Stadtgeschichte

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aventinus bavarica Nr. 8 (Winter 2006) 

 

Friedrich Ulf Röhrer-Ertl 

Zwei Wappenprogramme des Alten Hofes 

oder: vom Feminismus des 15. zum Posthistorismus des 20. Jahrhunderts 

Extra bavariam non est vita 

Si est vita, non est ita! [1]

Große Dinge verlangen, daß 

man von ihnen schweigt oder 

groß redet; gross, das heißt 

cynisch und mit Unschuld. 

- Friedrich Nietzsche 

Einleitung 

Nun aber ist ein Turm darunter, / An dem kann sehen einer Wunder, / Den Meister soll man billig loben, / Spitzig ist er unten und oben, / Rührt weder Erd noch Himmel an, / Tut dennoch unbeweglich stahn. [2] Wer kennt ihn nicht, den Reim von Thomas Greidl aus Steinfelden, der volkstümlich den Erker im Alten Hof besingt? Und wer ist nicht, zumindest wenn er in München zur Schule ging, schon einmal in dem ein wenig versteckten Geviert zwischen den Touristenschwemmen Marienplatz, Residenz und Platzl gestanden und hatte vor Turm und Erker stehend gehört, auf was für historischen Boden man stünde, in der Residenz Heinrichs des Löwen [3] und Ludwigs des Bayern, genau, des Kaisers, der einmal als Baby von einem Affen auf eben diesen Erker entführt worden war! Mehr oder weniger andächtig [4] hörten wir als Schüler damals zu und versuchten dann, nach Möglichkeit alles so schnell wie möglich wieder zu vergessen.

Der ein oder andere von uns mochte dann zwar zu einem späteren Zeitpunkt, von unerklärlicher Neugierde gepackt, nachschlagen und feststellen, daß sich die Geschichte mit dem Affen am dementsprechend benannten Affenturm zugetragen haben soll, der sich in der Nähe der Lorenzkapelle befand und mit ihm um 1816 abgetragen wurde. [5]

Daß Torturm und Erker des Alten Hofes auch Wappen trugen, registrierte man damals wie später nur am Rande, am ehesten fielen einem noch die Fassadenbemalung mit Rauten ("dem uralten Wappenbild der Wittelsbacher", wenn auch erst später von den Grafen von Bogen ererbt) und andere Details, wie der Brunnen aus verwittertem Rotmarmor und das von Wimmerscher Ästhetik geprägte Reiterdenkmal Ludwigs des Bayern auf. [6]

Im Rahmen der seit 2001 laufenden Umgestaltung des Alten Hofes durch private Investoren und den Freistaat Bayern und der Einrichtung einer Dauerausstellung in noch erhaltenen Gewölben von Burg- und Zwingerstock wurde Verf. gebeten, die noch vor Ort befindlichen Wappenprogramme am Torturm und zu analysieren. Auf seine naïve Frage hin, ob das denn nicht schon längst von einem der eifrigen Heimatforscher des 19. Jahrhunderts hinreichend erforscht worden sei, folgte die Antwort, daß die Malereien erst nach dem Zweiten Weltkrieg aufgedeckt bzw. entstanden seien. Tatsächlich konnten weder von Auftraggebern noch vom Verfasser eine Publikation gefunden werden, die mit mehr als einer Fußnote auf die Wappen einginge [7] und keine, die bisher eine Deutung der Programme versucht hätte. Daß ein so wichtiger Ort bayerischer Geschichte auf diesen Aspekt hin noch nicht untersucht wurde, scheint erstaunlich; doch angesichts der momentan aufgeführten geschmacksnegativen Neubauten und der Qualität der Nachkriegsbauten, die sie ersetzen, darf einen dann wohl nichts mehr überraschen.

Nicht bearbeitete Wappenprogramme 

An dieser Stelle muß ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß es, soweit bekannt, noch mindestens zwei weitere Wappenprogramme am Alten Hof gegeben hat, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden soll. Dabei handelt es sich zum einen um die Wappen an Schlußsteinen und Widmungstafel der 1816 abgerissenen Lorenzkapelle. Zum anderen handelt es sich um die Fragmente einer Wandmalerei, die um 1850 in heute nicht mehr einwandfrei identifizierbaren Räumlichkeiten ("Ahnensaal") des Alten Hofes aufgefunden wurden. [8]  Sie außerhalb dieser Studie zu halten war aus Zeitgründen notwendig, aber vertretbar, da sich die Wappen des Erkers (selbstverständlich auch nicht die des Turmes) nicht auf die späteren bzw. früheren Wappenprogramme von Wandmalerei und Kapelle beziehen. Sie jeweils für sich zu beschreiben und in ihrem Kontext zu interpretieren bleibt daher eine reizvolle Aufgabe für die Zukunft.

Das Wappenprogramm am Erker [9]

Anders als die Wappen am Torturm (s. u.) sind die Wappen des Erkers bis zu einem gewissen Grade original, wenn auch stark überarbeitet auf uns gekommen; sie stammen aus der Erbauungszeit von 1460/70, waren aber ab einem unbekannten Zeitpunkt bis zur Restaurierung und Rekonstruktion des Burgstocks ab 1956ff. übermalt gewesen. [10]

Der sich über drei Stockwerke hinziehende Erker zeigt an jeder seiner fünf sichtbaren Seiten eine klare Gliederung, die von oben nach unten aus Fenster - Ebene 2a - Ebene 1a - Fenster - Ebene 1b - Ebene 2b - Fenster - Ebene 1c - Ebene 2c besteht, wobei die Nummern eine Gewichtung nach Inhalt versuchen (2 = Wappenbild ohne Schild, 1 = Wappenbild im Schild vorhanden oder vermutet). Die Felder der obersten Ebenen (1a) sind heute je Feld mit einem Fachwerkbogen (die sich nicht im Sandtner'schen Stadtmodell, wohl aber bei Domenico Quaglio finden, s. u.) versehen und zusätzlich mit den sog. 'Bayerischen Rauten' bemalt; die größeren Ebenen 1b und 1c zeigen in jedem ihrer Felder jeweils auf rotem Grund Wappendarstellungen. Die Felder der Ebenen 2a 2b und 2c (diese die Felder des nach unten spitz auslaufenden Fußes) sind mit dem bayerischen Rautenwappen bemalt, sicherlich analog zur damaligen Fassadengestaltung. [11] Es scheint dem Verfasser nur logisch, daß auch die Felder der obersten Ebenen 1a und 2a ursprünglich mit Wappen analog zu den anderen Stockwerken bemalt waren. Demnach ergibt sich ein ursprünglicher Zyklus von fünfzehn Wappen, von denen heute noch acht erhalten sind. Diese zeigen:

Obere Reihe 


          [12]                          [13]                         [14]                      [15]                         [16]

 

Untere Reihe: 


           [17]                          [18]                      [19]                     [20]                         [21]

 

Geht man vom Mittelpunkt der ehemals 15 Wappen, dem Kaiserwappen Ludwig IV. aus, so lässt sich der Wappenzyklus als eine Darstellung von ihm und seinen Kindern und Nachfahren (nebst zugeheirateten Partnern und damit Ansprüchen) deuten. Die durch die Wappen dargestellten Personen wären demnach: [22]

Obere Reihe: 


 

Untere Reihe: 


Im Mittelpunkt des Zyklus' steht Kaiser Ludwig IV., der durch sein Kaiserwappen kenntlich gemacht wird. Zu seinen Füßen finden sich zwei Wappen, von denen das rechte das Wappen Hollands ist, also eines Teiles des Erbes, daß er seiner zweiten Ehefrau, Margarete von Holland, verdankte. So wie der Löwe als Teil für das ganze Erbe [23] steht, so steht er auch als Teil für das ganze Wappen von Margarethe, könnte also für sich auch als ihr Ort im Wappensystem interpretiert werden.

Rätsel gibt dagegen das linke Wappen, denn Ludwig IV. hat selbst niemals Polen besessen, noch Anspruch darauf erhoben. Zwar mag es sein, daß das polnische Wappen für das schlesische seiner ersten Frau Beatrix von Schlesien-Glogau steht, doch scheint ein so krasser Farbfehler dann doch recht unwahrscheinlich, [24] zumal sonst nirgendwo auf dem Erker mehr als eine Ehefrau eines Herrschers aufgeführt wurde. [25] Wahrscheinlicher ist, daß sich hier mit Brandenburg (roter Adler auf silbernem Grund) ein Territorium abgebildet findet, daß Ludwig nach dem Aussterben der Askanier als erledigtes Reichslehen einzog und an seinen Sohn Ludwig II., den Brandenburger, gab, also ohne daß eine entsprechende Hochzeit Grundlage gewesen wäre. [26]

Zusammenfassend steht also das achte Feld mit seinen Wappen sowohl für die Person Ludwig IV. als auch (und vor allem) für Kaisertitel, Brandenburg und das niederländische Erbe, alles drei Ansprüche, die zur Erbauungszeit des Erkers zwar in der Realität verloren gegangen, aber noch lange nicht aufgegeben worden waren. Spätestens hier wird also ein Anspruch der Wittelsbacher als kaiserwürdiges und -fähiges Herrscherhaus erhoben.

Verhunzungen der ursprünglichen Wappen finden sich nicht nur beim Brandenburger Wappen in Feld 08 sondern auch in Feld 15, wo sich auf der Frauenseite neben dem österreichischen Bindenschild der niederbayrische Panther (oder Pardel) eingeschlichen hat. Möglich, daß sich hier ursprünglich ein anderer Pardel, nämlich der der Steiermark befand. Derartige Missgriffe dürften eher auf die Restaurierung ab 1956. denn auf die Entstehungszeit zurückzuführen sein. 

Versuch einer Rekonstruktion des Wappenprogramms. 

Ausgehend von den noch erhaltenen Wappen, die eine annähernd vollständige Reihung der in München residierenden Wittelsbacher von Ludwig IV. bis zu Herzog Sigismund, dem Erbauer des Erkers bildet, [27] lässt sich eine Rekonstruktion des ursprünglichen Programms von 15 Wappen wagen. Demnach befanden sich in der mittleren Reihe rechts vom kaiserlichen Wappen ursprünglich die Wappen zweier Söhne Ludwig IV.; das heute in Feld 09 gemalte Herzogswappen ist demnach wie das Wappen des Freistaates Bayern in Feld 10 eine freie Erfindung der Restaurierung, es macht für sich auch keinen Sinn in einem Programm, in dem es darum geht, durch die Verbindung des stets gleichen Herzogswappen mit den Wappen der zugehörigen Ehefrauen sowohl Identitäten wie Ansprüche zu erklären. Da von den sechs ins regierungsfähige Alter gekommenen Söhnen Ludwigs damit noch zwei fehlen werden hier für die Felder 01 und 05 ihre Wappen angenommen; in welcher Reihenfolge diese vier Wappen ehemals standen, muß aber ungeklärt bleiben, da die Ordnung der erhaltenen Wappen innerhalb einer Generation nach keiner heute erkennbaren inneren Reihenfolge angebracht ist.

Die drei noch frei bleibenden Felder sind für die vier regierenden Vorfahren Ludwig IV. eines zu wenig, weswegen hier für Feld 03 ein einfaches Herzogswappen als Symbol für Otto I. und Ludwig I. vorgeschlagen wird. Die Felder 02 und 04 enthalten nach heraldisch korrekter Wertigkeit die Wappen ihrer Nachfolger Otto II. und Ludwig II. mit ihren Ehefrauen. Das Vorhandensein der Fachwerkspitzbögen in den Feldern der obersten Reihe steht dem nicht entgegen, die Wappen dürften in ihnen angebracht gewesen sein (und dort auch sehr viel mehr Sinn gemacht haben, als die heutigen Rauten, die hier nur eine unnötige Wiederholung der Reihe direkt darunter wären). 

In der Übersicht: 


 

Somit zeigte der Erker ursprünglich eine Ahnenreihe von Otto von Wittelsbach bis zur Generation seines Erbauers Sigismund, wobei den beiden bedeutendsten Mitgliedern des Hauses, dem ersten Herzog wie dem ersten Kaiser, die vornehmsten Plätze eingeräumt wurden. Mit Feld 15, das erst nach der Heirat Albrecht IV. mit Kunigunde von Österreich 1487 möglich ist, ist überdies ein Terminus ante quem non für die Entstehung des Zyklus' gegeben. 

Feminismus im 15. Jahrhundert? 

