Außereuropäische Geschichte

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aventinus varia Nr. 26 [17.03.2011] 

 

Christopher Hempel 

Zur Schaffung eines Gegenmythos – Die Konstruktion des algerischen Volkes im antikolonialen Diskurs 

 

1. Einleitung 

Die Entkolonisierung kann als ein zentraler Prozess in der Geschichte des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden. Sie zerstörte, oder aber veränderte zumindest massiv überall auf der Welt koloniale Situationen als „Komplex von Herrschaft, Ausbeutung und Kulturkonflikt in ethnisch heterogenen politischen Gebilden, die durch Einwirkung von außen entstanden waren“ [1]. Diese „Einwirkung von außen“ war die Expansion und Landnahme der als Kolonialmächte auftretenden westlichen Welt, deren Sicherung der Herrschaft in den Kolonien immer in einem Spannungsverhältnis zu ihren traditionellen Werten, wie der Propagierung universeller Menschenrechte, stand. Diese Konstellationen unterschieden sich je nach konkreter historischer Situation. Nach der Typologie Osterhammels ist das in diesem Text betrachtete Algerien eine Siedlungskolonie „afrikanischen Typs“, die sich durch eine relativ hohe Abhängigkeit der europäischen Siedler von der „eingeborenen“ Bevölkerung auszeichnet und somit besonders instabil ist. [2] Diese instabile koloniale Situation in Algerien spitzte sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu, als Konflikt zwischen letztendlich zwei Kollektiven, der sich zwischen 1954 und 1962 gewaltsam entlud und aus dem die Republik Algerien hervorging. Die Gewalt fungiert nach Marx als Geburtshelfer der Geschichte – in unserem Fall für das „Volk“ und die „Nation“ Algeriens als Voraussetzung und Ergebnis dieses Prozesses, wie später noch zu zeigen sein wird.

„Postkoloniale“ Studien versuchen diesen Gegenstand, das heißt alle kolonisierten Kulturen vom Moment ihrer Kolonisierung an bis hin zur Gegenwart und unter Berücksichtigung der vorkolonialen Vergangenheit, zu erforschen. Innerhalb des postkolonialen Paradigmas wird Geschichte dabei eher als widersprüchlicher, komplex verflochtener statt als linearer Prozess untersucht, bei dem vor dem Hintergrund der als „linguistic turn“ bekannt gewordenen Entwicklungen vor allem Zusammenhänge von Wissen und Macht und damit verbunden die bedeutsame Rolle der Sprache statt politischer und ökonomischer Faktoren im Mittelpunkt stehen. [3] Jede Form historischer Wirklichkeit ist schließlich durch Repräsentationssysteme vermittelt, deren Sinn nicht ohne Weiteres fixierbar ist, sondern lediglich (instabil) konventionalisiert werden kann. [4] Sprache ist dabei nicht Ausdruck irgendeiner Wirklichkeit, sondern konstituiert diese mit: „Kein Diskurs […] ist je von den Sachen selbst abgeleitet, sondern schafft umgekehrt erst die Ordnung der Dinge.“ [5]

Ein wichtiges Ziel stellt demnach die Auflösung klarer Dichotomien und damit verbunden die Betonung von Grenzphänomenen dar, oder anders ausgedrückt: Die Analyse der Herstellung hegemonialer Ordnungen, die das Denken und Handeln von Menschen bestimmen und darüber historisch wirkmächtig werden.

An diesen Ansatz möchte vorliegende Arbeit anschließen, indem sie versucht, theoriegeleitet den antikolonialen Diskurs anhand ausgewählter Beispiele in Hinblick auf dessen Konstruktion eines Kollektivakteurs, des „algerischen Volkes“, zu umreißen. Dessen Etablierung, so die Grundannahme, trug dazu bei, die sich durch zwei gegenüberstehende, antagonistische Kollektive auszeichnende hegemoniale Konstellation während des Algerienkrieges zu festigen, die eine weitere Ausdifferenzierung der Positionen verhinderte und so auch eine Vorbedingung für die Eskalation der Gewalt darstellte. 

Hierzu werden nach einer knappen Darstellung des historischen Geschehens und theoretischen Vorbemerkungen zentrale antikoloniale Texte von Frantz Fanon, Albert Memmi und Jean-Paul Sartre exemplarisch daraufhin untersucht, wie sie die koloniale Welt und die kolonisierten Menschen beschreiben und welche Forderungen sie daraus ableiten, immer vor dem Hintergrund, dass sie so durch ihre diskursive Praxis beim Strukturieren der handlungsleitenden Wahrnehmungen der Situation mitwirken. Daran an- und gleichzeitig abschließend wird am Beispiel Albert Camus eine Position aufgezeigt, die außerhalb des hegemonialen Diskurses steht, ja sogar durch diesen verunmöglicht und damit zur Utopie wird. 

2. Das historische Geschehen: Die gewaltsame Auflösung der kolonialen Situation in Algerien 

Wie einleitend bereits angedeutet wurde, ist die koloniale Situation notwendig als ein Komplex zu betrachten, der wirtschaftliche, politische und rassische Aspekte umfasst. Balandier definiert sie zusammenfassend als „die von einer fremden, rassisch (oder ethnisch) und kulturell andersartigen Minderheit im Namen einer dogmatisch behaupteten rassischen (oder ethnischen) und kulturellen Überlegenheit einer materiell unterlegenen eingeborenen Mehrheit aufgezwungene Herrschaft“, charakterisiert durch den „grundsätzliche[n] Konfliktcharakter der Beziehungen, [...] die Notwendigkeit, um die Herrschaft aufrechtzuerhalten, nicht nur auf Gewalt zurückzugreifen, sondern auch auf ein System von Pseudorechtfertigungen und stereotypen Verhaltensweisen“ [6]. Der in dieser Definition unterstellte zwangsläufige Konflikt zwischen der herrschenden und unterworfenen Gruppierung entlud sich in Algerien zwischen 1954 und 1962. Die zentralen Eckpunkte der Auseinandersetzung sollen als Kontextbedingungen der unter Punkt Drei und Vier untersuchten Texte im Folgenden knapp dargestellt werden. [7]

Zuvor sollen jedoch noch einige Besonderheiten der Situation in Algerien genannt werden. So veränderte sich die koloniale Situation in den über 100 Jahren seit der Kolonisierung im Jahre 1830, im Zuge welcher die vorkolonialen Strukturen unter anderem durch Vertreibungen und Enteignungen zerstört wurden. Dies betrifft einerseits die Integration der ursprünglichen Kolonie Algerien in die politisch-administrativen Strukturen Frankreichs im Jahre 1848, nach welcher diese zu einem einfachen Teil des „Mutterlandes“ wurde. Nichtsdestotrotz dominierten die europäischen Siedler, rechtlich bevorteilt, das politische Geschehen, wohingegen die arabische Bevölkerung ohne politischen Einfluss und wirtschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten blieb. Andererseits war trotz dieser Dominanz eine arme, weiße Bevölkerung vorhanden, die auf dem Gebiet Algeriens geboren war und aus der strengen Gegenüberstellung in obiger Definition herausfällt. Unabhängig davon gab es offiziell die Möglichkeit einer Assimilation aller Bevölkerungsgruppen, deren „Scheinheiligkeit“ allerdings eher zur Formierung als zur Verhinderung eines algerischen Nationalismus führte. [8] Trotz der weltweit voranschreitenden Entkolonialisierung auch der Kolonialmacht Frankreichs, wie etwa die Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie Indochina zeigt, erwies der algerische Nationalismus sich jedoch als vergleichsweise handlungsunfähig, was die Entstehung der antiimperialistischen Front de Libération Nationale (FLN) mit dem Ziel der unmittelbaren, bewaffneten Aktion und ihre Durchsetzung als einziger Repräsentant des „einigen Volkes“ begünstigte. [9] Die Aktionisten setzten sich also mit ihrem revolutionären Populismus und damit verbunden ihrer radikalen Kritik an den herrschenden Zuständen gegen die Reformisten durch, und nutzten dazu das „algerische Volk“, verbunden durch die arabische Herkunft und islamische Religion, als vermeintlich einheitliches Subjekt: „Unsere Revolution ist ein Schmelztiegel, der die Menschen aus den unterschiedlichsten Verhältnissen - Bauern, Handwerker, Arbeiter, Intellektuelle, Reiche und Arme - derart verschmilzt, dass aus ihr ein neuer Mensch hervorgehen wird.“ [10]

