Rezensionen

  / aventinus / Altertum / Rezensionen

aventinus recensio Nr. 25 [31.05.2011]

Christopher Seiberlich 

Rezension: Hans-Joachim Gehrke / Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch. 3., erw. Auflage. Stuttgart / Weimar: J. B. Metzler 2010; 29,95 Euro; ISBN: 978-3-476-02336-0 


Seit die Geschichte der Antike im Jahr 2000 zum ersten Mal von Hans-Joachim Gehrke und Helmuth Schneider herausgegeben wurde, hat sie einen herausragenden Platz als universitäres Einführungswerk in die Alten Geschichte eingenommen. Inzwischen ist die dritte, erweiterte Auflage erschienen. Diese ergänzt die bisherigen Ausgaben um eine aktualisierte, chronologisch und thematisch gegliederte Bibliographie von 39 Seiten Umfang und eine Übersicht über Geld- und Münzwerte. Daneben wurde ein Sachregister eingefügt, welches dem Leser den „Zusammenhang zwischen gleichartigen Phänomenen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur über die einzelnen Epochen der Antike hinweg“ (Vorwort) verdeutlichen soll. Dieser Anspruch kann auf das gesamte Werk übertragen werden, da den Autoren und den Herausgebern viel daran liegt, mehr als eine bloße Schilderung der Ereignisgeschichte zu bieten. In jedem Epochenkapitel werden neben der politischen auch die gesellschaftliche, die wirtschaftliche und die kulturelle Entwicklung behandelt. Besonders hervorzuheben sind die neu in die Randspalte eingefügten Quellenverweise. Diese vermerken passende Quellen [1] zu den beschriebenen Geschehnissen und ergänzen die Schlagworte, welche die Darstellungen in kleinere Einheiten untergliedern. Durch diese Verweise wird eine vertiefende Lektüre in Primärtexten wesentlich vereinfacht, da zu vielen Ereignissen passende Textstellen in Quellen angeboten werden. Eine weitere Ergänzung ist das Angebot, weite Teile des Anhangs über einen im Buch abgedruckten Webcode im Internet abzurufen – hier werden Quelleneditionen, übliche Abkürzungen, die komplette Bibliographie, eine Information zu RE [2], ein Glossar zu wichtigen militärischen und politischen Institutionen, eine Übersicht über die römischen Kaiser, diverse Stammtafeln und Karten zum Download bereitgestellt. Das Onlinematerial trägt der zunehmenden Bedeutung des Internets Rechnung und stellt einen neuen Schritt für Handbücher dar.

Den inhaltlichen Kapiteln über die einzelnen Epochen ist ein Vorspann (1-33) vorangestellt, in welchem die Herausgeber die Alte Geschichte als Wissenschaft und deren Entwicklung darlegen und die Rezipienten über Quellen, Geographie, Wirtschaft und Alltag in kurzen Kapiteln informieren. Die eigentliche Darstellung ist chronologisch gegliedert: Karl-Joachim Hölkeskamp, Elke Stein-Hölkeskamp und Josef Wiesehöfer stellen im umfangreichsten Kapitel (35-128) die „Dark Ages und das archaische Griechenland“ (35) vor, wobei sie die Beziehung der Griechen und den Völkern des so genannten Orients (Wiesehöfer), die Entstehung und Entwicklung der Polis (Hölkeskamp und Stein-Hölkeskamp) sowie „Die Welten des Homer“ (77) (Stein-Hölkeskamp) behandeln. „Die griechische Staatenwelt in klassischer Zeit“ (129) wird von Peter Funke thematisiert (129-194). Als letztes Kapitel des an den griechischen Staaten ausgerichteten ersten Teils beschreibt Hans-Joachim Gehrke den „Hellenismus“ (195-259). Die folgenden Kapitel stellen die Geschichte Roms in den Vordergrund: Helmuth Schneider schildert „Rom von den Anfängen bis zum Ende der Republik“ (261-332). Diesem folgt Peter Herz’ Darstellung der „römische[n] Kaiserzeit“ (333-407), bevor Jens-Uwe Krause mit der „Spätantike“ (409-477) den inhaltlichen Teil beschließt.  

