Außereuropäische Geschichte

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aventinus varia Nr. 32 [14.03.2012] 

 

Stefan M. Kreutzer 

Giftgaseinsatz in den Kolonien 

Militärische Notwendigkeit und enthemmte Kriegsführung zwischen den Weltkriegen 

 

Einleitung 

Wenige Mittel der modernen Kriegsführung haben seit ihrem ersten Einsatz derart ablehnende und „peculiarly hostile [1] Reaktionen hervorgerufen wie die Gaswaffe. All methods of killing are distasteful, but there is something particularly repulsive and shameful about the use of chemicals (…). [2] Chemische Kampfmittel gelten als rücksichtslos, als „dirty [3]. Der Erfolg ihrer Verwendung spekuliert nicht nur damit, sondern basiert darauf, dass der Gegner unvorbereitet getroffen wird. Zwar verwunden und töten auch Bomben, Granaten und Geschosse unerwartet, doch konventionelle Mittel erscheinen ungleich sauberer als die überraschende Erstickung und Vergiftung verursacht durch überwiegend unsichtbare, chemische Kampfstoffe. C-Waffen betreffen Kombattanten und Nicht-Kombattanten gleichermaßen. Ihr unkalkulierbarer Einsatz endet nicht auf dem Schlachtfeld, er bedroht das Hinterland und die zivile Gesellschaft. Vor allem aber macht das Potential chemischer Kriegsführung, Massen von Menschen zu vergiften und ganze Landstriche dauerhaft zu kontaminieren, sie zu einer reinen Vernichtungswaffe. Bereits frühzeitig wurde 1899 durch die Haager Landkriegsordnung und die Ächtung chemischer Giftstoffe versucht, deren Einsatz im Krieg zu verhindern. [4] Die brutalen Erfahrungen mit der Gaswaffe während des Ersten Weltkrieges führten zu einer Reihe weiterer Abkommen und Konferenzen mit dem gemeinsamen Ziel des internationalen Verbotes chemischer Kriegsführung: Das Genfer Protokoll von 1925 oder die New Yorker Chemiewaffenkonvention von 1997 sind die prominentesten Beispiele dieser Bemühungen. [5]

Der Giftgaseinsatz Spaniens in Marokko in den 1920er Jahren und der Italiens im Abessinienkrieg eine gute Dekade später, gelten daher allgemein als besonders eklatante Beispiele enthemmter und geradezu verbrecherischer Kriegsführung. Die Bekämpfung vermeintlich schwächerer militärischer Kräfte und der einheimischen Bevölkerung mit chemischen Waffen steht symptomatisch für den Vernichtungswillen der spanischen und italienischen Regierungen dieser Zeit. Es scheint, der Einsatz der Gaswaffe entsprach dem Charakter der beiden politischen Systeme: Das Giftgas gegen Abd el Krim [6] unter der Militärdiktatur Miguel Primo de Riveras wirkt wie eine Wegmarke der zunehmenden Radikalisierung rechter Gesellschaftsteile in Spanien, die letztlich die Eskalation der Gewalt im Bürgerkrieg verursachte und dem franquistischen Regime den Weg bereitete. Sebastian Balfour schildert in Deadly Embrace [7] einen Zusammenhang zwischen Gaseinsatz und einem zunehmendem Extremismus in der spanischen Afrikaarmee. [8] Der erste faschistische Vernichtungsfeldzug [9] Italiens gegen Äthiopien mutet wie die Fortsetzung der rassistischen Programmatik des Duce an. Der „Yperit-Regen [10] verdeutliche, so Angelo Del Boca, „die »Lehre des Faschismus« in seiner schlimmsten Form (…): die Verachtung für den Gegner, das Fehlen jeglichen Mitleids, de[n] Vernichtungsdrang (…). [11] Die militärischen Strategien der chemischen Kriegsführung wurden zum Ausdruck des verbrecherischen Wesens des Faschismus bzw. des sich anbahnenden Franquismus.

Doch auch liberale Demokratien wie Frankreich oder Großbritannien setzten Giftgas in ihren Kolonialkriegen ein. [12] Sprechen diese Gaseinsätze für die verbrecherische Wesensart ihrer Systeme? Sind deren Motive identisch mit dem vermeintlichen Vernichtungswillen Spaniens in Marokko und Italiens in Äthiopien? Oder gab es eine andere, rein militärische Begründung für den Einsatz chemischer Waffen? Isabel von Hull schildert in ihrem Buch Absolute Destruction [13] die Bedeutung einer „military culture [14] für militärische Entscheidungen im Krieg. Am Beispiel der Armee des wilhelminischen Deutschlands weist sie die überragende Bedeutung militärischer Logik und Kultur für die deutsche Kriegspolitik Anfang des 20. Jahrhunderts nach. Ökonomische Faktoren, Ideologie oder imperialistische Motive waren nur zweitrangig im Verhältnis zu Argumenten von „military necessity. [15] Die enthemmte Kriegsführung des deutschen Militärs im Ersten Weltkrieg, die Zivilistenerschießungen und Gaskrieg billigte, ging Hull zufolge nicht auf einen wachsenden ideologischen Extremismus in der Reichsleitung zurück, sondern auf eine militärische Kultur, die mit aller Kraft versuchte, die Niederlage zu verhindern. Ihre Interpretation von „military culture“, der Vorrang militärischer Logik vor politischen oder ideologischen Motiven, muss über das deutsche Militär der Kaiserzeit hinausgehen und auch auf andere europäische Armeen angewandt werden können.

Aufbauend auf der Deutung Hulls werden in dieser Arbeit der britische Gaswaffeneinsatz im Irak, der spanische in Marokko und der italienische in Äthiopien untersucht. Hierbei wird die These vertreten, dass der Gaseinsatz in den Kolonien nicht auf ideologische Motive oder eine rassistische Programmatik zurückzuführen ist, sondern militärischem Pragmatismus und kriegsbedingter Notwendigkeit geschuldet war. Das einleitende Kapitel diskutiert die Beurteilung chemischer Kriegsführung durch die Zeitgenossen, insbesondere aber auch das militärische Potential der „higher form of killing [16], bevor im Anschluss deren Verwendung in den jeweiligen Kolonialkriegen Großbritanniens, Spaniens und Italiens untersucht und beurteilt wird.

Diese Arbeit stützt sich im Bereich chemischer Kriegsführung in wesentlichen Teilen auf den Essay Ludwig F. Habers [17], das Buch von Kim Coleman [18] und den Forschungsbericht Julian Perry Robinsons [19]. Die Arbeiten von Sebastian Balfour [20], Rudibert Kunz und Rolf-Dieter Müller [21] boten die Grundlage der spanischen Geschichte in Marokko, die Bücher von Giulia Brogini Künzi [22], Asfa-Wossen Asserate und Aram Mattioli [23] die des italienischen Engagements in Äthiopien. Reeva Spector Simons [24] lieferte die grundlegenden Erkenntnisse zum Irak.

