Bildungsgeschichte

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aventinus bavarica Nr. 1 (Winter 2005) 

 

Alexa Thun 

Kleiner Streifzug durch die Geschichte Bayerns. 

Die Ludwig-Maximilians-Universität in München  

Jeden Tag betreten mehrere Hundert Studenten, Professoren und Mitarbeiter die Gebäude der LMU. Sie hetzen die Gänge entlang, immer auf der Suche nach dem richtigen Raum, und laufen gedankenverloren an Skulpturen, Inschriften und Gemälden vorüber. Selbst Studenten des Historischen Seminars sind meist so sehr mit der Geschichte in ihren Köpfen beschäftigt, dass sie die Geschichte vor ihren Augen übersehen. Doch die LMU hat eine durchaus interessante Vergangenheit vorzuweisen, auf die es sich lohnt, wenigstens einen kleinen Blick zu werfen. 

Ludwig I. 

Als König Ludwig I. die Universität nach München holte, hatte sie bereits 354 Jahre lang jungen Menschen als Bildungsstätte gedient: 1472 als erste Universität Bayerns von Ludwig dem Reichen in Ingolstadt gegründet, 1800 von Kurfürst Maximilian IV., dem späteren König Maximilian I., nach Landshut verlegt, trug sie bei Regierungsantritt Ludwigs I. bereits ihren heutigen Namen: Ludwig nach ihrem Gründer, Maximilian nach dem König, der sie zum ersten Mal verlegte. Hatte der Vater noch Bedenken gegen einen studentischen Unruheherd in unmittelbarer Nähe zur Residenz gehegt, war eine der ersten Amtshandlungen Ludwigs I. der Auftrag zur Verlegung der Uni nach München gewesen. Im April 1826 wurde Eduard von Schenk mit dieser Aufgabe betraut. Bereits wenige Monate später, am 15. November 1826, fand die Eröffnungsfeier mit einer Rede des Rektors Leonhard von Dresch statt. Die Universität war in den Räumen des ehemaligen Jesuitenkollegs an der Michaeliskirche untergebracht. 

Vier Jahre später führte die Pariser Julirevolution auch in Deutschland zu Aufregung und es kam zu Dezemberunruhen durch Studenten, die sich - ebenso wie einige Dozenten - in den folgenden Jahren zunehmend radikalisierten. Der konservative Wandel in Ludwigs Regierungsstil als Reaktion hierauf konnte allerdings auch nicht verhindern, dass 1848 die Affaire um Lola Montez und die erneute Unruhe, die sich nach dem Pariser Thronsturz auch in Deutschland verbreitete, zu einer politischen Revolution führten, die Ludwig am 19. März 1848 abdanken ließ. 

Doch trotz der politischen Konflikte unter Ludwig beauftragte er 1832 Friedrich von Gärtner mit dem Bau des heutigen LMU-Hauptgebäudes, in das die Universität wenige Jahre später umzog. 

Maximilian II. und die Prinzregentenzeit 

Unter Ludwigs Sohn Maximilian wurde Bildung und Wissenschaft nun zum wesentlichen Bestandteil der Politik, da Bayern zum kulturellen Zentrum des Reiches werden sollte. Besonderes Interesse brachte Maximilian II. für die Geschichtswissenschaft auf und so wurde unter ihm Ende der 1850er das Historische Seminar gegründet. 1900 entstanden - nun bereits unter Prinzregent Luitpold, dem Nachfolger Ludwigs II. und Bruder Maximilians II. - das Seminar für Alte Geschichte, 1887 das Archäologische Seminar und 1909 das Kunsthistorische Seminar.

Wenige Jahre später brach der erste Weltkrieg aus und Bildungspolitik rückte in den Hintergrund. Die Universität bekannte sich loyal zum Reich und viele junge Männer zogen in den Krieg. 

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg 

Nachdem der Krieg zu Ende war, machte sich die Revolution auch an der LMU bemerkbar: Im Dezember 1918 fanden die ersten Münchener AStA-Wahlen statt, ein Vorläufiger Studentenrat wurde zum Revolutionären Hochschulrat und dieser wollte aus der "Klassenuniversität" eine "Volksbildungsanstalt" machen. Schließlich kam es zur "Doppelherrschaft" unter dem Revolutionären Hochschulrat und dem bisherigen Senat, die erst im Mai 1919 durch die Niederschlagung der Räterepublik in Bayern beendet wurde. Doch trotz revolutionärer Strömungen an der Universität war der Großteil der Studenten völkisch orientiert. Als Kurt Eisner am 21. Februar 1919 durch den Studenten Anton Graf Arco-Valley ermordet wurde, reagierten dessen Kommilitonen mit Begeisterung auf diese Nachricht. Nach dem gescheiterten Hitler-Putsch vom 9. November 1923 kam es am darauffolgenden Tag zu Sympathie-Kundgebungen der Studenten und am 12. November sogar zu Zusammenstößen mit Reichswehrtruppen. 

