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aventinus recensio Nr. 26 [31.07.2011] 

Marius Niemann 

Mareike Menne: Berufe für Historiker. Anforderungen – Qualifikationen – Tätigkeiten (Geschichte studieren Bd. 2), Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag 2010. 18,00€. ISBN 978-3-17-021300-5.

 

»Du studierst Geschichte – und was machst Du später damit?« Nahezu jeder wird Fragen wie diese kennen. Oftmals scheint es dabei, als ob die beruflichen Perspektiven des Fachs in der Gesellschaft weniger durchdrungen werden als beispielsweise bei naturwissenschaftlichen Studiengängen. Nicht zuletzt seit den Bologna-Reformen, die doch im Wesentlichen eine gezielte Anbindung von Studium und Beruf mit sich bringen soll(t)en, sind Fragen nach Berufs- und Praxisorientierung nicht nur an der Universität, sondern auch in den Verlagshäusern en vogue. [1] So hat mit Einführung des Bachelor-Systems auch der Kohlhammer-Verlag ein Angebot für die LeserInnen bereitgestellt und mit dem Werk „Berufe für Historiker“ den zweiten Band der Reihe „Geschichte studieren“ herausgegeben. [2]

In diesem Buch gibt die an den Universitäten Stuttgarts bzw. Paderborns lehrende Autorin Mareike Menne – der Klappentext verrät langjährige Erfahrung in der Berufsberatung – Einblicke in mögliche Berufsfelder, deren Grundlagen bzw. die dafür benötigten Kompetenzen. Als eine „zuversichtliche, ermutigende Stimmung“ (6) gedacht, will Menne die Beschäftigungsfähigkeit – „ein Hauptziel der Bolognaabschlüsse“ (7) – dem potenziellen Leserkreis näher bringen. Die „Fähigkeit zur Teilnahme am Arbeits- und Berufsleben“ (7) jedes Einzelnen gezielt zu fördern, ist ihr Ziel: Sie will „Orientierung geben, vielleicht neue Pfade aufzeigen“ (8) und den Leser bewusst dazu anregen, sich für seinen „weiteren Werdegang zu engagieren“ (8). 

Aufgrund dieses auch anzumerkenden Einführungscharakters richtet sich das Werk vornehmlich an Studierende, die sich bisher noch keine bzw. kaum Gedanken über ihre berufliche Perspektive während ihres Studiums gemacht haben, idealiter jedoch an diejenigen, die zu Beginn ihres Studiums die späteren beruflichen Möglichkeiten mit einem Abschluss im Fach Geschichte ausloten wollen, um im Studium „ihre Potenziale zu entdecken, zu entfalten und einen angemessenen Beschäftigungsrahmen“ (7f.) zu finden.

Dementsprechend ist auch der Aufbau dieser Einführung zu sehen: Der Band gliedert sich in die Teile „Grundlagen“ (13-34), „Berufsfelder“ (35-133) und „Praktisches“ (134-156). In den „Grundlagen“ werden sowohl das Feld der Wissenschaft als auch das Thema „Selbständigkeit/Freiberuflichkeit“ (25-34) sachlich knapp wie fundiert vorgestellt. Da eine akademische Karriere oftmals ein „hohes biographisches Risiko“ (21) darstelle, sieht Menne die Selbständigkeit bewusst als eine Übergangslösung an, was gerade in Zeiten befristeter Verträge an den Universitäten als plausibel erscheint. 

Im Zentrum des Bandes steht die Beschreibung der „Berufsfelder“: Hier werden „Archiv und Dokumentation“ (35-43), „Ausstellung/Museum“ (44-51), „Buch“ (52-78) [3], „Journalismus“ (79-89), „Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations“ (90-96), „Politik“ (97-106), „Schule und Lehre“ (107-118) sowie „Wirtschaft“ (119-133) vorgestellt. Natürlich konnte es hier aufgrund des Buchumfangs wie des Einführungscharakters nur darum gehen, große Linien anzusprechen, weswegen »Nischenberufe« keine Erwähnung finden und der Überblick im Vordergrund steht. Als „Gebrauchsbuch“ (12) verstanden, sind die Kapitel identisch aufgebaut, was „Orientierung geben und die Vergleichbarkeit erleichtern soll“ (12). Und in der Tat kann jeder Leser in Kürze je nach Erfahrungsstand/Interessenlage guten Gewissens auf einzelne Kapitel zurückgreifen. Erleichternd dabei ist die Systematik, dass jedes Berufsfeld nach denselben vierzehn Kategorien beleuchtet wird. Diese sollen im Folgenden anhand der „Wirtschaft“ exemplarisch eine kompakte Darstellung finden.

