Vor- und Frühgeschichte

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aventinus antiqua Nr. 2 (Winter 2005) 

 

Mark-Oliver Fischer 

Hisarlik und Troia 

 

Troia. Seit Jahrtausenden bekannt als die Stadt des König Priamos, die zehn Jahre von Griechen belagert, doch erst durch die List mit dem hölzernen Pferd erobert werden konnte. Auch heute ist das Interesse an der Sage vom Troianischen Krieg nicht erloschen. Zwar leiten heutige Herrscher sich nicht mehr von den Troianern her, aber der Hollywood-Film von 2004 sowie die große Troia-Austellung, die seit 2001 in verschiedenen Städten im In- und Ausland zu sehen war, beweisen ein aktuelles Interesse an einem zehn Jahre dauernden Krieg, geführt um die Liebe einer Frau. 

Und nicht zuletzt die aktuelle Ringvorlesung des Historischen Seminars der LMU hat mich dazu bewogen, diesen als Proseminararbeit entstandenen Text in gekürzter Form zu veröffentlichen. Er soll der Frage nachgehen, inwieweit sich Übereinstimmungen zwischen der Ilias und dem archäologischen Befund an der Ausgrabungsstätte von Troia nachweisen lassen. 

Obwohl Homers Ilias eindeutig ein literarisches, und kein geschichtliches Werk ist, wurde lange Zeit nicht an der Historizität des Inhalts gezweifelt. Erst in der Frühen Neuzeit kam eine kritischere Sichtweise auf, die den historischen Wert der Ilias mehr und mehr negierte. Doch die Verfechter des "historischen Troias" starben nie ganz aus, und als 1871 bis 1873 Heinrich Schliemann und Frank Calvert auf dem türkischen Hügel Hisarlik ihre Ausgrabungen begannen, schien sich ihre Position ein für alle Mal durchgesetzt zu haben. Zu eindeutig schienen die Übereinstimmungen von Ilias und archäologischem Befund. 

Seitdem zweifelte kein Ausgrabungsleiter mehr daran, das homerische Troia finden und den Krieg nachweisen zu können. Und auch die aktuellen Grabungen, die 1988 unter der Leitung des - inzwischen verstorbenen - Tübinger Professors Manfred Korfmann aufgenommen wurden, heizten die Diskussion wieder an. Joachim Latacz, Altphilologe und Begleiter der Grabungen ist überzeugt: "Die Fülle der Indizien" für einen historischen 'Troianischen Krieg', "ist heute beinahe schon erdrückend." [1]

Doch nicht alle Wissenschaftler fühlen sich erdrückt, sie zweifeln Korfmanns Interpretation der Grabungsbefunde an. 

Die unterschiedlichen Standpunkte der 'Korfmanngruppe' und des "Zweiflerzirkels" [2] über Troia, Macht und Bedeutung der Stadt in mykenischer Zeit, sowie über Homer, sein Werk und seine Schreibabsicht lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen.

Für Korfmann ist Troia eine altanatolische Residenzstadt und Handelsmetropole mit Verbindungen über den ganzen Mittelmeerraum, gelegen an einer Art natürlicher Zollstelle, den Dardanellen, der Einfahrt ins Schwarze Meer. Aufgrund geographischer Gegebenheiten - Wind- und Wasserströmung - muß eine Einfahrt in das Schwarze Meer mit antiken Schiffen mit großen Schwierigkeiten verbunden gewesen sein.Troia profitierte so von seiner Lage als 'letzter Hafen vor den Dardanellen', der entsprechend hohe Hafengebühren erheben konnte.

