechen als das Andere für die Abgrenzung gesetzt. Christen stehen gegen Ägypter, Barbaren und Griechen gleichermaßen. Somit wird der Ägyptertopos auf Griechen und Barbaren in der Argumentation zumindest implizit übertragen. Um es auf den Punkt zu bringen: Aristides knüpft an das griechische Funktionsgedächtnis mit seinen Identitätskonstruktionen an. Die dort vorhandenen Motive – griechische Weisheit und der Ägyptertopos – werden in zweierlei Funktion gebraucht. Erstens werden sie  als Anknüpfungspunkte für den Rezipienten  und so zur Steigerung der Aufnahmebereitschaft verwendet. Zweitens werden sie gleichzeitig in einen anderen argumentatorischen Kontext gesetzt: Die griechische Vernunft wird ad absurdum geführt und der Ägyptertopos auf die Griechen selbst übertragen. Das implizierte Ergebnis ist, dass griechische Hybris gebrochen wird und christlichem Wahrheitsanspruch und moralischer Integrität platz macht.

Daneben bezieht sich Aristides auch auf stereotypisierte Situationen der Interaktion mit Paganen, die er im Funktionsgedächtnis der Christen abrufen kann. Dafür sind insbesondere zwei Stellen der Apologie von Interesse: „Und weil sie wissen, daß jene im Irrtum sind, lassen sie sich von ihnen schlagen, ertragen und dulden sie, ja noch mehr, sie behandeln sie schonend als Leute, die der Erkenntnis ermangeln und bringen für die Gebet(e) dar, damit sie sich von ihrem Irrtum bekehren.“ (apol. 17,3) Dem Identifikationsangebot, bei dem christlicher Wahrheitsanspruch gegen widerlegte griechische Weisheit steht, wird hier Sinn und Anwendungsmöglichkeit verliehen und so bestärkt. Und die zweite Stelle lautet: „Die Griechen hingegen, o Kaiser, weil schändliche Dinge verübend durch Beilager mit Männlichen und mit Mutter, Schwester und Tochter, schieben den Hohn ihrer Unlauterkeit auf die Christen. Die Christen jedoch sind rechtschaffen und heilig und die Wahrheit steht ihnen vor Augen.“ (apol. 17,2) Hier verläuft die Anfeindung Aristides Rezeption zufolge genau an der schwelenden Konfliktlinie der Moral, auf die im Identifikationsangebot eine entscheidende Rolle spielt. In dieser exakt kontrastiven – oder zumindest so geschilderten – Negierung der Argumentationsmuster seitens der Paganen wird das Muster des Angebots gestützt und bestätigt. Beide Stellen nutzen also stereotypisierte Interaktion mit der abzugrenzenden Referenzgruppe, um die Angebote des Textes am Ende mit dem Funktionsgedächtnis zu verknüpfen und so abrufbar zu halten.

Zuletzt muss im Zusammenhang mit dem Identifikationsangebot Aristides auf eine Besonderheit der Abgrenzung der Christen gegenüber Anderen hingewiesen werden, wie sie im Schlussplädoyer deutlich wird: „Verstummen sollen nunmehr die Zungen derer, die Eitles reden und die Christen verleumden, und sie sollen jetzt die Wahrheit sagen. Denn es frommt ihnen mehr, den wahren Gott anzubeten, als einen unbestimmten Schall.“ (apol. 17,6) Es geht dabei den Christen nicht darum, eine abgeschottete Gruppe zu bilden, sondern sie hoffen vielmehr auf die Bekehrung Anderer zum Eigenen. Entsprechend sind sämtliche Abgrenzungen unter dem Aspekt der grundsätzlichen Offenheit anderen Individuen gegenüber zu sehen. Nicht die Menschen, sondern die Glaubensüberzeugung und damit verbundenes Verhalten sind das Ziel der Abgrenzung.

5. Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Zusammenfassend lassen sich folgende Antworten auf die Frage finden, inwieweit sich christliche Identität unter dem Kriterium der Abgrenzung in der Apologie des Aristides nachvollziehen lässt:

Aristides nicht eindeutig geklärte Religionszugehörigkeit relativiert sich für die Betrachtung frühchristlicher Identitätskonstruktion aufgrund der sicheren Einordnung seiner Apologie in zwei Diskurse weitgehend. Zum einen bringt ein hellenistisch-monotheistischer Diskurs allgemein die Ähnlichkeit von Abgrenzungsmotiven mit sich. Vor allem aber begann eine Unterteilung der religionsspezifischen Diskurse von Christentum und Judentum zur Zeit der Entstehung der Apologie erst. Im Falle einer anderen Religionszugehörigkeit Aristides könnte aus der Apologie über die Einordnung in übergreifenden Diskurse auf das Christentum weitgehend rückgeschlossen werden.

Das Identifikationsangebot, das Aristides im Zusammenhang mit der Abgrenzung gegenüber den Polytheisten macht, ist eine Dichotomie. Die Paganen dienen dabei als Projektionsfläche für das Antonym des Eigenen. Dieses Eigene ist mit moralischer Integrität, Weisheit und insbesondere einem absoluten Wahrheitsanspruch verknüpft. Die postulierten Logikbrüche der im Selbstbild weisen Griechen sollen diesen Anspruch legitimieren. Um mit seiner Argumentation einen erleichterten Diskurszugang zu bekommen, knüpft er auch an das griechische Funktionsgedächtnis an. Über den impliziten Vergleich von Ägyptern und Griechen macht er seine Dichotomie für Zeitgenossen plausibler und annehmbarer. Zudem versucht er, sein Angebot im christlichen Funktionsgedächtnis zu verankern. Die dort vorhandenen stereotypisierten Interaktionen mit der abzugrenzenden Referenzgruppe verknüpft er mit seinem Angebot. Pagane Anfeindungen bestätigen also nur die Weisheit und moralische Integrität der Christen. Eine letzte Besonderheit der Abgrenzung ist noch anzumerken. Als das Andere dienen nicht die Menschen, sondern deren Geisteshaltung.  Mögliche Konversionen waren also intendiert.

Was sagt dieses Identifikationsangebot nun also über die frühchristliche Identität aus? Es ist wichtig festzustellen, dass über die Rezeption des Identifikationsangebotes nur Vermutungen angestellt werden können. Ändert man aber die Perspektive, so kann man in – dem eigentlich doch produzierenden – Aristides auch einen Rezipienten frühchristlicher Identität sehen. Seine Apologie ist als einzelne Positionierung in die – die Apologie weitgehend determinierenden – Diskurse einzuordnen. Sie hat also einen exemplarischen Wert. Aus Aristides Apologie lässt sich also das charakterisierte Identifikationsangebot ableiten. Dieses lässt sich als persönliche Abgrenzungsstrategie Aristides im Rahmen seiner wahrscheinlich frühchristlichen Identität fassen. 

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

6.1. Literaturverzeichnis

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Weiß, Hans-Friedrich: Noch einmal: Zur Frage eines Antijudaismus bzw. Antipharisäismus im Matthäusevangelium, in: ZNT 4,8 (2001), S. 37-41. 

Wilken, Robert L.: The Christians as the Romans (and Greeks) Saw Them, in: Jewish and Christian Self-Definition. Volume One. Second and Third Centuries, hrsg. von Sanders, E[d] P., Philadelphia 1980, S. 100-125. 

Wlosok, Antonie: Die christliche Apologetik griechischer und lateinischer Sprache bis zur Konstantinischen Epoche. Fragen, Probleme, Kontroversen, in: L'apologétique chrétienne gréco-latine à l'époque prénicénienne, hrsg. von: Dies., Genève 2005 (Entretiens sur l'antiquité classique 51), S. 1-28. 

6.2. Quellenverzeichnis

Aristides von Athen: Apologie, aus dem Syrischen übersetzt von Kaspar Julius, in: Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten. Aus dem Griechischen und Lateinischen übersetzt, hrsg. Von Bardenhewer, O. / Schermann, Th. / Weyman, K., Kempten und München 1913 (Bibliothek der Kirchenväter 12), S. 3-54. 