Auffallend ist die Betonung der weiblichen Komponenten dieses Wappenprogramms. Nicht nur sind - mit Ausnahme von Feld 08 (Kaiser Ludwig IV.) und den neu gemalten Feldern 09 und 10 - alle Wappen Allianzwappen mit den Zeichen der Herzöge von Bayern und ihrer jeweiligen Frauen; in den Feldern links der Mittelachse (06-07; 11-12) sind sie zusätzlich innerhalb der betreffenden Wappen auf der vornehmeren vorderen (heraldisch linken) Seite. Allein mit dem Phänomen der Sympathie [28] lässt sich das nicht erklären, da dabei normalerweise nicht die Seiten eines Wappens vertauscht werden. [29] Möglicherweise ist die Lösung dieses Rätsels in den Feldern 06 und 07 zu sehen. Speziell die Einheirat Margarete von Tirols, aber sicher auch die von Hedwig von Polen in das Haus Wittelsbach waren für die politischen Ansprüche des Hauses besonders wichtig; die dadurch erworbenen Ansprüche hatte man auch Ende des 15. Jahrhunderts sicher noch nicht vergessen. Möglich, daß man sich zur besonderen Betonung dieser Ansprüche dazu entschied, bei diesen Wappen die Frauen vor die Männer zu stellen und dies in den anderen Feldern der linken Seite der Ästhetik wegen ebenfalls durchführte.

Feminismus i. S. der heutigen Zeit darf man das eigentlich nicht nennen, ging es den Künstlern und Herrschern sicher sehr viel weniger um die Würde der Frauen als vielmehr um die politischen und territorialen Ansprüche, die man mit ihrem Körper und ihrer Herkunft verband; dennoch zeigt sich hier eine gewisse Hochachtung vor ihnen, die die Hochachtung vor der eigenen Herrscherfamilie - zumindest bis zu einem gewissen Grade - deutlich sichtbar übersteigt. Für das Selbstverständnis des ausgehenden Mittelalters ist das doch zumindest erstaunlich, wenn nicht gar modern zu nennen. 

Das bayerische Staatswappen am Erker 

Anders als das vielleicht auch nur falsch rekonstruierte Herzogswappen in Feld 09 und ebenso unzweifelhaft eine freie Ergänzung ist das Bayerische Staatswappen in seiner am 05. Juni 1950 beschlossenen Form in Feld 10. [30] Offenbar hatte der unbekannte Restaurator hier keine oder nicht genügend Reste für eine Wiederherstellung gefunden. Sicherlich war hier intendiert, dem Auftraggeber der Restaurierung, dem Freistaat Bayern, ein sichtbares Denkmal zu setzen und gleichzeitig - zumindest für den flüchtigen Beobachter - den Eindruck einer geschlossenen Reihe zu erwecken. Dennoch bleibt die Anwesenheit eines republikanischen Wappens der Neuzeit in einem heraldischen System des 15. Jahrhunderts ein Fremdkörper.

In einem freilich paßt das Staatswappen gut zu den Adelswappen des Erkers: beide erheben Ansprüche. Denn anders als das vom Heraldiker Otto Hupp entworfene erste Wappen des Freistaates von 1923 [31] zeigt es zwar mit dem "Pardel" ein Symbol für das dort unbeachtet gebliebene Niederbayern, gleichzeitig erhebt es mit dem Herzschild Anspruch auf eine (geistige oder reelle) Suprimität Oberbayerns; mehr noch, da sich hier die drei schwarzen Panther als Symbol für Schwaben nicht, wie 1923, halbiert finden, findet man den Bayerischen Staat voller Hoffnung auf ganz Schwaben - also auch auf die Territorien im heutigen Baden-Württemberg. Da das Wappenprogramm des Erkers für sich Ansprüche auf solche Territorien wie Brandenburg, Holland, Tirol usw. geltend macht, jedoch nicht auf Schwaben, eine wirklich sinnvolle Ergänzung.

Das Wappenprogramm am Torturm 

Ebenfalls eine Ergänzung der Restaurierung des Burgstocks ab 1956ff. sind die Wappen des Torturmes. Ergänzung deswegen, da ja in gewisser Hinsicht der ganze Burgstock des Alten Hofes schon für sich ein einziges, nämlich das bayerische, Wappen ist. Ist doch die Fassade durchgehend mit einem stilisierten Weckenmuster (landläufig auch: Rautenmuster) bemalt, wie er auch aus einer Abbildung des bayerischen Herzoghofs in Regensburg von 1572 bekannt ist. [32] Die Fassadengestaltung in München orientierte sich dabei an einem Bereich auf der Hofseite, der zwischen 1937 und 1940 entdeckt und freigelegt worden war. [33] Nur die Farbgestaltung - Taubenblau und Gelb statt des üblichen Blaus der Grafen von Bogen verraten die Entstehungszeit nach dem Krieg. Doch soll an dieser Stelle nicht von dieser überheraldischen Gestaltung die Rede sein; denn auf beiden Seiten des nach dem Zweiten Weltkrieg in seiner vollen Höhe rekonstruierten Turmes befinden sich zwischen dem zweiten und dem dritten Stock zu beiden Seiten des Fensters eingetiefte rechteckige, nach oben mit einer Stufe geschlossene Nischen. Diese sind schon im Sandnerschen Stadtmodell erkennbar; auch in den Zeichnungen, Radierungen und Aquarellen Johann Paul Stimmelmayrs vor 1800 und Domenico Quaglios von 1806 findet man sie. Nach der Kappung des Turmes 1813 verschwanden die Nischen zumindest auf der Straßenseite, wie bei Burmeister abgebildete Photographien zeigen. [34] Erst bei der Rekonstruktion des Turmes nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch sie wiederhergestellt. Ihr Zweck ist weitgehend ungelöst; Während bei Stimmelmayr die Nischen leer zu sein scheinen, sind sie bei Quaglio mit jeweils einem Wappen bemalt dargestellt, wobei dies wohl nicht dem damaligen Zustand entsprach, sondern eine Zutat des Künstlers darstellt. [35] Um 1956ff. wurde in jeder von ihnen von einem hier unbekannten Künstler auf grauen Zementgrund in Ritzzeichnung angelegte und ausgemalte Wappenbilder angebracht, um die es im Folgenden gehen soll.