Die Position der Metropole soll auch deutlich werden aus Akten des benachbarten Hethitischen Großreichs, in denen Troia unter dem Namen Wilusa erwähnt sei. In diesen Akten taucht auch ein Reich Achijawa auf, das im Korfmannlager mit den Achaiern - Homers Name für die Griechen - gleichgesetzt wird. Diesem Reich von Achijawa war das reiche und mächtige Wilusa ein Dorn im Auge, weshalb es zu einem Kriegszug kam, im Laufe dessen Troia erobert und zerstört wurde. Kunde davon wurde über 400 Jahre lang mündlich tradiert und weiter ausgeschmückt, bis der Krieg schließlich von Homer in der Ilias verschriftlicht wurde. Der Kern der Geschichte - also ein Feldzug eines gemeinsamen griechischen Heeres gegen einen mächtigen Konkurrenten - habe sich so bis heute erhalten. 

Für den 'Zweiflerzirkel' stellt sich die Situation völlig anders da. So ließe sich Troia im Sinne der 'Zweifler' als eine Siedlung von rein regionaler Bedeutung beschreiben, mit geringem Einfluß im Mittelmeerhandel, deutlich kleiner als von Korfmann dargestellt, und nicht einmal das Attribut 'Stadt' verdienend, bewohnt von Einwohnern, die vermutlich sogar schriftlos waren. Der Ilios/Wilusa-Gleichsetzung wird widersprochen, auf sprachwissenschaftlicher, historischer und geographischer Ebene, ebenso wird die Identifikation Achijawas mit einem großgriechischen Reich bezweifelt. Die 'Zweifler' erkennen keine Beweise für eine längere Belagerung Troias, und bezweifeln vor allem, dass sich ein solcher Krieg über 400 Jahre ohne schriftliche Überlieferung nahezu unverfälscht übertragen habe. 

Sie beschreiben als Gegenentwurf das Bild eines Homer, der - selber kleinasiatischer Grieche - die Ruinen Troias, das 400 Jahre vor seiner Zeit gefallen war, als Ort für sein panhellenisches Gründungsmythos wählte, in das er alte, mündlich überlieferte Elemente einbaute. 

Der ideale Ort um Beweise für einen historischen Hintergrund der Ilias zu finden wäre sicher der Palastbezirk. Hier müsste ein Archiv angesiedelt gewesen sein, falls die Troianer Schrift kannten. Homer beschreibt zudem den Palast des Priamos als ungewöhnlich großes Gebäude, reich geschmückt und Platz bietend für alle Söhne und Töchter des Königs, welches also, falls Grabungen etwas ähnliches liefern würden, als starker Beweis gelten könnte. 

Leider wurde jedoch bereits beim Aufbau des römischen Ilion [3] ein Großteil des Burgbergs abgetragen, so dass Grabungsfunde der Schichten Troia VI bis VIII (die zeitlich in dem von Homer beschriebenen Rahmen liegen) nur in einem kleinen Bereich um die Stadtmauer, aber eben nicht im Siedlungszentrum möglich sind.

Allerdings waren alle Gebäude, die bisher innerhalb der Stadtmauern gefunden wurden, zwar relativ groß, aber sehr einfach gebaut. Sie bestanden aus ein bis zwei Räumen, und ein bis zwei Etagen. Also kaum übereinstimmend mit den Beschreibungen der Ilias. Eine solche Palastanlage hätte wohl auch gar nicht zwischen die Troianischen Mauern gepasst. 

Homer könnte aber eine ihm bekannte Palastanlage - wie es sie im 8. Jahrhundert in Zagora auf Andros und in Gordion gab - in sein mythisches Troia verlegt haben.

Ein zentrales Element für das Korfmann´sche Bild einer Handelsmetropole stellt die Entdeckung einer - außerhalb der Stadtmauern gelegenen - Untersiedlung dar. Damit geht das Ausgräberteam von einer Stadtfläche von bis zu 11 - 15 ha für ganz Troia aus, die von bis zu 10000 Menschen besiedelt wurde. 