Mit der Anschlagserie der FLN begann am 1.11.1954 der Algerienkrieg. Diese Phase der beschriebenen Durchsetzung der FLN als dominierender Kraft und der Ausbreitung der Anschläge bis zur Erreichung des „point of no return“ durch die harte „Antwort“ des französischen Staates Ende 1956 bezeichnet Mollenhauer als erste von drei Phasen des Algerienkrieges, an denen sich diese kurze Darstellung orientiert. [11] Aus der Sicht Frankreichs gab es zu dieser Zeit keinen Kolonialkrieg, da es ja auch, anders als etwa in Marokko oder Tunesien, keine Kolonie gab: „Algerien ist Frankreich, nicht ein fremdes Land, das wir beschützen.“ [12] Das Ziel war somit die Wiederherstellung der Ordnung und die Verfolgung der als Rebellen oder auch „Gesetzlose“ wahrgenommenen FLN-Kämpfer, für welches Maßnahmen wie „Durchkämmungsaktionen“ als notwendig erachtet wurden, die schon zu Beginn die zivile Bevölkerung trafen und zu einem weiteren Aufschwung der FLN führten. [13]

Daran knüpfte die zweite Phase des Krieges an, die etwa bis zum Ende der IV. Republik reichte und durch neue Wege und Mittel geprägt war, die Kontrolle zurückzugewinnen. Unter der Regierung Mollet fand in diesem Zusammenhang eine „Politik der Eskalation des Krieges“ [14] statt. In der „Schlacht um Algier“ ab Januar 1957 wurde so die FLN militärisch geschlagen. Der Krieg war jedoch nicht zu Ende, vielmehr gestaltete sich eine politische Lösung nach der Verhaftung des Führungsstabs der FLN noch schwieriger. Trotz des Kampfes auch um die Sympathien der arabischen Bevölkerung als militärstrategisches Ziel musste diese durch Repressalien, Säuberungen, Umsiedlungen und systematische Folter leiden. [15]

Die stattfindende Entgrenzung kolonialer Gewalt charakterisierte den Algerienkrieg, führte auch innerhalb Frankreichs vermehrt zu kontroversen Diskussionen und musste entsprechend durch verschiedene Maßnahmen ermöglicht und gerechtfertigt werden. Zur Ermöglichung trug erstens die Maßnahme des kolonialen Notstands bei, das heißt die Schaffung rechtsfreier Räume durch Notstandsgesetze: Schließlich führe man „den Revolutionskrieg nicht mit dem bürgerlichen Gesetzbuch“. [16] Zweitens spielte die Militärdoktrin des „antisubversiven Krieges“ eine wichtige Rolle, die eine uneingeschränkte Repression als militärische Notwendigkeit aufgrund des speziellen, asymmetrischen Konfliktszenarios propagierte. Daraus folgte etwa eine Isolierung der Rebellen von der zivilen Bevölkerung beispielsweise durch Umsiedlungen, aber auch die Anwendung von Foltermethoden zur Beschaffung von Informationen. Drittens wurden völkerrechtliche Vereinbarungen, insbesondere die Anerkennung des humanitären Völkerrechts, außer Kraft gesetzt, da es sich schließlich der offiziellen Version Frankreichs nach nicht um einen Krieg, sondern lediglich um „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung“ [17] handelte. Der Feind wurde also kriminalisiert, unterstützt durch kolonialen Rassismus. Ein zentraler Punkt für die Rechtfertigung der militärischen Gewalt war darüber hinaus die paradoxe Gleichzeitigkeit einer „modernizing mission [18], das heißt die Vorstellung einer teleologisch ablaufenden Modernisierung nach dem Vorbild der westlichen Industriestaaten, die die massiven Vertreibungen, die Einrichtung von Konzentrationslagern, die Umsiedlungen, die nachhaltigen strukturellen Zerstörungen und das immense Ausmaß physischer Gewalt jedoch verständlicherweise nicht aufwiegen konnte. Der „battle for the hearts and minds [19], vor allem durch die Sectiones Administratives Spéciales (SAS), war explizit Teil der militärischen Aktion, weshalb Malinowski den Algerienkrieg wegen seiner Doppelgestalt von Entwicklungshilfe und militärischer Gewalt als „Modernisierungskrieg“ [20] bezeichnet. Allerdings wurden zivile Modernisierungsplanungen auch immer wieder durch militärische Aktionen im engeren Sinne torpediert.

Die beschriebene Kriegsführung und die festgefahrene Situation im Allgemeinen führte zu immer heftigeren innenpolitischen Auseinandersetzungen und schließlich zur Selbstentmachtung der Nationalversammlung, damit dem Ende der IV. Republik und zum Regierungsantritt von de Gaulle als erstem Präsidenten der V. Republik. Dieser „nachträglich legalisierte Staatsstreich“ [21] leitete die dritte Phase des Krieges ein, die bis zur Unabhängigkeitserklärung 1962 reichte. Anders als damals erwartet wurde de Gaulle der Staatspräsident der Entkolonisierung. Seine Amtszeit war geprägt durch die Anerkennung des Rechts Algeriens auf Selbstbestimmung und den beginnenden Kampf gegen Teile der eigenen Armee und radikale Siedler in Algier, die sich mit einer Loslösung Algeriens von Frankreich nicht abfinden wollten. [22] Der Höhepunkt dieses „sich jahrelang entwickelten Verselbstständigungsprozesses der kolonialen Streitkräfte gegenüber der politischen Kontrolle in Paris“ [23] war ein Putsch, nach dessen Scheitern die neu gegründete Organisation de l'armée Secrète (OAS) durch anhaltenden Terror den innerfranzösischen Bürgerkrieg verschärfte. Währenddessen führten die hohen militärischen, finanziellen und diplomatischen Kosten für die Fortführung des Krieges, ohne die Aussicht auf eine dauerhafte Pazifizierung verbunden mit der Friedenssehnsucht der metropolitanen Bevölkerung, zu einem Fortschreiten der Option eines unabhängigen Algerien, welche in einem Referendum schließlich befürwortet und mit dem Abkommen von Evian am 18.3.1962 Wirklichkeit wurde. Während Frankreich die Republik Algerien anerkannte, flüchtete der Großteil der europäischen Bevölkerung aus Algerien. Der Krieg wurde zum nationalen Gründungsmythos für Algerien, während die Französische Nationalversammlung dessen Existenz erstmals offiziell in ihrer Sitzung am 10.6.1999 anerkannte. [24]

Der Unabhängigkeitskrieg wurde also nicht militärisch gewonnen, sondern war ein Ergebnis einerseits des diplomatischen internationalen, wie auch des nationalen Drucks innerhalb der französischen Bevölkerung, und andererseits eine Folge ökonomischer Erwägungen: Algerien war ökonomisch nicht wichtig, vielmehr sogar subventioniert, sodass ein Rückzug aus Nordafrika im Gesamtinteresse der französischen Politik und Wirtschaft lag, und am Ende nur gegen die Einzelinteressen der Militärs und Siedler durchgesetzt werden musste. [25]

3. Die soziale Voraussetzung: Die Kolonisierten im hegemonialen antikolonialen Diskurs 

3.1. Theoretische Vorbemerkungen 

Wie in dem obigen kurzen Abriss des historischen Geschehens deutlich wurde, spielte sich der Konflikt zwischen zwei, nach Veränderung der Position der französischen Regierung zwischen drei identifizierbaren Kollektiven ab. Ziel dieses Kapitels ist es am Beispiel des „algerischen Volkes“ zu zeigen, dass diese keineswegs natürlich vorhanden waren, sondern erst im Laufe der Zeit durch ihre ständige Artikulierung und gegenseitige Abgrenzung entstanden waren und zum hegemonialen Deutungsmuster wurden. 