Anmerkungen

  • [1]

    Stuckrad, Kocku von: „Christen“ und „Nichtchristen“ in der Antike. Von religiös konstruierten Grenzen zur diskursorientierten Religionswissenschaft, in: Hairesis. Festschrift für Karl Hoheisel zum 65. Geburtstag, hrsg. von: Hutter, Manfred / Klein, Wassilios / Vollmer, Ulrich. Münster 2002 (Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 34), S. 184-202, hier S. 186. Stuckrad möchte die Grenzen zwischen Religionen bei der Betrachtung grundsätzlich auflösen. Dafür setzt er auf die Hinterfragung der kulturellen Konstruktion.  Stuckrad, Christen, S. 197. Zur dieser Diskussion um die Aufgabe der religionsgeschichtlichen Untersuchung des antiken Christentums auch Gemeinhardt, Peter: Die religionsgeschichtliche Erforschung des Christentums in der Spätantike, in: V&V 52,2 (2007), S. 30-49.

  • [2]

    Stuckrad, Christen, S. 187. Auch bei der Theologin Guttenberger finden sich Überlegungen zur Identitätskonstruktion über Grenzziehungen bzw. Ablehnungserfahrungen. Dabei adaptiert sie Goffmans Stigmatisierungstheorie teilweise recht frei. Goffman geht in seiner Theorie davon aus, dass Personen mit einem Stigma, in diesem Fall die Christen, defizitär hinsichtlich der Identität des Mainstreams gesehen würden. Der Umgang mit dieser Fremdsicht könne auf zwei Arten erfolgen. Die out-group-Orientierung löse das Problem durch Akzeptanzgewinnung durch die Übernahme der Fremdsicht. Die in-group-Orientierung hingegen lasse die Betreffenden einen Stolz auf das Stigma fühlen und sich in der Folge zunehmend abkapseln, was jedoch zu einer unbewussten Immitation der Mehrheitsgesellschaft und zunehmender Intoleranz führe. Nach Guttenberger fahre das Christentum eine zweigleisige Strategie. Einerseits  sei eine in-group-Orientierung zu erkennen, indem sich das Christentum zunehmend abkapsle und gleichzeitig die jüdische Identitätskonstruktion über das Konzept des erwählten Volkes zueigen mache. Andererseits, so Guttenberger weiter, ziehe sich das Christentum nicht völlig zurück, sondern versuche, der out-group-Orientierung ähnlich, Akzeptanz in ihrem Umfeld zu gewinnen. Siehe Guttenberger, Gudrun: Passio Christiana. Die alltagsmatyrologische Position des Ersten Petrusbriefes. Stuttgart 2010 (Stuttgarter Bibelstudien 223), S.53-62.

  • [3]