Im Rahmen der vom Troia-Team gestalteten Ausstellung: Troia - Traum und Wirklichkeit, ist ein Holzmodell Troias zu sehen, welches diese 11 - 15 ha dicht an dicht - mit etwa 250 Häusern - besiedelt. Um auf die postulierten 6000-10000 Einwohner zu kommen, müssten also 24 bis 40 Personen in einem Gebäude gewohnt haben. Zur Wahrscheinlichkeit einer solchen Besiedelungsdichte sei auf die hethitische Hauptstadt Hattusa hingewiesen, die sich über eine Fläche von 180 ha erstreckt und für die der Ausgrabungsleiter Jürgen Seeher von 3000 bis 6000 Einwohnern ausgeht. In einem - auch im Rahmen der Troia-Ausstellung verwendeten - Computermodell enthält die Unterstadt dann auch nur noch circa 150 Häuser, mithin Platz für etwa 1000 Einwohner. 

Doch selbst diese geringere Einwohnerzahl erscheint den 'Zweiflern' noch zu hoch. So gibt es tatsächliche Gebäudefunde bisher nur in einem kleinen Gebiet im Nordwesten, direkt unterhalb der Burg, sonst nur vereinzelte Häuser selbst im burgnahen Gebiet. Zwar bestanden die Gebäude der Unterstadt meist aus Holz oder Lehm, so dass Aussagen über die Besiedelungsdichte nur schwer möglich sind. Das Argument Korfmanns, der Mangel an Funden und positiven Sondageergebnissen liege daran, dass die Gebäude der südlichen Hälfte schlichtweg erodiert seien, wirkt aber seltsam, da das Gefälle gegen Süden immer weiter abnimmt, so dass eine Erosion hier eher schwächer als stärker gewesen sein müsste. 

So kommt einer der 'Zweifler zu dem Schluß: "Die Grabungsresultate widersprechen mithin offenkundig der 'Rekonstruktion' einer dichtbebauten 'Unterstadt'." [4]

Neben der enormen Größendifferenz unterscheidet sich die Korfmannsche Troia-Version von der 'Zweifler'-Version auch durch die Verteidigungsanlage der Unterstadt. Noch bevor die Unterstadt überhaupt von Korfmann ergraben war, zeigte er sich überzeugt, "dass diese äußere Siedlung ummauert war." [5] Und tatsächlich fand man im Jahre 1992 zwar keine Mauer, aber einen Graben, 400 m südlich der Burg, bis zu 4 m breit, 1 bis 2 m tief, und auf einer Länge von 320 m nachgewiesen. Eine Interpretation des Ergebnisses schien klar: Es handelte sich um einen Verteidigungsgraben, der etwa 100 m vor der Unterstadtmauer verlief.

Die 'Zweifler' plädieren für den Graben eher auf eine wirtschaftliche Nutzung, möglicherweise einen Bewässerungsgraben. Bisher nachgewiesen wurde der Graben nur südlich von Troia, nicht aber im Nordosten, wo er aufgrund des sehr flachen Geländes als Verteidigungsanlage am sinnvollsten erscheinen würde. Der weitere - prospektierte undergrabene - Verlauf des Grabens zeigt eben auch nicht nach Nordosten, zur Burg, sondern direkt nach Norden, wo er sich einem - für die Bronzezeit nachweisbaren - Flussbett zuwendet. Weiterhin gibt es südlich des "Verteidigungsgrabens" weitere, die ganz ähnlich aufgebaut sind. Diese Gräben stammen wohl zum Teil auch aus Troia VI, zum Teil aber aus dem hellenistischen Ilion. Zwar vermutet einer der Ausgräber schon 1996, es könnte sich um Bewässerungsgräben handeln, aber an anderer Stelle werden all diese Gräben der Verteidigung zugesprochen.

Nun könnte es um die Unterstadt natürlich eine ganze Reihe von hintereinander geschalteten, aber auch querenden Verteidigungsgräben gegeben haben, allerdings würde der Befund genauso gut - oder besser? - auf ein Bewässerungssystem passen. 

Wie oben erwähnt, setzt Korfmann die proklamierte Unterstadtmauer nicht direkt in unmittelbare Nähe des Grabens, sondern hundert Meter davon entfernt. Dies liegt schlicht daran, dass sich in direkter Nähe des Grabens kein Nachweis für eine Mauer finden ließ. 

Aber welche Beweise fand das aktuelle Archäologenteam für 'ihre' Mauer? 