Chemische Kriegsführung und die Divergenz der Meinungen 

Unsere heutige, in der zivilen Gesellschaft und unter Militärs überwiegend ablehnende Meinung zur chemischen Kriegsführung, ist maßgeblich geprägt von historischen Erfahrungen und Bildern des Grauens. Wir assoziieren Giftgas mit Zyklon B, Holocaust und Massenmord, und kennen durch Fotografien der Gasopfer des Iran-Irak Krieges sein brutales Potential aus eigener Sicht. C-Waffen sind verachtenswert und es ist unvorstellbar, dass Armeen demokratischer Nationen heute noch einen chemischen Krieg führen. Zahlreiche Darstellungen des Ersten Weltkrieges haben uns von der Sinnlosigkeit des Giftwaffeneinsatzes überzeugt und ihm eine niederschmetternde Bilanz attestiert: „[D]er (…) Einsatz chemischer Waffen [hatte im Ersten Weltkrieg] keine operative Bedeutung (…). [25]

Gerade die zuletzt genannte Ansicht ist jedoch umstritten und laut Ludwig F. Haber das Ergebnis einer ungewöhnlichen „co-existence of facts and legends [26] in der Beurteilung des Gaskrieges. Am späten Nachmittag des 22. April 1915 setzten die Deutschen in der zweiten Schlacht von Ypern zum ersten Mal in der Geschichte der modernen Kriegsführung Giftgas ein. [27] Durch die Kombination mit einer konventionellen Offensive konnten beträchtliche Geländegewinne erzielt werden, die bis Ende 1917 gehalten wurden. [28] Nur der Durchbruch der feindlichen Linien gelang nicht. Der Angriff war allerdings nur ein Experiment gewesen. Fritz Haber, der „inventor of chemical warfare [29], berichtete nach dem Krieg, der Generalstab hätte ihm gegenüber den taktischen Fehler eingestanden, die erste Verwendung von Giftgas nicht mit einer großen Offensive begleitet zu haben: „(…) the Germans would have won [the war]. [30] Die Kriegsgegner der Deutschen kamen zu einem ähnlichen Ergebnis. Eilig zogen Briten und Franzosen Reserven an dem bedrängten Frontabschnitt zusammen und konnten ein Durchbrechen der Deutschen in den anschließenden Tagen verhindern. [31] Der „disgraceful victory [32] des deutschen Heeres bei Ypern bewirkte auf Seiten der Entente intensive Anstrengungen, in der chemischen Kriegsführung auf den Stand der Deutschen aufzuschließen. Einen Tag nach dem deutschen Gasangriff wurden in England Chemiker einberufen, um defensive Maßnahmen, aber insbesondere auch offensive zu entwickeln. [33] Bereits am 25. September 1915 schlugen britische „Special Gas Companies [34] bei Loos ihrerseits mit einem Gasangriff zurück. [35] Wie den Deutschen, gelang auch den Briten kein Durchbruch, doch der Oberbefehlshaber der British Expeditionary Force, Sir John French, notierte den Einsatz als Erfolg: „Gas attack met with marked success, and produced a demoralising effect in some opposing units. [36] Der Stein war ins Rollen geraten: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und schließlich die USA forcierten ihre Forschung, Entwicklung und den Einsatz chemischer Kampfstoffe. Bis zum Ende des Krieges wurden 113.000 Tonnen Chlor, Phosgen und Senfgas eingesetzt. 1,3 Millionen Soldaten fielen dem Gaskrieg zum Opfer; 91.000 von ihnen starben. [37] Chemische Kriegsführung war insbesondere an der Westfront zu einer Alltäglichkeit geworden. [H]ad the war continued into 1919 both sides had planned on inserting poison gases into 30-50 per cent of all manufactured shells.” [38]

Die fortschreitende Entwicklung offensiver und defensiver Maßnahmen auf beiden Seiten machte die Gaswaffe in diesem Krieg noch zum Teil des „war of material and attrition, rather than of breakthrough. [39] It brought no great victories, yet it had an obvious military impact. [40] Militärs aller Kriegsparteien waren vom Potential der „novel weapon [41] und ihrer Bedeutung in zukünftigen Kriegen überzeugt. Fritz Haber brachte die Haltung auf den Punkt: „In no future war will the military be able to ignore poison gas. [42] Oberstleutnant Georg Bruchmüller, ehrenvoll „Durchbruk [sic] [43] genannt und als „artillery genius [44] geschätzt, propagierte die Effizienz von chemischer Kriegsführung: 1917 veröffentlichte er seine taktischen Ideen in einem Handbuch für das deutsche Heer zum Einsatz von Gasgranaten. [45] Charles Howard Foulkes, Leiter des chemischen Dienstes der britischen Armee, betonte, „with no shadow of a doubt (…) gas is a legitimate weapon in war (…) and that it will be used in the future may be taken as a foregone conclusion.“ [46] Deutsche und britische Forscher und Militärangehörige verwiesen anhand von Opferstatistiken darauf, „that gas was »humane«, that it wounded rather than killed. [47] In den USA wehrten sich einflussreiche Militärs nach dem Krieg erfolgreich gegen den Versuch der Aufhebung des US-Chemiewaffenprogramms:

(…) [C]hemists of America! The country glories in the services you have already rendered it in peace and war. (…). Whether we will it or not, gas will determine peace or decide victory in future war. The Nation must be fully prepared! [48]

Im Militär war die Waffe anfangs umstritten. Viele deutsche, französische oder britische Soldaten verachteten den Gaskrieg und „the plan of poisoning the enemy with gas just as they were rats. [49] Sie betrachteten ihn als unsportlich: „It`s no soldiering to use stuff like that (…). [50] Die Aversion gegen Giftgas war zum einen Resultat eines traditionellen Konservativismus in den Streitkräften, der wehrtechnische Innovationen allgemein kritisch beurteilte. [51] Apologeten des Gaskrieges entgegneten, dass sich chemische Kriegsführung ebenso durchsetzen würde, „wie die Schußwaffe [sic] trotz allen Protest der Ritterschaft ihren Siegeszug durch die Welt gegangen ist.“ [52] Zum anderen war die Abneigung der Unausgereiftheit der neuen Waffentechnik geschuldet. Unfälle und unsachgemäßer Umgang mit dem Gas sorgten für unzählige Opfer unter den eigenen Truppen. [53] Erst mit der zunehmenden Professionalisierung der Gaswaffe, der Umstellung von Blasangriff auf Mörserbeschuss mit Gasgranaten beispielsweise, verflogen die Bedenken. [54] Im Militär machte sich auch unter Kritikern das Bewusstsein breit, dass

in some tactical situations (…) the use [of chemical weapons] by well-trained troops could be extremely advantageous, and that against an unprotected enemy they could be overwhelming. [55]

Zu dieser Überzeugung trug auch die intensive Bewerbung der Waffe innerhalb des Militärs bei. Charles H. Foulkes lud selbst Angehörige neutraler Streitkräfte —auch spanische Armeeangehörige —, Politiker und Prominente zu seinen „Open Days [56] am Hauptquartier der chemischen Dienste der britischen Armee in Helfaut ein, um Skeptiker von den Vorteilen des Gaskrieges zu überzeugen. Auch deutsche Fachkräfte propagierten international die Vorteile des Gaskrieges. Oberst Max Bauer,

als Ludendorffs rechte Hand Protagonist des Gaskampfes (…) während des Krieges (…)[,] (…) warb in der Türkei, in Spanien und anderen Staaten für die deutsche Gaskriegstechnik. [57]

