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aventinus mediaevalia Nr. 16 [29.04.2011] / PerspektivRäume Jg. 1 (2010), H. 2, S. 32-51 

Henrike Schmidt 

„Ein schrîber uoch bî mir beleip ...“ 

Der Einfluss der Hanse auf das mittelalterliche Bildungswesen 

 

1. Einleitung 

Zwei Entwicklungen gilt es bei der Betrachtung des mittelalterlichen Bildungswesens in hansischer Zeit im Blick zu behalten: Zum einen die Ergänzung des zum Teil seit frühmittelalterlicher Zeit bestehenden schulischen Bildungsangebotes in kirchlicher Hand durch neue bürgerliche Latein- und Schreibschulen in den Städten; zum anderen die Ausbildung des in früherer Zeit weitgehend schriftlosen Gewerbes der Kaufleute zur nun städtisch geprägten bürgerlichen „Bildungselite“ [1] des Spätmittelalters. Es scheint kaum möglich, dass diese beiden fast zeitgleich hervortretenden Faktoren nicht in irgendeinem Zusammenhang zueinander standen. Ziel der vorliegenden Untersuchung soll es daher sein, diese Verknüpfung zu untersuchen und darzustellen. Im Norden des Reiches, mit dem wir uns hier befassen, waren zudem die Fernkaufleute, die meist die Bildungselite und die ratsfähigen Geschlechter der Städte stellten, und später die Städte selbst in der Hanse organisiert. Demnach könnte, leicht überspitzt formuliert, die Frage lauten: Welchen Einfluss hatte die Hanse auf die Herausbildung eines bürgerlichen Bildungswesens in den norddeutschen Städten?

Bei dem Versuch der Beantwortung dieser und anderer Fragen bezüglich des spätmittelalterlichen bürgerlichen Schulwesens tritt allerdings, wie allgemein bei sozialgeschichtlichen Fragestellungen zu beobachten ist, eine gewisse Quellenproblematik in den Vordergrund: Die Forschung ist über das kirchliche Bildungswesen, die Kloster-, Dom- und Stiftsschulen, teilweise bis in Einzelheiten hinein unterrichtet. Die Kirche war in der Regel ein Hort der Schriftlichkeit. Bildung und Wissensvermittlung wurden im Laufe des Mittelalters ein Teil ihrer Identität, weshalb auch das (spät)mittelalterlich-frühneuzeitliche Schulwesen verhältnismäßig gut beleuchtet ist. Hier rückte durch den Einfluss der Reformation das Schulwesen stärker in den Vordergrund. Es ist aufgrund der Erfassung durch die landesherrliche Verwaltung sowohl in Quantität als auch Qualität der Nachweise besser bezeugt.  

Die Quellenlage für die Zeit des Spätmittelalters, als es unter der Ägide des aufstrebenden Bürgertums zur Gründung von städtischen Schulen kam, ist hingegen eher spärlich zu nennen. Den praktisch orientierten, handwerklich oder kaufmännisch tätigen Bürgern war das vermittelte Wissen lediglich von funktionaler Bedeutung. In der Regel existieren lediglich Quellen über die »äußere Geschichte« der Schulen, zum Beispiel Konflikte mit der Kirche, Anstellungsverträge von Schulmeistern oder Regelungen über Schulgrundstücke betreffend. Über die »innere Geschichte«, den alltäglichen Schulbetrieb oder konkreten Unterricht, legen hingegen nur private Quellen in seltenen Fällen Zeugnis ab. [2]

Trotzdem oder gerade deshalb findet sich eine Reihe von grundlegenden Werken, die sich mit dem mittelalterlichen Schulwesen befassen und noch immer für eine diesbezügliche Arbeit heranzuziehen sind, die jedoch auffälligerweise noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. [3] Als deren Nachfolger machte sich vor allem Fritz Rörig um die Geschichte des deutschen Schulwesens verdient, wenn auch zu bemerken ist, dass die Vorlage einer Monographie zur Thematik ausblieb. [4] Aus neuerer Zeit sind in erster Linie die Werke des Wirtschaftswissenschaftlers und Pädagogen Hanns-Peter Bruchhäuser zur mittelalterlichen Kaufmannsbildung, des Mediävisten Martin Kintzinger zur Bildungsgeschichte allgemein [5] sowie des Mediävisten Klaus Wriedt zu einzelnen Themen der mittelalterlichen städtischen Bildungsgeschichte [6] von vorrangiger Bedeutung. Aus diesen, in ihren vor unterschiedlichen historischen Hintergründen vertretenen Ansatzpunkten, so verschiedenen Werken bildet sich die Grundlage für Fragen zum mittelalterlichen Bildungswesen. Eine umfassende Untersuchung zur spezifisch hansischen Bildungsgeschichte [7] fehlt bislang.

Inhaltlich wird das bürgerlich-städtische Schulwesen unter den folgenden Aspekten behandelt werden: Wer waren die Initiatoren und Träger der neu gegründeten Schulen, wer die Lehrer und die Unterrichteten? Welche Inhalte wurden vermittelt und zu welchen Konflikten kam es mit dem bisherigen hauptsächlichen Bildungsträger, der Kirche? Auf dieser Grundlage wird schließlich die eingangs gestellte Frage nach der spezifischen Rolle der Hanse bei den skizzierten Entwicklungen beantwortet. Zum Zweck einer Kontextualisierung erfolgt jedoch zunächst eine Darstellung der zumeist kirchlichen Schulen und der kaufmännischen Ausbildung im Früh- und Hochmittelalter. 

2. Vor der Gründung der städtischen Schulen 

2.1 Das kirchliche Bildungswesen im Früh- und Hochmittelalter

Das kirchliche Bildungswesen gliederte sich beinahe das gesamte Mittelalter hindurch grob in die Bereiche der Kloster-, Dom- und Pfarrschulen. In der Regel werden die Klosterschulen an erster Stelle genannt, da sie vom 8. bis zum 10. Jahrhundert das geistliche Schulwesen dominierten. Wenn auch vielleicht nicht für jedes Kloster ein so hoher Standard angenommen werden kann wie für die herausragendsten Vertreter St. Gallen, Reichenau und Fulda, gehörten doch die Schulmeister in derartigen Zentren der Klerikerbildung oft gleichzeitig zu den angesehensten Gelehrten ihrer Zeit. [8]

Der Lehrplan bestand, vermutlich nach einem grundlegenden Unterricht im Lesen und Schreiben, im Wesentlichen aus dem aus der Antike überlieferten Lehrkanon der Sieben Freien Künste. [9] Der Lehrkanon umfasste zum einen das Trivium (Grammatik, Dialektik/Logik, Rhetorik) und zum anderen, darauf aufbauend, das Quadrivium (Arithmetik, Astronomie, Geometrie, Musik). [10] Als geistige Väter dieses Kanons können für das Mittelalter Cassiodor und Alkuin gelten, die die Septem artes liberales dem Studium der Theologie als grundsätzlichen „Lehrplan“ verordneten. [11] Tatsächlich blieb dieser Aufbau, wenngleich nicht unberührt von zeitgenössischen Wandlungen seines inneren Verständnisses, bis ins späte Mittelalter hinein bestehen. Erst dann verlor er mit der extremen „Wissensvermehrung“, der beginnenden Distanz zwischen Wissenschaft und Theologie sowie der nationalen Differenzierung der Bildungswelten allmählich seine Stellung als „Einheitslehrplan“. [12] Nachdem vom „Reichsschulmeister“ [13] Alkuin sanktionierten und verordneten Verfahren wurden die Artes jedoch, wenigstens dem Idealbild nach, in den Klosterschulen unterrichtet, meist von dem Schulmeister des Konvents, der bei größeren Schulen von Gehilfen unterstützt werden konnte. [14] Über den Unterricht hinaus war es seine Aufgabe und die seiner Gehilfen sowie besonderer Wächter, seine Schützlinge quasi Tag und Nacht zu überwachen, um einem etwaigen „Sichgehenlassen“ [15] vorzubeugen. Kam es doch einmal zu Regelverstößen, bestand die Strafe meist aus Schlägen mit der Rute, die teilweise noch bis heute mit dem Lehrerberuf assoziiert wird. [16]