Da sich die 'Unterstadt' nur südlich, nicht aber nördlich der Burg erstreckt, müsste eine sie umschließende Mauer zwangsläufig irgendwo an die Burgmauer reichen. An diesen Anschlussstellen müsste am ehesten der Beweis für diese Mauer zu führen sein. Und es gibt eine Stelle, die Korfmann für ideal hielt: die sogenannte Nordostbastion. Ein Eckturm der Burgmauer, der außergewöhnlich groß war, einen Brunnen umschloß, einen Zugang sowohl aus der Burg, als auch aus der Ebene bot und ein Stück aus der Burgmauer ragt, das einen Anschluß einer weiteren Mauer zumindest möglich erscheinen lässt. 

Und genau an dieser Stelle wurde man 1995 fündig. Was man fand, war ein 7 m langes Steinfundament, etwa 1 m hoch, in Ost-West-Richtung an die Bastion angrenzend. Über diesem Fundament befand sich nach Korfmann eine Mauer aus Lehmziegeln. Dies würde auch erklären, warum sonst kein Nachweis der Mauer gelang, da Lehmziegel recht schnell zerfallen. Aber andererseits erschwert das die Deutung des Fundes als 'Unterstadtmauer'. So ist diese Mauer weit weniger beeindruckend als die troianische Burgmauer, entspricht aber auch nicht der Qualität und Größe irgendeiner anderen bronzezeitlichen Stadtbefestigung. Doch das gefundene Steinfundament schließt nicht mal an die Nordostbastion an oder war gar mit dieser verbaut, wie man es von einer Mauer auf dem Niveau der troianischen Burgbefestigung erwarten könnte. Sie weist stattdessen sogar eine Lücke von etwa 2 m zur Bastion auf. 

Ganz davon abgesehen, dass Homer kein Wort von zwei Mauern schreibt,einem Verteidigungsgraben, oder einer Siedlung außerhalb der Mauern. 

Er könnte aber natürlich mögliche Überreste der Unterstadtbefestigung uminterpretiert und vor das Schiffslager der Griechen gelegt haben, das er mit Mauer und Graben beschreibt, zwischen denen Wagen hin und herfahren konnten - die also in einigem Abstand voneinander gebaut gewesen sein müssten. 

Doch die Ausgräber glauben, noch weitere Übereinstimmungen zwischen literarischem Werk und archäologischem Befund nachweisen zu können. 

Gegen Ende der Ilias, als Achill Hektor um die Stadt jagt, beschreibt Homer eine Brunnenanlage außerhalb der Stadt, an welcher die Kontrahenten vorbei jagen. Diese Brunnenanlage bzw. Waschstätte, wird laut Homer aus zwei nahegelegenen Quellen des Skamander - einer kalten und einer warmen - gespeist. 

Die Quellen des Skamander befinden sich zwar tatsächlich Kilometer von Troia entfernt im Idagebirge, aber es gibt ein von Menschenhand in den Burgberg getriebenen Höhlensystem, das als 'Wasserbergwerk' diente. Aus der Höhle fließt das Quellwasser in mehrere im Boden eingelassene Becken, die Korfmann mit den homerischen Waschgruben identifiziert: "Ohne weiteres kann man diese Stelle als einen Waschplatz bezeichnen". [6] Neueste radiometrische Methoden scheinen zu beweisen, dass jene Anlage schon im 3. Jahrtausend v. Chr. angelegt, und auch noch im römischen Ilion (Troia IX) verwendet wurde. Diese Quellenanlage könnte Homer also zumindest inspiriert haben.

Allerdings hält sich die Ähnlichkeit der bei Homer beschriebenen Anlage mit der tatsächlich gefundenen doch sehr in Grenzen. Es gibt eben keinen Abfluß in Richtung Skamander, umgekehrt weist Homers Text nicht auf eine künstlich angelegte, sondern eine natürlich sprudelnde Quelle hin. Auch liefert der Befund keine zwei Quellen, und erst recht nicht eine warme und eine kalte. Solche Quellen finden sich aber im Idagebirge, am Ursprungsort des Skamander. Diese Quellen könnte Homer also aus poetischen Gesichtspunkten in die Nähe der Stadt verlegt haben. 