    Lieu bietet bisher die umfassendste Auseinandersetzung mit dem Thema, wobei sie auf eine oftmals sehr philosophische Weise Überlegungen zu verschiedenen Aspekten der Identität anstellt. Lieu, Judith M.: Christian Identity in the Jewish and Graeco-Roman World, Oxford 2004. Im deutschen exegetischen Forschungsdiskurs wird neben der narrativen Identitätsstiftung – Identitätssicherung mittels des kollektiven Gedächtnisses, also christlichen Glaubensinhalten und Regeln – hauptsächlich die Konfrontation der Christen mit dem Diasporajudentum thematisiert. Diese Fragestellungen vor allem anhand den Paulus- und Petrusbriefen und dem Matthäusevangelium untersucht. Zu den Paulusbriefen Niebur, Karl-Wilhelm: Identität und Interaktion. Zur Situation paulinischer Gemeinden im Ausstrahlungsfeld des Diasporajudentums, in: Pluralismus und Identität, hrsg. von: Mehlhausen, Joachim, Gütersloh 1995 (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 8), S. 339-359. Zum Ersten Petrusbief Guttenberger, Passio Christiana. Zum Matthäusevangelium Dobbeler, Axel von: Die Restitution Israels und die Bekehrung der Heiden. Das Verhältnis von Mt 10,5b.6 und Mt 28,18-20 unter dem Aspekt der Komplementarität. Erwägungen zum Standort des Matthäusevandeliums, in: ZNW 91 (2000), S. 18-44. Ebenso Dobbeler, Axel von: Wo liegen die Wurzeln des christlichen Antijudaismus?, in: ZNT 4,8 (2001), S. 42-47. Und Weiß, Hans-Friedrich: Noch einmal: Zur Frage eines Antijudaismus bzw. Antipharisäismus im Matthäusevangelium, in: ZNT 4,8 (2001), S. 37-41. In den angelsächsischen Veröffentlichungen zur christlichen Identität im 2. Jahrhundert werden insbesondere Überlegungen zur Fremdwahrnehmung der Christen laut. Dazu Dunn, James D. G.: Concluding Summary, in: Jews and Christians. The Parting of the Ways. A.D. 70 to 135, hrsg. von: Ders., Tübingen 1992 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 66), S. 363-368. Außerdem Wilken, Robert L.: The Christians as the Romans (and Greeks) Saw Them, in: Jewish and Christian Self-Definition. Volume One. Second and Third Centuries, hrsg. von Sanders, E[d] P., Philadelphia 1980, S. 100-125. Und Goodman, Martin: Diaspora Reactions to the Destruction of the Temple, in: Jews and Christians. The Parting of the Ways. A.D. 70 to 135, hrsg. von: Ders., Tübingen 1992 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 66), S. 27-38.

  • [4]

    Die Apologie als Quellengrundlage dieser Untersuchung ist folgendermaßen überliefert: Einerseits ist ein in syrischer Sprache abgefasster Text (S) überliefert. Ergänzt wird dieser durch weitgehend gleichlautende armenische Fragmente (A). Eine andere Überlieferungslinie stellt eine griechische Fassung (G) dar, die im Mönchsroman „Vita Baarlaam und Joasaph“ von Euthymius verarbeitet wurde. Zur Überlieferungsgeschichte Osterle, Hand-Joachim: Textkritische Bemerkungen zur „Apologie“ des Aristides von Athen, in: ZDMG 130 (1980), S. 15-23, hier S. 16f. Bei O'Ceallaigh findet sich zudem eine sehr gute Synopse von A/S und G hinsichtlich der Gliederung der beiden Überlieferungsstränge. Siehe O'Ceallaigh, G. C.: „Marcianus“ Aristides, on the Worship of God, in: HThR 51 (1958), S. 227-254, hier S. 232f. Allgemein wird die lange Fassung S als am authentischsten präferiert. Dazu Hunger, Wilhelm S.J.: Die Apologie des Aristides eine Konversionsschrift, in: Scholastik 20/24 (1944/1949), S. 390-400, hier S. 390 Fußnote 9. Außerdem Essig, Klaus-Gunther: Erwägungen zum geschichtlichen Ort der Apologie des Aristides, in: ZKG 97 (1986), S. 163-188, hier S. 172-175. Dem werde ich mich in meiner Analyse anschließen. Dabei stütze ich mich auf die kritische Edition von Kaspar Julius aus dem Jahr 1913, die weitestgehend S präferiert und G wie A berücksichtigt: Aristides von Athen: Apologie, aus dem Syrischen übersetzt von Kaspar Julius, in: Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten. Aus dem Griechischen und Lateinischen übersetzt, hrsg. Von Bardenhewer, O. / Schermann, Th. / Weyman, K., Kempten und München 1913 (Bibliothek der Kirchenväter 12), S. 3-54. In der Folge wird Aristides Apologie in dieser Übersetzung nach dem Schema „(apol. x)“ zitiert. Die Textzitate werden hier alleinig aus S wiedergegeben, indem die bei Julius verwendeten Einschübe und Alternativen aus G redigiert werden.

  • [5]

    Lattke, Michael: War Aristides ein Mann von Bildung? Forschungsgeschichtliches Protokoll eines (nicht nur) deutschen Gelehrtenstreits in den ersten 40 Jahren der Aristides-Forschung, in: Frühchristentum und Kultur, hrsg. von: Ferdinand R. Prostmeier, Freiburg u.a. 2007 (Kommentar zu frühchristlichen Apologeten, Ergänzungsband 2), S. 35-74. Und Essig, Ort.