Auf der Außenfassade des Turmes befindet sich in der linken Nische ein geviertelter Wappenschild. Die Felder 1 und 4 zeigen in üblicher Weise das Wappen des Herzogtums Bayern [36] , die Felder 2 und 3 das Wappen der Pfalzgrafen bei Rhein. [37] Über den Schild ist in naïver Verkleinerung ein Spangenhelm mit geweckter Helmdecke gelegt. Als Helmzierde fungiert abermals ein geweckter Flug, dazwischen sitzend der Pfälzer Löwe. Alles in allem ist hier also das Wappen abgebildet, wie es die Herzöge von Bayern bis zur Erhebung Maximilian I. zum Kurfürsten führen sollten. [38]

Die rechte Nische zeigt dagegen, wie an einen überstilisierten Stammbaum angehängt, drei Wappen in der Verteilung 1:2. Sie stehen für Mailand, [39] Braunschweig [40] und Görz [41]. Während das linke, bayerische Wappen für sich keinem Herrscher zugeteilt werden kann, kann die Identifikation der Personen, auf die sie sich beziehen soll nur über die drei Wappen rechts erfolgen, bei denen es sich zwangsläufig um Wappen von Ehefrauen Wittelsbacher Herrscher handeln muß. Geht man hier analog zur Erkerbemalung vor, von der die Wappen der rechten Nische bis hin zu den Fehlern im Görzer Wappen offenbar abgemalt worden sind, so handelt es sich bei den dargestellten Personen um


Warum der unbekannte Maler die Wappenbilder der Erkerfelder 11-13 auf die Fassade des Turmes übertrug, kann nur spekuliert werden. Mit der Baugeschichte des Turmes ist jedenfalls keine der genannten Personen in Zusammenhang zu bringen und auch andere Mitglieder des Hauses Wittelsbach, die mit Frauen der Häuser Visconti, Braunschweig oder Görz verheiratet waren stehen nicht unbedingt in besonderer Beziehung zum Alten Hof. Am Wahrscheinlichsten scheint, gerade auch weil auffälligerweise Wappenbilder von drei nebeneinander liegenden Erkerfeldern genommen wurden, die Hypothese, daß man sich ohne größere Überlegung drei dekorative Wappen wählte, die zum einen garantiert zur wittelsbachischen Geschichte gehören, zum anderen die weitgespannten Beziehungen des Geschlechts anzeigen sollten. Ein direkter Bezug zum Bauwerk ist damit folglich nicht gegeben. 

Auf der Hofseite befindet sich in der linken Nische das Königswappen Kaiser Ludwig IV., des Bayern. [42] Die rechte Nische zeigt abermals vor dem Hintergrund eines stilisierten (Stamm)baumes drei Wappenschilde im Verhältnis 1:2, nämlich die Wappen von Holland [43], Brabant [44] und Böhmen [45]. Möchte man bei diesen drei Wappen zuerst denken, daß es sich um die Wappen der Frauen Kaiser Ludwig IV. handele, so bringt einen schon weniges Nachdenken in eine Zwickmühle. Z.B. könnte man sich fragen, warum da drei Wappen sind, wo der Wittelsbacher bekanntlich nur zweimal verheiratet war. Oder sollte es sich bei allen drei Schilden um ein unglücklich auseinandergesägtes Allianzwappen (d.i. ein aus mehreren Wappenbildern zusammengesetztes Wappen) einer dieser beiden Damen handeln? Die erste Frau Ludwigs, Beatrix von Schlesien-Glogau fällt dabei sofort weg, ist das schlesische Wappen weder ein zusammengesetztes, noch ein Löwenwappen (es war, ohne hier auf Diskussionen eingehen zu wollen, ein Adlerwappen). Besser sieht es da mit der zweiten Frau Margarete von Holland aus. Deren Wappen ist tatsächlich aus den Wappenbildern Hollands und Brabants zusammengesetzt. [46] Kann man diese Wappen also mit den zwei ersten Wappen in der Blendnische verbinden (freilich sind sie dort in der falschen Reihenfolge, das zweite Wappen müßte in diesem Fall ordentlicherweise an erster Stelle kommen), so bliebe immer noch das dritte Wappen übrig. Bekanntlich hat es nur ein Wittelsbacher geschafft, König von Böhmen zu werden. [47] Seit der Zeit Ludwig IV. gab es freilich höchstens eine ferne Sehnsucht nach dem böhmischen Thron, der fest in der Hand der Luxemburger war; konkrete Pläne, Böhmen gegen die Pfalz einzutauschen, erstickten schon im Keim [48]. Hochzeiten zwischen seiner Familie und Mitgliedern des Hauses Wittelsbach fanden in dieser Zeit weitgehender Feindschaft nur in der Doppelhochzeit von Prag 1366 statt, eine damit rein theoretisch erworbene Anwartschaft auf Böhmen erfüllte sich indes nicht, war wohl auch nicht primär die Intention dieser Verbindungen. Das Wappenbild ergibt also im Zusammenhang keinen Sinn.

Eine Lösung findet sich nur, indem man dem Entwerfer der Wappenbilder oder dem ausführenden Maler einmal mehr grobe Unachtsamkeit vorwirft. Denn vertauscht man gedanklich die Farben und macht aus dem silbernen Löwen auf rotem Grund einen roten Löwen auf silbernen Grund, so erkennt man endlich doch einen Sinn. [49] Das Wappen eines gekrönten roten Löwens mit Doppelschweif auf Silber entspricht nämlich dem Wappen des historischen Herzogtums Limburg, womit man zumindest schon einmal in der Nähe des wittelsbachischen Erbes in den Niederlanden wäre. Bei der Nähe bleibt es allerdings, denn Limburg war nicht Teil des Erbes Margaretes von Holland und geriet überdies ab 1355 in die Hände der Luxemburger. Der rote Löwe war dementsprechend auch nie Teil ihres Wappens. [50]

Anders als bei den Wappen der Straßenseite sind diese Wappen in ihrer Ausführung nicht dem Programm des Erkers entnommen. So bleibt hier nur zu konstatieren, daß auf der Hofseite des Turmes zwar wissentlich versucht wurde, die Wappen Ludwig IV. und seiner zweiten Gemahlin Margarete von Holland darzustellen, doch daß man dabei dem Mann seinen Kaiser nahm [51] und der Frau dafür ein Herzogtum dazuaddierte. [52] Liberalitas bavariae.