Bisher habe ich versucht, anhand einzelner Bauwerke zu vergleichen, inwieweit sich Übereinstimmungen zwischen den Schilderungen in der Ilias und den Interpretationen der archäologischen Befunde finden lassen. Aber im Kern ist Homers Epos die Erzählung von einer belagerten und umkämpften Stadt. Und für diese Belagerung sollten sich archäologische Beweise finden lassen, falls man von einem 'historischen Kern' der Sage ausgeht. 

Typische Beweise für Belagerungen sind Knochen- und Waffenfunde - vorallem Speer- und Pfeilspitzen als 'Einweggüter' finden sich üblicherweise. So wurden zum Beispiel in Alt-Paphos auf Zypern, das 497 von den Persern zerstört wurde, über 500 verschiedene Waffenreste gefunden, obwohl die Stadt später wieder besiedelt und damit überbaut wurde. Und bei Lakisch in Israel fand man ein Massengrab mit an die 2000 Skeletten, die von Kämpfen mit den Babyloniern um 587 zeugen. 

Doch in der archäologischen Schicht Troias, die zeitlich am ehesten mit den homerischen Beschreibungen übereinstimmt - Troia VIIa - fand man nur drei bronzene Pfeilspitzen, einige Reste von Schädeln und anderen Knochen, sowie ein Skelett mit zerschmettertem Schädel. 

Im Ausstellungskatalog lautet die Interpretation, die Siedlung wurde "offensichtlich durch ein kriegerisches Ereignis zerstört", was an "zahlreichen" Waffenfunden belegt sei, außerdem habe man "mehrere Tote" gefunden. [7]

Für die 'Zweifler' ist diese Fundlage viel zu wenig umfangreich, um ein kriegerisches Ende von Troia VIIa für sicher zu halten. So seien die Knochenfunde zu gering, weisen keine eindeutigen Spuren von Waffenverursachter Verletzungen auf, und könnten genauso gut die Überreste von Trümmern Erschlagener darstellen - die Siedlung möglicherweise durch ein Erdbeben oder Großbrand zerstört worden sein. Weiterhin finden sich ausgerechnet an den Stellen der Stadt, die aus strategischen Gesichtspunkten die am heißesten umkämpften gewesen sein dürften, kaum Waffen- oder Knochenfunde, auch in gut erhaltenen Schichten Zerstörungsschutts.

Es bleibt festzuhalten: Eine sehr geringe Befundlage, die keine eindeutige Erklärung für das Ende von Troia VIIa liefert. Eine Naturkatastrophe oder ein plötzlicher Überfall scheint aber wahrscheinlicher als eine lange - ja sogar mehrjährige - Belagerung. 

Der "Klardenkende" hat also keinesfalls "genug gehört und gesehen", [8] wie Latacz meint, sondern die Diskussion um die Bedeutung Troias in der Antike und die Übereinstimmungen mit den Sagen rund um den Troianischen Krieg geht unvermindert weiter, liefert Korfmanns Interpretation doch zumindest einige offene Fragen, die von den 'Zweiflern' gänzlich konträr beantwortet werden.

Die Interpretation Troias als einer mächtigen Handelsmetropole mag auch daran liegen, dass dieses Troia nicht nur 'öffentlichkeitskompatibler' ist als das der 'Zweifler', auch die finanzielle Unterstützung der Grabungen könnte vermutlich für ein nur regional bedeutendes, analphabetisches Troia, das wenig mit der Ilias zu tun hat, um Einiges geringer ausfallen. 

Doch auch viele der 'Zweifler' kommen nicht umhin darauf hinzuweisen, dass ihre Interpretation Troias der homerischen ja sogar noch näherkommt als die der Troia-Ausstellung - auch sie suchen nach Bestätigung für die Philologie. 

