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aventinus archivalia Nr. 2 (Sommer 2006) 

 

Stefan Schnupp 

König Maximilian II. von Bayern.  

Seine Persönlichkeit und seine Einflussnahme auf die bayerische Politik 

Maximilian II. war der dritte König Bayerns. Seine Regierung um die Mitte des 19. Jahrhunderts dauerte 15 Jahre, in denen sich das Gesicht Bayerns zu wandeln begann. Heutzutage ist Max II. eine eher unbekannte Größe in der Geschichte, weiten Teilen der Bevölkerung eher unbekannt. Die mangelnde Bekanntheit beruht vor allem auf der Persönlichkeit dieses Königs selbst, die neben der Tatkraft und Energie, die sein Vater ausstrahlte, eher verblasst und dessen Wissensdurst neben den Träumereien seines Sohnes trocken wirkt. Außerdem besaß er nie die Popularität, wie sein Großvater Max I. Joseph oder sein Bruder Luitpold, der spätere Prinzregent. Dennoch verstand Maximilian II. es Bayern seinen Stempel aufzudrücken. Wissenschaft und Kunst zu fördern und sich damit ein bleibendes Denkmal in der Geschichte Bayerns zu sichern. Die folgende Arbeit befasst sich vor allem mit einer überblickshaften Skizze seines Lebens und seiner Regierungstätigkeit. Sie soll zeigen in welchem Maße der König persönlich auf die bayerische Politik Einfluss nahm. 

I. Seine Persönlichkeit 

1. Kindheit und Studium 

Maximilian wurde am 28. November 1811 in der Münchner Residenz geboren. Sein Vater Kronprinz Ludwig I. hatte sehnlichst gehofft, dass es ein Sohn werde, da dieser die Thronfolge sichern würde. Der dichterisch veranlagte Vater schrieb zur Geburt folgendes: 

Dessen eingedenk, o Max, sei immer, dass als Teutscher du geboren bist, [...]. [1]

Die ersten Kindheitsjahre verbrachte Maximilian in Salzburg und Innsbruck, nach der Übergabe von Tirol und Salzburg an Österreich in Aschaffenburg und Würzburg. Geprägt wurden sie durch seine erste Erzieherin Antonie von Täuffenbach, die mit ihrer warmherzigen Person den eher schüchternen Prinzen unterrichten konnte. Als Maximilian sieben Jahre alt wurde, übernahm Vater Ludwig die Erziehung. Der Vater legte viel wert auf Disziplin und Härte bei der Auswahl der Erzieher, die allerdings alle an dem sensiblen Jungen scheiterten und ihr Amt nach kurzer Zeit wieder aufgaben. [2] Erst mit Leonhard von Hohenhausen, der eher gefühlsbetont und nachsichtig vorging, begann Maximilian aufzublühen. Unter Joseph Freiherr von Hormayer wurde sein Interesse für Geschichte geweckt, das zeitlebens erhalten blieb. [3]

In der Familie bewunderte er vor allem seinen Onkel Eugène Beauharnais von Leuchtenberg, den Stiefsohn Napoleons, den der Prinz vor allem wegen seiner Heiterkeit und seiner weltgewandten, ritterlichen Art liebte. Dies machte jenen zum Gegenteil des pedantischen Vaters, der Maximilian eher fremd war. Maximilian freute sich auch, wenn er mit seinem Bruder Otto den Großvater König Max I. Joseph in München besuchen durfte. Dieser liebte es,  seine Enkel zu unterhalten. [4] Als der König 1825 starb, bestieg sein Sohn Ludwig den Thron. Für Maximilian, von nun an Kronprinz, änderte sich an seiner Erziehung und seinem Tagesablauf relativ wenig. Er bekam mehr Taschengeld und lebte von nun an in der Münchener Residenz. [5]

Ludwig überwachte die Erziehung seiner Söhne von Anfang an genau. Neben Unterrichtsplänen und die Lektüre mussten auch Kleinigkeiten, wie Erholungszeiten und Einkäufe durch den königlichen Vater genehmigt werden. [6]  Selbst als König ließ Ludwig davon nicht ab. Durch ständige pedantische Nörglerei kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Vater und Sohn. Dies änderte sich erst 1829 mit dem Beginn des Studiums von Maximilian in Göttingen. Bereits ein Jahr später wechselte der Kronprinz zur Berliner Universität, wo er die Vorlesungen Leopold von Rankes hörte, mit dem sich eine lebenslange Freundschaft entwickelte. Doch bei aller Ferne zu München blieb der strenge Vater für Maximilian immer präsent, da ihm dieser genaue Instruktionen mitgab und einen Brief pro Woche von ihm forderte, um ihn einerseits zu überwachen und ihn andererseits zur Selbstdisziplin zu erziehen. [7]