Hierzu sollen erst einige theoretische Vorbemerkungen erfolgen, die einen Einblick in die der Arbeit zugrunde liegenden Perspektive geben. [26] Jede Konflikthaftigkeit des Sozialen ist demnach streng politisch und nicht determiniert. Eine Gesellschaft oder auch einzelne Diskurse sind das vorübergehende Ergebnis von Strukturierungsbemühungen durch das in-Beziehung-Setzen von Elementen und der Artikulation dieser Zusammenhänge. Durch diesen fortlaufenden Prozess entsteht eine „gesellschaftlich-diskursive“ Formierung, die verfestigt oder durch den Versuch einer Neuanordnung der einzelnen Elemente verändert werden kann. Eine Verfestigung kann zur Hegemonie führen, verstanden als diskursive Vorherrschaft, die jedoch nie vollständig abschließbar ist. [27] Das heißt, jede gesellschaftliche Identität und jede politische Position ist Ergebnis des prekären Versuchs, „das Feld der Differenzen zu zähmen“ [28], ist bloße Konvention und damit offen für Veränderung, da sie weder auf irgendeiner Essenz beruht, noch Ausdruck einer tatsächlichen sozialen Lage ist. [29] Die koloniale Situation und ihre Akteure etwa existieren also nicht unabhängig von ihrer Artikulation, was eine Untersuchung dieses Prozesses legitimiert. Nonhoff unterteilt diesen Prozess im Anschluss an Laclau und Mouffe theoretisch in drei Aspekte. [30] Der räumliche Aspekt beschreibt die Zweiteilung des sozialen Raums und die damit verbundene Entstehung eines „konstitutiven Antagonismus“, der notwendig, dessen Konkretisierung jedoch unbestimmt ist. Konstitutiv ist er deshalb, weil die Zugehörigkeit zu einer Gruppe etwa erst möglich wird, wenn es ein „Anderes“ gibt, was vom Eigenen abgegrenzt werden kann. Das eine ist nicht ohne das andere denkbar: „The 'other' is never outside or beyond us; it emerges forcefully, within cultural discourse, when we think we speak most intimately and indigenously 'between ourselves' [31]. Eine Gesellschaft ist in ihrer Strukturierung bedroht, wenn das Andere ausgelöscht oder aufgehoben wird. Ein Kolonisator existiert nicht ohne einen Kolonisierten, eine koloniale Gesellschaft als solche nicht mit einer Einheit aus Europäern und durch Assimilation zu Europäern gewordenen. Der zeitliche Aspekt zielt auf die Dynamik dieses Prozesses. Die Strukturierung ist nie abgeschlossen, es wird fortlaufend um die Hegemonie gerungen. Wenn wir also im Folgenden antikoloniale Texte betrachten, stehen diese nicht für sich, sondern sind Teil eines bestimmten Diskurses, spiegeln diesen wider und reproduzieren ihn gleichzeitig. Der soziale Aspekt bezeichnet schließlich die Konstruktion eines Kollektivakteurs, um dessen Wohl es geht und an den die einzelnen verbundenen Artikulationen geknüpft werden, wie etwa: das algerische Volk. Dies geschieht immer von einer bestimmten Seite aus. (Koloniale) Wirklichkeiten werden auf diese Weise geschaffen und können, so die Schlussfolgerung, durch eine Untersuchung der zugrunde liegenden Diskurse nachgezeichnet werden. [32]

Said untersuchte realitätsstrukturierende, europäische Konstruktionen des „Anderen“ und begründete damit nach vorherrschender Auffassung den „Postkolonialismus“. [33] Bezogen auf Algerien analysiert Mellah den kolonialen Diskurs von der kolonialen Unternehmung als Befreiung der unter Tyrannei leidenden Muslime, denen nun endlich die „Zivilisation“ gebracht wird, über dessen Veränderung hin zu einem humanistischen Kolonialpakt mit dem Ziel einer umfassenden Modernisierung. Sie stellt dabei eine Kontinuität antiislamischen Rassismus fest, der bis heute fortdauere: Die im kolonialen Diskurs entstandene Polarisierung beherrschte auch die Wahrnehmungen der Auseinandersetzungen nach dem Aufstand 1988, nach dem die FLN ihr Monopol als einzige Staatspartei verlor. Damals und heute wird unter Zivilisation das Modell des laizistischen europäischen Nationalstaates verstanden. [34] Ein weiteres Beispiel ist die Arbeit von Romstorfer, die die Broschüren „Cahiers du Centenaire de l'Algérie“ zur Feier der 100-jährigen kolonialen Präsenz Frankreichs in Algerien als Teil des kolonialen Diskurses daraufhin untersucht, wie diese eine algerisch-französische Wirklichkeit über verschiedene sprachliche Strategien konstruieren. [35] Diese Strategien sind bei ihr erstens die Vereinheitlichung und Reduzierung der Bevölkerungsgruppen auf zwei große Fraktionen durch ein Ignorieren der bestehenden Heterogenität, also „Reduzieren und Spalten“ [36], zweitens daran anknüpfend die kollektive Zuschreibung negativer bzw. positiver Merkmale als „Abwerten und Aufwerten“ [37] der beiden Bevölkerungsteile des „einen, imperialen Frankreichs“, und drittens das „Assimilieren, Ausgrenzen, Ignorieren“ [38] als Widerstand gegen Entwicklungen, die den etablierten Diskurs gefährden könnten.

Diese exemplarischen Untersuchungen analysieren einen Diskurs jedoch immer aus der Perspektive der Metropole, wenngleich die Vorgehensweise und Fragestellung, vor allem bei Romstorfer, Ähnlichkeiten zu dieser Arbeit aufweisen. Im nächsten Schritt sollen nun, wieder anknüpfend an die obigen theoretischen Überlegungen, zentrale antikoloniale Texte aus der Zeit des Algerienkrieges in Hinblick auf ihr Bild der kolonialen Welt, der kolonisierten Menschen und daraus folgend der Notwendigkeit des antikolonialen Kampfes vorgestellt werden, welches die koloniale Wirklichkeit, so die dargelegte Annahme, (mit)konstituiert.  

Exemplarisch wurden hierzu erstens der Text „Die Verdammten dieser Erde“ von Frantz Fanon gewählt, der mit dem Ziel der Aufklärung der „Unterdrückten“ 1961 veröffentlicht wurde, um sie so am Ende von der kolonialen Herrschaft zu befreien. [39] Der Text wurde zu einem von mehreren Seiten, etwa einem heute eher antiquiert wirkenden Antiimperialismus bis hin zu poststrukturalistischer Theorie, vereinnahmten Symbol des revolutionären Kampfes. [40] Zweitens wird der 1955/56 geschriebene Text von Albert Memmi über die Porträts des Kolonisierten und des Kolonisators, verstanden als Rollen, denen sich das Individuum anpassen muss, betrachtet, mit Hilfe derer er die koloniale Situation vollständig und wirklichkeitsgetreu wiederzugeben versucht. [41] Und drittens wird schließlich ein Blick auf zwei Texte von Jean-Paul Sartre geworfen. Dies ist einmal seine Beschreibung des Kolonialismus auf einer Versammlung gegen den Algerienkrieg im Jahre 1956, sowie das Vorwort zum Text von Fanon aus dem Jahre 1961. [42] Sartre repräsentiert in dieser Zusammenstellung den antikolonialen Diskurs aus der Sicht eines in der „Metropole“ lebenden Franzosen.