  • [6]

    O'Ceallaigh, Aristides. 

  • [7]

    Hunger, Konversionsschrift, S. 390-400. Und Haehling, Raban von: Mythenkritik und Mythendeutung frühchristlicher Autoren im Rahmen der heidnisch-christlichen Auseinandersetzung, in: Historiae Diversitas. Festschrift für Vladimir Iliescu zum 80. Geburtstag am 8. August 2006 von seinen Schülern, Freunden und Kollegen dargebracht, hrsg. von: Lica, Vasile / Nedu, Decebal, Galaƫi 2006 (Historia Antiqua Galatiensis 1), S. 129-146.

  • [8]

    Dummer, Jürgen: Epiphanius von Constantia und die Apologie des Aristides. Eine quellenkritische Untersuchung, in: Philologus 138,2 (1994), S. 267-287. Und Essig, Ort, S.163-188.

  • [9]

    S spricht von einer Vierteilung in „Barbaren, Griechen, Juden und Christen“. G hingegen nimmt eine Dreiteilung in Polytheisten, Juden und Christen vor, wobei der Polytheisten wiederum in Chaldäer, Griechen und Ägypter unterteilt. (apol. 2,2 (S und G)). Die Unterteilung in Volksstämme wird in der Literatur mitunter kontrovers diskutiert. Insbesondere fällt das Fehlen der Ägypter in der Einteilung bei S auf. Essig stellt fest, dass wohl keine klimaktische bzw. evolutionäre Absicht in der Abfolge der Volksstämme intendiert war. Vgl. Essig, Ort, S. 176f.  O'Ceallaigh konstatiert, dass die angebotenen Einteilungen im 2. Jahrhundert abgelehnt worden wären. Zudem sei eine Einteilung in Christen und Juden als zwei Volksstämme unwahrscheinlich gewesen. Vgl. O'Ceallaig, Aristides, S. 234-236. Am wahrscheinlichsten erscheint mir, dass die Unterteilungen aufgrund der Stringenz der Argumentation mehrfach überarbeitet wurde. Insofern kann sie schlecht als Analysegrundlage dienen, sondern muss mehr oder weniger als Gliederung des Textes betrachtet werden.

  • [10]

    Diese Annahme erkläre auch das Fehlen originär christlichen Gedankengutes bei Aristides. Dazu Haehling, Mythenkritik, S. 137f. Essig stellt darüber hinaus infrage, ob ursprünglich eine Kaiseradresse vorhanden war. Philologisch könne er die Apologie auch anderen Textarten zuordnen. Siehe Essig, Ort, S. 186. Vgl. zum Titel auch Fußnote 16. 

  • [11]

    Wlosok analysiert die Form des libellus, in dem die Apologie des Aristides abgefasst ist. Da die Christen nicht zum Einreichen von libelli berechtigt gewesen seien, konnte die Apologie den Kaiser nicht erlangt haben. Siehe Wlosok, Antonie: Die christliche Apologetik griechischer und lateinischer Sprache bis zur Konstantinischen Epoche. Fragen, Probleme, Kontroversen, in: L'apologétique chrétienne gréco-latine à l'époque prénicénienne, hrsg. von: Dies., Genève 2005 (Entretiens sur l'antiquité classique 51), S. 1-28, hier S. 13-20.

  • [12]

    Essig, Ort, S. 187. 

  • [13]

    Hunger, Konversionsschrift, S. 396-398. 

  • [14]

    Haehling, Mythenkritik, S. 137. 