Die Schüler setzten sich aus Angehörigen des Adelsstandes aber vermutlich auch aus armen Laien zusammen, die von ihren Eltern als Oblaten dem Kloster übergeben wurden und gemeinsam in einem Raum, bei zu großer Anzahl auch in verschiedenen Abteilungen, unterrichtet wurden. [17] Umstritten ist die Existenz von sogenannten äußeren Schulen neben den inneren, die der Ausbildung der Novizen vorbehalten waren: So meinte zum Beispiel schon Franz A. Specht, wie auch viele Autoren nach ihm, auf einem Klosterplan von St. Gallen sowohl ein Schulhaus für die Oblaten und Novizen als auch eine äußere Schule [18] entdecken zu können. Allerdings ist die Bezeichnung des östlich der Kirche gelegenen Novizenhauses als Schule umstritten. Deshalb konstatiert Martin Kintzinger: „Eine ‚äußere Schule’, gern für die moderne Vorstellung einer karolingerzeitlichen öffentlichen Schule (scola publica) bemüht, ist aber nirgends zu belegen.“ [19] Für die Kloster- sowie auch die Dom- und Stiftsschulen der in hochmittelalterlicher Zeit aufblühenden Städte sind derartige „äußere“, nicht für den Klerikernachwuchs bestimmte Schulen, nachweisbar. [20]

In diesen an Bischofssitzen angesiedelten Schulen war schon seit frühmittelalterlicher Zeit der künftige Diözesanklerus ausgebildet worden. Bereits Karl der Große hatte in seiner berühmten Admonitio generalis die Einrichtung sowohl von Kloster- als auch von Domschulen gefordert: [21]

Et ut scolae legentium puerorum fiant. Psalmos, notas, cantus, compotum, grammaticam per singula monasteria vel episcopia et libros catholicos bene emendate; quia saepe, dum bene aliqui Deum rogare cupiunt, sed per inemendatos libros male rogant. Et pueros vestros non sinite eos vel legendo vel scribendo corrumpere; et si opus est euangelium, psalterium et missale scribere, perfectae aetatis homines scribant cum omni diligentia. [22]

Dominierten unter den Karolingern noch die Klosterschulen das Schulwesen, neigte sich die Waage in ottonischer Zeit zugunsten der Dom- und Stiftsschulen: Begründet lag diese Entwicklung in der von den Ottonen begonnenen und von den Saliern fortgeführten Reichskirchenpolitik, die ihren Schwerpunkt von den Klöstern auf die Bischofskirchen verlagerte und den dort ansässigen Klerus mit verantwortungsvollen politischen und administrativen Aufgaben versah. Durch die königliche Förderung kam es, wie schon im Falle der Klosterschulen, zur Herausbildung bedeutender Schulorte, deren Lehrmeister als wissenschaftlich führende Gelehrte überregionales Ansehen genossen. [23]

Anders als in den Klöstern stellten die Kleriker hier keinen Ordenskonvent mehr dar, sondern eine Kanonikergemeinschaft, deren Mitglieder später durch feste Pfründe (Präbenden) versorgt waren. An die Seite des Schulmeisters, dessen Stelle ebenfalls mit seiner Scholasterpräbende verbunden war, traten weitere Lehrer und Hilfskräfte, so dass das Lehrpersonal sich differenzierter gestaltete als in den Klöstern. Allerdings kam es durch die Möglichkeit des Schulmeisters, seine Unterrichtstätigkeit zu delegieren, im Spätmittelalter teilweise zu Klagen, die den für diese Aufgabe zu geringen Wissensstand der Beauftragten bemängelten. Der Lehrplan hingegen, wie allgemein üblich aus den Artes bestehend, war dem der Klosterschulen sehr ähnlich, wenn auch in den Domschulen von Beginn an größeres Augenmerk auf praktische Qualifikationen für seelsorgerische, politische und administrative Aufgaben gerichtet wurde. Aus diesem Grund mag der Besuch einer solchen Schule nun auch für Laien attraktiv geworden sein. Tatsächlich lässt sich auch die vieldiskutierte Trennung in eine innere und eine äußere Schule für die Domschulen des 10. Jahrhunderts erstmals nachweisen: [24]

„Erst an den Stifts- und Domschulen kam es zu einer förmlichen Unterscheidung in solche Schüler, die künftige Kanoniker und teilweise schon als Schüler bepfründet waren (canonici scolares), solche, die als künftige Weltkleriker oder als Laien ihren Schulbesuch anderweitig finanzierten, und schließlich solche, die das fällige Schulgeld nicht entrichten konnten und als Armenschüler statt dessen ersatzweise Hilfsdienste versehen mußten (scolares pauperes).“ [25]

Es erscheint logisch, dass auch die Söhne wohlhabender städtischer Patrizier, die nur allzu oft der Kaufmannsschicht angehörten, diese Schulen besuchten: Möglicherweise, um eine Grundausbildung für ihre zukünftige Tätigkeit als Händler zu erlangen, teils, eventuell sogar nach einem ergänzenden Universitätsstudium, um später eine hohe städtische Beamtenfunktion auszuüben. 

Im Gegensatz zu Dom- und Stiftsschulen – deren Qualität vermutlich einem Wandel unterworfen war – boten die an den Pfarrstellen angesiedelten Schulen meist nur eine recht einfache Grundausbildung im lateinischen Lesen und Schreiben und religiöser Erziehung. Ziel der Unterweisung war die Befähigung der Schüler zu Hilfsfunktionen im Gottesdienst, vor allem im Chorgesang. [26] Vom Kirchenpatron wurde die Schule in der Regel an einen meist geistlichen Schulmeister verpachtet, der die Verantwortung für die gesamte Schule trug und auch die Lehrer einstellte. Den Unterricht selbst erteilten vorwiegend Kirchendiener, Kapläne und Küster, deren Unterhalt vor allem aus dem Schulgeld der Schüler bestritten wurde. [27]

2.2 Die Ausbildung der Kaufleute

Was letztendlich aus den obigen Darstellungen des geistlichen Schulwesens ersichtlich wurde, ist die überragende, fast monopolartige Stellung, die die Kirche im früh- und hochmittelalterlichen Bildungswesen innehatte. Bereits Specht stellt fest: „Im früheren Mittelalter hatte alles geistige Streben in der religiösen Sphäre seinen Sammelpunkt.“ [28] In diesem Sinne findet sich auch die Bezeichnung »Clerc«, also clericus, für den in späterer Zeit weltlichen Beruf des Schreibers: Er stammte noch aus einer Zeit, in der die Ausübung der Schreibtätigkeit nicht anders als durch einen Geistlichen vorstellbar war. [29] Bei Beachtung der Unterscheidung Kintzingers zwischen dem geistlich geprägten „Bildungswissen“ und dem praktischen „Handlungswissen“ [30] wird außerdem deutlich, dass die Kaufleute, deren Gewerbe in frühmittelalterlicher Zeit zudem noch weitgehend schriftlos war, ihre Ausbildung nicht oder zumindest nicht nur dem kirchlichen Schulwesen verdanken konnten. Dazu passt die im Allgemeinen kritische Haltung der Kirche gegenüber dem Handelswesen sowie die Einstellung, dass jene, die ihr Streben auf die Erlangung weltlichen Reichtums richteten, „nicht den rechten Sinn für das Studium“ [31] hätten – möglicherweise sogar eine zutreffende Unterstellung, wenigstens hinsichtlich eines Studiums der Theologie.