Während militärische Führer das Gas mehr und mehr zu schätzen lernten, blieb die Abneigung des einfachen Soldaten, der der chemischen Kriegsführung ausgesetzt war, bestehen. Seine Eindrücke vom „lautlosen Tod [58] manifestierten sich durch Erzählungen vom Kriegsalltag im zivilen Bewusstsein und prägten die Antipathie der Zivilisten. Aufgrund der revolutionären Entwicklung der Wehrtechnik und der Möglichkeit der Bombardierung feindlicher Städte aus der Luft, mussten Menschen fern der Front plötzlich fürchten, selbst Opfer von Gasangriffen zu werden. [59] Zudem hatte die Presse aller Kriegsparteien gegnerische Gaseinsätze als unmenschlich und barbarisch angeprangert. [60] Die New York Tribune verwies auf die unzivilisierte Natur der deutschen Gasattacke und entsprach damit der alliierten Gräuelpropaganda von den wütenden „Hunnen. [61] Während so der Gaskrieg vor allem durch die englischsprachige Presse international für die zivile Gesellschaft zu einem deutschen Kriegsverbrechen wurde, bemühten sich die Entente-Mächte das eigene Engagement klein zu reden oder als einmalige Vergeltung vorangegangener deutscher Provokationen zu bezeichnen. [62] Im zivilen Bewusstsein festigte sich der Eindruck, chemische Kriegsführung sei generell verbrecherisch. In Versailles verurteilten die Siegermächte Giftgaseinsatz, trotz eigener Anwendung, als „prohibited form of warfare [63] So sehr sich Gas-Lobbyisten im Anschluss an den Krieg anstrengten, dem „Ottonormalbürger“ die Bedeutung der chemischen Industrie und ihrer Relevanz im Kriegsfall zu erklären, änderte dies nichts an der „strength of popular hostility against CBW.“ [64] Die Öffentlichkeit hasste den Gaskrieg. Der Einfluss dieser „popular attitudes [65] gegenüber der chemischen Kriegsführung führten 1919 in Versailles zum Verbot der Einfuhr und Herstellung von chemischen Kampfstoffen in Deutschland; 1922 zum Washingtoner Abkommen, in dem die „civilised Powers [66] einen Bann chemischer Kriegsführung aussprachen; und letztlich 1925 zum internationalen Verbot der Verwendung erstickender, giftiger oder ähnlicher Gase im Krieg durch das Genfer Protokoll. The signing of the Geneva Protocol (…) was the high-water mark of hostility of public opinion towards CW. [67]

So feindlich die öffentliche Meinung auch war, so überzeugt waren Militärs von zukünftigen Verwendungsmöglichkeiten der neuen Waffe. Praktisch alle Unterzeichnernationen des Protokolls gestatteten ihren Streitkräften im Geheimen weiterhin defensive, aber auch offensive Möglichkeiten der chemischen Kriegsführung zu erforschen. [68] Frankreich ratifizierte das Genfer Protokoll 1926 als erstes, Italien und Russland folgten 1928, Deutschland 1929 und England erst 1930. Die USA verweigerten die Ratifizierung. Viele Länder — einschließlich Frankreich, Russland, Italien und England — behielten sich im Vertragstext jedoch ausdrücklich zwei Ausnahmeregelungen vor:

„(1) that the agreement would not be considered binding unless the country they were fighting had also ratified the Protocol; (2) that if any other country attacked them using chemical or biological weapons, they reserved the right to retaliate in kind. [69]

Justly condemned by the general opinion of the civilized world chemical weapons might be; abandoned they certainly were not.” [70] Forschung, Entwicklung und Rüstung mit Gaswaffen waren nicht verboten. Das Militär konnte zumindest mit dem Einsatz chemischer Kriegsführung spekulieren. Es herrschte eine starke Divergenz zwischen der zivilen und militärischen Einstellung zum Gaskrieg: Einerseits eine „Zivilgesellschaft“, die Giftgas verachtete und kompromisslos ablehnte, auf der anderen Seite Militärs, die sich der Problematik des Gaseinsatzes durchaus bewusst waren, jedoch aufgrund des nachweislichen Potentials und der Effektivität der neuen Waffe deren Einsatz nicht ausschließen wollten. [71] Bereits die deutsche Entscheidung für den Gaskrieg beruhte aufgrund von Stellungskrieg, Seeblockade und bedrohlicher Erschöpfung des „pre-war stockpile of high explosives [72] für die Oberste Heeresleitung auf einer „compulsory necessity of war. [73] Militärische Logik wie diese, würde, wenn die Kriegslage es erforderte, auch andere Armeen zur Gaswaffe als ultima ratio greifen lassen. Die chemischen Gegenschläge der Alliierten im Ersten Weltkrieg bieten hierfür den besten Beleg. Die größte Sorge aller Militärs bezüglich des Einsatzes von Giftgas betraf die Vergeltungsmöglichkeiten des Gegners. Schnell kristallisierte sich daher ein neues Einsatzfeld heraus: „(…) Giftgase als probates Mittel zur Bekämpfung schlecht ausgerüsteter und ausgebildeter Eingeborenentruppen (…). [74]

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Britischer Gaseinsatz im Irak 

Der Waffenstillstand am 11. November 1918 beendete die Massenproduktion chemischer Kampfstoffe in England, „[but] it seems that immediately after World War I there was no serious thought of stopping governmental R & D work in the field of CW.“ [75] Im Gegenteil: In der im Verlauf des Krieges errichteten „Chemical Defence Experimental Station [76] bei Salisbury Plain, allgemein bekannt als „Porton Down [77], wurde ungeachtet des Friedens weiter an C-Waffen und deren Abwehr geforscht. Das im Jahre 1919 eingesetzte „Holland Committee [78], das im Auftrag der Regierung die Zukunft der chemischen Kriegsführung beurteilen sollte, riet dem Kabinett 1920, den Betrieb aufrecht zu erhalten und „to develop to the utmost extent the offensive and defensive aspects of CW. [79] Die besten Chemiker und Wissenschaftler sollten durch großzügige Gehälter und optimale Arbeitsbedingung nach Porton gelockt werden. Die Position desDirector of Research at Porton [80] wurde zuone of the most highly paid scientific jobs in the country. [81] Gleichzeitig waren das Komitee und die Einrichtung in Porton ständigen Anfeindungen aus der Öffentlichkeit und von Parlamentsmitgliedern ausgesetzt, die eine kompromisslos Beendigung chemischer Kriegsführung und damit verbundener Forschung forderten. Kurz nach dem Washingtoner Abkommen erklärte das War Office daher unmissverständlich, dass die Forschung in Porton Down einzig der Abwehr vor potentiellen Gasangriffen diene und „that the experimental work had been restricted to defensive studies. [82] Das Militär erhielte zudem keine Ausbildung in Offensivmaßnahmen der chemischen Kriegsführung. [83] Die Aussagen entsprachen nur teilweise der Wahrheit und waren vor allem der öffentlichen Stimmung geschuldet. Die propagierte Distanzierung des War Office von chemischer Kriegsführung war eine Farce. Für die Armee gas had become a standard weapon [84] — „despite all the proclamations (…) calling for world disarmament. [85] Bereits 1919 belieferte das britische Militär im russischen Bürgerkrieg die Weißen Truppen unter General Denikin mit Gasgranaten. Britische Verbände, die an der Auseinandersetzung teilnahmen, bombardierten die Rote Armee aus der Luft mit dem gerade entwickelten „M device [86]: „[I]ts (…) results fully justified the faith which had been placed in the weapon (…). [87]

Offensichtlich bedeutete ein gegenüber chemischen Kampfstoffen unerfahrener und wehrloser Gegner für britische Militärs ein äußerst lohnenswertes Ziel und vertrieb die in der Heimat geäußerten Bedenken. Charles H. Foulkes, der 1919 in das indische Grenzgebiet zu Afghanistan versetzt worden war, wehrte sich erfolgreich gegen die Skrupel vieler Kabinettsmitglieder vor einer Verwendung der Gaswaffe: 

Ignorance, lack of instruction and discipline and the absence of protection on the part of the Afghans and tribesmen will undoubtedly enhance the casualty producing value of mustard gas in frontier fighting.“ [88]

Fragen der moralischen Verantwortung beantwortete er mit militärischer Logik. 