Nach seinem Studium unternahm er mehrere Bildungsreisen. Sie führten ihn unter anderem mehrere Male nach Griechenland zu seinem Bruder Otto, nach Italien, Österreich und in die Türkei. Dabei entdeckte er seine Begabung für moderne Sprachen, wie Englisch und Italienisch. [8] Aber auch die bayerische Heimat erkundete er einige Male und fand dabei die Ruine Hohenschwangau, die er 1829 erwarb und schließlich restaurieren ließ. [9] Am Ende seiner Wanderjahre bescheinigte ihn der Kabinettssekretär Pfistermeister, dass er „auf der Höhe der Zeit“ und „in seiner äußeren Erscheinung ein vollendeter Weltmann“ sei. [10]

2. Ehemann und Monarch 

Auf der Suche nach einer Frau ging der Kronprinz generalstabsmäßig vor.  Er war zwar eine glänzende Partie, stammte er doch aus einem der ältesten Fürstenhäuser Europas und sah gut aus, aber er hatte eher eine zögerliche Art auf Menschen zu zugehen. Ludwig ließ seinem Sohn bei der Brautwahl freie Hand. Eine Französin kam allerdings nicht in Frage. Die väterliche Abneigung, die noch von den napoleonischen Kriegen her stammte, machte dies unmöglich. Nach etlichen Jahren der Brautschau, über die der Vater bereits spottete, fand Maximilian in der Hohenzollernprinzessin Marie eine Braut. Sie war die Enkelin von König Friedrich Wilhelm II.  von Preußen. Ihr protestantischer Glaube, früher sicherlich ein großes Hindernis, spielte bei der Wahl bereits keine Rolle mehr, da sowohl Maximilians Mutter Therese, als auch die vorherige Königin Caroline protestantisch waren. So konnten Maximilian und Marie am 12. Oktober 1842 in der Allerheiligen-Hofkirche in München getraut werden. Ihre Ehe verlief trotz einiger Gegensätze sehr glücklich. Sie beruhte vor allem auf gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme. Beide waren durch tiefe Religiosität geprägt, aber ihrer Ehe fehlte jegliche Leidenschaft, was aber zur damaligen Zeit in ihren Kreisen keine Seltenheit war. [11]

Am 20. März 1848 dankte Ludwig I. in Folge der Ereignisse der Revolution ab. Maximilian trat somit, unerwartet aber nicht unvorbereitet, die Nachfolge an. [12]  Als er einen Tag später den Eid ablegte erklärte er:

Mein geliebter Vater und König hat aus freiem Entschlusse Mir die Krone übertragen. Ich kann nicht aussprechen, welch Gefühl Meine Brust durchdringt. Ich fühle die Größe, aber auch die Schwierigkeiten und baue auf Gott, daß er Mir Licht und Kraft schenke, Meine Aufgaben zu erfüllen. [13]

Sofort nach der schlichten Thronbesteigung löste Maximilian die Versprechen ein, die seinem Vater in den sogenannten Märzproklamation abgerungen worden waren, und führte Verfassungsreformen durch, [14] auf die später noch einmal genauer eingegangen wird.

Neben den politischen Problemen gab es im Königshaus auch familiäre Probleme. Durch die Thronbesteigung gab es nun zwei Könige, mit jeweils eigenem Hofstaat, die nun unter einem Dach in der weitläufigen, aber für das getrübte Vater-Sohn-Verhältnis noch zu kleinen Residenz, wohnten. Der abgedankte Monarch behielt seine Ratschläge an seinen Sohn nicht für sich und so stand fest, dass ein König ausziehen musste, aber welcher? Ludwig hatte in den vergangenen zwanzig Jahren die Residenz großzügig nach seinen Vorstellungen ausgebaut, wohingegen er für Maximilian das Wittelsbacher Palais als Münchner Wohnsitz errichten ließ.  Ludwig war es aber wegen des neogotischen Stils verhasst, darum wollte er, dass Maximilian dort einziehe, wenn es fertiggestellt sei. Aber da spielte der Sohn nicht mit und so musste schließlich Ludwig in das Wittelsbacher Palais ziehen. Ein weiteres Problem war der Unterhalt des Vaters, da die Verfassung einen "König außer Dienst" nicht vorsah. So war Maximilian gezwungen seinem Vater aus seiner Privatkasse eine Pension zu zahlen. [15]