Wie aber gestaltete sich die Ausbildung der Kaufleute des Frühmittelalters, wobei hier nicht von regional aktiven Krämern, sondern von überregional handelnden Fernhändlern die Rede sein soll? Denn dass es solche Fernhändler auch im Frühmittelalter gegeben haben muss, daran besteht heute kein Zweifel mehr: Während die Forschung früherer Jahrzehnte noch von einem wirtschaftlichen Niedergang und einem Abbruch der Fernhandelsbeziehungen nach dem Untergang des Weströmischen Reiches ausging, herrscht heute weitgehend Einigkeit über einen kontinuierlichen ökonomischen Aufstieg in merowingischer und karolingischer Zeit. Mögen die Fernhandelsbeziehungen aufgrund politischer Umstrukturierungen auch vielleicht weniger geworden sein, beendet waren sie in keinem Fall. Allerdings erschöpft sich mit der Anerkennung ihrer Existenz das Wissen über die Kaufleute des Frühmittelalters schon beinahe. Allenfalls können durch beiläufige Erwähnungen in schriftlichen Quellen sowie Rückschlüsse aus den Verhältnissen späterer Zeit Erkenntnisse über ihre Lebensweise gewonnen werden.  

Die Problematik beginnt bereits bei dem Versuch, die soziale Herkunft der frühmittelalterlichen Kaufleute zu bestimmen. Wahrscheinlich handelte es sich in vielen Fällen um »Emporkömmlinge« aus handwerklichen oder bäuerlichen Schichten, die sich ihr Vermögen schrittweise erarbeiteten, möglicherweise über eine Lehre bei einem erfahrenen Händler. Ein solcher Fall tritt uns für spätere Jahrhunderte zum Beispiel in Gestalt des Vaters des Lübecker Kaufmanns und Bürgermeisters Henrich Brokes entgegen: 

„Herr Johann Brokes […] ist geboren Ao 1513 von ehrlichen guten frommen Aeltern, welche erstlich Hausleute gewesen sein und haben gewohnet in einem Torff genannt Alvestorf im Amte Plön […] Folgendes sein sie von dannen gen Plön gezogen, allwo sein Vater Bürgermeister worden […] 

Bald nach seines Vaters Tode ist er, Johann Brokes, allhie in die Stadt gekommen und bei einem Kannengießer an Unser Lieben Frauen Kirchhoff über dem Fünfhausen eingekehret. Er hat aber zu keinem Handwerke Lust gehabt, sondern sich zu einem Kaufmanne vermiethet, dem er etliche Jahre ehrlich und treu gedienet, bis daß er zu seinen Jahren gekommen und seinen Eigenhandel geführet auf Dänemark, Preussen und Lievland. Er hat sich genau und kärglich beholfen und ganz fleißig seine Eschung wahrgenommen.“ [32]

Es wird sogar nicht ausgeschlossen, dass sich auch jüngere Adelssöhne im Zuge ihrer Dienste für mächtige Grundherren Handelsgeschäften widmeten. [33]

Unvermeidbar war es für die frühmittelalterlichen Kaufleute, selbst auf Reisen zu gehen und ihre Waren zu begleiten. Sesshafte Händler, die ihre Geschäfte vom Kontor aus leiteten und Beauftragte mit der Aufsicht über die Waren betrauten, gab es erst ab dem 13./14. Jahrhundert. [34] Erstreckte sich der Handel jedoch über regionale Grenzen hinaus, war es notwendig, mit den fremden Idiomen vertraut zu sein, und demnach auch, seinen Nachwuchs darin zu schulen: Während im Spätmittelalter Kaufmannslehrlinge häufig auf eine Auslandslehre bei anderen Händlern oder in ausländische Kontore geschickt wurden, wo sie neben Sprachen auch alle anderen Aspekte der praktischen Handelstätigkeit erlernten, [35] geschah diese Lehre in früherer Zeit wohl schlicht dadurch, dass der Lehrling seinen Herrn auf Reisen begleitete. [36] Wie bereits erwähnt, konnten diese frühen Händler aufgrund der unmittelbaren mündlichen Geschäftsabwicklung noch weitgehend auf die Qualifikationen des Lesens und Schreibens verzichten. Allerdings ist zu beachten, dass diese Fähigkeiten lange Zeit als voneinander unabhängig betrachtet wurden und daher der Begriff des Analphabetentums nicht auf das Mittelalter angewendet werden kann. Oft bestand für Personen, die des Lesens mächtig waren, keine Notwendigkeit, auch die Kunst des Schreibens zu erlernen. Bedurften die Kaufleute doch einmal einer tiefergehenden Schriftkenntnis, griffen sie auf Schriftkundige – zumeist Angehörige des niederen Klerus – zurück, die die Händler auf ihren Reisen begleiteten. [37] Ein solcher Kaufmann wird selbst noch im »Guten Gerhard« des Rudolf von Ems aus dem 13. Jahrhundert beschrieben, wenn es heißt:

„dô ich des ze râte wart, / dô hiez ich spîsen ûf die vart / mîn schif ze drin jâren. / in mîner phlege wâren / wîse marnære guot, / den was erkant des wâges fluot. / ein schrîber uoch bî mir beleip / der mîn zerunge an schreip / und der durch got mir âne strît / begie diu siben tagezît.“ [38]

3. Die Einrichtung von städtischen und privaten Schulen 

3.1 Initiative zur Gründung bürgerlicher Schulen 

Ab dem 13./14. Jahrhundert änderte sich die Bildungssituation grundlegend. Die Kaufleute begannen, sesshaft zu werden und ihre Geschäfte von ihrem städtischen Kontor aus zu lenken. Damit waren Kenntnisse im Lesen und Schreiben sowie Rechnen unverzichtbar geworden. [39] Bis ins 14. Jahrhundert reichen zudem die zunächst recht primitiven Anfänge einer Buchführung zurück, die sich im 15. Jahrhundert allgemein durchsetzte. [40] Mit diesen Entwicklungen war schließlich mit der Wende zum Spätmittelalter der »Markt« für ein differenzierteres Bildungsangebot in den Städten geschaffen. Zunächst gingen die vermögenden Kaufleute allerdings dazu über, ihre Söhne vor Beginn der Auslandslehre von geistlichen Privatlehrern unterrichten zu lassen [41] oder auf die kirchlichen Lateinschulen zu schicken, [42] die sich mittlerweile wenigstens in Teilen einer „allgemeinen Laienbildung“ [43] geöffnet hatten. Nur selten kam es dabei wohl zu Fällen wie dem des Sohnes eines Kaufmanns aus Huy gegen Ende des 12. Jahrhunderts, der durch den Besuch einer Klosterschule dem weltlichen Beruf des Händlers entfremdet und selbst Mönch wurde. [44]

Dennoch bezeugen schon allein die seit hochmittelalterlicher Zeit in den Städten zahlreich bestehenden Privat- oder Winkelschulen, die seit jeher von den kirchlichen Institutionen bekämpft wurden, sofern sie deren Schulrechte und -einnahmen zu beschneiden drohten, dass das Bildungsbedürfnis der meisten Bürger nicht durch die geistlichen Lateinschulen befriedigt werden konnte. Klaus Wriedt, der die Winkelschulen mit privatem Hausunterricht unter „außerschulische […] Unterrichtsmöglichkeiten“ [45] zusammenfasst, folgert gar, dass eben diese, wenigstens für das wohlhabende Bürgertum, eher die Regel als die Ausnahme gewesen seien. Aus diesem Grund sei es unmöglich, das bürgerliche Bildungswesen des Mittelalters nur durch die Erforschung der eigentlichen Schulgeschichte zu ergründen. [46] Infrage für die Ausübung dieses privaten Unterrichts kamen vermutlich zunächst die bereits angesprochenen Kleriker, die auch als Handelsgehilfen oder -agenten auf Reisen geschickt wurden, oder wandernde, ebenfalls geistliche Scholaren und unbepfründete Kleriker. Die Lehrinhalte setzten sich dann vermutlich auch aus den entsprechenden Lektionen in Lesen und Schreiben sowie religiösen Unterweisungen zusammen; [47] aber auch die Unterweisung in Grundlagen des Lesens, Schreibens und Rechnens durch andere Berufsgruppen wie Schreiber und Rechenmeister oder andere schreib- und rechenkundige Berufsgruppen ist überliefert. Über die tatsächliche Unterrichtsqualität vor allem der Winkelschulen ist aufgrund der naturgemäß schlechten Quellenlage wenig bekannt. [48] Für manche Städte, zum Beispiel Braunschweig, wurde allerdings sogar die Möglichkeit erwogen, dass sich die Winkelschulen unter einer, wenngleich nicht klar bestimmbaren, städtischen Aufsicht des Rates befanden. [49]