[G]as has been openly accepted as a recognized weapon for the future, and there is no longer any question of stealing an unfair advantage by taking an unsuspecting enemy unawares. Apart from this, it has been pointed out that tribesmen are not bound by the Hague Convention (…). [89]

Gerade seine letzte Bemerkung entsprach einer universalen, militärischen Denkweise. Es war nur fair, das volle Arsenal wehrtechnischer Überlegenheit gegen einen Gegner anzuwenden, der selbst seine Unterlegenheit mit als hinterhältig empfundenen Überfällen und Guerillataktik zu kompensieren versuchte. Nach dem erfolgreichen Abwurf von Gasbomben auf afghanische Stammeskrieger durch die RAF am Khyber Pass 1919, sollte bald darauf die militärische Lage in einem anderen kolonialen Krisengebiet den Einsatz von chemischer Kriegsführung erforderlich machen. [90]

Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges hatte das riesige Osmanische Reich zu existieren aufgehört. Aus den Überresten des einstigen Imperiums entstanden eine Reihe von künstlichen Staaten, die der Völkerbund einvernehmlich der Beschlüsse der Konferenz von San Remo 1920 unter das Mandat Englands und Frankreichs stellte. Großbritannien erhielt den heutigen Irak als „Britisches Mandat Mesopotamien. [91] Allerdings „[f]or what the British had taken as an imperial prize during the war [92] — insbesondere die erdölreichen Gebiete um Mosul hatten das britische Interesse geweckt — „turned out to be an expensive hornets’ nest, requiring money and troops for internal pacification. [93] 420.000 Mann britische Truppen standen seit 1919 im Mandatsgebiet, englische Offiziere regierten die irakischen Städte. [94] England hatte die Hoffnungen der einheimischen Bevölkerung auf ein selbstständiges „indigenous Arab government [95] zerstört. Die arabische Revolte gegen die Osmanen, an der auch zahlreiche Iraker teilgenommen hatten, war maßgeblich von dem englischen Versprechen von „Arab independence [96] motiviert gewesen. [97] Während des Krieges hatte das irakische Volk große Leiden über sich ergehen lassen müssen. Mit dem Einmarsch der Briten in Mesopotamien 1917 brach die Naturalwirtschaft zusammen, Hunger und Epidemien grassierten. 90.000 Iraker mussten unter Zwang in britischen Lagern für die Besatzer arbeiten. [98] Die Unterdrückung der vermeintlichen „arabischen Freunde [99] schien sich unter den Briten fortzusetzen. 1917 war es bereits zu Hungerrevolten gekommen. Ende 1918 erfassten erste Aufstände das Land. Mitte 1919 kam es zu Unruhen in den kurdischen Gebieten und im Herbst desselben Jahres vertrieben tribale Kräfte die britische Garnison aus Dair al-Sul. [100] Das Aufstandspotential wuchs weiter, als irakische Kriegsveteranen, die auf Seiten der Briten gegen die Türken gekämpft hatten, von den Engländern plötzlich als Bedrohung für die innere Sicherheit des Mandatsgebietes betrachtet und Drangsalierungen ausgesetzt wurden. Viele von ihnen flüchteten ins Exil oder gingen in den Untergrund. [101] 1920 brach schließlich ein groß angelegter allgemeiner Aufstand aus, dessen Stärke die Briten sichtlich überraschte. „Im August 1920 befanden sich weite Teile Iraks, bis auf Bagdad (…), Basra und Mossul nicht mehr unter der Kontrolle der Briten. [102] Britische Stützpunkte wurden überrannt. Tote und Verwundete waren zu beklagen. Gleichzeitig verkündeten die Aufständischen eine eigenständige, provisorische Regierung. [103] 130.000 „Rebellen“ hatten sich landesweit gegen England erhoben. [104] Die Briten mussten den Verlust der erdölreichen Region befürchten.

Das britische Militär im Mandatsgebiet sah sich vor einer schweren Aufgabe. Die Befriedung des Landes mit rein konventionellen Mitteln war mit einem hohen Einsatz an Mensch und Material verbunden. Klima und Terrain setzten den Truppen zu. Im Weltkrieg hatten die Briten 1916 alleine beim Zug auf Bagdad und der Belagerung von Kut gegen zahlenmäßig deutlich unterlegene türkische Truppen 36.000 Mann Verluste hinnehmen müssen. [105] Den Menschen in Großbritannien waren erneute hohe Opferzahlen in einem Kolonialkonflikt nach dem gerade erst beendeten Großen Krieg kaum zu vermitteln. 750.000 britische Soldaten waren gefallen und 180.000 Mann Kolonialtruppen. Millionen waren teils schwer verwundet worden. [106] Die gewaltigen materiellen Kosten waren kaum zu beziffern. England war durch den Krieg von einer Gläubiger- zu einer Schuldnernation geworden. [107] Die englische Bevölkerung war kriegsmüde. Die verlustreichen Abnutzungsschlachten waren durch Kriegsberichte heimkehrender Veteranen bekannt. Viele Eltern und Ehefrauen warfen der Regierung Verrat an den eigenen Soldaten vor und machten sie für den Tod ihrer Söhne und Männer verantwortlich. [108] Das britische Militär musste den Mandatskonflikt in Mesopotamien rasch und vor allem verlustarm lösen.

Schon 1919, als erste Unruhen den Irak erfasst hatten, fragte die RAF beim britischen Kriegsminister Winston Churchill nach, ob man C-Waffen gegen „recalcitrant Arabs as an experiment [109] verwenden dürfe. Churchill unterstützte den Vorschlag und verwarf moralische Bedenken: „I do not understand the squeamishness about the use of gas. I am strongly in favour of using gas against uncivilised tribes.” [110] Seine Aussage war nicht zwangsläufig despektierlich gemeint, sie beinhaltete für den Veteranen mehrerer Kolonialkriege eine militärische Logik. Die unzivilisierten Stämme kannten keine adäquaten Gegenmaßnahmen und — wie ihm General Sir Haldane versicherte — versprach der Einsatz von Giftgas besonders in den hügeligen Kurdengebieten einen großen Erfolg. Zudem war er kostengünstig und verhinderte aufgrund des taktischen Vorrangs von Bombenabwürfen aus der Luft eigene Verluste. Es war davon auszugehen, dass der Aufstand aufgrund der abschreckenden Wirkung der Gaswaffe schnell ein Ende finden würde. So wurden Bedenken von Kabinettsmitgliedern verworfen und der Gaseinsatz gestattet. Kurze Zeit später, Mitte 1921, brach der Aufstand zusammen. „Nahezu 10.000 Rebellen hatten (…) [ihn] mit dem Leben bezahlt,“ [111] gegenüber rund 400 britischen Gefallenen. Churchill lobte den „excellent moral effect [112] der Gasangriffe. Wing-Commander Harris fügte hinzu,

[t]he Arabs and Kurds now know what real bombing means in casualties and damage. Within forty-five minutes a full-size village can be wiped out (…) by bomb or gases. [113]

Vor der eigenen Bevölkerung wurde der Gaseinsatz in Mesopotamien geheim gehalten. Die öffentliche Abneigung gegen chemische Kriegsführung war eindeutig und aufgrund ihrer Kompromisslosigkeit — anders als Regierungsstellen und Militärs — nicht für Argumente militärischer Notwendigkeit empfänglich. Geheimhaltung versprach die bessere Lösung, wollte man die Verwendung von Gas nicht noch verhindern lassen „by the prejudices of those who do not think clearly,“ [114] wie Winston Churchill zynisch bemerkte. Die Anwendung chemischer Kriegsführung durch die Briten im Irak ist mehrfach belegt, die genauen Einsatzorte der Gasangriffe können heute allerdings nur schwer rekonstruiert werden. [115] Die relevanten Dokumente und Einsatzprotokolle wurden vernichtet. [116] England entschied sich nach der Niederschlagung der Rebellion, das Mandat über den Irak aufzugeben. Unter ihrem Schutz und ihrer Aufsicht wurde die Regierung König Faysals installiert und der Irak in die vermeintliche Unabhängigkeit entlassen. [117] Der erfolgreiche Gaseinsatz der Briten in diesem Kolonialkonflikt hatte derweil Schule gemacht.