Nach der Regelung dieser familiären Dinge, konnte sich Maximilian schließlich dem Regierungsalltag [16] widmen, wobei er sich selbst jede einzelne Entscheidung erst abringen musste. Seine Lage beschreibt er in einem Brief an seinen Vater vom 7. Dezember 1848, wie folgt:

Sie wissen, lieber Vater unter welchen Umständen ich den Thron bestieg, welchen Zustand ich gefunden, [...]. Diese schwere Last unternahm ich mit leidender Gesundheit ..., [...]. Wenige oder besser keine Freuden wurden mir bisher zuteil; eine Dornenkrone ist es, die ich trage. Durch diese täglichen Körper- und Seelenleiden, erscheint sie mir oft eine unerträgliche Bürde. [17]

Sein Tagesablauf war von ihm in der anerzogenen Selbstdisziplin genau durchgeplant. Außerdem versuchte er durch Selbstkontrolle seine Handlungen nochmals zu überdenken und so Fehler auszumerzen, wofür er sich eigens einen Raum einrichten ließ, das sogenannte "Sanktuarium". [18] Auch versuchte er die Probleme am liebsten mit Hilfe von Tabellen darzustellen und zu lösen. Seinen Wissensdurst legte der Monarch mit seiner Thronbesteigung nicht ab, sondern vertiefte in sogar noch. Es ging sogar soweit, dass er einen Stenographen in Vorlesungen schickte, damit er dessen Aufzeichnungen später lesen konnte. [19]    

3. Bürgerkönig und kranker Fürst 

Maximilian wollte ein Bürgerkönig sein, wurde aber nie so beliebt wie sein Vater. Er charakterisierte das Verhältnis zwischen sich und seinem Volk am besten durch den Ausspruch: "Ich liebe mein Volk, aber in gehöriger Distanz" [20]. Er behielt immer einen gewissen Abstand zu den Menschen und zeigte sich in der Öffentlichkeit eher schüchtern. [21] Sein Vater dagegen verwickelte bei seinen Spaziergängen sogar unbekannte Leute in ein Gespräch. [22] Maximilian fehlte die Begeisterungskraft seines Vaters, er hatte eher gegen Melancholie anzukämpfen, zeigte seine Liebe zu seinem Volk vor allem dadurch, dass er sich für sozial Schwächere einsetzte.

Seine Distanz zu seinem Volk resultierte auch aus seinem schlechten Gesundheitszustand. Zeit seines Lebens litt er an Kopfschmerzen und auch eine Typhuserkrankung im Jahre 1835 trug nicht zu seiner Besserung bei. [23]

1863 reiste er nach Italien, um sich dort Milderung zu verschaffen, denn das mediterrane Klima war das einzige, was ihm half. Doch gegen Ende des Jahres wurde er nach München zurückgerufen, da sich die Schleswig-Holstein-Krise [24] anbahnte. Anfang März empfing der König den österreichischen Sondergesandten Erzherzog Albrecht, um Österreich zum Einlenken zu bewegen. So führte er auch am Vormittag des 9. März mit ihm ergebnislos Gespräche. Am Nachmittag fühlte sich der König nicht wohl und brach zusammen. Über die Nacht verschlechterte sich sein Zustand und am nächsten Tag lag er bereits im Sterben. Um 11.45 Uhr wurde mitgeteilt, dass Maximilian II. von Bayern gestorben sei. Zu diesem Zeitpunkt wartete die Münchner Bevölkerung bereits auf dem Max-Joseph-Platz, vor dem Königsbau der Residenz, auf Nachrichten über den kranken König. Am 14. März wurde Maximilian in seinem Marmorsarkophag, den er bis zu seinem Tode in seinem Sanktuarium hatte aufstellen lassen, in der Theatinerkirche beigesetzt. [25]

Ludwig I. weilte zu dieser Zeit gerade in Algier, als er die Nachricht vom Tode seines Sohnes erhielt. Er bemerkte daraufhin, dass Maximilian 

[...] für seinen Ruhm in günstiger Zeit gestorben sei. Monarchisch sein Sinn, keineswegs demokratischer Richtung, kein König, wie die in England ... ferner kömmt dazu meines Sohnes vortreffliche Haltung, Schleswig-Holstein betreffend, und sein plötzlicher Tod. [26]