Betrachtet man das "Wappenprogramm" des Turmes in seiner Gesamtheit, so zeigt es sich als ein Versuch der Nachkriegszeit, ein Wappenprogramm für die wiederhergestellten Blendnischen zu erfinden, möglicherweise da man in Anlehnung an Quaglio glaubte, sie wären auch ursprünglich dazu gedacht gewesen. Das Programm scheint gewesen zu sein, nach außen hin an die Familie Wittelsbach und ihre genealogischen Verbindungen im Allgemeinen zu erinnern, nach innen aber an den berühmtesten Bewohner, Kaiser Ludwig IV. Die Gestaltung der Wappen ist dabei fast durchgehend modern, sie lässt dort den Einfluß Otto Hupps und der Kunstströmungen des frühen 20. Jahrhunderts spüren, wo Quaglio seine Andeutungen noch im besten historistischsten Sinne ausführte. Vor allem die "Stammbäume" sind in ihrer Gestaltung durch und durch modernistisch zu nennen. Lediglich beim Adlerwappen auf der Hofseite hat man sich wohl um ältere Vorbilder bemüht. [53] Ebenfalls modern ist auch die offenkundige Nachlässigkeit in Entwurf und Ausführung. Die Fehler, die man hier machte, wären im in dieser Hinsicht manischen Historismus so wohl nicht passiert. Man hat also eine Ergänzung im schlimmsten Sinne vor sich, die weder versucht, einen vergangenen Eindruck wiederzuerwecken, noch durch eigenen Inhalt und eigenen Witz unwiederbringlich verlorenes adäquat zu ersetzen. Stattdessen wurden - bar jeder inneren Logik - Wappen von mehreren Generationen des Hauses Wittelsbach zum Schmuck eines Turmes ausgewählt, der erst nach ihnen erbaut worden ist.

Conclusio 

Die im Zuge der Rekonstruktion 1956ff. entstandenen Wappendarstellungen am Torturm mögen ihrerseits ehemals vorhandene Darstellungen ersetzen, sie tun dies aber ohne jedes Empfindungsvermögen für Wappenprogramme im Allgemeinen und Wappen der Erbauungszeit im Speziellen. Wo man sich im Zeitalter des Historismus wenigstens noch darum bemühte einen annähernden Eindruck wie aus der Entstehungszeit zu rekreiren, [54] setzte man hier ein Zeichen, das seine Entstehungszeit geradezu trotzig hinausschreit, so daß man den heutigen Sehgewohnheiten geradezu dankbar sein muß, die Wappen und ähnliche Details zugunsten des Gesamteindruckes ausblenden.

Dagegen bietet der Erker immerhin noch acht weitgehend originale Wappenfelder, die immerhin zulassen, eines der interessantesten Wappenprogramme Bayerns bis zu einem gewissen Grade zu rekonstruieren und so die (Kultur-)Geschichte der Wittelsbacher im 15. Jahrhundert um eine weitere, reizvolle Facette zu erweitern.

Anzuregen bliebe, bei einer der nächsten Restaurierungen darüber nachzudenken, ob man die unsensiblen Ergänzungen der Nachkriegszeit, so etwa das bayerische Staatswappen am Erker, nicht durch passendere Darstellungen ergänzt. Sowohl für die Turmnischen als auch für die jetzt unbemalten oder falsch bemalten ließen sich akzeptablere Programme entwickeln und geschmacksneutraler ausführen. Ergänzungen einer späteren Zeit sollten nicht immer schreiend auf sich aufmerksam machen, sie könnten sich ja auch sehr gut einmal bescheidener vor der Geschichte benehmen. 

Man kann diese Ergänzungen der Nachkriegszeit aber auch genauso gut am Platz belassen, wo sie auch weiter vom Geist ihrer Zeit künden mögen. Der Erker zwischen Himmel und Erde ist etwa durch das bayerische Staatswappen um eine feine Ironie reicher; so wie die Ansprüche, die Ludwig der Bayer mit seiner Heiratspolitik erworben hatte, zur Entstehungszeit des Erkers bereits Makulatur geworden waren, so mag sich der Freistaat Bayern mit seinen Ansprüchen ruhig dazu gesellen. Nach den Regeln der Heraldik werden so die einen Teil vom anderen. Ein Schelm, wer bei Brandenburg und Reichswappen, bei Mailand und Görz und den Niederlanden [55] an Ansprüche moderner bayerischer Politik denkt!

Literatur 

Bauer, Reinhard: Münchens Altstadt. München (Das Stadtteilbuch), 1994. 

Behrer, Christian: Das unterirdische München.Stadtkernarchäologie in der bayerischen Landeshauptstadt. München, 2001. 

Bekh, Wolfgang Johannes: Münchner Winkel und Gassen. Spaziergänge zu kleinen Paradiesen. Mit Bildern und Zeichnungen von Josef Wahl. Dachau, 1996. 

Burmeister, Enno: Die baugeschichtliche Entwicklung des Alten Hofes in München. München, 1999. 

Gall, Franz: Österreichische Wappenkunde. Wien,1977. 

Glaser, Hubert [Hrsg.]: Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1180-1350. München (Wittelsbach und Bayern; I,1), 1980. 

Ders. [Hrsg.]: Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern. Katalog zur Ausstellung auf der Burg Trausnitz in Landshut 14.Juni-5.Oktober 1980. München (Wittelsbach und Bayern; I,2), 1980. 

Hoffmann, Helmut: Freistaat Bayern und Bezirke.München (Textheft zur Wandzeitung Gesellschaft und Staat; 3/87), 1987. 

Holzfurtner, Ludwig: Die Wittelsbacher. Staat und Dynastie in acht Jahrhunderten. Stuttgart (Kohlhammer-Urban Taschenbücher;592), 2005. 

Menzel, Michael: München. Ludwig der Bayer und der Alte Hof, in: Schmid, Alois und Weigand, Katharina [Hrsgg.]: Schauplätze der Geschichte in Bayern. München, 2003, S. 134-148. 

Neubecker, Ottfried: Heraldik. Wappen – ihr Ursprung, Sinn und Wert. Augsburg, 1990. 

Oelwein, Cornelia: Auf den Spuren des Löwen in Bayern. Dachau, 2004.

Seyler, Gustav A: Geschichte der Heraldik. Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft. Nürnberg (Johann Siebmacher's großes Wappenbuch; A), 1890. 