Die Angst vor der Niederlage: Spaniens chemischer Krieg in Marokko 

Spanien konnte 1921 auf eine rund 400jährige Geschichte spanischer Besitzungen in Nordafrika zurückblicken und besaß mit Melilla und Ceuta eigene Städte auf — geographisch gesehen — marokkanischem Boden. [118] Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der zunehmende Machtverlust des marokkanischen Sultans das iberische Königreich dazu veranlasst, seinen Einfluss von den Enklaven auf das Umland auszudehnen. In zwei Kriegen, 1859 und 1893, hatte es die Gebiete um seine Städte deutlich erweitern können, in beiden Fällen allerdings, um Sicherheitszonen gegen Angriffe aufständischer Berber zu schaffen und nicht mit der Intention, ein Protektorat zu installieren. [119] Den Anlass dazu bot der Wettlauf der europäische Mächte um Afrika: Seit der Eroberung Algeriens 1830 waren die Franzosen mit der Absicht, ihre Machtsphäre auszuweiten, wiederholt in Marokko eingedrungen. Die neue Allianz mit dem alten Kolonialrivalen England, 1904 besiegelt in der Entente Cordiale, machte den französischen Weg in das Land frei. Die Engländer akzeptierten das Vordringen der Franzosen nach Marokko, forderten von ihnen jedoch, Spanien Gebiete in nördlichen Küstenstreifen des Landes zuzugestehen. [120] 1906 räumte die Konferenz von Algeciras den beiden die Ordnungsgewalt in ihren jeweiligen Interessensphären ein; 1912 wurde ihnen schließlich durch ein Protektoratsabkommen mit dem schwachen Sultan formell die wirtschaftliche, politische und militärische Kontrolle übertragen. Dass Spanien überhaupt berücksichtigt wurde und mit dem Norden des Landes ein eigenes Protektorat erhielt, hatte es England zu verdanken, das damit verhindern wollte, „daß [sic] eine bedeutende Macht wie Frankreich sich in unmittelbarer Nähe zu Gibraltar ansiedelte.“ [121]

Die spanischen Ambitionen gegenüber Marokko und die Bereitschaft, die Protektoratsaufgabe zu übernehmen, waren vielfältig motiviert: Auf der einen Seite standen strategische Gründe: Eine Umklammerung Spaniens durch die Franzosen sollte verhindert, eine Pufferzone gegen die „Moros [122] geschaffen und die spanischen Städte in Nordafrika gesichert werden. Anderseits hegte Spanien imperialistische Motive, insbesondere seit dem Verlust der überseeischen Besitzungen, und wollte im Konzert der europäischen Mächte nicht die zweite Geige spielen. Vor allem in konservativen und militärischen Kreisen versinnbildlichte das neu geschaffene Protektorat den letzten Überrest einstiger spanischer Weltmacht: „Morocco had a mythical resonance (…). [123] Der Norden Marokkos und dessen spanischen Städte waren für sie ein fester Bestandteil Spaniens wie die Kanaren oder Balearen. [124] Zudem unterlag Spanien wie die meisten europäischen Nationen der irrigen Annahme des rohstoffreichen Potentials Marokkos und hoffte auf dessen wirtschaftliche Ausbeute. [125] Der Entschluss für das Protektorat wurde jedoch von einem geradezu sträflichen Desinteresse der politischen Eliten begleitet und erfolgte „ohne bedeutenden finanziellen und militärischen Aufwand.“ [126] Notwendige infrastrukturelle Investitionen, wirtschaftliche Reformen und eine administrative Organisation Marokkos blieben aus. Die Verantwortung für das Land wurde dem Militär übertragen, ohne es für die Aufgabe in materieller wie politischer Hinsicht ausreichend zu rüsten. Die Expansion in Marokko wurde in Spanien von großen Teilen der Bevölkerung kritisch gesehen. 1909 war es im Zusammenhang mit dem „Disaster of the Barranco de Lobo [127] und der Einberufung von Reservisten zu heftigen Protesten und der „Semana Trágica [128] gekommen. Während der „tragischen Woche“ war es nach der Einberufung von 40.000 Reservisten zur Unterstützung der Kolonialtruppen zu einer Serie blutiger Zusammenstöße zwischen anarchistischen und radikaldemokratischen Arbeitern und der spanischen Heimatarmee gekommen. Politiker, insbesondere des linken Lagers, kritisierten die trotz aller finanziellen Unzulänglichkeit für eine effektive Kolonialverwaltung vermeintlich zu hohen Ausgaben für das Protektorat, „die Spanien nahezu in eine Finanzkrise stürzten. [129] So war die spanische Präsenz in Marokko für dessen Befürworter durch eine Politik des „halben Engagements“ und für dessen Gegner durch eine des „halben Verzichts [130] geprägt, „(…) unable to win a colonial war and unable to withdraw from the conflict. [131]

In dieser Stimmungslage ereignet sich 1921 die Katastrophe von Annual: Im Rahmen einer Pazifizierungsmission war die spanische Afrikaarmee in Stammesgebiete im Rif vorgedrungen und hatte einen unerwartet heftigen Aufstand der Berberstämme unter Abd el-Krim provoziert. Der Schlacht von Annual und der anschließenden panischen Flucht der Spanier fielen Schätzungen zufolge rund 19.000 Menschen zum Opfer. [132] Zahlenmäßig dem spanischen Heer deutlich unterlegene tribale Kräfte konnten in der Folgezeit über 130 Militärposten überrennen und innerhalb von zwei Monaten fast das gesamte Protektoratsgebiet erobern. [133] Die spanische Macht beschränkte sich nur noch auf ihre Enklaven und auch diese waren akut gefährdet. Das ganze Dilemma des halbherzigen Engagements in Marokko wurde nun sichtbar: Das Versäumnis, Marokko als Protektoratsmacht notwendige Reformen zu bringen und am europäischen Fortschritt teilhaben zu lassen, hatte indigene Eliten und einfache Bevölkerung gegen die Spanier aufgebracht. [134] Modernisierungsresistenz, Korruption und das Unvermögen der Regierung, dagegen vorzugehen, hatten in Afrika einen Militärapparat geschaffen, der sich unvorbereitet und unfähig zeigte, dem Aufstand zu begegnen. Das Desaster von Annual war hauptsächlich militärischer Inkompetenz geschuldet. [135] Die spanischen Truppen waren in der Mehrheit, von den einfachen Soldaten über die Truppführer bis hin zum Offizierskorps, in einem katastrophalen Ausbildungsstand. Wenn überhaupt waren sie für eine kriegerische Auseinandersetzung mit anderen europäischen Mächten vorbereitet, nicht jedoch für einen Kolonialkonflikt. Ohne karrieretechnische Anreize dienten in Marokko mehrheitlich Offiziere, die versäumt hatten, sich anderenorts einen Posten zu sichern. Oftmals waren sie ohne jegliches militärisch-taktisches Verständnis und wie ihre zwangseingezogenen Mannschaften vorwiegend unmotiviert. Viele waren korrupt, verkauften Waffen und Ausrüstungsgegenstände an die einheimischen Rifbewohner und verschärften den ohnehin kargen Ausrüstungsstand der Armee. Die spanischen Ausgaben für das Kolonialengagement reichten der Truppe hinten und vorne nicht. [136]