II. Seine Politik 

1.Konstitution und Sozialpolitik 

Bis zu seinem Tode kam der Monarch immer seinen Aufgaben und seiner Verantwortung nach. Er bracht seine Ideen mit ein und gestaltete so die Politik seines Landes mit. Die „Märzproklamation“ [27] seines Vaters wurde von ihm als erstes erfüllt. Neben der Abschaffung der Zensur wurde auch eine gerechtere Wahlordnung versprochen. So wurden schließlich durch den kurzfristig einberufenen Landtag die wichtigsten Reformen beschlossen oder auf den Weg gebracht. Die Wahlrechtsänderung, von einem Zensuswahlrecht zu einem Wahlrecht, in dem jeder steuerzahlende Bürger das Wahlrecht indirekt über Wahlmänner und öffentlich ausüben konnte, zählte zu den wichtigsten Neuerungen. Außerdem wurden die Ministerverantwortlichkeit und eine Reform des Gerichtswesens beschlossen. Zur Abgabe des Initiativrechts bei Gesetzesvorlagen an den Landtag mussten die Berater den König erst überzeugen. [28]

Die folgenden Regierungsjahre, mit dem Kabinett erst unter der Leitung des fränkischen liberalen Ludwig Freiherr von der Pfordten und später unter dem Freiherrn von Schrenk-Notzing, sollen hier nicht im einzelnen besprochen werden. [29] Die Regierungsweise Maximilians II. war sowohl liberal als auch konservativ. [30] Maximilian behielt die Verfassung mit ihren Änderungen aus den Jahr 1848 und verkörperte somit nach außen den konstitutionellen Monarchen, aber nicht weil er es so wollte, sondern eine Revision der Beschlüsse des Reformlandtages eine erneute Revolution befürchten ließ. [31] Gerade deshalb konnte ihn von der Pfordten davon überzeugen, sie nicht gewaltsam zu ändern, wodurch die liberalen Grundlagen des Staates über seine Regierungszeit hinaus in Bayern erhalten blieben. Aber er vertrat in Punkten, die die Königswürde betrafen, immer eine konservative Meinung. Er empfand sich immer als Herrscher von Gottes Gnaden. An den Fundamenten seiner Königswürde, dem in der Verfassung verankerten monarchischem Prinzip,  ließ er keine Versuche durchführen und wollte sie eher noch stärken. Überdies ist noch anzumerken, dass er in der zweiten Hälfte seiner Regierungszeit immer eine konservative Position einnahm, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass er für das Königtum Gefahr sah. [32]

Für seine Zeit sehr fortschrittliche Gedanken hatte der König auf dem Gebiet der Sozialpolitik. Er setze sich schon als Kronprinz mit der „sozialen Frage“ auseinander und sah deshalb im Schutz der Armen eine staatliche Aufgabe. Bereits 1848 nahm er Anleihen auf, um erste Maßnahmen einzuleiten. Ein Gesetz gegen Kinderarbeit wurde vom Landtag nicht gebilligt und so konnte Maximilian diese nur im staatlichen Bereich abschaffen. Für die Arbeiterschaft gründete er Sparkassen, Leihkassen und Krankenunterstützungskassen und ab 1851 wurden Fabrikkonzessionen von sozialen Einrichtungen abhängig. So mussten Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Vorsorgekassen einzahlen, die von den Arbeitern selbst verwaltet wurden, lange vor Bismarcks Sozialgesetzgebung. [33] Günther Müller sagte über Maximilians Sozialpolitik, dass „kein Monarch dieser Zeit den Vorstellungen Ferdinand Lasalles näher gekommen sein dürfte als der bayerische König Max II.“ [34]

2. Förderung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst 

Von Industrieller Revolution war Bayern 1848 noch weit entfernt. Ludwig I. hatte nur das kleine Gewerbe und besonders das Kunsthandwerk gefördert, dadurch war Bayern ein Absatzmarkt für die englische Massenproduktion, was wiederum in Bayern zur Massenarbeitslosigkeit führte. 

Maximilian stand den technischen Neuerungen der Zeit weitaus aufgeschlossener gegenüber als sein Vater. Er unterstützte die Industrielle Revolution auch aus sozialpolitischen Gründen, denn sie bedeutete die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Dabei diente ihm England als Vorbild. Die Weltausstellung 1851 in London  war Vorbild für die Industrieausstellung 1854 in München, zu der er den berühmten Glaspalast erreichten ließ. Die Ausstellung wurde ein Erfolg und sorgte für Aufschwung. Außerdem wurde in Bayern der Ausbau des Eisenbahnnetzes vom Staat betrieben, was die Vorteile einer einheitlichen Spurweite und eines besseren Streckenverlaufs mit sich brachte. Unter seine Regierungszeit fielen auch die Gründungen verschiedener Fabriken, von denen BASF und MAN noch heute bekannt sind. [35]