Neben diesem privaten Unterrichtswesen kam es allerdings auch zur Gründung offizieller Stadtschulen. Zunächst waren sie noch ganz nach dem Vorbild der kirchlichen Institutionen als städtische Lateinschulen konzipiert, über die sich der Rat die Aufsichts- und Patronatsrechte zu sichern suchte, wenn auch durchaus nicht in allen Fällen mit Erfolg. [50] Da jedoch auch diese Lateinschulen das spezifisch bürgerliche, praktisch orientierte Bildungsstreben nicht ausreichend befriedigen konnten, wurden darüber hinaus im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend Schulen gegründet, die nicht mehr lateinisches, sondern deutsches Schreiben und Lesen vermittelten. Auch bei dieser Entwicklung war, wie schon bei den Lateinschulen, in der Regel der Rat federführend, obwohl die Wurzel dieser neuen »Deutschen Schulen« oder »Schreibschulen« wahrscheinlich privater Natur war; [51] möglicherweise lag ihr Ursprung sogar in den noch immer bestehenden privaten Winkelschulen.

Jener Stadtrat bestand nun, wenigstens in den norddeutschen Hansestädten, hauptsächlich aus Angehörigen der reichen Kaufmannschaft. [52] Ihre Interessen spiegelten sich in der Bestallung der Lehrerstellen, vor allem aber in den veränderten Lehrinhalten und in den Konflikten mit den bisherigen kirchlichen Schulträgern wider, wie im Folgenden geschildert wird. Zuvor muss allerdings noch auf die notwendige Unvollständigkeit hingewiesen sein, die bei einer Darstellung so geringen Umfangs hervortritt. Die Entwicklung eines bürgerlichen Schulwesens geschah keineswegs einheitlich und zeitgleich für alle Städte, sondern zu unterschiedlichen Zeitpunkten, auf verschiedene Weise und manchmal gar überhaupt nicht. Auf individuelle Entwicklungen kann diese Untersuchung aber aufgrund der gebotenen Kürze nur beispielhaft im Rahmen einer allgemeinen Darstellung verweisen.

3.2 Lehrer, Schüler und Lehrinhalte 

Bei der Besetzung der Lehrerstellen an den städtischen Lateinschulen machte sich noch in besonderem Maße der Einfluss beziehungsweise das Vorbild der kirchlichen Institutionen bemerkbar. Die mit der Führung dieser Schulen betrauten Personen waren zumeist Geistliche, die vom Stadtrat berufen oder vorgeschlagen und durch die kirchliche Behörde bestätigt wurden. Neben ihrer Funktion als Rektor der lateinischen Stadtschule nahm die dergestalt in ihr Amt eingesetzte Person teilweise auch geistliche Funktionen wahr [53] und delegierte die eigentliche Lehrtätigkeit an „Unterlehrer“ (locati), die sie selbst anstellte und bezahlte. [54] In späteren Jahrhunderten waren jene städtischen Magister vermutlich meist graduierte Männer, die wenigstens einen niederen Universitätsabschluss erreicht hatten. Kaemmel vermutet für die Anfangszeit noch einen Anteil von einem Drittel der Stadtlehrer ohne akademischen Grad. [55]

Dies verwundert nicht sonderlich, da die Städte – mit einigen Ausnahmen – aus Kostengründen häufig vor der Anstellung eines Magister artium zurückschreckten. Auch sonst trieben sie die finanzielle Unterstützung der Stadtschulen nicht eben engagiert voran. [56] Infolgedessen waren der Rektor und seine Gehilfen für ihren Unterhalt in erster Linie auf das Schulgeld angewiesen. Dies fiel jedoch ebenfalls recht kärglich aus, weshalb zudem Einkünfte aus geistlichen oder weltlichen Nebenverdiensten sowie Spenden nötig waren. [57] Es überrascht schließlich nicht, dass die in diesen Verhältnissen lebenden Personen häufig danach trachteten, die Schulstelle baldmöglichst zu verlassen, um auf eine besser ausgestattete geistliche Pfründe zu wechseln. [58]

Doch auch bei der Ausübung der Lehrtätigkeit durch einen Laien, wie es bei den deutschen Schreibschulen die Regel wurde, handelte es sich meist um Personen, die vorher oder währenddessen einer anderen Tätigkeit nachgingen: So waren beispielsweise viele Schreibmeister zuvor kaufmännisch tätig gewesen oder einem anderen Gewerbe nachgegangen. Darüber hinaus verdingten sich viele neben ihrem Lehrerberuf für private oder öffentliche Schreibarbeiten, ja, teils standen sie sogar als Schreiber in städtischen Diensten. [59] Aus kaufmännischen Kreisen rekrutierten sich wahrscheinlich auch die etwa zeitgleich und teilweise in Identität mit den deutschen Schreibschulen erscheinenden Rechenschulen, die dann auch häufig von angehenden Kaufleuten frequentiert wurden. [60] Was schließlich das Lehrpersonal der zahlreich bestehenden Winkelschulen anging, so war dieses vermutlich, über „schreib- oder rechenkundige Handwerker, abgebrochene Studenten, verkrachte Kleriker, Magister und Scholaren und ihre Frauen“, [61] sozial breit gefächert.

Ähnliches galt für die Schüler: Kann aufgrund der Pflicht zur Zahlung eines Schulgeldes einerseits davon ausgegangen werden, dass vor allem die Kinder wohlhabender Familien die städtischen sowie die Winkelschulen [62] besuchten, standen diese prinzipiell Schülern aller Schichten offen. Dies wird zum Beispiel darin deutlich, dass Schulgelder teilweise nach wirtschaftlich-sozialen Kriterien gestaffelt waren [63] sowie ähnlich wie in den geistlichen Schulen auch Armenschüler die Schulen besuchen durften, die teils als fahrende Schüler in die Städte kamen und manchmal sogar als die erwähnten Hilfslehrer Anstellung fanden. [64] Allgemein nahmen die ärmeren Schichten der Städte wie auch des ländlichen Umlandes, wenn überhaupt, nur einen sehr geringen Anteil an der in städtischen und privaten Schulen vermittelten Bildung. [65]

Worin diese Bildung im Einzelnen bestand, unterlag vermutlich ebenso einer Entwicklung wie die oben dargestellten Schulformen. In den städtischen Latein- oder Pfarrschulen war der Unterrichtsstoff wahrscheinlich dem der kirchlichen Institutionen sehr ähnlich und beinhaltete neben Lesen, Schreiben und lateinischer Grammatik auch sittliche und religiöse Unterweisungen sowie eventuell fortgesetzten Unterricht in den freien Künsten. Bestanden allerdings schon ältere kirchliche Schulen, wurden die neuen Stadtschulen oft auf den niederen Unterricht beschränkt. Die entscheidende Neuerung gegenüber jenen bestand hingegen in der partiellen Anpassung des Lehrplans an kaufmännische Belange, der nun beispielsweise auch die Grundlagen des geschäftlichen Schriftwesens, vor allem das Stilisieren von Briefen, umfasste. [66] Es muss betont werden, dass keinerlei normative Quellen auf diese Art von Unterricht eingehen, so wie Nachweise bezüglich der Unterrichtsgestaltung überhaupt sehr spärlich sind.

Erst recht gilt dies für die deutschen Schreib- und Rechenschulen, die wenigstens zu Beginn noch privater Natur waren, auch wenn hier die Unterschiede zum alten geistlichen Lehrplan sehr viel deutlicher hervortreten. Obgleich wohl auch, jeweils abhängig von den Fähigkeiten und Zielsetzungen des Lehrers, Stoffe der offiziellen Lateinschulen gelehrt wurden, kann doch davon ausgegangen werden, dass der Schwerpunkt auf dem Lesen und Schreiben in deutscher Sprache sowie, bei den Rechenschulen oder den integrierten Schreib- und Rechenschulen, auf der kaufmännischen Rechenkunst lag.