  • [15]

    O'Ceallaigh erklärt Eusebius Nennung der Apologie im Zusammenhang mit Hadrians Athenbesuch 125/6 für plausibel. O'Ceallaigh, Aristides, S. 232. Gerade die ältere Forschung hielt die zweite Adresse der Apologie in S an Antonius Pius für wahrscheinlicher und verortete sie ungefähr um 140. Vgl. Hunger, Konversionsschrift, S. 390. Essig plädiert für die unpräzise Datierung im 2. Jahrhundert, unter anderem, da die Trägerschicht zu dieser Zeit kaum verfolgt wurde. Eusebius Ausführungen seien unbrauchbar, da ihm die Apologie wahrscheinlich nicht vorlag. Da er keinen Beleg für das ursprüngliche Vorhandensein der Kaiseradressen sieht, stellt er auch die Datierung anhand Antonius Pius in Frage. Siehe Essig, Ort, 187f. 

  • [16]

    Der erste der beiden gleichrangig genannten Titel der Apologie nach S lautet vollständig: „Ferner die Apologie, die der Philosoph Aristides an Kaiser Hadrian wegen der Gottesverehrung richtete.“ (apol. Titel 1 (S)). Diese hält O'Ceallaigh für den authentischen bzw. authentischeren Titel der Apologie, vgl. O'Ceallaigh, S. 229f. Essig stellt den Titel mit der Kaiseradresse und somit auch die Verfasserangabe grundsätzlich in Frage. Vgl. Fußnote 10. 

  • [17]

    Lattke geht der Diskussion um diese Frage besonders im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert forschungsgeschichtlich nach und bietet daneben einen sehr gute Überblick über die Anfänge der Aristidesforschung. Seine hier wiedergegebene These zum Bildungsstand findet sich bei Lattke, Bildung, S. 68. 

  • [18]

    O'Ceallaigh findet u.a. einen Widerspruch zwischen der im Text genannten hebräischen Abstammung Jesu und der Möglichkeit, dass Jesus im Text gleichsam als Begründer des christlichen Volkes darstellt wird, vgl. O'Ceallaigh, Aristides, S.238. Das christliche Volksverständnis baut allerdings vielmehr auf den Topos des Auserwählten Volkes Israel auf, denn dem heutigen Ethnienbegriff. Außerdem stützt er sich sehr stark auf das Argument der Völkereinteilung, die den damaligen Vorstellungen widerspreche. Vgl. dazu Fußnote 9. Insgesamt wirkt seine Argumentation stark deduktiv und er problematisiert seine Grundannahme der jüdischen Herkunft nicht im Kontext anderer Thesen. 

  • [19]

    O'Ceallaigh, Aristides.

  • [20]

    Dummer, Aristides, S. 267/287. Die Gattung der Apologie, da sie nicht originär christlich ist, lässt derartige Überlegungen grundsätzlich auch zu. Die Apologie als „method. durchgeführte Glaubensrechtfertigung“ ist vielmehr in der hellenistisch-philosophischen Welt und ihren christlichen und jüdischen Adaptionen zu verorten. Vgl. dazu Kolping, Adolf: Apologetik I. Christentum, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 1 (1980), Sp. 774-777. Außerdem Fiedrowicz, M[ichael]: Apologie, in: Lexikon der antiken christlichen Literatur (1998), S. 44-45.

  • [21]

    Essig, Ort, 185. 

  • [22]

    Hunger, Konversionsschrift, S. 400. 

  • [23]

    Hunger, Konversionsschrift, S. 390-400. Haehing stützt diese These mit seiner Annahme, Apologien dienten der Überzeugung religiöser Autoritäten von der Abkehr von Konvertierenden von ihrer paganen Vergangenheit. Dazu Haehling, Mythenkritik, S. 137f. 

  • [24]

    Von keinem der Autoren der diversen Erklärungsansätze wird allerdings beachtet, dass sich das häufig angeführte Fehlen explizit christlicher Theologie auch durch die Arkandisziplin erklären könnte. Diese schrieb vor, dass Glaubensgrundsätze nicht nach außen getragen werden sollten, vgl. Hausammann, Susanne: Alte Kirche. Zur Geschichte und Theologie in den ersten vier Jahrhunderten. Band 1. Frühchristliche Schriftsteller. „Apostolische Väter“. Häresien. Apologeten, Neukirchen-Vluyn 2001, S. 175. 