Volkert, Wilhelm: Die Bilder in den Wappen der Wittelsbacher, in: Glaser, Hubert [Hrsg.]: Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst1180-1350. München (Wittelsbach und Bayern; I,1), 1980, SS. 13-32. 

Anmerkungen

  • [1]

     Der Verfasser möchte an dieser Stelle betonen, wie bedauerlich es ist, daß scheinbar noch niemand endgültig der Frage nachgegangen zu sein scheint, wo obiger Spruch nun eigentlich wirklich herrührt, obschon er ihm für das moderne bayerische Selbstverständnis ebenso bedeutsam erscheint wie das Pollinger “Liberalitas Bavariae”.

  • [2]

     Zitiert nach Bekh (1996), S. 22.

  • [3]

     Man bedenke, dem charmanten Gründer Münchens und notorischen Zündler, zumindest, was Brücken angeht.

  • [4]

     Schließlich war das bei Verf. vor der Zeit von Game Boy und Pokémon, sozusagen in der “guten alten Zeit”.

  • [5]

     Daß Kapelle und Turm in dieser Form vielleicht erst unter demselben Kaiser Ludwig dem Bayern erbaut worden sind, der doch als Baby dorthin entführt worden sein soll und daß die große Zeit des alten Hofes als Tiermenagerie noch später war, fällt gegenüber dem nun restlos zerstörten Vertrauen gegenüber Lehramtspersonen dann kaum noch ins Gewicht. Acta est fabula, in der Tat. Zur Bedeutung des Alten Hofes als Residenz Ludwig IV. vgl. den wohltuend entmythisierenden Artikel von Menzel (2003), zum Alten Hof als Tiermenagerie Oelwein (2004), S. 65-74. Eine Version der wahrscheinlich erst im 19. Jahrhundert entstandenen Affensage findet sich bei Bauer (1994), S. 102.

  • [6]

     Hier wie im Folgenden sei als Grundlage auf Burmeister (1999), sowie Behrer (2001), SS. 27-59 verwiesen, wobei keine der beiden Publikationen als ideal beschrieben werden kann. Eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Bau-, Kunst- und Kulturgeschichte des Alten Hofes stellt ein Desideratum dar.

  • [7]

     Bei Burmeister (1999), S. 48, Fußnote 93. die dortige Identifikation, obere Reihe: “Pfalz-Bayern, Herzogtum Cleve / Visconti von Mailand, Pfalz-Bayern / Ludwig d. Bayer, Tirol (Farben vertauscht), Habsburg / Herzogtum Braunschweig, Pfalz-Bayern / Markgrafschaft Brandenburg, Pfalz-Bayern” Untere Reihe: “Pfalz-Bayern, Grafen von Görz / Tirol (Farben vertauscht), Pfalz-Bayern / Pfalz-Bayern, Österreich – Steiermark / Herzoglich bayerisches Wappen / Bayerisches Staatswappen (seit 1950)” Der Vergleich mit der hier vorgelegten Deutung sei jedem Leser für sich überlassen.

  • [8]

     Die um 1460 vielleicht von Gabriel Mäleßkirchner geschaffenen Fresken zeigen eine Reihe der Herrscher Bayerns von den Anfängen bis zum wahrscheinlichen Auftraggeber Sigismund von Bayern in Form von Halbfiguren mit Wappen und Versinschriften. Neben den erhaltenen Fragmenten ist der Zyklus dabei durch mehrere Abschriften sowie eigenständig abgeleiteten Zyklen in Amberg und Heidelberg dokumentiert. Sowohl die erhaltenen Malereien als auch die Wappensteine der Lorenzkapelle befinden sich heute in den Sammlungen des Bayerischen Nationalmuseums. Zu den Fresken und ihrer Geschichte Burmeister (1999), S. 48ff., ebenso Glaser, Katalog (1980), S. 27, 78f.

  • [9]

     Im Folgenden wurde versucht, die heraldische Fachsprache soweit als möglich aufzulösen, um auch Lesern ohne Kenntnis ein reibungsloses Verständnis zu ermöglichen. Beibehalten wurden allerdings einige wenige Nomenklaturen, vor allem “heraldisch rechts” = links sowie “heraldisch links” = rechts. Weswegen sie der in solchen Details sonst akribischen Forschung des 19. Jahrhunderts entgangen sind.

  • [10]

     Weswegen sie der in solchen Details sonst akribischen Forschung des 19. Jahrhunderts entgangen sind.

  • [11]

     Und, anders als bei der Fassadenbemalung des Burgstocks in korrektem Blau statt in Taubenblau und Gelb.

  • [12]

     Gespalten, vorne in Rot ein silberner (weißer), gekrönter Adler; hinten geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet). Adler und Löwe sind im vorliegenden Fall aus Sympathie nach hinten (heraldisch links) gewendet. Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 15.

  • [13]

     Gespalten, vorne in Silber (Weiß) ein roter, mit gold belegter Adler; hinten geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet). Adler und Löwe sind im vorliegenden Fall aus Sympathie nach hinten (heraldisch links) gewendet. Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 15. Zum Wappen von Tirol Gall (1977), SS. 138f.

  • [14]

     Ludwig IV.: In Gold (Gelb) ein schwarzer, rot bezungter und bewehrter doppelköpfiger Adler, mit einem Herzschild belegt; dieses in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet). Dazu Volkert (1980), SS. 17f. Königreich Polen: in Rot ein silberner (weißer), goldbewehrter (und an sich gekrönter)Adler. Herzogtum Holland: in Gold (Gelb) ein roter (eigentlich blau bezungter und bewehrter) Löwe. Hierzu Gall (1977), SS. 156f.

  • [15]

     Geviertelt. Die Felder 1 und 4 in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet), die Felder 2 und 3 in Schwarz ein goldener, rot bezungter, bewehrter und gekrönter Löwe. Hierzu wie allgemein zum bayerischen Wappen immer noch grundlegend Volkert (1980).