Teils waren diese Schulen sogar, wahrscheinlich um den lateinischen Schulen nicht die Schüler zu nehmen, ausdrücklich auf den Gebrauch der deutschen Sprache beschränkt, wie hier für die Stadt Lübeck: 

„Aldus hebbe wy overghetrachtet, dat lange tyd unde yar her twisschen dem erwerdighen vader, heren Herman Dwerghe, doctore in dem geystliken rechte unde prothonotario des romeschen stoles unde scolastico der kerken to Lubeke uppe ene unde etlyken borgheren unde inwoneren der stad Lubeke, uppe der andere syde, twetracht hadde upgestan van der weghen, dat de erbenomeden borgher in der erbenomeden stad hadden vele schole, dat scryfschole synt gheheten, to vorwanghe unde schaden der rechticheyt der scolastrien, de se jeghen synen willen unde ane syn orloff helden, unde in den scholen leten kynderen scryven leren unde alsus underwysen, darvan se dat loen upnemen und in eren budel steken. […] so dat bynnen Lubeke, utghenomen de schole, de aldus langhe synt ghewesen umme kindere to lerende, so scholen dar men veer schole wesen, dat scryveschole synt ghenomet, dar men allenen schal leren kinderen lesen unde scryven in dem dudeschen unde anders nerghen ane.“ [67]

Auch aus anderen Städten sind Vereinbarungen zwischen Kirche und Stadt überliefert, in denen den Bürgern, wenn überhaupt, nur der Betrieb einer deutschen Schule zugestanden wurde. [68] Das Beharren der Kirche wenigstens auf dem Lehrmonopol für die lateinische Sprache lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass diese jahrhundertelang das Zentrum und die Basis des geistlichen Bildungswissens dargestellt hatte. [69] Zu erkennen ist also, dass die deutschen nicht die lateinischen Schulen ablösten, sondern beide Formen nebeneinander weiterbestanden. Ein Übergang ist hingegen im kaufmännischen Sprachgebrauch zu erkennen: War zu Beginn des Spätmittelalters immer noch Latein Amtssprache und internationales Verständigungsmittel, wurde es ab der Mitte des 14. Jahrhunderts zunehmend vom Mittelniederdeutschen als Amts- und Geschäftssprache in den hansischen Küstenstädten verdrängt. [70] Zwar können keine Belege für eine direkte Beziehung zwischen dem Aufblühen der deutschen Schulen und dem zunehmenden Gebrauch der deutschen Sprache gegeben werden, aber ein Zusammenhang besteht vermutlich, zumal auch Nachweise für den Besuch deutscher Schulen durch angehende Kaufleute existieren. [71]

3.3 Konflikte bei der Einrichtung der Schulen 

Wie bereits angedeutet, ging es bei der Einrichtung der neuen städtischen Schulen keineswegs konfliktfrei zu. Die Kirche versuchte verständlicherweise, ihre althergebrachten Privilegien und Einkünfte zu bewahren. Vielfach sind die damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen von der Forschung auf recht drastische Weise gedeutet worden: Zum Beispiel als „scharfer ökonomischer, politischer und ideologischer Klassenkampf“ [72] oder als durch die tiefe „Fremdheit zwischen beiden Welten“ der Kirche und der Kaufmannschaft bedingte „Kämpfe um ein Schulwesen, das den Bedürfnissen der Oberschicht der städtischen Bevölkerung entsprach und unter ihrer Kontrolle stand“. [73] Beide „Klassen“ beziehungsweise Welten waren sich letztendlich nicht so fremd, wie gerne behauptet wird. Tatsächlich lehnten sich die Lehrpläne der städtischen Lateinschulen stark an die kirchlichen Curricula an [74] und wurden dennoch, neben anderen Schulen, von angehenden Kaufleuten besucht. In einigen Städten musste sich das aufstrebende Bürgertum gar noch lange Zeit mit dem althergebrachten kirchlichen Schulwesen arrangieren, was es offenbar auch recht erfolgreich tat. [75] Es habe keinen ausschließlichen Gegensatz zwischen kirchlichen und städtischen Schulen gegeben, sondern vielmehr ein „konkurrierende[s], aber sich gleichzeitig überschneidende[s] Nebeneinander von kirchlichen und bürgerlichen Bildungsinstitutionen“ [76] gegeben, betont Klaus Wriedt. Darüber hinaus seien die Konflikte um das Schulwesen Teil einer allgemeinen Auseinandersetzung zwischen Bürgertum und Kirche in jener Zeit gewesen, weshalb eine isolierte Betrachtung unter dem Schlagwort »Schulkämpfe« eigentlich verfehlt wäre. [77]

Dennoch erscheint diese martialische Wortwahl nachträglich verständlich, bedenkt man, welche erbitterten Formen die Konflikte teilweise annahmen. Zum Beispiel in Hamburg: Hier hatte der geistliche scholasticus in Rom darüber geklagt, dass den vorhandenen Lateinschulen durch illegale Schulen Schüler entzogen würden, woraufhin der Papst deren Betrieb in einer Bulle vom 13. Mai 1402 untersagte. Offenbar blieb diese Intervention jedoch ohne dauerhaften Erfolg, da nach erneuten Streitigkeiten zwischen Rat und scholasticus dieser 1472 erneut in Rom Klage führte. Diesmal allerdings verhinderte der Rat die Verkündung der gegen die betroffenen Lehrer gerichteten Exkommunikationsdekrete und ließ darüber hinaus, als daraufhin ein Monitorium und Citatorium gegen seine Mitglieder erlassen wurde, kurzerhand die beiden Schulen des scholasticus boykottieren. Auch die Exkommunikation des gesamten Rates zeitigte noch keine Wirkung, so dass am 13. September 1473 der Bann über ihn verhängt wurde. Am Ende des darauf folgenden Prozesses, der teilweise an der Kurie geführt wurde, kam es daher schließlich zu einem Kompromiss, bei dem sich die Stadt gezwungen sah, den Vorstellungen des scholasticus weitgehend entgegenzukommen. [78]

Auf Grundlage dieses und anderer Konflikte wurde nun partiell festgestellt, derartige Kämpfe seien „vorzugsweise nur im nördlichen Deutschland auszufechten gewesen“, [79] teilweise sogar mit der Begründung, in den hansischen Städten habe es einen „stärkeren bürgerlich-politischen Zusammenhalt“ [80] gegeben. Andererseits aber bleibt die Feststellung, dass die Konflikte an sich in der Regel nur lokalen Charakter besaßen und das insgesamt entstehende Bild sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf die Inhalte und das Ausmaß der Streitigkeiten uneinheitlich bleibt. [81] Keinesfalls kann von einem gemeinsamen Vorgehen mehrerer Städte gesprochen werden. Immer ging es nur um Auseinandersetzungen zwischen dem jeweiligen Rat und den lokalen kirchlichen Institutionen, wenn auch in manchen Fällen der Weg nach Rom angetreten wurde, um eine Einigung herbeizuführen.

4. Fazit 

Nach allen vorangegangenen Überlegungen muss schließlich die Frage, ob die Hanse einen (direkten) Einfluss auf die Entstehung eines städtischen bürgerlichen Bildungswesens hatte, tendenziell verneint werden. Zwar kann eine gewisse zeitliche Kongruenz nicht abgestritten werden: Noch während des frühen und größtenteils des hohen Mittelalters lag das Bildungsmonopol in der Regel in den Händen der Kirche, nachdem die Ausbildung, wohlgemerkt allein mit geistlicher Zielsetzung, schon in einer frühen Entwicklungsstufe Teil ihres Selbstverständnisses geworden war. Als Ausbildungsstätten, die jedoch noch weit über das Mittelalter hinaus Bestand hatten, dienten Kloster-, Dom-/Stifts- sowie Pfarrschulen. Die Ausbildung der Kaufleute, deren Gewerbe in dieser Zeit noch weitgehend schriftlos war, erfolgte, wenn es überhaupt zu einer solchen kam, über die Lehre bei einem anderen Kaufmann, den der Lehrling auf seinen Reisen ins Ausland begleitete. 