Auf dem Gebiet der Kunst trat Maximilian in die Fußstapfen seines Vaters, der vor allem München durch seine Bauprojekte seinen Stempel aufdrückte. Ähnlich seinem Vater ließ er eine große Prachtstraße planen, die bis 1874  vorrangig Friedrich Bürklein errichtet wurde, die heutige Maximiliansstraße. Dafür ließ der König auch mittels eines Wettbewerbes und schließlich durch Bürklein selbst einen eigenen Baustil erfinden, der sich aber nicht durchzusetzen vermochte. [36] In der Straße wurde auch ein neues Gebäude für das von Maximilian 1854 gegründete Bayerische Nationalmuseum erbaut, das einen Großteil der Wittelsbachischen Kunstsammlungen beherbergte. Außerdem entstand als Abschluss der Straße das Maximilianeum, heute als Sitz des Landtages bekannt. Dieses war und ist eigentlich eine Bildungsstätte für bayerische Eliteschüler und wurde aus dem Privatvermögen des Königs finanziert. [37]

Neben der Architektur wollte der Monarch auch das geistige Leben fördern, wobei Maximilian mit dem Aufbau eines Literatenkreises mehr Erfolg vergönnt war, als seinem Vater. Die berühmtesten Literaten waren Emanuel Geibel und Paul Heyse. Sie gründeten mit anderen die "Gesellschaft der Krokodile". In München wurden sie aber als "Nordlichter" beschimpft und daher nie richtig heimisch, weshalb sich die Gesellschaft bald nach Maximilians Tod wieder auflöste. [38]

Mehr Erfolg hatte Maximilian auf dem Gebiet der Wissenschaft. [39] Nach seiner Ansicht sollte die Wissenschaft nicht nur Erfolge liefern, sondern auch der Bevölkerung zu Gute kommen. So urteilte der Volkskundler Wilhelm Riehl: „Sein Ehrgeiz war es, auf jeglichen Geistesgebiet anzuregen und aus dem Vollen und Ganzen heraus das Gesamtleben des Volkes zu höherer Reife emporzuführen.“ [40]

Besonders interessierte er sich dabei für die Geschichtsschreibung. Sein Freund Leopold von Ranke lehnte einen Umzug nach München ab und schlug stattdessen seinen Schüler Heinrich von Sybel für eine Professur vor. Dieser gründete das Historische Seminar der Universität München, musste aber 1861 wegen deutlicher Unterstützung der Kleindeutschen Lösung wieder gehen. Daneben gründete Maximilian 1858 die historische Kommission, als Teil der bayerischen Akademie der Wissenschaften. Daneben wurde der schon zitierte Wilhelm Riehl nach München berufen. [41]

Neben der Geschichtswissenschaft wurden auch die Naturwissenschaften sehr gefördert. Dabei sind besonders Namen wie Max von Pettenkofer und Justus von Liebig zu erwähnen. Aber auch die Wissenschaftler wurden selten in München heimisch und blieben einzig wegen der Person Maximilians. [42] Dieser lud sie einmal wöchentlich zu sogenannten „Symposien“ [43] ein, wissenschaftliche Vorträge mit anschließender Diskussion. Dazu wurden auch Reisende eingeladen, die in München Station machten, wie Hans Christian Andersen, Theodor Fontane oder Fürst Pückler-Muskau. Der Historiker Eberhard Weis zog über die Wissenschaftspolitik Maximilian II. folgendes Resultat: „Kein bayerischer Herrscher hat der Wissenschaft ein derartiges Verständnis entgegengebracht wie Maximilian II.“ [44]

3. Der Umgang mit der deutschen Frage 

Bereits in seiner Thronrede vom 22. März 1848, mit der er den Reformlandtag eröffnete, legte Maximilian ein Bekenntnis zur Deutschen Einheit ab: 

Nicht bloß Bayern, sondern Deutschland richtet das Auge auf die Beratungen, die bevorstehen. […] Das Ergebnis dieses Landtages bestimmt Bayerns Stellung in Deutschland. Lassen Sie und vorleuchten allen seinen Stämmen! Unser Wahlspruch sei Freiheit und Gesetzmäßigkeit. [45]

So nahm er anfangs auch regen Anteil an den Ereignissen in Frankfurt. Er entwarf eine Gesamtdeutsche Verfassung, mit einem Dreierdirektorium an der Spitze und einem Zwei-Kammer-Parlament, die aber abgelehnt wurde. Grundidee dieser Verfassung war die sogenannte "Triaspolitik". [46]  Bei der Verwirklichung dieser sollte Deutschland von den Großmächten Österreich und Preußen und einer dritten Macht geführt werden, die sich aus dem Zusammenschluss der Mittelmächte unter der Führung Bayerns ergeben hätte. Die Eigenständigkeit der Länder sollte dabei erhalten bleiben. Die Grundtheorie, die auf der Großdeutschen Lösung  basierte, verfolgte Maximilian bis zu seinem Tode 1864. Der Haken der Triaspolitik bestand darin, dass sie keine Unterstützung beim Volk genoss, dem er seine Politik nicht verständlich machen konnte, wodurch sie immer als „feudalistische Schaukeldiplomatie“ [47] dastand.