Die Armee war (…) miserabel besoldet, (…) mangelhaft ausgerüstet, ausgebildet und geführt, unzureichend untergebracht und ernährt sowie absolut ungenügend medizinisch versorgt. (…) Offiziere hatten im Feld total versagt.“ [137]

Das Protektorat drohte, verloren zu gehen. Ein Rückzug kam jedoch, schon aus Sorge vor dem internationalen Prestigeverlust, nicht in Frage. Zudem hatte die Niederlage von Annual, trotz aller Kritik der spanischen Öffentlichkeit am Engagement in Nordafrika, „patriotic feelings [138] erzeugt und einen weit verbreiteten Wunsch nach Vergeltung. Die Armee musste den Krieg allerdings rasch und ohne weitere Hiobsbotschaften gewinnen, denn

[d]ie »abandonistas«, die Gegner des Kolonialabenteuers, forderten jetzt mit noch mehr Nachdruck den Abzug der Truppen und die Aufgabe des Protektorats. [139]

Annual hatte die qualitativen Mängel der spanischen Armee in Marokko aufgezeigt. Der Krieg war mit dieser Truppe nicht zu gewinnen. Bereits die Gründung des „Tercio de Extranjeros [140] 1919 und die Verpflichtung ausländischer Kriegsveteranen sollte militärische Schwächen der Spanier ausgleichen. Nach Annual wurden endlich die dringend notwendige Reformierung der regulären Afrikaarmee und eine grundlegende Änderung taktischer und strategischer Überlegungen in Angriff genommen. [141] Um der immanenten Bedrohung jedoch begegnen zu können, bedurfte es der Ausschöpfung der vollen Überlegenheit europäischer Wehrtechnik: Giftgas. 1918 hatte König Alfons XIII in Berlin erstmals sein Interesse an deutscher Gaswaffentechnik bekundet und Kampfstoffproben geordert. Unmittelbar nach Annual wurden die alten Kontakte wieder aufgefrischt: [142][D]ie spanischen Wünsche [liefen] auf ein längerfristiges Projekt sowie auf schnelle Maßnahmen hinaus.“ [143] Deutschland, respektive Dr. Hugo Stolzenberg, Leiter der „Firma Kampfstoffverwertung [144], lieferte bis 1923 500 bis 600 Tonnen Phosgen und Clark nach Spanien. [145] Zusätzlich entwickelte Stolzenberg 1922 für die Spanier eine taktische Anleitung für den Einsatz von Senfgas gegen die Aufständischen. Im selben Jahr wurde der gemeinsame Bau einer Giftgasfabrik in der Nähe von Madrid beschlossen. [146] In Melilla besaß Spanien bereits seit 1921 eine Produktionsanlage für Kampfstoffmunition, vermutlich errichtet mit französischer Hilfe. [147]

Im Oktober 1921 verschoss das spanische Militär erstmals Giftgasgranaten auf die Aufständischen. [148] Die wichtige Schlacht von Tizi Azza im Juli 1923 erlebte den ersten Einsatz von Senfgas und konnte durch die Gaswaffe für Spanien entschieden werden. [149] 1924 wurde die chemische Kriegsführung um die Taktik des aerochemischen Krieges erweitert und damit begonnen feindliche Rückzugsgebiete zu bombardieren. [150] Die Machtübernahme in Spanien durch Miguel Primo di Rivera brachte schließlich die Eskalation der Gaskriegsstrategie. Die spanische Afrikaarmee zog sich 1924 hinter eine künstliche Verteidigungslinie, die „Primo-de-Rivera-Linie [151], zurück und riegelte mit Hilfe der Franzosen im Süden, die Rifregion hermetisch ab. Eine „massive bombing campaign with TNT, incendiary bombs, and (…) poisonous chemicals (…) [152] brach den Widerstandswillen der Rifkabylen. Alleine 110 Tonnen Senfgas wurden auf die Stammesgebiete des Rifs abgeworfen. [153] Für Primo de Rivera war Gas eine dankbare Option in diesem Krieg. Als hoher Militär muss er sich der qualitativen Schwächen der spanischen Armee bewusst gewesen sein. Die militärische Notwendigkeit war für ihn wohl das wichtigste Argument für den Einsatz chemischer Kampfstoffe. Selbst Veteran des Rifkrieges von 1893 kannte er die Schwierigkeiten des Militärs in diesem Konflikt. Das unwirtliche Terrain war die größte Sorge der Spanier. [154] Der aerochemische Krieg vermied die logistischen Versorgungsprobleme der Truppe und machte die Bekämpfung des Gegners unabhängig von der infrastrukturellen Unerschlossenheit des Landes. Daneben hatte das spanische Militär ein großes Problem mit der Identifizierung des Gegners. Dessen Guerillakrieg sah nicht nur Überfälle und Heckenschützenangriffe vor, sondern ebenso den Rückzug zu seinem zivilen Wohnort „nach getaner Arbeit.“ [155] Der Feind war nicht kaserniert. Durch die Verseuchung der gesamten Rifregion konnte man den Gegner endlich in der Etappe treffen und in seiner Beweglichkeit und Nachschubversorgung einschränken. [156] Als kriegsrelevant betrachtete man auch die verheerende psychologische Wirkung, die die Zerstörung der liebevoll gepflegten Wohnorte bei den Kabylen erzeugte. Verzweiflung sollte die Stammeskrieger zur Aufgabe zwingen. Moralische Bedenken, dass die Taktik auch zivile Opfer fordere, wurden verworfen. Die Rifkabylen verschonten selbst oft keine Zivilisten und hatten wiederholt verzichtet, Gefangene zu nehmen bzw. diese auf unbeschreiblich grausame Weise hingerichtet und verstümmelt. Der Kriegsalltag muss jegliche Skrupel vertrieben haben. [157] Zudem galten die Kabylen den Spaniern — wie schon die arabischen Aufständischen den Briten im Irak — nicht als ordentliche Kombattanten und fielen somit nicht unter die Haager Konvention. Dem Roten Kreuz wurde den gesamten Krieg über eine Hilfsmission für die Rifkrieger verweigert. [158] Offiziell verschwieg das spanische Militär den Einsatz von Giftgas, primär aus Sorge vor der öffentlichen Kritik, dass er möglicherweise auch spanische Kriegsgefangene träfe. [159] Zudem war die weltweite Verachtung chemischer Kriegsführung in nicht-militärischen Kreisen bekannt und hätte dem internationalen Ansehen Spaniens geschadet. Letztlich lehnten einige ältere, von konventioneller Kriegsführung geprägte Offiziere die neue Waffe ab und verwiesen auf ihren unehrenhaften Charakter. [160] Ein Sieg über eine als unterlegen angesehene Eingeborenenarmee nur mit Hilfe des Giftgases sprach nicht für die Stärke des spanischen Militärs.