  • [16]

     ] "Gesetz über das Wappen des Freistaates Bayern" vom 5. Juni 1950: "Das große bayerische Staatswappen besteht aus einem gevierten Schild mit einem Herzschild. Das erste Feld zeigt in Schwarz einen aufgerichteten goldenen, rotbewehrten Löwen; das zweite Feld ist von Rot und Weiß (Silber) mit drei aus dem Weiß aufsteigenden Spitzen geteilt; das dritte Feld zeigt einen blauen, goldbewehrten Panther auf weißem (silbernem) Grund; im vierten Feld sind auf Gold drei schwarze übereinander angeordnete, herschauende, rotbewehrte Löwen dargestellt. Der Herzschild ist in Weiß (Silber) und Blau schräg rechts gerautet. Der Schild wird von zwei goldenen, rot bewehrten Löwen gehalten. Auf dem Schild ruht eine Volkskrone; sie besteht aus einem mit Steinen geschmückten goldenen Reifen, der mit fünf ornamentalen Blättern besetzt ist." Davon abweichend im vorliegenden Fall der reine Wappenschild ohne Schildhalter und Volkskrone. Zum Selbstverständnis des bayerischen Staatswappens als Überblick unverzichtbar Hoffmann (1987).

  • [17]

     Gespalten, vorne in rot zwei goldene (gelbe), eigentlich rot bezungte und bewehrte Löwen übereinander; hinten geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet). Alle Löwen sind im vorliegenden Fall aus Sympathie nach hinten (heraldisch links) gewendet. Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 15.

  • [18]

     Gespalten, vorne in Silber (Weiß) eine blaue Schlange, die einen roten Menschen verschlingt; hinten geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet). Schlange und Löwe sind im vorliegenden Fall aus Sympathie nach hinten (heraldisch links) gewendet. Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 15.

  • [19]

     Gespalten, vorne geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet); hinten schräggeteilt, vorne dreifach – eigentlich: fünffach – silbern (weiß) vor rot schräglinksgeteilt, hinten in blau ein goldener – eigentlich gekrönter – Löwe. Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 15. Zum Wappen von Görz siehe Gall (1977), S. 130.

  • [20]

     Gespalten, vorne geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet); hinten in Rot ein goldenes (gelbes), achtstrahliges Glevenrad (Lilienhaspel). Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 13.

  • [21]

     Gespalten, vorne geteilt, oben in Schwarz ein goldener (gelber), rot gekrönter, bezungter und bewehrter Löwe, unten in Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet); hinten geteilt, oben in Rot ein silberner (weißer) Balken, unten in Silber (Weiß) ein blauer, rot bezungter und bewehrter Panther (Pardel). Zum bayerischen Wappen siehe Fußnote 15. Zum österreichischen Bindenschild Gall (1977), SS. 124f, zum Wappen der Steiermark ebd., S. 138.

  • [22]

     Prosopographische Daten nach Holzfurtner (2005), S. 462ff.

  • [23]

     Bestehend aus Holland, Seeland und dem Hennegau. Dazu Holzfurtner (2005), S. 77.

  • [24]

     Schlesien führt bekanntlich in seiner Grundform einen schwarzen Adler auf goldenen Grund. Vgl. Gall (1977a), SS. 178f.

  • [25]

     Wobei sich etwa bei Ludwig V. (Feld 07) die erste Ehefrau, bei Ludwig dem VI. (Feld 06) die zweite Ehefrau abgebildet findet, die Auswahl geschah hier also nicht einheitlich, sondern nach dem politischen Wert der jeweiligen Verbindung, so wie sie Ende des 15. Jahrhunderts wahrgenommen wurden.

  • [26]

     Dementsprechend stünde das holländische Wappen analog nicht für die Person Margarete, sondern ausschließlich für ihr territoriales Erbe.

  • [27]

     Wobei das Wappen der unverheirateten Herzöge Johann IV. und Sigismunds selbst als solche nicht auftauchen, doch dürften sich woanders am Burgstock und im sonstigen Alten Hof genügend Darstellungen des Herzogswappens befunden haben, so daß man am Erker auf sie verzichten konnte. Dagegen wurden die nach dieser Hypothese für sich fehlenden Wappen der Herzöge Stephan III und Friedrich wohl weggelassen, weil man sie als in Ingolstadt bzw. Landshut ansässig empfand.

  • [28]

     Also der Drehung figürlicher Wappenbilder eines größeren Programms zu einer gedachten Mittelachse hin.

  • [29]

     Denn dann würde ja, wie in diesem Fall, auch der Träger des Wappens wechseln.

  • [30]

     Zur Blasonierung siehe Fußnote 16.

  • [31]

     Dazu Volkert (1980), S. 22f.

  • [32]

     Abbildung Glaser, Katalog (1980), S. 57. Bedauerlich aus heutiger Sicht ist, daß die Umwandlung der Überreste des Gebäudes in ein großdeutsches Postamt ab ca. 1936 die Fassade eine bis heute gültige gelbe Fassung und keine bayerische nach diesem Vorbild bekam.

  • [33]

     Dieser freigelegte Bereich ist auf der bei Burmeister (1999), S. 103 abgebildeten Photographie gut zu erkennen. Da sie auf 1940 datiert ist, 1937 aber noch ein guter Teil des Turmstumpfs mit einer Malerei, die den legendären Steinwurf Herzog Christophs von Bayern (1449-1492) zeigte, bedeckt wurde, dürfte die Freilegung in den Jahren dazwischen erfolgt sein. Obwohl es sich um eine schwarz-weiße Photographie handelt, scheinen die Wecken doch nicht nur in einer Farbe zu sein, sondern auch in einer kräftigen. Demnach war der Turm ursprünglich nicht mit den heutigen sanften Farben, sondern mit kräftigen blauen Wappenrauten bemalt, sicherlich analog zu den Mustern am Erker!

  • [34]

     Eine Abbildung des Alten Hofes im Sandtnerschen Modells bei Burmeister (1999), S. 57, sowie bei Behrer (2001), S. 32; die Turmansichten Stimmelmayrs Burmeister (1999), S. 78, die Ansicht Quaglios (nur Hofseite) Burmeister (1999), S. 83 und Behrer (2001), S. 30. Die auf Quaglio aufbauenden, um 1870 enstandenen Ansichten Carl August Lebschées zeigen den Turm jeweils so, daß die Nischen durch andere Gebäudeteile verdeckt sind. Die Abbildung der Straßenseite des Turmes ohne Nischen findet sich bei Burmeister (1999), S. 88 (Michel Neher, zw. 1819 und 1842).