Seine Politik sollte vor allem durch von der Pfordten verfochten werden, der an Bismarck scheiterte. Auch die immer wieder versuchte Reform des Deutschen Bundes scheiterte an der Ablehnung der beiden Großmächte. Maximilian und von der Pfordten versuchten zwar immer wieder einen Ausgleich zwischen Österreich und Preußen herzustellen, aber es gelang nicht. [48]

Die Schleswig-Holstein-Krise, die 1863 durch dänische Annexion Schleswig und der daraus resultierenden  Verletzung der Londoner Protokolle [49], führte schließlich zum Krieg. Maximilian setzte sich dabei für die Erbrechte des Herzogs von Augustenburg ein. Als sich die nach Holstein entsandten Bundestruppen nicht dem Oberbefehl der Großmächte unterstellen wollten, entsandte Kaiser Franz Joseph Erzherzog Albrecht am 3. März 1864 nach München, um die drohenden Kampfhandlungen zu vermeiden und die diplomatische Aktivität des bayerischen Königs zu bremsen.  Am 9. März brach Maximilian zusammen und starb am folgenden Tag. [50] Auf der während den Gesprächen vereinbarten Konferenz in Würzburg, Mitte März, einigte man sich auf den Verzicht von Gewaltanwendung und einer Erbrechtsprüfung der Ansprüche des Herzogs von Augustenburg. Das endgültige Scheitern von Maximilians Triaspolitik zeigte sich 1866, als Österreich im Deutschen Bruderkrieg von Preußen besiegt wurde. Daraufhin wurde der Deutsche Bund aufgelöst. [51]

III. Nachwirkungen von Maximilian Regierung 

Nach seinem Tode übernahm sein ältester Sohn Ludwig die Regierung. Mit seinen 18 Jahren war er noch vollkommen unvorbereitet auf die Regierungsgeschäfte. Doch er versuchte die Politik seines Vaters fortzuführen. Dies misslang aber gänzlich. Nach dem deutschen Bruderkrieg 1866 trat von der Pfordten zurück. Er war nach dem Thronwechsel von Ludwig gebeten worden noch einmal die Regierung zu übernehmen. Damit war Maximilians Idee endgültig gescheitert und Bayern musste sich 1871 dem von Preußen dominierten Deutschland anschließen. [52]

Ob es, wenn Maximilian noch gelebt hätte, anders gekommen wäre, bleibt fraglich. Doch weniger Maximilians Politik hatte Nachwirkungen, als die Förderung der Wissenschaften und der Kunst, so ist die Berufung der "Nordlichter" bis heute ein Begriff geblieben. Historische Kommission und Maximilianeum gibt es genauso wie die Maximiliansstraße, die von seiner Geschichtsliebe und dem Zeitgeist zeugt, noch heute. [53]

Literaturverzeichnis 

Bosl, Karl: Bayerische Geschichte, München 1980. 

von Bayern, Adalbert: Als die Residenz noch Residenz war, München ²1982. 

Dirrigl, Michael: Maximilian II. König von Bayern. 1818-1864. München 1984 

Domarus, Max: Bayern 1805-1933. Stationen der Staatspolitik. Würzburg 1979 

Hahn, August: Der Maximiliansstil, in: 100 Jahre Maximilianeum. 1852-1952, hrsg. v. Heinz Gollwitzer. München 1953, S. 77-166. 

Hartmann, Peter Claus: Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom Stammesherzogtum zum Freistaat heute. Regensburg 1989 

Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): König Maximilian II. von Bayern. Rosenheim 1988. 

Hubensteiner, Benno: Bayerische Geschichte, München ²1999.

Kraus, Andreas: Die Regierungszeit Ludwigs I., in: Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 4 Das neue Bayern. Tb. 1 Staat und Politik, hrsg. von Alois Schmid. München ²2003, S. 129-234. 

Ders.: Geschichte Bayerns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München ³2004.

Klar, Alexander: Im Dienste des bayerischen Königs. Leben und Werk des Baumeisters Friedrich Bürklein (1813 - 1872). München 2002. 

Merz, Johannes: Max II. Die soziale Frage, in: Die Herrscher Bayerns. 25 historische Porträts von Tassilo  III. bis Ludwig III., hrsg. von Alois Schmid u. Katharina Weigand. München ²2006.