Unabhängig von diesen Meinungen war die chemische Kriegsführung am Ende ausschlaggebend für die Niederlage des Aufstandes Abd El-Krims 1926. Die Rifkrieger waren aufgrund der Verseuchung des Landes verzweifelt, ausgehungert und kriegsmüde. [161] Die Effizienz der Waffe und die verheerende Wirkung auf den Gegner muss so überzeugend gewesen sein, dass selbst die Franzosen, trotz ihrer vorangegangenen, harschen Kritik am spanischen Gaseinsatz, auf chemische Kriegsführung zurückgriffen, als sie kurz darauf selbst in den Konflikt eintraten. [162] Am Ende spielte natürlich die konventionelle Überlegenheit an Mensch und Material und eine französisch-spanische Streitmacht von über 400.000 Mann für den Sieg eine ebenso bedeutende Rolle wie das Gas. Die Einschätzung Sebastian Balfours, der Giftkrieg habe den Widerstand der Rifkabylen lediglich geschwächt und sei letztlich daran gescheitert, weil er nicht zur „naively expected [163] sofortigen Aufgabe führte, greift allerdings zu kurz. Chemische und konventionelle Kriegsführung erfolgen immer Hand in Hand. Die C-Waffe hat das schwache, spanische Militär in der Zeit nach Annual vor weiteren Niederlagen bewahrt und ihm die Gelegenheit eingeräumt, notwendige Reformen in den eigenen Reihen vorzunehmen. Die Verseuchung der Felder des Rif und die Bombardierung der Lebensmittelmärkte, hatte Abd el-Krim gezwungen auf Nahrungssuche in das französische Protektorat einzudringen. [164] Erst mit dem dadurch provozierten Kriegseintritt Frankreichs und der Vereinigung der Streitkräfte der beiden europäischen Mächte konnten die Rifkrieger bezwungen werden. Pointiert ausgedrückt: Giftgas hatte Spanien vor dem Verlust des Protektorats bewahrt.

Der Traum vom Imperium : Italiens Vernichtungszug in Äthiopien 

Italiens Angriffskrieg gegen das Kaiserreich Äthiopien war von einer deutlich radikaleren Qualität als das britische Engagement im Irak oder das spanische in Marokko. Er war „ein Schlüsselerlebnis in der Gewaltgeschichte der Weltkriegsepoche [165], das

die früheren, in ihren Ausmaßen begrenzten Kolonialkriege hinter sich zurückließ und in manchem bereits die Zerstörungskräfte des Zweiten Weltkrieges annoncierte. [166]

Für die Außergewöhnlichkeit dieses Kolonialkonfliktes sprechen nicht nur die unsäglichen Kriegspraktiken der italienischen Aggressoren, von denen der Gaskrieg lediglich ein Teilaspekt war, sondern besonders die rücksichtslose, faschistische Ideologie des Regimes, die den Krieg verursachte. 

Der Traum von italienischen Gebieten in Afrika reichte zurück ins 19. Jahrhundert, als auch die junge italienische Monarchie bei der Aufteilung der Welt durch die europäischen Mächte ihren vermeintlich gerechten Anteil erhalten wollte. Der Versuch, in Äthiopien Fuß zu fassen, scheiterte allerdings 1896 in der katastrophalen Niederlage bei Adua. [167] Auch die große Hoffnung, das Land im Anschluss an den Ersten Weltkrieg als territorialen Gewinn zugesprochen zu bekommen, blieb unerfüllt. Italien musste sich — neben seinen bestehenden Kolonien in Eritrea und Somalia — mit der Cyrenaika und dem Jubaland zufrieden geben. [168] Bedeutende gesellschaftliche Kreise und deren unermüdlicher Einsatz „für ein größeres Kolonialreich in Afrika [169] bewirkten jedoch, dass der Wunschgedanke an ein Imperium auf dem schwarzen Kontinent nie ganz erlosch und im faschistischen Italien aufging. Benito Mussolini machte die Eroberung Abessiniens „zum zentralen [außenpolitischen] Projekt des Regimes. [170] Ähnlich den Wahnideen der deutschen Nationalsozialisten nach Lebensraum im Osten, war der italienische Faschismus von einer Bevölkerungsdoktrin besessen, die das „demografische Problem [171] Italiens durch „Neulandgewinnung [172] in Afrika lösen wollte. Die Expansion nach Abessinien sollte den Grundstein legen für ein italienisches Weltreich, das faschistische „Imperio [173], und der erste Schritt sein zum „Vorstoss [sic] an die Ozeane [174]. Entsprechend der faschistischen Ideologie bot der Angriff auf Äthiopien neben der Chance auf Begründung einer „neuen Zivilisation [175], die Möglichkeit, aus den Erfahrungen des Kampfes den „Neue[n] Faschistische[n] Mann [176] zu schaffen. Und letztlich würde die erfolgreiche Okkupation des Landes endlich die von den Faschisten als nicht hinnehmbar empfundene Schmach der Niederlage von Adua tilgen und dem Regime den zur Legitimierung seiner „nationalistischen Führungsrolle“ dringend benötigten außenpolitischen Erfolg bringen. [177]

Nach fast zehnjähriger Vorbereitung fühlte sich das faschistische Italien 1935 stark genug, seine Pläne in die Tat umzusetzen und in Abessinien einzufallen. Mussolini schärfte seinen Militärs ein, die Auseinandersetzung möglichst rasch zu gewinnen. „Je schneller der Krieg vorüber wäre, desto weniger würde man in Europa (…) Widerstand zu spüren bekommen.“ [178] Zudem fürchtete Mussolini, ein sich hinziehender Konflikt gegen einen in der Propaganda als unterlegen geschilderten Gegner würde das Prestige des Regimes innenpolitisch nachhaltig schädigen. [179] Dies korrespondierte mit der Einschätzung vieler Offiziere, die aufgrund der eingeschränkten Ressourcen aus „ökonomischer Notwendigkeit [180] zu einer schnellen Durchführung der Eroberung rieten. „Italien hätte sich einen langen Krieg (…) niemals leisten können.“ [181] So mancher hoher Armeeangehöriger sah in dem sich anbahnenden Krieg bereits früh militärische Schwierigkeiten, von denen die euphorische Kriegspropaganda der faschistischen Führung mit Nachdruck abzulenken versuchte. [182] Der Chef des Obersten Generalstabes, Pietro Badoglio, der später Oberbefehlshaber der Invasionstruppen wurde, verwies auf mögliche logistische Probleme für das italienische Heer und auf den zu erwartenden heftigen Widerstand des äthiopischen Militärs und der gesamten indigenen Bevölkerung: Der Feldzug gegen Abessinien, sei das „schwierigste Unterfangen, das zu dem Zeitpunkt von einer europäischen Nation in Afrika unternommen werden könne.“ [183] Vielleicht wollte Badoglio Mussolini nur vor allzu großen Erwartungen eines eindeutigen Blitzsieges bewahren. Denn es bestand eine erkennbare Diskrepanz zwischen dem Bild, das die faschistischen Eliten von ihrer Armee hatten, und der tatsächlichen Kampfkraft des italienischen Militärs. Während der Duce zu glauben schien, Gewaltrhetorik, Militarisierung der Gesellschaft und exorbitante Rüstungsausgaben hätten das „Regio Esercito Italiano“ in eine schlagkräftige, unbesiegbare Truppe verwandelt, muss ihr tatsächlicher Kriegswert deutlich nüchterner beurteilt werden. Die Streitkräfte hatten sicherlich seit der faschistischen Machtübernahme von der gesellschaftlichen Aufwertung des Militärischen und der damit einhergehenden Aufrüstung mit modernsten Waffen, Panzern und Flugzeugen profitiert. [184] Allerdings hatte der faschistische Militarismus keine Auswirkung auf eine effiziente Organisation und Ausbildung der Truppen, ebenso wenig wie auf die taktische und strategische Schulung der Unteroffiziere und des Offizierskorps. Im Gegenteil: Der Militärhistoriker MacGregor Knox attestiert dem italienischen Militär katastrophale Mängel in der Organisations- und Führungsstruktur, Unfähigkeit in der Zusammenarbeit der Truppenkörper, große logistische Schwächen, eine eingeschränkte Kampfmoral und insgesamt eine „relative battlefield ineffectiveness. [185] Zahlreiche Beispiele militärischer Debakel im Spanischen Bürgerkrieg oder im Zweiten Weltkrieg belegen sein kritisches Urteil über die Kampfkraft der italienischen Armee. [186] Auch Beobachtungen Badoglios zu Beginn des Abessinienfeldzuges bestätigen die Einschätzung von Knox. [187] Der qualitative Wert des italienischen Militärs war im europäischen Vergleich katastrophal.