  • [35]

     Siehe die Abbildung bei Burmeister (1999), S. 83 oder Behrer (2001), S. 30. Die Gestaltung als Tartschenschilde mit aufwändig gestaltetem Oberwappen entspricht zu sehr dem Geiste der Romantik, als daß sie Anfang des 19. Jahrhunderts auf diese Weise vorhanden gewesen sein dürften. Burmeister (1999), S. 48, sieht in den Nischen dagegen vermauerte Schießscharten, doch scheint dies bei ihrer Größe mehr als unwahrscheinlich. Er hat auch für alle Wappen des Turmes eine eigene Deutung vorgelegt (Fußnote 91), die bei der Deutung der Wappen auf der Hofseite erheblich von der hier vorgelegten abweicht.

  • [36]

     In Silber (Weiß) vor Blau geweckt (schräggerautet). Dazu Volkert (1980), S. 14.

  • [37]

     In Schwarz ein goldener, rot bezungter, bewehrter und gekrönter Löwe. Vgl. Volkert (1980), S. 14f.

  • [38]

     Damals wurde ein roter Herzschild mit einem goldenen Reichsapfel – als Zeichen der widerrechtlich angeeigneten Kurwürde – hinzugefügt. Vgl. Volkert (1980), SS. 18ff.

  • [39]

     In Silber (Weiß) eine blaue Schlange, die einen roten Menschen verschlingt.

  • [40]

     In rot zwei schreitende goldene, blau bezungte und bewehrte Löwen. Die Hinwendung der Löwen nach hinten (heraldisch links) erfolgt im vorliegenden Fall aus Sympathie; als einzeln gestelltes Wappen würden die Löwen in die andere Richtung laufen.

  • [41]

     Schräggeteilt, vorne dreifach – eigentlich: fünffach – silbern (weiß) vor rot schräglinksgeteilt, hinten in Blau ein goldener – eigentlich gekrönter – Löwe. Zum Wappen von Görz siehe auch Gall (1977), S. 130.

  • [42]

     Auf goldenen (gelben) Grund ein schwarzer, nach vorne (heraldisch rechts) blickender einköpfiger Adler, auf der Brust ein von silber (weiß) vor blau gewecktes bzw. schräggerauteter Wappenschild. Zur Problematik des einköpfigen Adlers als Königsadler siehe Neubecker (1990), S. 125f.., sowie Seyler (1890), S. 281ff. Eine hinreichende Darstellung der Entwicklung der Reichssymbolik, wie sie etwa bei Gall (1977), S. 41 gefordert wird, steht bis heute aus.

  • [43]

     Auf Gold (gelb) ein roter, nach vorne (heraldisch rechts) blickender, blau bezungter und bewehrter Löwen. Burmeister (1999), Fußnote 91, deutet es als das Wappen von Habsburg. Zum Wappen von Holland Gall (1977), S. 156f.

  • [44]

     Auf schwarzen Grund ein goldener, nach hinten (heraldisch links) blickender, rot bezungter und bewehrter Löwe; die Wendung des Löwens erfolgt hier aus Sympathie, für sich würde er wie die anderen Wappenbilder des Feldes nach vorne (heraldisch rechts) blicken. Burmeister (1999), Fußnote 91, deutet dieses Wappen als das Wappen der „Grafschaft Pfalz“. Zum Wappen von Brabant Gall (1977), S. 152.

  • [45]

     Auf rotem Grund ein silberner (weißer), nach vorne (heraldisch rechts) blickender, rot bezungter und bewehrter, mit einer goldenen (gelben) Krone geschmückter Löwe mit Doppelschweif. Burmeister (1999), Fußnote 91 deutet dieses Wappen ebenfalls als das böhmische, ohne es zu hinterfragen. Zum böhmischen Wappen Gall (1977), S. 174f.

  • [46]

     Es zeigt geviertelt in den Feldern 1 und 4 auf Gold einen schwarzen, rot bezungten und bewehrten Löwen, in den Feldern 2 und 3, ebenfalls auf Gold, einen roten, blau bezungten und bewehrten Löwen. Dasselbe Wappenbild findet sich bis heute als Wappen der belgischen Provinz Hennegau. Vgl. Volkert (1980), S. 15.

  • [47]

     Nämlich Kurfürst Friedrich von der Pfalz, der als Winterkönig 1618/1619 bekanntlich eine wenig schmeichelhafte Figur abgeben sollte.

  • [48]

     Zu Ludwig IV. und Böhmen siehe Holzfurtner (2005), S. 72.

  • [49]

     Wobei sich der Verf. durchaus bewußt ist, daß solche Gedankenspiele nur mit besonderer Begründung erlaubt sein sollten. Diese findet sich in diesem Falle bei jenem Feld 08 des Erkers, wo der Restaurator – den man wohl als identisch mit dem Maler der Turmwappen annehmen darf – ebenfalls die Farben Silber und Rot vertauschte und aus der Mark Brandenburg das Königreich Polen machte, s. o.

  • [50]

     Lediglich Max Emanuel sollte als Statthalter in den Niederlanden u. a. den Limburger Löwen in seinem Wappenschild führen, s. Volkert (1980), S. 15.

  • [51]

     Was sich aber dadurch begründen ließe, daß er doch schon als König in München gerne weilte. Nur dann hätte man auch den Adler ganz weglassen können, denn auch als Herzog hielt er sich in München auf.

  • [52]

     Und, weil es doch im Grunde genommen eh' schon egal ist, die Reihenfolge von Holland und Hennegau vertauschte.

  • [53]

     So könnte etwa die bemalte Holzdecke des ehem. Herzoghofs in Regensburg als Vorbild gedient haben, die in den Jahren 1936-1940 aufgedeckt und restauriert worden war. Abbildung bei Glaser, Beiträge (1980), Abbildung 46.

  • [54]

     Wobei man durchaus über das Ergebnis schaudern darf.

  • [55]

     Die Grafschaft Holland als pars pro toto und die heutigen Niederlanden dito, so daß wir auch sehr schnell bei Brüssel sind.

Empfohlene Zitierweise

Röhrer-Ertl, Friedrich Ulf: Zwei Wappenprogramme des Alten Hofes oder: vom Feminismus des 15. zum Posthistorismus des 20. Jahrhunderts. aventinus bavarica Nr. 8 (Winter 2006), in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/7743/

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Erstellt: 24.05.2010

Zuletzt geändert: 28.05.2010

ISSN 2194-198X