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aventinus recensio Nr. 23 [26.04.2011] 

Marius Niemann / Florian Zink 

Anne-Maria Wittke / Eckart Olshausen / Richard Szydlak: Historischer Atlas der antiken Welt (=Der Neue Pauly: Supplemente Bd. 3). Stuttgart u.a.: J.B. Metzler 2007; EUR 179,95; ISBN 978-3-476-02031-4 


„In Zeiten der Globalisierung wird, so heißt es, die Welt zum Dorf – und umgekehrt könnte man sagen, dass sich unser Blick weitet, dass wir die Regionen der Welt mit dem Bewusstsein des globalen Zusammenhangs in den Blick nehmen.“ (V) Unter dieser Prämisse veröffentlichen die Herausgeber den Historischen Atlas der antiken Welt innerhalb der Reihe der Supplemente zum Lexikon „Der Neue Pauly“ (DNP). Die 161 farbigen Haupt- und 44 Nebenkarten des Atlas – „etwa 60% der Karten“ (V) sind in modifizierter Form dem „Neuen Pauly“ entnommen – erschließen die Antike kartographisch „vom 3. Jahrtausend v. Chr. (Alter Orient) bis ins 15. Jahrhundert n. Chr. (Byzantinisches Reich)“ (V). Entsprechend ist der Atlas nach sieben Aspekten gegliedert: I. Antike Weltvorstellungen und Erkundigungen; II. Die Epoche der frühen Hochkulturen (3. Jt. bis ca. 1200 v. Chr.); III. Die Epoche der östlichen Reiche (ca. 1200 bis 6. Jh. v. Chr.); IV. Die Neuordnung der Mittelmeerwelt (6. bis 4./3. Jh. v. Chr.); V. Die Epoche der Großmächte (4./3. bis 1. Jh. v. Chr.); VI. Das Römische Reich in der Kaiserzeit (1. Jh. v. bis 5. Jh. n. Chr.); VII. Die Epoche des Byzantinischen Reiches (5. bis 15. Jh. n. Chr.). Zwar gilt es dabei als „ein besonderes Anliegen des Atlas“, die „Hochkulturen des Alten Orients“ (V) in den Vordergrund zu stellen, um damit einem  aktuellen Schwerpunkt der Alten Geschichte Rechnung zu tragen, quantitativ überwiegen jedoch die Kapitel III. (53 Seiten), V. (59 Seiten) und VI. (63 Seiten). Den Abschluss des Bandes bilden weiterführende Kommentarergänzungen (Quellen/Literatur/Tabellen) (255-273) sowie ein alphabetisches Schlagwortregister (276-308).

Vorab ist zu sagen, dass sich das Werk in gelungener Manier einreiht in die Tradition vorhandener historischer Atlanten. [1] Als besonders hilfreich und neuartig gegenüber anderen historischen Atlanten erweist sich die „doppelseitige Darstellung“ (V) mit jeweils auf der linken Buchseite gegebenen Kommentierungstexten, Literaturhinweisen, Tabellen und ggf. nötigen kleineren Detailkarten, die dadurch ein vermeintlich notwendiges Vorwissen vermeiden: [2] So können bereits Studierende in den ersten Semestern auf das Material guten Gewissens zurückgreifen. Schließlich soll das Werk „nicht allein politisch-militärische Ereignisgeschichte“ (V) illustrieren, sondern auch Wirtschafts-, Verwaltungs-, Religions- und Kulturgeschichte vermitteln. In diesem Sinne ist auch die Umsetzung ausdrücklich hervorzuheben, mit „ägyptische[n] und altorientalische[n] Weltvorstellungen“ (2f.) bzw. der „Welt in den Augen antiker Autoren“ (4f.) wie Hekataios, Herodot, Eratosthenes und Klaudios Ptolemaios gerade Einsteigern ein Verständnis in antike Weltvorstellungen mitzugeben. Der sehr guten wissenschaftlichen Umsetzung im Ganzen steht dabei die qualitativ hochwertige Verarbeitung in nichts nach: Die Karten sind in Textur und Farbe hervorragend, die gebundenen Seiten weisen die nötige Dicke auf, um dem Werk eine lange »Lebenszeit« zu ermöglichen. So lässt sich festhalten, dass eine häufige Verwendung der Karten in der Lehre wünschenswert wäre. Gleichfalls sollte aber auch für Studierende der Altertumswissenschaften der historische Atlas immer den Griff erster Wahl darstellen.

Leider wird sich dieser Griff aus Anwenderperspektive jedoch auf die Benutzung in Bibliotheken beschränken müssen, da der Preis im Verhältnis zum studentischen Budget in keiner Relation steht: 179,95 € sind leider ein Ausschlusskriterium zum Kauf. Zudem verwundert es doch sehr, dass es für die insgesamt 19 Bände des Neuen Pauly (13 Bände Altertum A-Z, 5 Bände Rezeptions- bzw. Wissenschaftsgeschichte A-Z sowie Registerband) eine Online-Version gibt – für den historischen Atlas als Supplement-Band jedoch nicht. Über einen Online-Zugriff oder zumindest einer beiliegenden CD-Rom hätte sich auch der Anspruch der Herausgeber besser umsetzen lassen, „kontinuierliche Wechselwirkungen zwischen Westen und Osten“ (V) aufzuzeigen. So erscheinen Karten, die dezidiert eine Entwicklung darstellen sollen (z.B. Die Entwicklung der römischen Provinzen in Kleinasien, 182f.) trotz Schraffierungen, die zumindest eine Entwicklung vermuten lassen, eher statisch.

Alles in Allem betrachtet fällt das Fazit für die Nutzung des Atlas durchweg positiv aus. Nur in einem Punkt sollten die Herausgeber »nacharbeiten«: Im Zeitalter des Internets, in dem längst „die Welt zum Dorf“ (V) geworden ist, wäre es nur zu begrüßen, dass die Herausgeber ihr Kartenmaterial via Online-Präsenz aus der Welt der Bibliotheken in das Dorf der Studierenden transferieren und damit einen flexiblen Zugriff ermöglichen würden – dem Werk ist es nur zu wünschen. 

Anmerkungen

  • [1]

    Vgl. beispielsweise F. W. Putzger: Historischer Weltatlas, Berlin 1032001; Hermann Bengtson u.a.: Großer Historischer Weltatlas, Bd. 1: Vorgeschichte und Altertum, München 61978.

  • [2]

    Diese Darstellung erinnert vereinfacht an den DTV-Atlas Weltgeschichte, in dem sich Karten und Kommentare ebenfalls abwechseln. Hermann Kinder / Werner Hilgemann: DTV-Atlas Weltgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 32006.

Empfohlene Zitierweise

Niemann, Marius/Zink, Florian: Rezension Anne-Maria Wittke / Eckart Olshausen / Richard Szydlak: Historischer Atlas der antiken Welt (=Der Neue Pauly: Supplemente Bd. 3). Stuttgart u.a.: J.B. Metzler 2007; EUR 179,95; ISBN 978-3-476-02031-4. aventinus recensio Nr. 23 [26.04.2011], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/8586/

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Erstellt: 26.04.2011

Zuletzt geändert: 26.04.2011

ISSN 2194-2137