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aventinus recensio Nr. 13 (Sommer 2008) 

Ioannis Charalambakis 

Ansgar Nünning / Roy Sommer (Hrsg.): Handbuch Promotion. Forschung – Förderung – Finanzierung. Stuttgart / Weimar: J. B. Metzler, 2007. 426 Seiten. Hardcover. 24,95 €. ISBN 978-3-476-02011-6. 


Der überwiegende Teil der 17 an diesem Buch beteiligten Autoren entstammt der Fachrichtung Anglistik, so auch die beiden Herausgeber. Während Ansgar Nünning einen Lehrstuhl für Englische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität in Gießen innehat, unterrichtet Roy Sommer als Professor für Anglistik an der Bergischen Universität Wuppertal. Er ist bereits als Autor eines Handbuchs zum Thema „Schreibkompetenzen: Erfolgreich wissenschaftlich schreiben“ hervorgetreten. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Gründungsdirektor (Nünning) bzw. Gründungsbeauftragter (Sommer) für die Graduiertenzentren ihrer jeweiligen Universitäten, sind sie in besonderem Maße mit den bearbeiteten Problemfeldern vertraut.

Das Werk gliedert sich in insgesamt sieben Kapitel mit je drei bis neun Unterpunkten. In der Einleitung stellen die Herausgeber zunächst die Beweggründe für diese Publikation dar. Zum einen sei die Doktorandenausbildung derzeit in einer Phase des Umbruchs begriffen, deren Ziel eine Verkürzung der Promotionsdauer und die gezielte Vermittlung wissenschaftlicher Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen ist. Deshalb sollen der Fortschritt dieses Reformprozesses und die verschiedenen Modelle vorgestellt werden. Zum anderen sehe man durchaus die Notwendigkeit einen Ratgeber mit einem ganzheitlichen Ansatz zu verfassen, der – im Gegensatz zu bisherigen Veröffentlichungen – möglichst alle Belange der Promovierenden ansprechen sollte. Zielgruppen seien aufgrund der großen Bandbreite an Themen nicht nur Anfänger sowie Fortgeschrittene im Doktorandenstudium, sondern vor allem auch deren Betreuer. 

Das erste Kapitel „Hintergründe, Debatten, Standpunkte“ beschäftigt sich in den Punkten 1 und 2 primär mit den Themen Graduiertenkollegs und Doktorandennetzwerke. Dabei werden die verschiedenen Projekte in ihren Grundzügen vorgestellt, sowie deren Vor- und Nachteile für die Promovierenden benannt. Der dritte Punkt besteht aus einer Zusammenfassung dreier aktueller Studien: der Kasseler Promoviertenstudie, Promovieren in Bayern sowie Frauen und Promotion. Während viertens die Ansätze zu einer Internationalisierung der Doktorandenausbildung, mit dem Austausch deutscher und ausländischer Promovierender bei gleichzeitiger Einführung internationaler Standards in Deutschland, im Mittelpunkt stehen, schließt das Kapitel mit einem konkreten Vergleich des Doktorandenstudiums in Deutschland und den USA. 

Im folgenden Kapitel „Von der Promotionsentscheidung zur Finanzierung“ gehen die Autoren auf die Probleme ein, die sich einem potentiellen Kandidaten vor dem Beginn der Promotion stellen. Schon der erste Punkt „Warum promovieren? Kriterien zur Entscheidungsfindung“ stellt dabei ein äußerst hilfreiches Instrument für die Erkenntnis und Einordnung der eigenen Beweggründe bereit. Eine ausführliche Tabelle, die positive wie negative Einflußfaktoren auf ein Dissertationsprojekt prägnant zusammenfaßt und so dem Leser eine hervorragende Übersicht bietet, rundet die vorangehende Darstellung sinnvoll ab. Deren Inhalt läßt sich im wesentlichen in den beiden Kernaussagen zusammenfassen, daß erstens bei einer Abwägung zwischen intrinsischer (Interesse an der Sache) und extrinsischer Motivation (Interesse an Aufstieg / Prestige) das Interesse an der Sache mehr Gewicht habe sowie zweitens eine Promotion auch für eine Karriere außerhalb der Universität keine Nachteile bringe. Während in Punkt 2 auf die Beachtung der divergierenden Promotionsordnungen an den verschiedenen Bildungseinrichtungen hingewiesen wird, liefert der dritte Punkt Informationen über diverse Betreuungsmodelle einschließlich einiger Kriterien für gute Betreuung. Die Möglichkeit einer externen Beratung hat der nächste Punkt zum Inhalt. Die Punkte 5 und 6 zur Finanzierung und Graduiertenförderung zielen dann auf die wohl wichtigste Fragestellung ab, mit der sich Doktoranden über die gesamte Dauer ihrer Promotion hinweg immer wieder auseinander zu setzen haben. Dafür werden zum einen Pro und Contra der verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten gegenübergestellt, zum anderen die vorhandenen Förderwerke aufgelistet, ohne dabei auf eine kritische Beurteilung der in Aussicht gestellten Leistungen zu verzichten. Als letztes geben die Autoren dem potentiellen Doktoranden noch eine konkrete Hilfe an die Hand, um die Erfolgsaussichten bei einer Bewerbung auf eine Stelle oder um ein Stipendium zu verbessern.

