Das Reich der Habsburger an der Schwelle zur Neuzeit (1438-1517)

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aventinus mediaevalia Nr. 1 (Winter 2005) 

 

Rupprecht, Melanie 

Das Jagdmotiv in der Privatkorrespondenz zwischen Albrecht Achilles von Brandenburg und Ulrich von Württemberg 

 

In dieser Arbeit wird die Privatkorrespondenz zwischen Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg und Graf Ulrich von Württemberg, wie sie in Deutsche Privatbriefe des Mittelalters [1] aufgenommen wurde, untersucht. Der Briefwechsel erstreckt sich von 1454 bis 1477. Der Schwerpunkt wird dabei auf das Thema der Jagd gelegt. Es wird untersucht werden, aus welcher Motivation die Jagd in den Briefen erwähnt wird und was deren Hintergründe sind. Es wird auch erforscht werden, welche Informationen durch die Schreiben vermittelt werden.  Weitgehend vernachlässigt werden dagegen die innerfamiliären Beziehungen der beiden Männer. Zudem wird auf eine genaue Analyse der Briefe hinsichtlich sprachlicher Mittel verzichtet.

Ein kurzer Umriss des Verhältnisses von Albrecht Achilles von Brandenburg und Ulrich von Württemberg zueinander soll zunächst zum besseren Verständnis der Schreiben beitragen. Des Weiteren wird die Struktur der Briefe knapp auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht. 

Da bisher keine Forschung über die Thematik der Jagd in den Schreiben zwischen Graf Ulrich von Württemberg und Kurfürst Albrecht von Brandenburg existiert, ist die Sammlung Deutsche Privatbriefe des Mittelalters, herausgegeben von Georg Steinhausen, für diese Arbeit von besonderer Bedeutung. Da ich mich ausschließlich nach diesem Abdruck der Briefe gerichtet habe, soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass ich mich auf deren Authentizität verlassen habe, vor allem im Bereich der Unterschriften. Ein weiteres unverzichtbares Werk für diese Arbeit war das Lexikon des Mittelalters [2], aus dem wesentliche Sachinformationen entnommen wurden. Eine weitere Monographie, die sehr interessant im Bezug auf das Verhältnis der beiden Adeligen zueinander war, ist Ulrich der Vielgeliebte [3] von Fritz Thomas.

Da in dieser Arbeit vor allem auf die Privatkorrespondenz der beiden Herren eingegangen wird, ist es sinnvoll, wenigstens kurz deren Verhältnis zueinander zu umreißen. 

Zeit ihres Lebens waren Ulrich und Albrecht enge politische Bündnispartner und Freunde. Diese Freundschaft ergab sich aus einem ritterlich geprägten Selbstverständnis. Belegt werden kann dieses besondere Vertrauensverhältnis der beiden durch ein Bündnis, das sie 1458 auf Lebenszeit geschlossen hatten. In den bearbeiteten Briefen gibt folgender Satz nochmals einen deutlicheren Ausblick auf diese Verbindung: 

„Wir haben unserm bruder, marggraf Fridrichen, auch geschriben und gebetten in die prunfft zu uns zu kommen, denn wir euch beid fur unser liebst freund und innerst rete schatzen.“ [4]

Durch diese enge Freundschaft konnte sich Ulrich der Vielgeliebte auch Albrechts politisches Talent zunutze machen. Dies ist sehr schön erkennbar, wenn Albrecht an Ulrich schrieb: 

„[...] und seyt dem kayser willig mit erbietung: das ist euch nutzlich. Dann er kan nicht allweg schimpf versteen und hat ine doch gern von euch und unns. Das macht der hoh getrau, den er zu unns beden hat, das wissen wir.“ [5]

Zudem befanden sich Albrecht und Ulrich über lange Zeit in einer ähnlichen Situation, da beide über mittelmächtige Ländereien herrschten, die in unmittelbarer Nähe zu königlichen Territorien lagen. 1467 sicherten sie ihre intensive Bündnispolitik durch die Heirat von Ulrichs ältestem Sohn Eberhard dem Jüngeren mit Markgräfin Elisabeth, einer Tochter Albrecht Achilles. [6]