3.2. Die koloniale Welt 

Bei allen diesen Texten ist die koloniale Welt geprägt von einem dialektischen Verhältnis zwischen zwei Gruppen: den Kolonisatoren und den Kolonisierten. Diese bringen sich gegenseitig hervor und existieren überhaupt erst in der Differenz zur anderen. Die beiden Gruppen stehen sich in einer „zweigeteilten“ Welt als von Geburt an antagonistische Kräfte gegenüber, deren Zusammenführung nicht möglich, der Ausbruch eines, im Bewusstsein des Kolonisierten immer als notwendig erachteten, Konflikts sogar „tödlich“ sei. [43] Wichtig an diesem Antagonismus ist, dass die eine Seite zum Nutzen der anderen systematisch ausgebeutet wird. Sartre bezeichnet den „Kolonialismus“ daher als „System“, dessen Genese er verursacht sieht in der „fortschreitende[n] Konzentration des europäischen Grundbesitzes auf Kosten des algerischen Besitzes“ [44] und zum Nutzen der Franzosen in der Metropole, verbunden mit der Zerstörung der alten, traditionellen Stammesstrukturen. Dieser rücksichtslosen kolonialen Ausbeutung setze der koloniale Diskurs die „Leistungen“ der Kolonialmacht, vor allem Straßen, Hygiene und Kultur, entgegen, die Sartre im Einzelnen als solche widerlegt, da sie lediglich den Kolonisatoren zugute kämen. Schließlich werden die Kolonisierten maximal abgewertet, als „absolutes Übel“ [45] gesetzt, die man nur deshalb nicht auslöschen könne, da man auf ihre Ausbeutung angewiesen sei. Doch bevor auf die Gruppe der Kolonisierten näher eingegangen wird, soll kurz auf „den Kolonisator“ Bezug genommen werden. In dessen Porträtierung durch Memmi wird dieser als Nutznießer der ganzen Unternehmung dargestellt, der erstens von dieser (vor allem ökonomisch) profitiert, zweitens gegenüber dem Kolonisierten privilegiert ist, und drittens dies auch noch auf eine illegitime Weise. [46] Er tut dies unabhängig von seiner individuellen Einstellung und beginnt sich irgendwann dafür zu rechtfertigen. [47] Darüber hinaus ist er zwangsläufig eher mittelmäßig, da aus einem kleinen Personenkreis erwählt, konservativ, da die Metropole als entferntes Ideal bewahrend, und rassistisch, da das absolut Setzen hervorgehobener Unterschiede das grundlegende Verhältnis in der kolonialen Situation sichern hilft. [48]

3.3. Die kolonisierten Menschen 

Die umfassendste Beschreibung der „Kolonisierten“ nimmt Memmi vor, wobei er dies anhand eines „mythischen“ und eines „realen“ Porträts tut. Ersteres entspricht dem vom Kolonisator durchgesetzten Bild des kolonialen Diskurses, das bestimmt sei von einerseits der ausnahmslosen Zuschreibung negativer Eigenschaften und andererseits von fehlender Differenzierung. Die negativen Eigenschaften sind Faulheit, Schutz verlangende Schwäche, Strenge brauchende Rückständigkeit und Niederträchtigkeit, sowie Undankbarkeit. Selbstverständlich sind diese Eigenschaften widersprüchlich und auch falsch, nichtsdestotrotz für den Kolonisator notwendig und über deren ständige Wiederholung abstrahiert von sozialen und historischen Bedingungen und damit gesetzt. Sie bestimmen also das „Wesen“ der Kolonisierten, und zwar aller Kolonisierten, da diese nur in einem anonymen Kollektiv und nie als Individuum existieren. Sie werden so „entmenschlicht“. [49]

Durch die massenhafte Verbreitung dieses Bildes wird es nach einiger Zeit vom Kolonisierten selbst angenommen und damit Bestandteil des „realen“ Porträts: „Das Bild des Kolonisierten, wie der Kolonisator ihn sieht, das sich aus dessen Situation zwangsläufig ergibt und dank seiner Zeitungen und Literatur in der Kolonie und oft auch in der übrigen Welt verbreitet wird, wirkt sich am Ende in einer bestimmten Weise auf das Verhalten und damit auf den tatsächlichen Charakter des Kolonisierten aus“ [50].

Das reale Porträt soll die tatsächliche Situation des Kolonisierten als ein verarmtes, historisch und gesellschaftlich „verstümmeltes“ und unterdrücktes „Mängelwesen“ aufzeigen, das in einer Gegenwart lebt, die sich durch ein „allgemeines, andauerndes und unermessliches Elend“ [51] auszeichnet. Historisch verstümmelt ist der Kolonisierte, da er sich immer nur als ein Objekt der Geschichte wahrnehmen könne und konditioniert durch die lang andauernde koloniale Situation auch keine aktive Teilnahme mehr beansprucht. Gesellschaftlich verstümmelt ist er, da er auch in der Gegenwart von der Macht ferngehalten werde und somit auch hier jedes Interesse verliere. Er könne sich nur darüber definieren, was der Kolonisator nicht ist, und eine Perspektive auf eine Veränderung schaffende Entwicklung ist nicht vorhanden. [52] Daraus erklärt Memmi die große Bedeutung der kolonisierten Familie und ihrer traditionellen Werte, sowie der Religion mit ihren Institutionen und Festen. Beide geben (vor allem jungen) Menschen in dieser Situation Halt und absorbieren gleichzeitig den letzten Veränderungswillen. [53] Auch Fanon hebt die intensive Ausübung der Religion, sowie „Brüderkämpfe“, das heißt gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Kolonisierten, als eine Form Gewalt entladender und kanalisierender Ersatzhandlung hervor. [54] Die Schule hingegen bleibe eine Institution der Kolonisatoren, mit deren Sprache, Geschichte und kultureller Welt. Memmi fasst die Situation des Kolonisierten daher wir folgt zusammen: „Er ist seiner Vergangenheit entrissen, die Zukunft wird ihm verwehrt, seine Traditionen sterben dahin, und er verliert die Hoffnung, eine neue Kultur zu erringen. Er hat weder eine Sprache noch eine Fahne, keine Technik, keine nationale oder internationale Existenz, er hat weder Rechte noch Pflichten: er besitzt nichts, ist nichts mehr und hofft nichts mehr.“ [55]

Diese Situation rufe in den Kolonisierten ein Bedürfnis nach Veränderung hervor. Der Kolonisierte müsse, um oben beschriebener kolonialer Situation zu entkommen, sich entweder individuell verändern oder diese kollektiv bekämpfen: „Aber mehr oder weniger schnell, mehr oder weniger heftig wird er durch die ganze Erschütterung seiner unterdrückten Person eines Tages seine Existenz ablehnen, die er nicht mehr leben kann. [...] Er versucht entweder anders zu werden oder all seine Dimensionen zurückzuerobern, deren die Kolonisation ihn beraubt hat.“ [56]