Um „Die Promotion als Qualifizierungsphase“ kreisen die im dritten Kapitel angesprochenen Themengebiete. So handelt es sich zunächst um den mehr oder minder geglückten Versuch die verschiedenen Schlüsselkompetenzen in eigens erarbeitete Kategorien einzuordnen, der mit einer sehr ausführlichen Liste sämtlicher, für Doktoranden relevante Kompetenzen endet. Den durchaus hilfreichen Anmerkungen zum Projekt- und Zeitmanagement – wobei die Festlegung von Arbeitsschritten vor Beginn der Dissertation als wichtigstes Element für einen erfolgreichen Weg angesehen wird – in Punkt 2, folgen in den nächsten beiden Abschnitten Hinweise zum Erwerb wissenschaftlicher Zusatzqualifikationen durch Aufsätze, Vorträge, Tagungen und Rezensionen. Der fünfte Punkt hebt schließlich auf das besondere Gewicht didaktischer Kompetenzen ab, die in der wissenschaftlichen Karriere zwar eher ein Schattendasein führten, aber sowohl für die akademische Laufbahn als auch außerhalb der Universität eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Im ersten Fall könne gerade ein gelungener Unterricht und der Kontakt zu Studierenden verhindern, daß sich Frustration einstelle, im zweiten Fall würde gerade von Promovierten auch innerhalb eines Betriebes didaktisches Können z.B. für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erwartet. 

Unter dem Titel „Dissertation und mündliche Prüfung“ widmet sich das vierte Kapitel den konkreten Arbeitsanforderungen einer Doktorarbeit. Beginnend mit der Vorstellung von Kriterien zur Themenfindung werden in Punkt 2 als positive Aspekte einer Promotion im Rahmen eines Forschungsprojektes die gute Betreuungssituation sowie die Hilfe bei der eigenen Orientierung hervorgehoben. Die folgenden vier Abschnitte gehen hauptsächlich auf Probleme im Zusammenhang mit der Konzeption und der Textproduktion ein, wobei die Wichtigkeit eines Exposés, welches die dreifache Funktion einer Projektskizze, eine Arbeits- und Zeitplans und einer Marketingfunktion für etwaige Geldgeber erfülle, herausgestellt wird (Punkt 4). Als besonders hilfreich erweisen sich auch einige Ausführungen mit Tipps zur Überwindung von Schreibblockaden, ein Phänomen mit dem sich sicherlich jeder Autor schon mehr oder weniger intensiv auseinandersetzen mußte (Punkt 6). Zu bemängeln sind allerdings die in Punkt 7 äußerst kurz gehaltenen Anmerkungen zum Thema elektronische Literaturdatenbanken. Obwohl die effiziente Verwaltung der behandelten Literatur für einen ungehinderten Ablauf bei der Erstellung des eigenen Manuskripts von großer Bedeutung ist, erfolgt trotz einer Fülle anderer Alternativen lediglich die Vorstellung der Programme „Endnote“ und „Citavi“, die außerdem beide mit Kosten verbunden sind. An dieser Stelle wäre es sicher angebracht gewesen auch kostenfreie Alternativen wie z.B. „Lit-Link“ o.ä. miteinzubeziehen. Dagegen beschäftigt sich der achte Punkt wiederum sehr detailliert mit einem sehr essentiellen Problem, nämlich der Bewältigung von Krisensituationen in allen Phasen der Dissertation. Hierzu stellen die Autoren einer Analyse verschiedener möglicher Szenarien konkrete Lösungsvorschläge gegenüber. Den Abschluß des Kapitels bildet darauf eine umfassende Auseinandersetzung mit den beiden Formen der mündlichen Prüfung, dem Rigorosum und der Disputation (Punkt 9). 