  • [25]

    Dunns Sammelband macht sich sogar deduktiv die Unterfütterung dieses Zeitraums zur Aufgabe. Vgl. Dunn, Concluding Summary, insb. S. 368. Dazu auch Dobbeler, Antijudaismus, S. 44. Weiß sieht schon die matthäische Gemeinde an der Scheide zur Ablösung, vgl. Weiß, Antijudaismus, S. 38. 

  • [26]

    Goodman, Reactions, S. 28. 

  • [27]

    Lieu, World, S. 307. Der Religionswissenschaftler Stuckrad spricht beim Bestreiten der grundsätzlichen Distinktionsmöglichkeit von Religionen sogar von „Christentümern“, vgl. Stuckrad,  Christen, insbes. S. 195.

  • [28]

    Marcus, Joel: Jewish Christianity, in The Cambridge History of Christianity, Vol. 1. Origins to Constantine, hrsg. von: Mitchell, Margaret/ Young, Frances / Bowie, Scott, Cambridge 2006 (The Cambridge History of Christianity 1), S. 87-102, insb. S. 96-98.

  • [29]

    Dobbelers Argumentation zur Tischgemeinschaft und dem paulinischen Umgang mit dem Volk-Gottes-Konzept in Dobbeler, Antijudaismus, S. 45f. 

  • [30]

    Vgl Kapitel 4 und Fußnote 41 zu Identifikationsangeboten. 

  • [31]

    Beispielsweise schreibt Niebur über den paulinischen Umgang mit jüdischen Identifikationsangeboten: „In jedem Fall aber wurde das zur Debatte stehende Problem überhaupt nur dadurch relevant, daß Grundätze jüdischer Lebensgestaltung in den paulinischen Gemeinden bestimmend blieben bzw. für die ehemals heidnischen Glieder erst bestimmend wurden. Nicht Paulus ist es, der hier der Gemeinde seine eigene jüdische Identität aufprägt, sondern die Korinther selbst suchen nach Wegen, jüdische Identitätsmerkmale gegenüber ihrer heidnischen Umwelt zu bewahren.“ Niebur, Identität, S. 358. 

  • [32]

    Zu den konkurrierenden christlichen Sendungsaufträgen Dobbeler, Restitution, 19-21. 

  • [33]

    Goodman, Reactions, S. 29 und 33. 

  • [34]

    Mehr zu diesen Zeugnissen und ihren unterschiedlichen Sichtweisen auf das Christentum, insbesondere auch den zu dieser Zeit entstandenen Zeugnissen zu Neros Christenverfolgungen, findet sich bei Wilken, Christians, 100-125. 

  • [35]

    Guttenberger, Passio Christiana, S.8. 

  • [36]

    Stuckrad, Christen, S. 190. 

  • [37]

    Lieu arbeitet für diesen Diskurs ein Grundschema heraus: Die Distinktion zwischen Nichtgläubigen und Erwählten – dem Volk Gottes – war für den jüdischen wie christlichen Umgang mit der polytheistischen Umgebung prägend. Lieu, World, S. 295. 

  • [38]

    Dummer, Aristides, S. 267. Zur interreligiösen Einordnung der Apologetik siehe Fußnote 20 und Meiser, Martin: Frühjüdische und frühchristliche Apologetik, in: Internationales Josephus-Kolloquium Aarhus 1999, hrsg. von Kalms, Jürgen U., Münster u.a. 2000 (Münsteraner Judaistische Studien 6), S. 155-184.

  • [39]

    Essig stellt darüber hinaus bei Aristides u.a. ein „eigentümliche[s] Nebeneinander von mittelplatonischen und hellenistisch-jüdischen Gottesprädikationen“ und eine Vermischung verschiedener Traditionen fest. Vgl. zum gesamten Argument Essig, Ort, S. 178-181. 

  • [40]

    Sollte die Apologie interpoliert sein, ließen sich trotzdem Rückschlüsse aus der Apologie auf diese Diskurse ziehen. O'Ceallaigh arbeitet philologisch sehr penibel Stellen heraus, die interpoliert sein könnten. Insbesondere apol. 2 und 16, die explizit das Christentum nennen, seien von Interpolation betroffen. Aber selbst darin sei die hypothetisch jüdische Vorlage aus dem 2. Jahrhundert verarbeitet worden. Argumentiert man mit O'Ceallaigh, müsste es sich bis auf wenige Stellen um monotheistisches Material des 2. Jahrhunderts handeln. Siehe O'Ceallaigh, Aristides, S. 242-250. 