3.4. Der antikoloniale Kampf 

Mit individuell anders werden, ist als erster denkbarer Ausweg aus der kolonialen Situation die Assimilierung denkbar. Versuche der Assimilierung zeichnen sich nach Memmi durch die Bewunderung und möglichst getreue Kopie des Kolonisators und damit verbundene Verneinung der eigenen Zugehörigkeit zur Gruppe der Kolonisierten, was letztlich auch die Akzeptanz der zugeschriebenen negativen Eigenschaften und somit der eigenen Verurteilung einschließe, aus. Sie müssten jedoch aus zwei Gründen notwendig scheitern. Einerseits indem sich der Kolonisierte seiner eigenen Identität bewusst werde und den Prozess der Assimilierung mit dem eigenen Gewissen nicht mehr vereinbaren kann, und andererseits indem der Kolonisator die Möglichkeit einer wirklichen Assimilierung ablehnt, da diese seine eigene privilegierte Position gefährden würde. Das einzige Ergebnis sei letztendlich die Verspottung des Kolonisierten durch den Kolonisator in Anbetracht seiner notwendig scheiternden Versuche. Eine Assimilierung sei also im kolonialen Rahmen nicht denkbar, ein „kollektives Drama [ist] niemals durch individuelle Lösungen zu beenden.“ [57]

Es bleibt also nur der kollektive Weg, die Revolte: „Die Revolte ist der einzige Ausweg aus der kolonialen Situation, der kein trügerischer Schein bleibt, und der Kolonisierte wird ihn früher oder später entdecken. Sein Zustand ist absolut und verlangt eine absolute Lösung, einen Bruch und keinen Kompromiß.“ [58] Bei Memmi also, wie auch bei Fanon und Sartre bleibt die Revolte der einzige Ausweg aus einer eigentlich ausweglosen Situation. Zu ihrer Realisierung benötige es zwei Verhaltensweisen auf Seiten der Kolonisierten: einerseits der konsequenten „Verneinung“ des Kolonisators und andererseits seiner eigenen „Selbstbehauptung“. Das bedeutet, dass der Kolonisierte nunmehr alle Unterschiede betonen müsse und seine eigenen Merkmale und Verhaltensweisen positiv hervorzuheben habe, wie etwa die traditionellen religiösen Riten oder die eigene Sprache. Der Kolonisierte wird aktiv und schafft so, als Mittel zum Zweck der Befreiung, einen Gegenmythos. [59] Dieser neu geschaffene oder auch nur neu interpretierte Antagonismus ist wiederum absolut. Wie im kolonialen Diskurs der „Eingeborene“ zum absoluten Übel deklariert wurde, ist nun der Kolonialherr das absolute Übel, und damit alle Kolonialherren und alle Europäer. [60] Vor allem Fanon leitet daraus die Rechtfertigung prinzipiell unbegrenzter Gewalt ab, die im antikolonialen Kampf notwendig sei: „Die koloniale Welt in die Luft zu sprengen, das ist von jetzt an ein sehr klares, sehr verständliches Aktionsbild; es kann von jedem einzelnen Kolonisierten übernommen werden. [...] Die koloniale Welt zerstören heißt nicht mehr und nicht weniger, als eine der beiden Zonen vernichten, sie so tief wie möglich in den Boden einstampfen oder vom Territorium vertreiben.“ [61]

Das Ziel ist unumstritten, nur die Methode bleibt problematisch. Einerseits ist man dem Feind militärisch unterlegen, es fehlen vor allem die materiellen Mittel zum Kampf. Hier müsse man auf die Guerillataktik als Kampfstrategie setzen, sowie auf Hilfe durch die fortschrittlichen Länder, die eine Dekolonialisierung befürworten, und durch den Kapitalismus, dem eine Dekolonialisierung wirtschaftlich nutzen würde, hoffen. [62] Letzteres ist eine Annahme, die auch Sartre teilt, wenn er feststellt, dass (das kapitalistische) Frankreich in der „Falle des Kolonialismus“ [63] gelandet sei, dessen Aufrechterhaltung zugunsten der Kolonisatoren dem Mutterland selbst schadet. Ein zweites Problem, das vor allem Memmi diskutiert, ist andererseits die Zwiespältigkeit der oben kurz dargelegten und als positiv deklarierten Bewegung. Die Schaffung einer Gegenmythologie ist reaktiv, die geforderte Selbstbehauptung verläuft entlang den durch die koloniale Mystifikation tradierten Eigenschaften. Die für die koloniale Situation charakteristische und durch den Algerienkrieg noch zugespitzte Binarität wird nicht aufgelöst, sondern besteht fort: „Mitten in der Revolte denkt, fühlt und lebt der Kolonisierte immer noch gegen den Kolonisator und die Kolonisation und damit in einem Verhältnis zu beiden.“ [64] Eine endgültige Befreiung sei so nur nach einer vollständigen Auflösung der kolonialen Situation möglich, die Kolonisierten bleiben im Kampf Kolonisierte, unabhängig davon, wer sie zukünftig mal sein möchten. [65]

Dieser letzte Punkt ist für diese Arbeit zentral, da er den im antikolonialen Diskurs als notwendig erachteten Prozess aufzeigt, einen Kollektivakteur in Abgrenzung zum Anderen, „dem Kolonisator“, zu konstruieren, der geschlossen durch sein gemeinsames Interesse Forderungen artikuliert und durchzusetzen versucht: „Die Dekolonisation vereinigt diese Welt, indem sie durch einen radikalen Beschluß ihre Heterogenität aufhebt und sie auf der Basis der Nation, manchmal der Rasse, zusammenschließt.“ [66] Vor allem die Praxis der Gewalt wirke dabei integrativ und fördere die Bildung einer Nation. Hinderlich und deshalb zu beseitigen seien hingegen universelle Werte, Individualismus, vor allem von Intellektuellen, und Regionalismus, also die Struktur der Stammesverbände. [67] Einzig die „Unterdrückten“ verkörperten dabei die Wahrheit. Sartre identifiziert als bislang unterdrücktes und nun revolutionäres Subjekt die Bauernschaft, unter deren Führung sich alle Kolonisierten vereinigen müssten. Ein erfolgreicher Kampf setze eine solche Einigkeit, die Zerschmelzung „aller inneren Barrieren“, voraus. [68] Nur dann könne Algerien und, diese Perspektive ergänzt Sartre, auch Frankreich befreit werden. Die Tötung aller Kolonialherren sei im Interesse beider Länder, nur so hätte die Dialektik ein Ende: „In der ersten Zeit des Aufstands muß getötet werden: einen Europäer erschlagen heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzeitig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen.“ [69]

Die Auflösung der kolonialen Situation ist das letzte Ziel, auf das mit allen Mitteln hinzuarbeiten ist, und auch wenn danach die Herrschaft der Gewalt durch die globalen Zusammenhänge fortbestehe, [70] „der Ex-Kolonisierte [wird] ein Mensch geworden sein wie alle anderen. Sicherlich mit all dem Glück und Unglück der Menschen, aber er wird endlich ein freier Mensch sein.„ [71]

4. Das Ausgeschlossene: unmöglich gewordene Positionen im antikolonialen Diskurs

4.1. Theoretische Vorbemerkungen 

Wie gezeigt werden konnte, ist der antikoloniale Kampf eine sehr klare Angelegenheit, in der sich genau zwei Kollektive unvereinbar in einer Front gegenüberstehen. Das postkoloniale Paradigma versucht traditionell die scheinbar klare binäre Opposition zwischen Kolonisierten und Kolonisatoren aufzulösen, indem es die Widersprüchlichkeit des (anti)kolonialen Diskurses und die ständige Irritation und Sabotage seiner eigentlich intendierten Abgeschlossenheit hervorhebt. Vor allem Bhabha wendet sich gegen Homogenisierungen und Totalisierungen, wie sie in dieser Arbeit bei Fanon oder Sartre aufgezeigt wurden, und setzt dem die Vorstellung einer Ambivalenz des (anti)kolonialen Diskurses entgegen, der Widerstandsbedingungen mitproduziert. [72]