Nerdinger, Winfried (Hg.): Zwischen Glaspalast und Maximilianeum. Architektur in Bayern zur Zeit Maximilians II. 1848-1864, München 1997. 

Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München 1994 

Prinz, Friedrich: Die Geschichte Bayerns. München u. Zürich 1999 

Schäfer, Martin: Maximilian II. König von Bayern. München 1989 

Sing, Achim: Die Wissenschaftspolitik. Maximilians II von Bayern (1848-1864). Nordlichtersreit und gelehrtes Leben in München. Berlin 1996. 

Volkert, Wilhelm: Die politische Entwicklung von 1848 bis zur Reichsgründung 1871, in: Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 4 Das neue Bayern. Tb. 1 Staat und Politik, hrsg. von Alois Schmid. München ²2003. 

Anmerkungen

  • [1]

     zit. nach: Schäfer, Martin: Maximilian II. König von Bayern. München 1989, S. 9; Vgl. Dirrigl, Michael: Maximilian II. König von Bayern. 1818-1864. München 1984. S. 426f.

  • [2]

     Hartmann, Peter Claus: Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom Stammesherzogtum zum Freistaat heute. Regensburg 1989, S. 407.

  • [3]

     Schäfer Max II., S. 12-14.

  • [4]

     Dirrigl Max II., S. 433.

  • [5]

     Ebd. S. 446-448; Schäfer Max II., S. 21f.

  • [6]

     Dirrigl, Max II., S. 433f.

  • [7]

     Schäfer, Max II., S. 23-29.

  • [8]

     Dirrigl, Max II., S. 471-476.

  • [9]

     Vgl. Karnap, Birgit-Verena: Schloß Hohenschwangau, in: Zwischen Glaspalast und Maximilianeum. Architektur in Bayern zur Zeit Maximilians II. 1848-1864, hrsg. von Winfried Nerdinger. München 1997, S. 238-241.

  • [10]

     zit. nach: Schäfer, Max II., S. 29.

  • [11]

      Schäfer, Max II., S. 31-43; Dirrigl, Max II., S. 483-490.

  • [12]

     Hubensteiner, Benno: Bayerische Geschichte, München ²1999, S. 391-399; Kraus, Andreas: Die Regierungszeit Ludwigs I., in: Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 4 Das neue Bayern. Tb. 1 Staat und Politik, hrsg. von Alois Schmid. München ²2003, S. 129-234, hier S. 226-232;Ders.: Geschichte Bayerns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München ³2004, S. 486-492; von Bayern, Adalbert: Als die Residenz noch Residenz war, München ²1982, S. 281.

  • [13]

     zit. nach Domarus, Max: Bayern 1805-1933. Stationen der Staatspolitik. Würzburg 1979, S.98.

  • [14]

     Kraus, Geschichte, S. 495; Schäfer, Max II., S 45-66.

  • [15]

     Schäfer, Max II., S. 62-64; v. Bayern, Residenz, S. 282-286.

  • [16]

     Vgl. hierzu Schäfer, Max II., S. 103-107.

  • [17]

     zit. nach Dirrigl, Max II., S. 732.

  • [18]

     Ebd. , S. 728 u. 740-742.

  • [19]

     wie Anm. 16.

  • [20]

     zit. nach Dirigl, Max II., S. 169.

  • [21]

     Schäfer, Max II., S. 169 -174. Vgl. Liebhart, Wilhelm: Maximilian II. und die Volksmeinung, in: König Maximilian II. von Bayern, hrsg. v. Haus der Bayerischen Geschichte. Rosenheim 1988, S.79-88.

  • [22]

     Schäfer, Max  II., S. 55.

  • [23]

     Dirrigl, Max II. S. 472.

  • [24]

     Siehe dazu Kapitel II.3.

  • [25]

     Schäfer Max II., S.161-167 u. Dirrigl, Max II., S. 815f.

  • [26]

     zit. nach: von Bayern, Residenz, S. 299.

  • [27]

     Nach Bekannt werden der Pariser Februar Revolution forderten die bayerischen Liberalen in ihren "Märzforderungen" Ministerverantwortlichkeit, Pressefreiheit u.a. Diesen Forderungen kam Ludwig I. am 6. März, aufgrund von Barrikadenkämpfen in München. Hubensteiner, Geschichte,  S. 391-399; Volkert, Wilhelm: Die politische Entwicklung von 1848 bis zur Reichsgründung 1871, in: Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 4 Das neue Bayern. Tb. 1 Staat und Politik, hrsg. von Alois Schmid. München ²2003, S. 237-317, hier S. 238f.