Diese Auslandslehre angehender Kaufleute setzte sich in veränderter Form auch dann fort, als die Kaufleute begannen, sesshaft zu werden, jedoch wurde mit dieser Sesshaftigkeit der Bedarf an schriftlichen Organisations- und Kommunikationsformen akut. Aufgrund dessen besuchten nun häufig Kaufmannssöhne die geistlichen Schulen oder wurden privat unterrichtet; darüber hinaus kam es in zahlreichen Städten auf Initiative des Rates zur Gründung von städtischen, anfangs lateinischen, später deutschen Schulen. Kaufmännischer Einfluss könnte hier in der Erweiterung des Lehrplans um geschäftliches Schriftwesen und, in den deutschen Rechenschulen, kaufmännisches Rechnen gesehen werden. Außerdem ist eine Verbindung zwischen stadträtischer Kaufmannschaft und den deutschen Schulen darin zu erkennen, dass die Lehrer dieser Schulen zuvor teilweise kaufmännisch tätig waren und teilweise sogar gleichzeitig als städtische Schreiber fungierten. 

Die Zuordnung der neuen Schulen zum Rat beziehungsweise zur Kaufmannschaft sowie der Gegensatz zur Kirche war nicht ausschließlich. Vielmehr handelte es sich um eine Überschneidung und Verschränkung von kirchlichen und weltlichen Institutionen in vielen Bereichen. Die Entwicklung des städtischen Schulwesens gestaltete sich zu vielschichtig, als dass sie mit einfachen Gegenüberstellungen von bürgerlichen und kirchlichen Lehrfeldern zu erfassen wäre. Nicht zu leugnen sind hingegen die zahlreichen, teils mit großer Erbitterung ausgetragenen Konflikte zwischen städtischen und geistlichen Institutionen. Ungeachtet der Tatsache, dass diese »Schulkämpfe« vermutlich in einen auch andere Bereiche als die Schulen umfassenden »Kampfschauplatz« eingeordnet werden müssen, ist hier doch ein entscheidendes Engagement der städtischen Räte zu erkennen, welche Motive auch immer die Grundlage dafür geliefert haben mochten.

Kaufmännischer Einfluss ist demnach belegt. Ob von diesem jedoch auf eine spezifische Rolle der Hanse zu schließen ist, bleibt zweifelhaft. Denn auch wenn in der Forschungsliteratur teilweise ein besonderer Schwerpunkt der Schulstreitigkeiten im Norden des Reiches, das heißt im hansischen Gebiet, verortet wird, so ist anzumerken, dass die jeweiligen Konflikte immer lokal begrenzt blieben. Keinesfalls kann von einem gemeinsamen Vorgehen mehrerer Hansestädte, erst recht nicht im Rahmen der hansischen Organisation, gesprochen werden. Allenfalls könnte daher der Hanse eine indirekte Rolle bei der Entstehung eines bürgerlichen Schulwesens zugesprochen werden: In ihrer Bedeutung für die Ausbildung eines mächtigen und selbstbewussten Stadtbürgertums und mächtiger Städte lag möglicherweise auch ihre Bedeutung für deren Konfliktfähigkeit in Konfrontation mit dem bisherigen Schulträger, der Kirche. 

5. Quellen- und Literaturverzeichnis 

5.1 Quellenverzeichnis 

Admonitio generalis, in: MGH Capit. 1, ed. Alfred Boretius, Hannover 1883, Nr. 23, S. 53-62

Bruchhäuser, Hanns-Peter (Hrsg.): Quellen und Dokumente zur Berufsbildung deutscher Kaufleute im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Köln u.a. 1992

Casus sancti Galli, in: MGH SS 2, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1829, S. 59-183

Pauli, Carl Wilhelm (Hrsg.): Aus dem Tagebuche des Lübeckischen Bürgermeisters Heinrich Brokes, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 1 (1860), S. 79-82, 173-183, 281-347; 2 (1867), S. 1-37, S. 254-296, 367-465

Steidle, P. Basilius (Hrsg.): Die Benediktus-Regel. Lateinisch-Deutsch, 4. Aufl., Beuron 1980

5.2 Literaturverzeichnis 

Bruchhäuser, Hanns-Peter: Kaufmannsbildung im Mittelalter. Determinanten des Curriculums deutscher Kaufleute im Spiegel der Formalisierung von Qualifizierungsprozessen, Köln/Wien 1989

Dollinger, Philippe: Die Hanse, 4., erw. Aufl., Stuttgart 1989

Ennen, Edith: Stadt und Schule in ihrem wechselseitigen Verhältnis vornehmlich im Mittelalter, in: Karl Haase (Hrsg): Die Stadt des Mittelalters, 3. Bd.: Wirtschaft und Gesellschaft, 2., erw. Aufl., Darmstadt 1976

Haupt, Moriz (Hrsg.): Der gute Gerhard. Eine Erzählung von Rudolf von Ems, Leipzig 1840

Hellfeldt, Günther: Die Wirkung der städtischen Schulen für die intellektuelle Bildung der Bevölkerung in den Seestädten der wendischen Hanse, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock 9 (1959/60), S. 111-116

Kaemmel, Heinrich Julius: Geschichte des deutschen Schulwesens im Übergange vom Mittelalter zur Neuzeit, Leipzig 1882

Kelbert, Heinz: Die Berufsbildung der deutschen Kaufleute im Mittelalter, Berlin 1956

Kintzinger, Martin: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig im hohen und späten Mittelalter. Verfassungs- und institutionengeschichtliche Studien zu Schulpolitik und Bildungsförderung, Köln/Wien 1990

Ders.: Schule und Bildung, in: Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse. Lebenswirklichkeit und Mythos. Eine Ausstellung des Museums für Hamburgische Geschichte in Verbindung mit der Vereins- und Westbank, Hamburg 1989

Ders.: Wissen wird Macht. Bildung im Mittelalter, Ostfildern 2003

Kramm, Heinrich: Besitzschichten und Bildungsschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 51 (1964), S. 454-491

Ders.: Studien über die Oberschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert. Sachsen – Thüringen – Anhalt, 1. Teilband, Köln/Wien 1981

Lütge, Friedrich: Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Ein Überblick, 3., verm. u. verb. Aufl., Berlin u.a. 1979

Metzger, Wolfgang: Handel und Handwerk des Mittelalters im Spiegel der Buchmalerei, Graz 2002

Paulsen, Friedrich: Das deutsche Bildungswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung, Stuttgart 1906

Rörig, Fritz: Mittelalter und Schriftlichkeit, in: Die Welt als Geschichte 13 (1953), S. 29-41

Schiffler, Horst/Winkeler, Rolf: Tausend Jahre Schule. Eine Kulturgeschichte des Lernens in Bildern, Stuttgart/Zürich 1985

Schildhauer, Johannes: Die Hanse. Geschichte und Kultur, Stuttgart u.a. 1984

Specht, Franz Anton: Geschichte des Unterrichtswesens in Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, Stuttgart 1885

Stoob, Heinz: Die Hanse, Graz u.a. 1995

Wriedt, Klaus: Schulen und bürgerliches Bildungswesen in Norddeutschland im Spätmittelalter, in: Bernd Moeller u.a. (Hrsg.): Studien zum städtischen Bildungswesen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1978-1981, Göttingen 1983

Ziegler, Uwe: Die Hanse. Aufstieg, Blütezeit und Niedergang der ersten europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Eine Kulturgeschichte von Handel und Wandel zwischen 13. und 17. Jahrhundert, Bern u.a. 1996

Leicht veränd. Abdr. aus Perspektivräume. Historische Zeitschrift aus studentischer Hand Jg. 1 (2010), H. 2, S. 32-51, http://www.perspektivraeume.uni-hannover.de.