Die Texte von Albrecht Achilles und Ulrich, die Eingang in Steinhausens Sammlung von Privatbriefen gefunden haben, sind alle in den Jahren zwischen 1454 und 1477 entstanden. Dabei ist die Korrespondenz aus den Jahren 1473 und 1475 am besten dokumentiert. Aus dem Jahr 1475 allein liegt auch ein zusammenhängendes Hin- und Rückschreiben [7] vor. Die Briefe besitzen neben Gemeinsamkeiten auch Unterschiede. Die wohl größte Divergenz liegt darin, dass man zwischen vollen Briefen, Brieffragmenten und Zetteln unterscheiden muss. Diese Zettel wurden Briefen quasi als Post Scriptum beigelegt. In Steinhausens Sammlung finden sich noch zwei Briefe, bei denen die Zettel, die im Anschluss angefügt worden waren, erhalten geblieben sind [8]. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Zettel, zu denen der zugehörige Brief  verloren gegangen ist. Insgesamt besteht die Korrespondenz, wie sie im Buch Steinhausens aufgenommen wurde, aus sechs Briefen von Kurfürst Albrecht [9], aus sieben Briefen Graf Ulrichs an Albrecht Achilles [10] und vier weiteren Zetteln bzw. Brieffragmenten [11] von Seiten Ulrichs. Letztere wurden von Ulrich nicht unterschrieben, wohl aber alle längeren Briefe an seinen Briefpartner mit Ausnahme des Schreibens vom 20. Oktober 1473 [12]. Im Gegensatz dazu wurde von Albrecht Achilles keine Unterschrift in seinen Briefen an Ulrich überliefert außer in dem vom 23. Januar 1471 als er mit "Albrecht, von gottes gnaden marggrave zu Brandburg?" [13] unter-schrieb. Ulrich unterzeichnete all seine Mitteilungen dagegen schlicht mit seinem Namen und Titel.

Entsprechend des unterschiedlichen Standes ist die Einleitungsformel von Graf Ulrich sehr viel höflicher gehalten, als die von Seiten Albrecht Achilles, der ersteren meist nur mit "Lieber sweher." ansprach. Lediglich im Brief vom 23. Januar 1471, eben jenem, den er auch als einziges unterschrieben hatte, schrieb Albrecht: "Unnser freuntlich dienst und alles gut zuvor. Hochgeborner, lieber sweher." [14] Ulrich hingegen leitete fast all seine Briefe mit " Hochgeborner fürst, lieber herre und sweher. Min früntlich, willig dienst und alles gut allzyt zevor." ein. Eine Ausnahme existiert auch hier, wenn der Graf von Württemberg nämlich am 9. September 1477 schrieb:

„Hochgebornner furst, lieber her unnd sweher. Min fruntlich, willig diennst unnd was ich liebs unnd gutz vermag, alzit zuvor.“ [15]

Die vorherrschende Thematik in den Briefen zwischen Kurfürst Albrecht Achilles und Graf Ulrich, wie sie in der Sammlung Steinhausens vorliegt, ist zweifelsohne die Jagd. Dabei ist hier unter Jagd nicht der heutige Überbegriff zu verstehen, sondern eine spezielle Jagdart, bei der das Wild zumeist mit einem Hund verfolgt und, wenn es gestellt wurde, mit einer Stichwaffe getötet wurde. [16]

Da sowohl Albrecht von Brandenburg wie auch Ulrich von Württemberg und deren jeweilige Familien passionierte Jäger waren, spielten vor allem Hunde in ihren Briefen eine große Rolle. Dabei wurden Hetzhunde allgemein erwähnt, es wurden aber auch noch spezifisch Winde, Leithunde und Jagdhunde genannt. Daran ist bereits eine Eigenart des Mittelalters erkennbar, in dem Hunde nicht rassespezifisch, sondern nach ihrer Funktion gezüchtet und klassifiziert wurden. Dabei wurden Hetzhunde über ihre unterschiedliche Hetztechnik unterschieden. Der vetragus war ein Windhund, der über kurze Distanzen eine hohe Geschwindigkeit erlangt, er trieb das gejagte Tier auf Sicht und brachte es aufgrund seiner Schnelligkeit nieder. segutius wurde der Jagdhund genannt, der zwar nicht so schnell, dafür aber ausdauernder war und über eine ausgezeichnete Nase verfügte. Er stellte das Wild, indem er es ermüdete. Üblich war es, mit gemischten Hundegruppen zu jagen, in denen sowohl vetragus- wie auch segutius-Schläge vertreten waren. [17]