  • [28]

     Volkert, Entwicklung, S. 250-254; Schäfer, Max II., S. 56-60; Kraus, Geschichte Bayerns, 495f.; eine Aufstellung der wichtigsten Reformen findet sich bei Hartmann Bayerns Weg, S. 408-410.

  • [29]

     Vgl. dazu: Volkert, Entwicklung, S. 237-283.

  • [30]

     Schäfer Max II., S. 174.

  • [31]

     Merz, Johannes: Max II. Die soziale Frage, in: Die Herrscher Bayerns. 25 historische Porträts von Tassilo  III. bis Ludwig III., hrsg. von Alois Schmid u. Katharina Weigand. München ²2006, S. 330-342, hier S. 332f.

  • [32]

     Dirrigl, Max II., S. 386-388; Volkert, Entwicklung, S. 284-287.

  • [33]

     Dirrigl Max II., S. 268 u. 270; Merz, Max II., S. 338-342; Schäfer Max II., S. 60-62; Volkert, Entwicklung, S. 259-262.

  • [34]

     zit. nach: Dirrigl Max II., S. 797.

  • [35]

     Schäfer Max II., S. 119-126 u. 133-144; Volkert,  Entwicklung, S. 262-265;  Prinz, Friedrich: Die Geschichte Bayerns. München u. Zürich 1999, S. 323-325.

  • [36]

     Hahn, August: Der Maximiliansstil, in: 100 Jahre Maximilianeum. 1852-1952, hrsg. v. Heinz Gollwitzer. München 1953, S. 77-166; Klar, Alexander: Im Dienste des bayerischen Königs. Leben und Werk des Baumeisters Friedrich Bürklein (1813 - 1872). München 2002; Koch, Florian: Maximilianstraße, in: Zwischen Glaspalast und Maximilianeum. Architektur in Bayern zur Zeit Maximilians II. 1848-1864, hrsg. v. Winfried Nerdinger. München 1997, S. 277-288.

  • [37]

     Schäfer, Max II., S. 127-133; Kraus Geschichte, S 502f.

  • [38]

     Dirrigl, Max II., S. 524-536; Hubensteiner, Geschichte, S. 413-416.

  • [39]

     Vgl. auch: Sing, Achim: Die Wissenschaftspolitik. Maximilians II von Bayern (1848-1864). Nordlichtersreit und gelehrtes Leben in München. Berlin 1996.

  • [40]

     zit. nach: Schäfer Max II. , S. 127.

  • [41]

     Vgl. Boehm Laetitia: König Maximilian II und die Geschichte, in: König Maximilian II. von Bayern, hrsg. v. Haus der Bayerischen Geschichte. Rosenheim 1988, S. 247-262.

  • [42]

     Schäfer, Max II., S. 127-132; Dirrigl, Max II., S. 502-504.

  • [43]

     Dirrigl, Max II., S. 543-545. Vgl. auch  Rall, Hans: Die Symposien Maximilians II., in: König Maximilian II. von Bayern, hrsg. v. Haus der Bayerischen Geschichte. Rosenheim 1988, S. 63-70.

  • [44]

     zit. nach: Schäfer Max II. , S. 131.

  • [45]

     zit. nach: Dirrigl, Max II., S. 263.

  • [46]

     Volkert, Entwicklung, S. 272-283; Paul, Ina Ulrike: Die bayerische Trias-Politik in der Regierungszeit König Maximilians II. Zur Vorgeschichte, Idee und Wirklichkeit, in: König Maximilian II. von Bayern, hrsg. v. Haus der Bayerischen Geschichte. Rosenheim 1988, S. 115-129; Bosl, Karl: Bayerische Geschichte. München 1980, S. 163-165.

  • [47]

     Schäfer Max II., S. 75.

  • [48]

     Volkert, Entwicklung, S. 275-278.

  • [49]

     Es wurde 1852 von den europäischen Großmächten und Dänemark unterzeichnet und garantierte die Selbstständigkeit und die Zusammengehörigkeit der Fürstentümer von Schleswig und Holstein. Vgl. dazu Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München 1994. S. 770-777.

  • [50]

     Dirrigl, Max II., S. 755-758.

  • [51]

     Nipperdey, Dt. Geschichte, S. 777-803.

  • [52]

     Hubensteiner, Geschichte, S. 412-417.

  • [53]

      Bosl, Geschichte, S. 182f.

Empfohlene Zitierweise

Schnupp, Stefan: König Maximilian II. von Bayern. Seine Persönlichkeit und seine Einflussnahme auf die bayerische Politik. aventinus archivalia Nr. 2 (Sommer 2006), in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9278/

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Erstellt: 05.03.2012

Zuletzt geändert: 05.03.2012