Anmerkungen

  • [1]

    Wolfgang Metzger: Handel und Handwerk des Mittelalters im Spiegel der Buchmalerei, Graz 2002, S. 47.

  • [2]

    Vgl. Klaus Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen in Norddeutschland im Spätmittelalter, in: Bernd Moeller u.a. (Hrsg.): Studien zum städtischen Bildungswesen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1978-1981, Göttingen 1983, S. 152, 154; aus den oben dargelegten Gründen finden sich die nötigen Quellen für diese Arbeit nicht in den großen mediävistischen Quelleneditionen – stattdessen mussten die Belege der verwendeten Literatur oder der nützlichen, aber nicht kritisch edierten Sammlung Bruchhäusers entnommen werden: Hanns-Peter Bruchhäuser (Hrsg.): Quellen und Dokumente zur Berufsbildung deutscher Kaufleute im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Köln u.a. 1992.

  • [3]

    Dies sind unter anderem Heinrich Julius Kaemmel: Geschichte des deutschen Schulwesens im Übergange vom Mittelalter zur Neuzeit, Leipzig 1882; Friedrich Paulsen: Das deutsche Bildungswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung, Stuttgart 1906; Franz Anton Specht: Geschichte des Unterrichtswesens in Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, Stuttgart 1885.

  • [4]

    Knapp beschäftigt der sich in folgendem Aufsatz mit dem Thema Fritz Rörig: Mittelalter und Schriftlichkeit, in: Die Welt als Geschichte 13 (1953), S. 29-41.

  • [5]

    Martin Kintzinger: Wissen wird Macht. Bildung im Mittelalter, Ostfildern 2003; vgl. auch seine Spezialstudie über das Schulwesen der Stadt Braunschweig Martin Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig im hohen und späten Mittelalter. Verfassungs- und institutionengeschichtliche Studien zu Schulpolitik und Bildungsförderung, Köln/Wien 1990.

  • [6]

    Vgl. z.B. Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 152-172.

  • [7]

    Ob von einer solchen überhaupt die Rede sein kann, wird im Folgenden geklärt. 

  • [8]

    Vgl. Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig, S. 16.

  • [9]

    Die Bezeichnung „Frei“ rührte daher, dass das Studium dieser Wissenschaften in der Antike nur den Freien vorbehalten war, vgl. Kintzinger: Wissen wird Macht, S. 79.

  • [10]

    Vgl. ebd. S. 79, 81. 

  • [11]

    Tatsächlich war das Erlernen dieser heidnischen Künste bis zu diesem Zeitpunkt verpönt – jedoch auch nach ihrer Erhebung zu einer Art allgemeinem Lehrplan waren sie, wie gesagt, explizit nur als Vorstufe zum Studium der Theologie gedacht; vgl. Paulsen: Das deutsche Bildungswesen, S. 11: „Mag da und dort über die Freude an der Erkenntnis oder der erlangten Kraft der Formgebung das Ziel einmal aus den Augen verloren werden, grundsätzlich sind die weltlichen Künste heidnischer Herkunft nur dadurch zu rechtfertigen, daß sie im Dienst der Theologie gebraucht werden.“; vgl. auch Horst Schiffler/Rolf Winkeler: Tausend Jahre Schule. Eine Kulturgeschichte des Lernens in Bildern, Stuttgart/Zürich 1985, S. 20.

  • [12]

    Hanns-Peter Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter. Determinanten des Curriculums deutscher Kaufleute im Spiegel der Formalisierung von Qualifizierungsprozessen, Köln/Wien 1989, S. 110.

  • [13]

    Ebd., S. 107. 

  • [14]

    Vgl. Kintzinger: Wissen wird Macht, S. 79.

  • [15]

    Specht: Geschichte des Unterrichtswesens, S. 161.

  • [16]

    Schon in der Benediktsregel waren zur „Heilung“ von Übeltätern Fasten oder harte Schläge vorgesehen, vgl. P. Basilius Steidle (Hrsg.): Die Benediktus-Regel. Lateinisch-Deutsch, 4. Aufl., Beuron 1980, c. 30, S. 118f.; für das Kloster St. Gallen ist sogar eine Begebenheit überliefert, bei der ein Knabe aus Angst vor der Strafe die Ruten anzündete, die zu holen er beauftragt war, und damit das Kloster niederbrannte, vgl. Casus sancti Galli, in: MGH SS 2, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1829, S. 59-183, hier S. 111f.; Kintzinger: Wissen wird Macht, S. 84 folgert sogar: „Es war also nichts anderes als ein überzogener Akt schulischer Disziplin, der dem Klosterbau zum Verhängnis wurde.“

  • [17]

    Vgl. Specht: Geschichte des Unterrichtswesens, S. 162f.

  • [18]

    Vgl. ebd., S. 151-154. 

  • [19]

    Kintzinger: Wissen wird Macht, S. 69; es wäre zudem zu fragen, welche Art von Schülern, die nicht in den geistlichen Stand treten sollten, in diesen äußeren Schulen des Frühmittelalters hätten unterrichtet werden können: Geht man davon aus, dass Gelehrte in jener Zeit in aller Regel Geistliche waren und andere Schichten (Adlige, Bauern, Handwerker) wahrscheinlich wenig Interesse am dort vermittelten „Bildungswissen“ hatten, bleibt keine überbordende Klientel übrig; vgl. ebd., S. 26.

  • [20]

    Vgl. Johannes Schildhauer: Die Hanse. Geschichte und Kultur, Stuttgart u.a. 1984, S. 178.

  • [21]

    Vgl. dazu: Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig, S. 15.

  • [22]

    Karl der Große fordert Schulen für die Knaben; Admonitio generalis, in: MGH Capit. 1, ed. Alfred Boretius, Hannover 1883, Nr. 23, S. 53-62, hier S. 60.

  • [23]

    Vgl. Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig, S. 18f.

  • [24]

    Vgl. Ders.: Wissen wird Macht, S. 105-107.

  • [25]

    Ebd., S. 107f. 

  • [26]

    Vgl. Ders.: Schule und Bildung, in: Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse. Lebenswirklichkeit und Mythos. Eine Ausstellung des Museums für Hamburgische Geschichte in Verbindung mit der Vereins- und Westbank, Hamburg 1989, S. 436.

  • [27]

    Vgl. Schildhauer: Die Hanse, S. 178.

  • [28]

    Specht: Geschichte des Unterrichtswesens, S. 58.

  • [29]

    Vgl. Rörig: Mittelalter und Schriftlichkeit, S. 30.

  • [30]

    Kintzinger: Wissen wird Macht, S. 26.

  • [31]

    Specht: Geschichte des Unterrichtswesens, S. 230.

  • [32]

    Carl Wilhelm Pauli (Hrsg.): Aus dem Tagebuche des Lübeckischen Bürgermeisters Heinrich Brokes, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 1 (1860), S. 79-82, 173-183, 281-347; 2 (1867), S. 1-37, S. 254-296, 367-465, hier Bd. 1, S. 81.

  • [33]

    Vgl. Heinz Kelbert: Die Berufsbildung der deutschen Kaufleute im Mittelalter, Berlin 1956, S. 18f.

  • [34]

    Vgl. Friedrich Lütge: Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Ein Überblick, 3., verm. u. verb. Aufl., Berlin u.a. 1979, S. 248.

  • [35]

    Vgl. Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 166f; beispielhaft für die Erwartungen, die in die jungen Lehrlinge gesetzt wurden, ist ein überliefertes »Regiment« des Christoph Scheurl in Nürnberg für den Lehrling Hieronymus Haller, der 1488 nach Venedig geschickt wurde; abgedr. in Bruchhäuser: Quellen und Dokumente, S. 128f.: „Dann soll er vor allen Dingen den Gottesdienst besuchen, hierauf einige Stunden beim Rechenmeister fleißig lernen […] Allewege soll er ein Täfelein bei sich haben, sich stets befleißigen, die Läufe oder Veränderungen aller Waren zu erfahren, und dies, desgleichen was er Neues höre, das sich auf Steigen oder Fallen der Preise beziehe, aufzeichnen, seinem Prinzipal schreiben, dieses Schreiben nicht aufsparen, bis ein Bote wirklich abgehe […] In allem soll er ihm, seinem Prinzipal, gehorsam, willig, getreu und gewähr sein und sein Schreiben nicht verachten; er wolle ihm nichts Unrechtes thun heißen; dessen Händel und Geschäft solle er niemanden offenbaren, niemanden Geld leihen, für niemand sich verbürgen; gegen jedermann demütig, freundlich und dienstlich sein.“

  • [36]

    Vgl. Lütge: Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 248.