Das fünfte Kapitel „Promotion und Karriere“ blickt schließlich über das Ende der Dissertation hinaus auf den Einstieg ins Berufsleben. Dabei seien die Berufsaussichten für Promovierte grundsätzlich positiv einzuschätzen, wobei es allerdings sehr darauf ankomme sich frühzeitig für oder gegen eine wissenschaftliche Karriere zu entscheiden, da die Kriterien und Anforderungen des übrigen Arbeitsmarktes zum Teil erheblich abweichen. Zur besseren Veranschaulichung liefern die Autoren jeweils eine Liste mit Kompetenzen für die akademische Laufbahn und solche für andere Arbeitgeber. Punkt 2 besteht aus einer umfangreichen Zusammenfassung der Ergebnisse einer Absolventenbefragung der Justus-Liebig-Universität Gießen, die eine ganze Reihe nützlicher Rückschlüsse zuläßt und wiederum auf das besondere Gewicht einer frühzeitigen beruflichen Orientierung verweist. Für diejenigen, denen der Weg einer wissenschaftlichen Karriere nicht zu holprig ist, endet Punkt 3 mit einer kurzen Analyse der Möglichkeiten sich durch Habilitationsstellen, Habilitationsstipendien oder Lehrprofessuren für höhere Aufgaben zu qualifizieren.

Das „Handbuch Promotion“ stellt den gelungenen Versuch dar sowohl potentiellen Kandidaten als auch bereits fortgeschrittenen Doktoranden eine Hilfestellung bei der Bewältigung ihrer Aufgaben zu geben. Neben der bereits oben ausführlich beschriebenen Themenfülle, die jeden Aspekt eines Dissertationsprojektes erfassen soll, besticht das Werk vor allem durch seine klare Gliederung und die Struktur der einzelnen Kapitel. So tragen eine ganze Reihe von Tabellen und Übersichten sowie zahlreiche konkrete Beispielfälle zur besseren Veranschaulichung der verschiedenen Sachverhalte bei. Besonders hilfreich für eine weiterführende Beschäftigung mit einzelnen Problemfeldern sind die an jeden Unterpunkt eines Kapitels angeschlossenen Literaturhinweise. Über den Nutzen des sechsten Kapitels, das aus einer Aneinanderreihung von 100 Tipps besteht, die lediglich eine reine Sammlung persönlicher Meinungen der diversen, am Buch beteiligten Autoren darstellen, läßt sich meiner Ansicht nach streiten. Ein unbestrittener Vorzug ist dagegen der Anhang (Kapitel 7), der mit einer detailreichen Auflistung der Stätten institutionalisierter Graduiertenförderung, der DFG-Graduiertenkollegs und der Begabtenförderwerke aufwartet, welche dem Leser einen schnellen und übersichtlichen Zugang zu den wichtigsten Informationen gewährleistet. Insgesamt sei dieser Ratgeber daher trotz des mit 426 Seiten recht groß geratenen Umfangs aufgrund der Behandlung sämtlicher Phasen und Problemfelder einer Dissertation allen Promovierenden zur Lektüre empfohlen. 

Empfohlene Zitierweise

Charalambakis, Ioannis: Rezension Ansgar Nünning / Roy Sommer (Hrsg.): Handbuch Promotion. Forschung – Förderung – Finanzierung. Stuttgart / Weimar: J. B. Metzler, 2007. 426 Seiten, ISBN 978-3-476-02011-6, 24,95 €. aventinus recensio Nr. 13 (Sommer 2008), in: aventinus, URL: https://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/7588/

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Erstellt: 16.05.2010

Zuletzt geändert: 16.12.2010

ISSN 2194-2137