  • [41]

    Der Begriff des Identifikationsangebots wird in der geschichtswissenschaftlichen Literatur häufig verwendet, jedoch kaum bis nicht reflektiert. Es existieren leider meines Wissens weder Lexikonartikel noch Theoriekapitel, die explizit diese Thematik problematisieren. 

  • [42]

    Das wird in diversen Äußerungen deutlich, beispielsweise: „Und dabei bringen sie über die Gottheit auf, als fände sich in ihr ein Mangel, indem sie (nämlich) behaupten, sie nehme Schlachtopfer an und fordere Brand- und Trankopfer, Menschenmorde und Tempel, indes  Gott bedürfnislos ist und ihm von alledem nichts nottut.“ (apol. 13,4)

  • [43]

    Das wird in den diversen Göttergeschichten deutlich, die auf Sittenlosigkeit untersucht werden, beispielsweise: „Und weiter führen sie einen andern Gott ein, [und nennen ihn] Hermes, und behaupten, er sei ein habgieriger und gewinnsüchtiger Mann, ein Zauberer und Krüppel (?), Ringer und Ausleger von Reden. 4. Unmöglich kann (aber) ein Gott ein Magier oder ein Geizhals oder ein Krüppel (?) oder nach fremdem Gut begierig oder ein Ringer sein. Sonst gilt er als nichtsnutzig.“ (apol. 10,3f.) 

  • [44]

    „All das haben also die Griechen, o Kaiser, über ihre Götter aufgebracht und [über sie] erdichtet, so daß davon  alle Menschen Anlass nehmen, alle Frevel und Ausschweifungen zu begehen; und dadurch ist die ganze Erde verderbt worden.“ (apol. 11,7)

  • [45]

    Der Begriff der Dichotomie im Zusammenhang mit frühchristlicher Identitätskonstruktion taucht auch bei Lieu auf. Mit ihrer weitergreifenden Analyse erkennt sie in der harschen Vermeidung der Idolatrie eine Exklusivität in der Dichotomie der Christen, die bei den Juden nicht so stark ausgeprägt gewesen sei. Lieu, Judith M.: The Forging of Christian Identity, in: MedArch 11 (1998), S. 71-82, hier 81f. Aus ihrer stark philologischen Perspektive weist sie zudem auf den Konstruktionscharakter von Abgrenzung und Dichotomie hin, also dass das „systematic 'othering' […] a textual achievement“ war. Lieu, World, S. 308.

  • [46]

    Den Begriff prägt Assmann in Abgrenzung zum Speichergedächtnis. Im Funktionsgedächtnis „werden Erinnerungen und Erfahrungen verfügbar gehalten“. Assmann, Aleida: Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis – zwei Modi der Erinnerung, in: Generation und Gedächtnis. Erinnerungen und kollektive Identitäten, hrsg. von: Platt, Kristin / Dabag, Mihran, Opladen 1995, S. 169-185, insb. S. 183. Als Funktionsgedächtnis bezeichne ich, was auch unter den Begriffen „kulturelles Gedächtnis“ oder „kollektives Gedächtnis“ bekannt ist. Im Gegensatz zu den anderen Begriffen wird hier deutlich, dass das Gedächtnis verfügbar ist und eine Funktion hat. 

  • [47]

    „the Egyptian als 'other' has [...] roots deep within the Graeco-Roman world“, siehe Lieu, World, S. 295. 

Empfohlene Zitierweise

Raz, Samuel: Abgrenzung in Aristides Apologie. Ein Beitrag zur Debatte um frühchristliche Identität. aventinus varia Nr. 42 [29.10.2013], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9829/

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Erstellt: 27.10.2013

Zuletzt geändert: 29.10.2013

ISSN 2194-1971