Eine Ausnahme in der Zeit zwischen den Kriegen bildete 1926/27 das Rektorat Vossler. Dieser stellte sich offen gegen die völkische Ausrichtung seiner Studenten und bestand bei Feierlichkeiten im Jahr 1927 auf die Teilnahme auch jüdischer Verbindungen. 

Dennoch gründete sich noch im selben Jahr der "Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund" und im Dezember 1930 war die NSDAP bei den AStA-Wahlen schließlich stärkste Gruppierung. 

Nationalsozialismus an der LMU 

Als Hitler 1933 die Macht übernahm, kam es kaum zu Reaktionen an der Universität. Am 10. Mai brannten am Königsplatz bereits die Bücher und am 11. Juli gab der Senat offiziell seine Bereitschaft zur Mitarbeit am nationalsozialistischen Staat bekannt. Doch Hitlers Säuberungsmaßnahmen trafen die LMU schwer: Vielen Professoren wurde die Lehrbefugnis entzogen, Vorlesungen waren nun ideologisch gefärbt, die Zulassungsregelungen rigoros. Noch tiefer war der Einschnitt durch den Kriegsbeginn 1939. Auch wenn der Lehrbetrieb fast bis Kriegsende aufrecht erhalten werden konnte, stand er im Wintersemester 1944/45 - einige Monate nach der Zerstörung des Hauptgebäudes im Juli 1944 - beinahe völlig still, zum Sommersemester 1945 lag er schließlich endgültig lahm. Doch das NS-Regime fand an der LMU nicht nur unterstützende Stimmen: 

Weit über die Grenzen Münchens hinaus ist der Protest der Gruppe Die weiße Rose bekannt, der neben den Geschwistern Hans und Sophie Scholl auch Christoph Probst, Alexander Schmorell, Professor Kurt Huber und andere Mitglieder angehörten. Die meisten von ihnen bezahlten die Auflehnung gegen das NS-Regime mit ihrem Leben. 

Die Zeit nach 1945 

Der Wiederaufbau der LMU nach dem Zweiten Weltkrieg stellte eine wahre Herausforderung dar: Über 70% der Gebäude lagen in Trümmern. 80% der Hochschullehrer wurden zunächst als "belastet" eingestuft, nach erneuter Prüfung immerhin noch 50%. Rektor Rehm war in vielen Punkten, beispielsweise die Lehrinhalte betreffend, anderer Meinung als die amerikanische Militärregierung. Erst als sich der ehemalige Rektor Vossler im Januar 1946 bereit erklärte, dieses Amt noch ein zweites Mal zu bekleiden, konnten sich Universität und Militärregierung einigen und die LMU wurde am 23. Juli 1946 als letzte der bayerischen Hochschulen feierlich wiedereröffnet. In der Aula der Universität fanden schon bald wieder die verschiedensten Ereignisse statt: Nachkriegskonzerte, Gedenkfeiern, literarische und philosophische Veranstaltungen und sogar die Beratungen zur Verfassung des neuen bayerischen Staates.

Zwei Jahrzehnte später, als sich Deutschland - zumindest wirtschaftlich - von den Folgen des Zweiten Weltkrieges erholt hatte, kam es unter anderem auch in München zu studentischen Unruhen. Die Initiative "Aktion 01. Juli 1965" machte beispielsweise auf den Bildungsnotstand aufmerksam. 1967 nahm die Unruhe zu und eskalierte ein Jahr später nach dem Attentat auf Rudi Dutschke schließlich: Der Reporter Klaus Frings, sowie der Student Rüdiger Schreck verloren hierbei ihr Leben. Bis 1974 kam es immer wieder zu Tumulten an der Universität. 

Mitte der 70er Jahre begann die bauliche Erweiterung der LMU, die bis heute andauert. Eines dieser Gebäude ist beispielsweise der Neubau des Historicums Ecke Amalienstraße/Schellingstraße, fertiggestellt Ende der 90er Jahre. 

Kleines Schlusswort 

Dieser kleine Streifzug durch die Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in München sollte vielleicht eine Anregung sein, ab und zu auch mit offenen Augen die geschichtsträchtigen Gebäude der LMU zu betreten und festzustellen, dass es in der Vergangenheit der Universität noch sehr viel mehr zu entdecken gibt, als die Erklärung, warum die LMU heißt, wie sie heißt. 

Literatur 

Ludwig-Maximilians-Universität München. Hrsg. von der Ludwig-Maximilians Universität. München 1995. 

http://www.uni-muenchen.de/ueber_die_lmu/profil/geschichte/index.html

Empfohlene Zitierweise

Thun, Alexa: Kleiner Streifzug durch die Geschichte Bayerns. Die Ludwig-Maximilians-Universität in München. aventinus bavarica Nr. 1 (Winter 2005), in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/7742/

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Erstellt: 24.05.2010

Zuletzt geändert: 26.05.2010

ISSN 2194-198X