Auch Falken waren ein wichtiges Thema für Albrecht und Ulrich. Dabei schien besonders Albrecht eine Passion für die Beizjagd gehabt zu haben, da er in seinem Brief vom 23. Juli 1473 sehr ausführlich den Zustand seiner Falken beschrieb. [18] Besonders begehrt war der Rotfalke als Beizvogel bei den beiden Edelmännern, da dieser mehrmals explizit in einigen Schreiben erwähnt wurde.

Hunde und Falken wurden zwischen den Kurfürst Albrecht und Graf Ulrich oft ausgetauscht, das zumindest implizieren die häufigen Anfragen oder Hinweise auf über-sendete Tiere in den Briefen. Daraus geht auch hervor, dass nur die besten Tiere versendet wurden: 

„Hierby schicke ich üwer liebe den schönsten und hüpschten laithunde den ich zu diser zyt gehaben mag [...]“ [19]

Dies kann auch der Aufrechterhaltung des eigenen Prestige gedient haben. Waren bei einer Anfrage nur unzulängliche Tiere vorhanden, so wurde der Anfragende lieber auf später vertröstet. Aber was der eine für seine besten Tiere hielt, konte bei dem anderen unter Umständen keine Begeisterung entfachen, was aus folgendem Beispiel gut hervorgeht: 

„[...] wann die zechen darunder sint under achzig jaren nit alt und ee darob dann darunter. Wölt auch uwer lieb wohl gonnen, das mir junger hund darfur ge-schickt wären worden [...]“ [20]

Ein solches Ersuchen wurde meist angetragen, wenn einer der beiden Adeligen einen Mangel an Jagdhunden oder nur inadäquate Tiere vorrätig hatte. Auch wenn einer von beiden ein außerordentliches Tier besaß, welches sich der andere gerne ausgeliehen hätte ("Ich bitt uwer lieb früntlich, mir den salben leidthünde, so ich üwer lieb han gegeben am letsten, wider zü lyhen und mir den zü schicken, da er die bern gern sücht [...]"), [21] kam es zum Tausch.

Neben Tieren wurden auch Armbrüste und Zielbolzen verschenkt. Für jedes Präsent wurde automatisch ein Gegengeschenk erwartet. Teilweise wurden in den Briefen sogar ganz explizit Wünsche über Gegenstände und deren Wert geäußert: 

„Wie dem, ich wil von uwer lieb für das armbrost zweyer guldin wert Rotemburger zillboltz haben [...]“ [22]

Schien einer der Edelmänner das Gegengeschenk vergessen zu haben oder ließ sich zu lange Zeit damit, scheute der andere nicht davor zurück, diese Dedikation entweder einzufordern oder zumindest, meist humorvoll, darauf hinzuweisen: 

„Duch, lieber herr und sweher, mein ich, üwer lieb wol gewert haben mit guten hunden, so ich uch geschickt, inmaßen ich mit üwer lieb geredt han: ich sihe aber noch kein halbes pferdlin.“ [23]

Neben dem Austausch von Tieren und Waffen, der zum einen dem Zweck diente den Materialvorrat intakt zu halten und zum anderen freundschaftliche Bindungen zu pflegen und zu festigen, luden sich Ulrich und Albrecht aus eben diesem Grund auch häufig gegenseitig zur Jagd ein. Dieses persönliche Zusammentreffen, das zudem meist auch geschäftlichen Interessen diente, war zudem eine hervorragende Gelegenheit, die eigenen Jagdgebiete vorzuführen. Deren Vorzüge wurden meist schon vorab zusammen mit der Einladung angepriesen: 

„Es ist hirs und wilpret auf den beden holzen so heimlich worden, das es unmants fleucht, und lest sich nzund sehen, als es vor in der prunft gethan hat.“ [24]