  • [37]

    Vgl. Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 129-135.

  • [38]

    Moriz Haupt (Hrsg.): Der gute Gerhard. Eine Erzählung von Rudolf von Ems, Leipzig 1840, S. 42.

  • [39]

    Vgl. Philippe Dollinger: Die Hanse, 4., erw. Aufl., Stuttgart 1989, S. 216.

  • [40]

    Vgl. Lütge: Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 249; Metzger: Handel und Handwerk, S. 47f.

  • [41]

    Vgl. Rörig: Mittelalter und Schriftlichkeit, S. 38.

  • [42]

    Vgl. Heinz Stoob: Die Hanse, Graz u.a. 1995, S. 237.

  • [43]

    Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 273.

  • [44]

    Vgl. Rörig: Mittelalter und Schriftlichkeit, S. 38.

  • [45]

    Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 169.

  • [46]

    Vgl. ebd., S. 170, 172; vgl. auch Günther Hellfeldt: Die Wirkung der städtischen Schulen für die intellektuelle Bildung der Bevölkerung in den Seestädten der wendischen Hanse, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock 9 (1959/60), S. 111-116, der den Besucherkreis der Schulen in den wendischen Hansestädten eher gering einschätzt.

  • [47]

    Vgl. Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 170f.

  • [48]

    Vgl. Schiffler/Winkeler: Tausend Jahre Schule, S. 47f.; vgl. auch Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig, S. 295f.

  • [49]

    Vgl. ebd., S. 296. 

  • [50]

    Vgl. die Fälle Lübeck und Hamburg, beschrieben in Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 291f.

  • [51]

    Vgl. ebd., S. 298f; tatsächlich sind Terminologie und Abgrenzung zwischen den verschiedenen Schulformen keineswegs eindeutig: So kam es zum Beispiel vor, dass Pfarrschulen in die Trägerschaft des Rates übergingen und damit quasi zu Stadtschulen wurden, dass an den neu eingerichteten Stadtschulen aufgrund von Konflikten mit der Kirche nur Grundlagenunterricht ähnlich dem in den Pfarrschulen stattfinden durfte etc; für eine genaue und einheitliche terminologische Erfassung zeigt sich das mittelalterliche Schulwesen zu vielgestaltig, uneinheitlich und unstrukturiert; die Zeitgenossen allerdings wussten offenbar mit der Vielgestalt des Schulwesens besser umzugehen, wie folgender Ausschnitt aus den autobiographischen Notizen des Nürnberger Kaufmanns Hieronymus Köler aus dem 16. Jahrhundert veranschaulicht; zit. nach Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 297: „Meine liebe elteren haben mich anfangs zur lateinischen schuelen alhie gen Sanct Lorentzen gehalten, als ich acht jar war… Item als man zalt anno Christi zwentzig bin ich zur teuschen schuelen, lesen und cantzleischs schreiben zu lernen, zu dem erbarn und künstreichen herren Johann Newdorfer gegangen, als er erstlichen sein schuelen angefangen… Item als man zalt anno Christi drey und zwentzig bin ich, mit der ziffer rechnen zu lernen, zu Johann Glücken alhie in der hundsgassen gegangen.“

  • [52]

    Vgl. Schildhauer: Die Hanse, S. 213.

  • [53]

    Vgl. Kaemmel: Geschichte des deutschen Schulwesens, S. 125f.

  • [54]

    Vgl. Paulsen: Das deutsche Bildungswesen, S. 18.

  • [55]

    Vgl. Kaemmel: Geschichte des deutschen Schulwesens, S 125.

  • [56]

    Vgl. Kintzinger: Wissen wird Macht, S 138.

  • [57]

    Vgl. Kaemmel: Geschichte des deutschen Schulwesens, S 126-129.

  • [58]

    Vgl. Kintzinger: Wissen wird Macht, S 138.

  • [59]

    Vgl. Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 315; vgl. auch Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig, S. 362.

  • [60]

    Vgl. Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 318f.

  • [61]

    Schiffler/Winkeler: Tausend Jahre Schule, S. 48.

  • [62]

    Die Übergänge waren, wie erwähnt, fließend. 

  • [63]

    Vgl. Kintzinger: Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig, S. 361; Heinrich Kramm: Besitzschichten und Bildungsschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 51 (1964), S. 454-491; Ders.: Studien über die Oberschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert. Sachsen – Thüringen – Anhalt, 1. Teilband, Köln/Wien 1981, S. 457 bzw. 315 bezeichnete die Frage nach Gliederung von Schule bzw. Schulgeld nach Vermögensklassen als noch ungeklärt.

  • [64]

    Vgl. Kaemmel: Geschichte des deutschen Schulwesens, S. 138-143.

  • [65]

    Vgl. Hellfeldt: Die Wirkung der städtischen Schulen, S. 116.

  • [66]

    Vgl. Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 164; besonders gern wird hierzu in einschlägigen Veröffentlichungen auf einen Fund für eine Pfarrschule in Lübeck um 1370 hingewiesen, der unter anderem Wachstafeln mit Stilübungen des Geschäftsverkehrs und der Ratsverwaltung beinhaltete; vgl. z.B. ebd., S. 165; Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 294f.

  • [67]

    Vertrag wegen der deutschen Schreibschulen zu Lübeck, 6. August 1418, abgedr. in Bruchhäuser: Quellen und Dokumente, S. 145f.

  • [68]

    Vgl. Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 167.

  • [69]

    Vgl. Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 289.

  • [70]

    Vgl. Uwe Ziegler: Die Hanse. Aufstieg, Blütezeit und Niedergang der ersten europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Eine Kulturgeschichte von Handel und Wandel zwischen 13. und 17. Jahrhundert, Bern u.a. 1996, S. 326.

  • [71]

    Vgl. Anm. 51. 

  • [72]

    Kelbert: Die Berufsbildung der deutschen Kaufleute, S. 25.

  • [73]

    Rörig: Mittelalter und Schriftlichkeit, S. 38; ähnlich auch Edith Ennen: Stadt und Schule in ihrem wechselseitigen Verhältnis vornehmlich im Mittelalter, in: Karl Haase (Hrsg): Die Stadt des Mittelalters, 3. Bd.: Wirtschaft und Gesellschaft, 2., erw. Aufl., Darmstadt 1976, S. 466.

  • [74]

    So auch Kintzinger: Schule und Bildung, S. 437, der diese Tatsache etwas ratlos als auf den ersten Blick erstaunlich wertet.

  • [75]

    Vgl. Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 155f.

  • [76]

    Ebd., S. 155. 

  • [77]

    Vgl. ebd.; ähnlich auch Kintzinger: Wissen wird Macht, S. 129.

  • [78]

    Vgl. Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 301-303.

  • [79]

    Kaemmel: Geschichte des deutschen Schulwesens, S. 64.

  • [80]

    Bruchhäuser: Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 288.

  • [81]

    Vgl. Wriedt: Schulen und bürgerliches Bildungswesen, S. 163.

Empfohlene Zitierweise

Schmidt, Henrike: „Ein schrîber uoch bî mir beleip ...“ Der Einfluss der Hanse auf das mittelalterliche Bildungswesen. aventinus mediaevalia Nr. 16 [29.04.2011] / PerspektivRäume Jg. 1 (2010), H. 2, S. 32-51, in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/8587/

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Erstellt: 29.04.2011

Zuletzt geändert: 29.04.2011

ISSN 2194-1955