So bliebe nur zu wünschen, dass in nächster Zeit die beiden Troias, das literarische und das archäologische, unabhängig von einander untersucht würden, um von ihnen beiden in der jeweiligen Disziplin ein etwas objektiveres Bild zu gewinnen, statt ständig nach Übereinstimmungen zwischen beiden zu suchen. 

Quellen und Literatur 

Hier seien nur einige Werke genannt, die einen guten Überblick bieten: 

Als einzige schriftliche natürlich Homer: Ilias 

Die Position der Korfmanngruppe wird deutlich in dem sehr ausführlichen Ausstellungskatalog Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg u.A. (Hrsg.): Troia. Traum und Wirklichkeit. [Begleitband zur Ausstellung "Troia - Traum und Wirklichkeit"] Stuttgart 2 2001 

und in dem Werk von Joachim Latacz 

Latacz, Joachim: Troia und Homer. Der Weg zur Lösung eines alten Rätsels. München3 2001. 

Weiter ins Detail geht die Zeitschrift der Troia-Ausgrabungen, Studia Troica.
Die Position der Zweifler wird deutlich in den beiden Werken Dieter Hertels, Münchner Professor für klassische Archäologie:

Hertel, Dieter: Die Mauern von Troia. Mythos und Geschichte im antiken Ilion. München 2003; Ders.: Troia. Archäologie, Geschichte, Mythos. (=C.H. Beck Wissen in der Beck´schen Reihe, Bd. 2166), München 2001

sowie durch einen Sammelband, der sich mit der aktuellen Troia-Diskussion befaßt, und Artikel zu vielen Aspekten des Problems vereint: 

Ulf, Christoph (Hrsg.): Der neue Streit um Troia. Eine Bilanz. München 2003. 

Anmerkungen

  • [1]

     Joachim Latacz: Troia und Homer. Der Weg zur Lösung eines alten Rätsels. München3 2001, S. 342.

  • [2]

     So bezeichnet Latacz die Vertreter der Gegenposition in einem Brief. Nachzulesen in: Cobet, Justus: Vom Text zur Ruine. Die Geschichte der Troia-Diskussion. In: Ulf, Christoph (Hrsg.): Der neue Streit um Troia. Eine Bilanz. München 2003, S. 19-38, hier S. 38, Anm. 57.

  • [3]

     Troia-Schicht IX - die verschiedenen Besiedelungsstufen werden von Troia I, der ältesten, bis Troia IX, der jüngsten, durchgezählt.

  • [4]

     Kolb, Frank: War Troia eine Stadt? In: Ulf, Christoph (Hrsg.): Der neue Streit um Troia. Eine Bilanz. München 2003, S. 120-145. Hier S. 127.

  • [5]

     Manfred Korfmann: Die prähistorische Besiedelung südlich der Burg Troia VI/VII. In: Studia Troica 2 (1992), S. 123-146, hier S. 144.

  • [6]

     Korfmann, Manfred: Wilusa/(W)Ilios ca. 1200 v. Chr. - Ilion ca. 700 v. Chr. In: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg u.A. (Hrsg.): Troia. Traum und Wirklichkeit. [Begleitband zur Ausstellung "Troia - Traum und Wirklichkeit"] Stuttgart2 2001, S.74-76.

  • [7]

     Ralf Becks und Diane Thumm: Untergang der Stadt in der Frühen Eisenzeit. Das Ende aus archäologischer Sicht. In: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg u.A. (Hrsg.): Troia. Traum und Wirklichkeit. [Begleitband zur Ausstellung "Troia - Traum und Wirklichkeit"] Stuttgart 22001, S. 419-424, hier S. 419.

  • [8]

     Cobet, Justus: Vom Text zur Ruine. Die Geschichte der Troia-Diskussion. In: Ulf, Christoph (Hrsg.): Der neue Streit um Troia. Eine Bilanz. München 2003, S. 19-38. Hier S. 38, Anm. 57.

Empfohlene Zitierweise

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Erstellt: 20.05.2010

Zuletzt geändert: 24.05.2010

ISSN 2194-1947