Eine solche Möglichkeit des Widerstands ist bei Bhabha einerseits die koloniale „Mimikry“ als der nie vollständig erfolgreiche Assimilierungsversuch des eigentlich Anderen, dessen Begehren jedoch durch die Entstehung einer neuen Differenz die hegemoniale koloniale Ordnung angreift und destabilisiert. [73] Andererseits funktioniert auch Hybridität als Form des Widerstands, in dem ein (anti)kolonialer Diskurs nicht homogen und zielgerichtet wirkt, sondern sich gerade über seine ständige Wiederholung verändert. In jedem Fall ist die „Infiltration des Anderen in die dominante symbolische Ordnung“ [74] eine Praxis, in der über etablierte, Subjektivierungsprozesse natürlich erleichternde Dualismen und der an sie geknüpften Stereotypen, sowie über die daraus entstehende (koloniale) Situation mitsamt der Forderung nach ihrer einfachen Umkehrung hinweg zu denken versucht wird. Als Beispiel für eine solche Position, die im folgenden Abschnitt abschließend umrissen werden soll, steht im Falle Algeriens Albert Camus.

4.2. Die tragische Situation Camus' als prototypisches Beispiel 

Camus wurde in Algerien als Sohn europäischer Siedler geboren und wuchs dort in einem Armenviertel auf. [75] Er befürwortete das Ende des Kolonialismus, aber nicht durch eine einfache Umkehrung der kolonialen Situation, sondern unter Berücksichtigung der Rechte der in Algerien geborenen Menschen, zu denen eben auch er zählte. Vor allem sorgte er sich um die arme, nicht arabischstämmige Bevölkerung, die in seinem autobiographischen Roman durch seine Mutter repräsentiert wird: „I believe in justice, but I shall defend my mother before justice. [76] Er verkörpert damit den Widerspruch eines, in Memmis Worten, sich verneinenden Kolonisators, der für einen „dritten Weg“ in der damaligen kolonialen Situation plädierte.

Dieser „dritte Weg“ ist ein unabhängiges Algerien, dessen Bevölkerung eine auf dem Geburtsrecht fußende imaginierte Gemeinschaft darstellt, die jenseits aller Binaritäten durch eine Orient und Okzident überwindende mediterrane Kultur charakterisiert ist. Ein solcher Mensch sei „neither national nor even continental, certainly neither occidental nor oriental. It must be universal.“ [77] Die antagonistische Grenze verläuft also bei Camus nicht, oder eben nur fälschlicherweise, zwischen „Kolonisierten“ und „Kolonisatoren“, sondern entlang sozialer Kriterien unabhängig von der Herkunft einer Person oder dessen Vorfahren. Der arme Franko-Algerier und der arme Algerier erscheinen so als eigentliche Brüder, die nur aufgrund der eskalierten Situation des Algerienkrieges getrennt sind. [78] So lässt Camus Saddok, einen Araber, gegenüber der Hauptfigur seines Romans, Jaques Cormery, formulieren: „Sie [die Franzosen] kann ich hassen, und mit ihnen kann ich im Haß zusammensein. Du aber bist mein Bruder, und wir sind getrennt.“ [79] Und auch ein Landwirt schätzt im Roman die Situation im Gespräch mit Jaques als einen vorübergehenden Defekt ein: „Wir werden uns gegenseitig noch ein wenig umbringen, die Eier abschneiden und ein bißchen foltern. Und dann werden wir wieder wie Menschen zusammenleben. Das Land will es so.“ [80]

Diese unmögliche dritte Haltung, verständlich durch Camus' doppelten Status als Eingeborener und Fremder, bezeichnet Apter als „cosmopolitan hallucination of hybridity“, als eine Utopie, in der Camus die eine, in Zukunft zu realisierende Nation sieht, wo es doch mindestens zwei gäbe. [81] Camus repräsentiert eine auf dem Geburtsrecht fußende Mehrfachzugehörigkeit, deren Artikulation durch die „Hitze des damaligen Kampfes zum Schweigen verurteilt“ war, die im antikolonialen Diskurs dieser Zeit keinen Platz fand. [82]

Dazu trugen selbstverständlich auch oben vorgestellte Sprecher des antikolonialen Diskurses bei, die eine solche Position für unmöglich erklärten. Memmi sieht in der Figur des sich verneinenden Kolonisators einen Widerspruch, da dieser in der Dialektik der kolonialen Situation weder zu „ihnen“, das heißt der Masse der Kolonisierten, gehöre noch ein Bedürfnis danach verspüren könne. [83] Noch absurder ist aus seiner Sicht ein „linker, wohlmeinender Kolonisator“, da ein solcher in einer postkolonialen Gesellschaft, für die er zu kämpfen vorgibt, als Europäer nie selbst einen Platz haben könne. [84] Fanon hingegen diskutiert Zwischenlösungen erst gar nicht, sondern schließt sie eindeutig aus: „Für die Kolonialherren gibt es nicht die Alternative algerisches Algerien oder französisches Algerien, sondern: unabhängiges Algerien oder koloniales Algerien. Alles andere ist Literatur oder Verrat.“ [85] Ab einem bestimmten Punkt gäbe es eben kein Zurück mehr. Dieser sei in Algerien 1956 mit der Aufstellung städtischer und ländlicher Milizen erreicht gewesen. Dem schließt sich auch Sartre an, indem er meint, „es gibt keine 'Dritte Kraft', es sei denn eine Schmalspur-Bourgeoisie, die schon der Kolonialismus an die Macht gebracht hat.“ [86] Alle diese Aussagen zielen auf eine Figur wie Camus, die sich in einer letztlich unauflösbaren, tragischen Situation befindet: Die vorherrschende antagonistische Konstellation, die erst von französischer und später auch von antikolonialer Seite immer wieder bekräftigt und reproduziert wurde, macht Camus' Position zur Utopie, einer Utopie bezogen auf ein einiges und in erster Linie von der Armut befreites Algerien: „Gebt den ganzen Boden den Armen, denen, die nichts haben und so arm sind, daß sie nicht einmal je den Wunsch hatten, zu haben und zu besitzen, denen, die wie er in diesem Land sind, die riesengroße Schar der Elenden, die meisten Araber und einige Franzosen, die mit Hartnäckigkeit und Ausdauer hier leben oder überleben, [...] und dann werde ich, wieder und endlich arm, in das schlimmste Exil am Rande der Welt geworfen, lächeln und zufrieden sterben, weil ich weiß, daß unter der Sonne meines Ursprungs der Boden, den ich so geliebt habe, und jene und die eine, die ich verehrt habe, endlich vereint sind.“ [87]

5. Fazit 

In vorliegender Arbeit wurde versucht zu zeigen, wie für den äußerst gewaltsam ausgetragenen Algerienkrieg als entscheidender Zuspitzung einer selbstverständlich konfliktbehafteten kolonialen Situation die Existenz von zwei klar artikulierten und sich unvereinbar gegenüberstehenden Kollektiven Voraussetzung ist. Anhand von drei Fragmenten des antikolonialen Diskurses wurde angedeutet, wie diese aus ihrer Perspektive den entstandenen Antagonismus (re)produzieren, indem sie das unterdrückte „algerische Volk“ als eine Einheit darstellen, die sich aus einer „zweigeteilten“ kolonialen Welt gewaltvoll befreien müsse. Das kurz angerissene Beispiel Camus stand dabei für eine Position, die im vorherrschenden Diskurs zur Zeit des Krieges keine Geltung mehr beanspruchen konnte, die also, wenn es sie auch gab, ausgeschlossen war. Selbstverständlich ist dies ein zeitliches, der Dynamik geschuldetes Phänomen: Während in der Zwischenkriegszeit noch eine Assimilationspolitik befürwortende algerische Mittelschicht existierte, deren Bestrebungen allerdings von Beginn an bekämpft wurden, ging es ab 1954, im „Befreiungskampf“, um Leben und Tod für die eine oder andere Seite. [88]