Zugleich wurde die Jagdeinladung auch noch für andere Bekannte und Familienmitglieder ausgesprochen. Damit war die Jagd auch ein gesellschaftliches Ereignis, eine Art Familien-treffen, bei dem Netzwerke gepflegt und neue Kontakte aufgebaut wurden. [25]

Abschließend kann gesagt werden, dass die Hauptmotivation für die Jagdthematik in den Briefen schlicht darin bestand, dass beide Briefpartner begeisterte Jäger waren. Der Austausch von Tieren und Waffen festigte zum einen die Freundschaft von Alb-recht und Ulrich und diente zum anderen dazu, ihren Vorrat intakt zu halten. Aber auch gesellschaftliche Gründe dürfen nicht vernachlässigt werden. Die Jagd bot einen willkommenen Anlass, sich zu treffen und gemeinsamen Vergnügungen nachzugehen. 

Natürlich ist dies nur eine kurze Abhandlung über das Thema. Eine erschöpfende Ausarbeitung war aufgrund der räumlichen Vorgaben dieser Arbeit in nur sehr engen Grenzen möglich. Eine tiefer gehende Forschung und Ausarbeitung der gegebenen Informationen ist durchaus denkbar. 

Anmerkungen

  • [1]

     Deutsche Privatbriefe des Mittelalters, hrsg. von Georg Steinhausen (Denkmäler der deutschen Kulturge-schichte. 1.Abteilung: Briefe 1.Band). Berlin 1899.

  • [2]

     Lexikon des Mittelalters. Zürich/ München 1980 - 1999.

  • [3]

     Fritz, Thomas: Ulrich der Vielgeliebte (1441 - 1480). Ein Württemberger im Herbst des Mittelalters. Zur Geschichte der württembergischen Politik im Spannungsfeld zwischen Hausmacht, Region und Reich (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 25). Leinfelden-Echterdingen 1999.

  • [4]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 94 (129).

  • [5]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, in: Deutsche Privatbriefe. S.110 (153).

  • [6]

     Fritz: Ulrich der Vielgeliebte. S. 14/15, 21, 35/36, 70, 438.

  • [7]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, ebd. S. 151 (214). Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, ebd. S. 153 (217).

  • [8]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, ebd. S. 93/94 (128). Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, ebd. S. 106 (149).

  • [9]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, ebd. S. 94 (129), S.95 (131), S.108 (152), S.109/ 110 (153), S. 153 (217), S.156/157 (224).

  • [10]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, ebd. S. 61 (81), S.76 (103), S.93 (128), S.106 (149), S.114 (160), S.151 (214), S. 180/ 181 (261).

  • [11]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 55 (71), 73 (97), S. 154 (219), S. 170 (242).

  • [12]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, ebd. S. 114 (160).

  • [13]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, ebd. S. 95 (131).

  • [14]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, ebd. S. 95 (131).

  • [15]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 180 /181 (261).

  • [16]

     Schwenk, Sigrid: Jagd, in: Lexikon des Mittelalters 5 (1991). Sp. 270.

  • [17]

     Schwenk, Sigrid: Jagdhunde, in: Lexikon des Mittelalters 5 (1991). Sp. 270/ 271.

  • [18]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 109/ 110 (153).

  • [19]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 154 (219).

  • [20]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 114 (160).

  • [21]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, ebd. S. 76 (103).

  • [22]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 76 (103).

  • [23]

     Graf Ulrich von Württemberg an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, in: Deutsche Privatbriefe. S. 73 (97).

  • [24]

     Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, in: Deutsche Privatbriefe. S.109 (153).

  • [25]

     Vgl. Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Graf Ulrich von Württemberg, ebd. S. 108/ 109 (152).

Empfohlene Zitierweise

Rupprecht, Melanie: Das Jagdmotiv in der Privatkorrespondenz zwischen Albrecht Achilles von Brandenburg und Ulrich von Württemberg. aventinus mediaevalia Nr. 1 (Winter 2005), in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/7715/

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Erstellt: 21.05.2010

Zuletzt geändert: 27.05.2010

ISSN 2194-1955

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