Alle Autoren verbinden die Ereignisgeschichte mit kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen, wodurch die Geschichte der Antike über eine bloße Schilderung von Fakten hinausgeht und dem Leser in gelungener Manier die Lebenswelt der Antike näher bringt. In einem einleitenden Abschnitt (129-132) umreißt Funke den Begriff Klassik und stellt wichtige Punkte – wie die vielfältige Staatenwelt oder die kulturellen Leistungen – des folgenden Kapitels vor. Zudem bietet er einen Überblick über die wesentlichen Quellen zur klassischen Zeit. Der Einleitung folgt eine ausführliche Beschreibung der Ereignisgeschichte (132-166), wobei Funke über die griechische Klassik hinausgeht und die Entwicklung des Perserreiches darlegt, um die Bedeutung der Perser für diese Epoche hervorzuheben. An die Schilderung der Ereignisse knüpft ein nahezu ebenso ausführlicher Abschnitt über Gesellschafts- und Staatsordnungen an (166-187), worin die Grundzüge der griechischen Gesellschaften und die verschiedenen Verfassungsmodelle darlegt werden. Abschließend zeigt Funke „kulturgeschichtliche Grundlinien“ auf (188-194), in welche er beispielsweise Theater, Philosophie und Architektur einbindet. Angesichts des komplexen Stoffes und der vielfältigen Informationen, welche gegeben werden, ist diese verhältnismäßig knappe Darstellung eine beeindruckende Leistung. Zusätzlich hierzu sind alleine im Kapitel zur Klassik 73 Verweise auf den Quellenband zu finden, wobei eine Übersicht über die einzelnen Quellen im Anhang angefügt ist.

Die Darstellungen der anderen Epochen sind zumeist vergleichbar aufgebaut. Wie Funke bedienen sich auch Gehrke, Schneider und Krause eines einleitenden Abschnittes, um über die Epoche im Allgemeinen zu sprechen – sei es in Form einer Begriffsdefinition wie bei Funke, einer feineren Untergliederung der Epoche wie bei Schneider oder einer Epochendefinition wie bei Gehrke. Alle Autoren verbinden die Schilderung der politischen Ereignisse mit kultur- und sozialgeschichtlichen Ausführungen. Ergänzt und abgerundet werden die Ausführungen des Gehrke/Schneiders durch insgesamt 145 Abbildungen, die unter anderem Karten (beispielsweise 135 oder 188), Büsten (zum Beispiel 145, 151 oder 193) oder Münzen (beispielsweise 197 oder 290) zeigen, und Hinweise auf Forschungskontroversen (zum Beispiel 148: Verhältnis von Attischem Seebund und Hellenenbund oder 151: Kallias-Friede). An die Ausführungen zu den Epochen schließt ein äußerst umfangreicher, 140 Seiten starker Anhang an, welcher zusätzlich zum online angebotenen Material die römische Beamtenlaufbahn, ein Quellen- und Autorenverzeichnis, sowie Namen-, Orts- und Sachregister enthält.  

Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Gehrke/Schneider den wohl umfassendsten Überblick über die Alte Geschichte bietet und 1000 Jahre Menschheitsgeschichte anschaulich und in vielfältige Teilbereiche wie Politik und Kultur aufgeteilt darbietet. Die Geschichte der Antike ermöglicht einen hervorragenden Einstieg für Studienanfänger und garantiert fortgeschrittenen Studierenden eine ausgezeichnete Möglichkeit früheren Stoff zu wiederholen, da die wesentlichen Stationen der Geschichte auf möglichst komprimiertem Raum dargelegt werden. Darüber hinaus werden Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft lebendig beschrieben, wodurch die Leser in die Lebenswelt der Antike eintauchen können. Jede Erwartung, die man an ein Einführungswerk richten kann, wird im Gehrke/Schneider mehr als erfüllt. Deshalb führt im Studium der Alten Geschichte kein Weg an der Geschichte der Antike vorbei. Denjenigen Studierenden und historisch Interessierten, welche sich intensiv mit der Antike befassen möchten, empfiehlt sich daher der Kauf, zumal das über 600 Seiten umfassende, gebundene Werk für 29,95 Euro preiswert zu erwerben ist.  

Anmerkungen

  • [1]

     Die Quellen sind im ergänzenden Quellenband editiert: Hans-Joachim Gehrke / Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Quellenband. Stuttgart 2007.

  • [2]

     Pauly’s Real Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, hg. von Wilhelm Kroll, Stuttgart 1893 – 1978.

Empfohlene Zitierweise

Seiberlich, Christopher: Rezension Hans-Joachim Gehrke / Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch. 3., erw. Auflage. Stuttgart / Weimar: J. B. Metzler 2010; 29,95 Euro; ISBN: 978-3-476-02336-0. aventinus recensio Nr. 25 [31.05.2011], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/8704/

Bitte setzen Sie beim Zitieren dieses Beitrags hinter der URL-Angabe in runden Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse.



Erstellt: 03.06.2011

Zuletzt geändert: 03.06.2011

ISSN 2194-2137