Natürlich konnte in einer Arbeit diesen Umfangs die Problemstellung lediglich umrissen werden. Eine wirkliche Diskursanalyse würde eine deutlich intensivere Auseinandersetzung mit den einzelnen Texten erfordern. Auch müsste man sich stärker mit den Wechselwirkungen zwischen den diskursiven und im engeren Sinne materiell existenten Phänomenen beschäftigen. Schließlich soll das Aufzeigen der Konstruiertheit des „algerischen Volkes“ keineswegs miserable Lebensbedingungen und daran anschließend den Kampf für Veränderungen der kolonisierten Bevölkerung verharmlosen. 

Das historische Ergebnis ist jedenfalls, dass sich das „algerische Volk“ befreit hat oder, je nach Betrachtungsweise, befreit wurde. Die überragende Bedeutung dieses Ereignisses für die Republik Algerien ist dabei bis heute präsent und zeigt auch die Fortwirkung damals entstandener Konstruktionen. Der Algerienkrieg wurde als Befreiungskampf zur Legitimationsbasis für den permanenten Ausnahmezustand, mit dem die FLN als Einheitspartei, zumindest bis 1988, den Staat zu ihrem Eigentum gemacht habe. [89] Damit verbunden sei vor allem die Ausblendung der Pluralität von Geschichte und gesellschaftlichen Kräften in Algerien gewesen, die eine unmittelbare Folge und Weiterführung von Prozessen darstellt, wie einer exemplarisch in dieser Arbeit beschrieben wurde. Auch Kohser-Spohn schließt sich dem an, indem sie feststellt, dass rückwirkend alle innerfranzösischen und inneralgerischen Konflikte zur Konstruktion einer revolutionären Legitimität des neuen Regimes entfernt wurden. [90] Ein ähnlich defizitärer Umgang mit der eigenen Geschichte gilt allerdings gleichermaßen für Frankreich, in dessen Geschichtsunterricht und Geschichtswissenschaft der Algerienkrieg bis in die 1980er Jahre hinein ausgeblendet wurde. Die Aufarbeitung wird also auf beiden Seiten noch andauern, und vielleicht bekommt Camus in diesem „post-post-kolonialen“ Diskurs eine neue Chance, ziemlich genau fünfzig Jahre nach seinem Tod doch noch einmal gehört zu werden. [91]

Literaturverzeichnis 

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Wolter, Udo: Frantz Fanon - Antikolonialismus und Postkolonialismus. Vortrag, gehalten 30.11.2002 in Bochum. Online verfügbar unter http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/pdf/wolter_-_fanon.pdf, zuletzt geprüft am 10.02.2010. 

Anmerkungen

  • [1]

    Osterhammel, Jürgen (1995): Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. München, S. 30. 

  • [2]

    Vgl. ebd.: 12. 

  • [3]

    Vgl. Castro Varela, Maria do Mar; Dhawan, Nikita (2005): Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. Bielefeld, S. 23 ff. 

  • [4]

    Vgl. Sarasin, Philipp (2003): Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. Frankfurt am Main, S. 32 f.

  • [5]

    Ebd.: 36. 

  • [6]

    Balandier, Georges (1970): Die koloniale Situation: Ein theoretischer Ansatz. In: Albertini, Rudolf von (Hg.): Moderne Kolonialgeschichte. Köln, Berlin, S. 120 f. 

  • [7]

    Für eine umfassende Darstellung des Algerienkriegs vgl. Elsenhans, Hartmut (1974): Frankreichs Algerienkrieg 1954-1962. Entkolonialisierungsversuch einer kapitalistischen Metropole. Zum Zusammenbruch der Kolonialreiche. München.

  • [8]

    Vgl. Mollenhauer, Daniel (2006): Die vielen Gesichter der pacification: Frankreichs Krieg in Algerien (1954-1962). In: Klein, Thoralf; Schumacher, Frank (Hg.): Kolonialkriege. Militärische Gewalt im Zeichen des Imperialismus. Hamburg, S. 330 ff.

  • [9]

    Vgl. Renken, Frank (2006): Kleine Geschichte des Algerienkrieges. In: Kohser-Spohn, Christiane; Renken, Frank (Hg.): Trauma Algerienkrieg. Zur Geschichte und Aufarbeitung eines tabuisierten Konflikts. Frankfurt am Main, S. 30 ff.

  • [10]

    FLN-Führer Belkacem Krim, zitiert nach Renken 2006: 31f. 

  • [11]

    Vgl. Mollenhauer 2006: 333 ff. 

  • [12]

    Ministerpräsident Mendès-France im November 1954, zitiert nach: ebd.: 329. 

  • [13]

    Vgl. Renken 2006: 33 ff. 

  • [14]

    Renken 2006: 37. 

  • [15]

    Vgl. Mollenhauer 2006: 342. 

  • [16]

    Colonel Lacheroy. zitiert nach Klose, Fabian (2008): Zur Legitimation kolonialer Gewalt. Kolonialer Notstand, antisubversiver Krieg und humanitäres Völkerrecht im kenianischen und algerischen Dekolonialisierungskrieg. In: Archiv für Sozialgeschichte, S. 254.

  • [17]

    Klose 2008: 268. 

  • [18]

    Malinowski, Stephan (2008): Modernisierungskriege. Militärische Gewalt und koloniale Modernisierung im Algerienkrieg (1954-1962). In: Archiv für Sozialgeschichte, H. 48, S. 216.

  • [19]

    Ebd.: 218. 

  • [20]

    Ebd.: 247. 

  • [21]

    Renken 2006: 42. 

  • [22]

    Vgl. ebd.: 44. 

  • [23]

    Ebd.: 45. 

  • [24]

    Vgl. ebd.: 49. 

  • [25]

    Vgl. Elsenhans, Hartmut (2006): Der Algerienkrieg: Mühselige oder erfolgreiche Anpassung? In: Kohser-Spohn, Christiane; Renken, Frank (Hg.): Trauma Algerienkrieg. Zur Geschichte und Aufarbeitung eines tabuisierten Konflikts. Frankfurt am Main, S. 267–277, v.a. S. 272. Frankreich passte sich demnach erfolgreich an den Verlust seines „Großmachtstatus“ an.

  • [26]

    Dies kann im Rahmen einer Hausarbeit selbstverständlich nur äußerst knapp und ohne eine umfassendere Einordnung und Diskussion der dargelegten Annahmen geschehen. 

  • [27]

    Vgl. Nonhoff, Martin (2010): Chantal Mouffe und Ernesto Laclau: Konfliktivität und Dynamik des Politischen. In: Bröckling, Ulrich; Feustel, Robert (Hg.): Das Politische denken. Zeitgenössische Positionen. Bielefeld, S. 36 f.

  • [28]

    Laclau/Mouffe, zit. nach Sarasin 2003: 47. 

  • [29]

    Vgl. Sarasin 2003: 165. 

  • [30]

    Vgl. ebd.: 38 ff. 

  • [31]

    Bhabha, Homi K. (1990): Nation and narration. London, S. 4.