Im Feld Wirtschaft und Geschichtswissenschaft klaffe zwar eine „seltsame Lücke“ (119), jedoch stellt Menne im Vergleich zu Ländern wie England Entwicklungspotenzial fest, da in der Wirtschaft für Historiker „noch viele Bereiche erschlossen werden“ (119) könnten. Als Projektmanager oder Dienstleister (Bezeichnung) werde ein „kommunikativer, durchsetzungsstarker, kostenbewusster, teamfähiger, aber eigenständig handelnder, entscheidungsfreudiger, erfolgswilliger Mensch“ (120) gesucht (Persönlichkeit). Auch wenn man sich der Idealtypik bewusst ist, werden wohl die wenigsten gerade zu Studienbeginn derartige Fähigkeiten in sich zu vereinen wissen; so wirkt die Beschreibung eher einschüchternd als aussagekräftig für Studienanfänger. Allerdings hebt Menne dann im darauffolgenden bei den Kompetenzen gerade jene Fähigkeiten hervor, die das Geschichtsstudium ausmachen: Vorteile in der Wirtschaftswelt hätten v.a. gute Fachwissenschaftler, die „mit der Arbeit im Archiv, der Recherche, Beratung und Aufbereitung von wissenschaftlichen Ergebnissen vertraut“ (120) seien. Bei den Qualifikationen/Tätigkeitsprofilen sollten neben exzellenten Noten sowie Berufserfahrungen gerade sehr gute Sprachkenntnisse vorzuweisen sein, da der „gesprochene und geschriebene Text“ (121) das Hauptprodukt von Historikern ist. Um später im History Marketing oder im Bereich Wissens- und Kulturmanagement arbeiten zu können, ist es wichtig, dass man sich zu „verkaufen oder bewerben“ (127) wüsste. Zwar sind die hohen Arbeitsbelastungen und das Anpassen an die Gepflogenheiten, „um des Erfolgs Willen“ (129), mögliche Schwierigkeiten. Diese würden für Menne allerdings aufgewogen durch hohe Gehälter und einem flexiblen wie kreativen Umgang mit historischen Themen (Schöne Seiten). Alles in allem sieht sie die Chancen, „hier einzusteigen, sicherlich nicht schlecht“ (131), nur deutet Menne im letzten Abschnitt, „wo bleibt die Geschichte im Beruf“ (132), an, dass die Geschichte eher als „Marke“ (132) bei Bewerbungsverfahren, dafür weniger im Berufsalltag gebraucht werde.

Zwei Punkte gelten bei dieser Einführung als innovativ: Zum einen liegen auf den letzten Seiten des Buches „Reflexionen und Übungen“ (142-156) bei, mit denen der Leser selbst sein EDV-Kenntnisse, geistige Fähigkeiten bzw. Präsentationskompetenzen abfragen und bewerten kann – für Einsteiger ins Studium sicherlich eine sehr gute, für Fortgeschrittene wahrscheinlich weniger brauchbare Idee. Zum anderen befindet sich auf der Verlags-Homepage regelmäßig aktualisiertes Zusatzmaterial mit ergänzenden Literaturhinweisen wie Hilfsmitteln, [4] das allerdings fast unauffindbar ist: Weder lag ein weiterführender Link im Buch noch ein Freischaltcode bei. Auf der Homepage ebenfalls nicht ausgewiesen, konnte es nur über einschlägige Suchmaschinen gefunden werden.

Nichtsdestotrotz kann dieser Kritikpunkt nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Autorin gerade Studienanfängern ein alles in allem gelungenes Einführungswerk mit an die Hand gibt: Wer sich also über seine beruflichen Aussichten gerade zu Beginn des Studiums informieren will, dem sei der kurze Überblick in „Berufe für Historiker“ als Erstgriff zum Nachschlagen empfohlen – ob allerdings eine Kaufentscheidung Sinn macht, muss jeder für sich selbst erwägen. 

Anmerkungen

  • [1]

    So erschienen sukzessive Bücher mit demselben Schwerpunkt, exemplarisch siehe: Gunilla Budde / Dagmar Freist / Hilke Guenther-Arndt: Geschichte: Studium – Wissenschaft – Beruf, Berlin 2008; Simone Janson: Der optimale Berufseinstieg. Perspektiven für Geisteswissenschaftler, Darmstadt 2007.

  • [2]

    Der erste Band der Reihe mit dem Titel „Geschichte für den Bachelor. Studieren – Qualifizieren – Anwenden“ ist angekündigt.

  • [3]

    Mit den Unterkapiteln „Bibliothek“ (56-62), „Buchhandel“ (63-69), sowie „Verlag“ (70-78).

  • [4]

     http://shop2.kohlhammer.de/shopX/shops/kohlhammer/data/pdf/978-3-17-021300-5_O.pdf (31.07.2011).

Empfohlene Zitierweise

Niemann, Marius: Rezension Mareike Menne: Berufe für Historiker. Anforderungen – Qualifikationen – Tätigkeiten (Geschichte studieren, Bd. 2), Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag 2010. 18,00€. ISBN 978-3-17-021300-5. aventinus recensio Nr. 26 [31.07.2011], in: aventinus, URL: https://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9016/

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Erstellt: 31.07.2011

Zuletzt geändert: 01.08.2011

ISSN 2194-2137

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