  • [32]

     Es sei auf eine zentrale Kritik dieser Annahme hingewiesen, die sagt, es werde die „materielle Realität“ vernachlässigt. Der strittige Punkt um die Existenz einer vordiskursiven Wirklichkeit kann hier leider aber ebenso nicht diskutiert werden.

  • [33]

    Vgl. Said, Edward W. (1978): Orientalism. Harmondsworth, New York. Für eine zusammenfassende Darstellung seines Werks vgl. Castro Varela; Dhawan 2005: 29 ff.

  • [34]

    Vgl. Mellah, Salima (1995): Algerien: Kolonialer Diskurs einst und heute. Online verfügbar unter http://www.algeria-watch.org/artikel/analyse/mellah5.htm, zuletzt geprüft am 10.02.2010. 

  • [35]

    Vgl. Romstorfer, Melanie (2007): Kolonialer Diskurs - Die Konstruktion einer algerischen Gesellschaft. In: Stichproben. Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien, Jg. 7, H. 13, S. 111–136. 

  • [36]

    Vgl. Ebd.: 115 f. Sie stellt dabei vor allem auch die in dieser Arbeit noch zu behandelnde Nichtberücksichtigung der in Algerien geborenen EuropäerInnen heraus. 

  • [37]

    Vgl. Ebd.: 118. Die Legitimierung der mission civilisatrice erfolgt dabei über die Abwertung der arabischen Bevölkerungsgruppe bzw. entsprechend auch der vorkolonialen Gesellschaft als einer archaischen, statischen, durch interne Rivalitäten geschwächten, durch fanatische und mythische Kultur bestimmten Gesellschaft passiven Charakters.

  • [38]

    Vgl. Ebd.: 127 ff. 

  • [39]

    Fanon, Frantz (1969): Die Verdammten dieser Erde. Frankfurt am Main. 

  • [40]

    Zur Rezeption vgl. Wolter, Udo: Frantz Fanon - Antikolonialismus und Postkolonialismus. Vortrag, gehalten 30.11.2002 in Bochum. Online verfügbar unter http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/pdf/wolter_-_fanon.pdf, zuletzt geprüft am 10.02.2010.

  • [41]

    Memmi, Albert (1994): Der Kolonisator und der Kolonisierte. Zwei Porträts. Hamburg. 

  • [42]

    Sartre, Jean-Paul (1988a): Der Kolonialismus ist ein System. In: Sartre, Jean-Paul: Wir sind alle Mörder. Der Kolonialismus ist ein System. Artikel, Reden, Interviews 1947-1967. Herausgegeben von Traugott König. Reinbek bei Hamburg, S. 15–31; sowie ders. (1988b): „Die Verdammten dieser Erde“ von Frantz Fanon. In: Sartre, Jean-Paul: Wir sind alle Mörder. Der Kolonialismus ist ein System. Artikel, Reden, Interviews 1947-1967. Herausgegeben von Traugott König. Reinbek bei Hamburg, S. 141–159.

  • [43]

    Vgl. Fanon 1969: 27 ff. 

  • [44]

    Sartre 1988a: 19. 

  • [45]

    Fanon 1969: 32. 

  • [46]

    Vgl. Memmi 1994: 26f. 

  • [47]

    Auch wenn Memmi anfangs die Unterscheidung zwischen Koloniebewohner, Kolonisator und Kolonialist trifft, so wird doch jeder europäische Siedler durch die Dynamik der Situation letztlich zum Kolonialisten mit unten genannten Eigenschaften. 

  • [48]

    Vgl. Memmi 1994: 54 ff. 

  • [49]

    Vgl. Ebd.: 81 ff. 

  • [50]

    Ebd.: 61. Vgl. auch ebd.: 86 ff. 

  • [51]

    Ebd.: 109.  

  • [52]

    Ebd.: 89 ff. 

  • [53]

    Ebd.: 96 ff. 

  • [54]

    Vgl. Fanon 1969: 42 ff. 

  • [55]

    Memmi 1994: 116. 

  • [56]

    Ebd.: 111. 

  • [57]

    Vgl. Memmi 1994: 111 ff. 

  • [58]

    Ebd.: 116. 

  • [59]

    Vgl. ebd.: 116 ff. 

  • [60]

    Vgl. Fanon 1969: 71. 

  • [61]

    Ebd.: 31. 

  • [62]

    Vgl. Fanon 1969: 49 ff. 

  • [63]

    Sartre 1988a: 29. 

  • [64]

    Memmi 1994: 124. 

  • [65]

    Vgl. ebd.: 123 ff. 

  • [66]

    Fanon 1969: 35. 

  • [67]

    Vgl. ebd.: 72. 

  • [68]

    Sartre 1988b: 144. 

  • [69]

    Ebd.: 152. 

  • [70]

    Zur Rolle des Kalten Krieges und der „Dritten Welt“ vgl. Fanon 1969: 58 ff. 

  • [71]

    Memmi 1994: 132. 

  • [72]

    Vgl. zur zusammenfassenden Einführung in das Werk Bhabhas Castro Varela; Dhawan 2005: 83-109.

  • [73]

    Vgl. ebd.: 89 ff. 

  • [74]

    Ebd.: 99. 

  • [75]

    Seine Kindheit beschreibt er ausführlich in seinem posthum veröffentlichten, autobiographischen Roman, in den auch politische Aussagen mit eingeflossen sind bzw. einfließen sollten. Teilweise sind diese noch als unbearbeitete Notizen dem fertigen Text angehangen. Vgl. Camus, Albert (2008): Der erste Mensch. 11. Aufl. Reinbek bei Hamburg.

  • [76]

    Albert Camus, zitiert nach Apter, Emily (1997): Out of Character: Camus's French Algerian Subjects. In: MLN, H. 112.4, S. 499.

  • [77]

    Apter 1997: 510. 

  • [78]

    Vgl. ebd.: 514. 

  • [79]

    Camus 2008: 251. 

  • [80]

    Ebd.: 155. 

  • [81]

    Vgl. Apter 1997: 506. 

  • [82]

    Vgl. Diner, Dan (2008): Zwischen allen Fronten: ein fremder Eingeborener. In: WELT ONLINE, 19.07.2008. Online verfügbar unter http://www.welt.de/welt_print/article2228815/Zwischen_allen_Fronten_ein_fremder_Eingeborener. html, zuletzt geprüft am 10.02.2010.

  • [83]

    Vgl. Memmi 1994: 38. 

  • [84]

    Vgl. ebd.: 52. 

  • [85]

    Fanon 1969: 68. 

  • [86]

    Sartre 1988b: 145. 

  • [87]

    Camus 2008: 278. 

  • [88]

    Vgl. Mellah 1995: 10. 

  • [89]

    Vgl. Ruf, Werner (2006): Die Erinnerung an den nationalen Befreiungskampf zwischen Staatsdoktrin und Widerspruch. In: Kohser-Spohn, Christiane; Renken, Frank (Hg.): Trauma Algerienkrieg. Zur Geschichte und Aufarbeitung eines tabuisierten Konflikts. Frankfurt am Main, S. 143–152.

  • [90]

    Vgl. Kohser-Spohn, Christiane (2006): Vorwort. In: Kohser-Spohn, Christiane; Renken, Frank (Hg.): Trauma Algerienkrieg. Zur Geschichte und Aufarbeitung eines tabuisierten Konflikts. Frankfurt am Main, S. 9–24.

  • [91]

    Vgl. Diner 2008. 

Empfohlene Zitierweise

Hempel, Christopher: Zur Schaffung eines Gegenmythos – Die Konstruktion des algerischen Volkes im antikolonialen Diskurs. aventinus varia Nr. 26 [17.03.2011], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/8520/

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Erstellt: 17.03.2011

Zuletzt geändert: 17.03.2011

ISSN 2194-1971