Um den Widerstandswillen der Äthiopier brechen zu können, entschied sich die italienische Militärführung, wohl aus Mangel an taktischen Alternativen, von Anfang an die indigene Bevölkerung in die Kampfhandlungen einzubeziehen. Ein „guerra totale [188], von den Italienern euphemistisch als „guerra integrale [189] bezeichnet, sollte durch kontinuierliche Terrorisierung der gegnerischen Streitkräfte und der einheimischen Bevölkerung bewirken, dass keine „Zweifel an der militärischen Schlagkraft der italienischen (…)[S]treitkräfte aufkommen [190] und die Äthiopier von sich aus aufgäben. „Im ganzen Kaiserreich muss der Terror gesät werden.“ [191] Nur so könne erreicht werden, dass „der Feind (…) keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen kann. [192] Den erhofften schnellen Sieg brachte die Taktik nicht, dafür eine schwer unter Kontrolle zu haltende Eskalation der Gewalttaten italienischer Soldaten gegen Zivilisten, die bis heute das Bild des Abessinienkrieges geprägt haben. [193] Entgegen der Annahme des italienischen Militärs verschärften die Maßnahmen zudem den äthiopischen Willen zur Gegenwehr. Der überfallartige Angriff der siegesgewissen Armee im Oktober 1935 kam schon in den ersten Wochen ins Stocken. Eine Gegenoffensive der kaiserlichen Truppen fügte den Italienern empfindliche Niederlagen zu. Der schnelle Sieg schien in weite Ferne zu rücken. [194] Mussolini gestattete daher die verzweifelten Anfragen seiner Generale, das Arsenal der angewandten Offensivwaffen um eine zu erweitern: „Giftgas als ultima ratio genehmigt, zur Überwindung des Widerstandes oder im Falle eines feindlichen Gegenangriffs. [195]

Mit Giftgas war Italien erstmals im Ersten Weltkrieg 1916 bei Doberdo und 1917 bei Caporetto nach österreichischen Angriffen in Kontakt gekommen. [196] Enorme Verluste unter den unvorbereiteten italienischen Truppen überzeugten das Militär von der Effizienz der neuen Waffe und bewirkten eine intensive Nachrüstung. 1923 wurde innerhalb der Armee ein eigener Bereich für chemische Kriegsführung, der „Servizio Chimico Militare [197], etabliert, mit eigenem Oberkommando, das direkt dem Kriegsministerium unterstellt war. [198] Bereits in den 1920er Jahren kam es zu begrenzten Gaseinsätzen im Libyenkrieg, die der Armeeführung den militärischen Erfolg der Waffe gegen ungeschützte Gegner eindrucksvoll demonstrierte. [199] Pietro Badoglio zeigte 1926 großes Interesse an dem „Mallandra-Bericht [200], der ausführlich die Effizienz aerochemischer Kriegsführung diskutierte. Aufgrund der ins Stocken geratenen Offensive der Italiener erhielt Mitte November 1935 Badoglio das Oberkommando über die Invasionstruppen in Abessinien. [201] Obgleich die Verwendung chemischer Waffe gegen die Äthiopier mit der rassistischen Programmatik des faschistischen Regimes korrespondierte, waren es vor allem militärische Aspekte, die der Gaswaffe eine zentrale Rolle in diesem Krieg einräumten. Badoglio hatte bereits vor Ausbruch des Krieges auf die Schwierigkeiten einer militärischen Konfrontation mit Abessinien verwiesen und die Schwächen des italienischen Militärs festgestellt. Giftgas war für ihn die einzige Option, den Konflikt entsprechend der Vorgaben Mussolinis zu gewinnen.

Die chemischen Kampfstoffe sollten den Gegner terrorisieren, ihn in seinen operativen Handlungsfreiheiten einschränken (…) [,] die Moral von Kombattanten und Zivilbevölkerung brechen [202]

und letztlich den Krieg für Italien entscheiden. Die rasch eintretenden Erfolge des italienischen Militärs nach der Berufung Badoglios und die parallele Aufnahme des Giftkrieges bestätigten seine Einschätzung. An allen Fronten konnten die Italiener dank massivem Einsatz chemischer Waffen wieder vorrücken. [203] Der äthiopische Kaiser Haile Selassie erklärte nach dem Krieg, dass seine Truppen der konventionellen Kriegsführung der Italiener standgehalten hätten, „gegen die Giftstoffe jedoch, die unmerklich herunterkamen und Gesicht und Hände bedeckten, waren wir machtlos.“ [204] Die Effizienz der chemischen Kriegsführung in Abessinien steht außer Frage: Die Äthiopier besaßen keine adäquaten Schutzvorrichtungen und waren den Angriffen hilflos ausgesetzt. Durch die Besprühung der ihren Vormarsch flankierenden Gebiete konnten die Italiener die Gefahr von Überfällen und verlustreichen Hinterhalten minimieren und ungestört vorrücken. Gasattacken verhinderten gegnerische Truppenkonzentrationen und brachten äthiopische Gegenoffensiven zum Erliegen. Selbst die vormals aus logistischen Gründen unmögliche Verfolgung und Vernichtung im Rückzug befindlicher Feindkräfte gelang nun dank chemischer Angriffe aus der Luft und hatte verheerende Wirkung auf die Moral der einheimischen Streitkräfte. [205] Der militärische Erfolg der Gaswaffe war so überzeugend, dass Badoglio, als Mussolini aus Sorge um den internationalen Protest „den Giftgaseinsatz bis zur Genfer Sitzung [des Völkerbundes] einstellen [wollte] (…) [206], ihn unermüdlich fortsetzte. Insbesondere die italienische Schlussoffensive bei Ogaden belegt die konventionelle Unfähigkeit des italienischen Militärs und die überragende Bedeutung der Giftwaffe für die schnelle Beendigung des Feldzuges: „Arsenbomben [207] und libysche Söldner durchbrachen die letzten Verteidigungsstellungen der Äthiopier und machten den Weg frei für den italienischen Sieg. Anfang Mai 1936 rückte Badoglio in Addis Adeba ein und beendete damit den Krieg.

Auch wenn der Charakter des faschistischen Italiens vermuten lässt, „Mussolini ging es [mit der Verwendung von Giftgas] nicht (…) darum, den Krieg zu gewinnen, sondern die Gegner auszurotten [208], muss der militärische Aspekt im Vordergrund bleiben. Rund ein Drittel der äthiopischen Verluste, ungefähr 15.000 Mann, gingen unmittelbar auf Gasangriffe zurück. [209] Der heftige Widerstand der Äthiopier brach erst mit Beginn der chemischen Offensive zusammen. Haile Selassie machte 1936 vor dem Völkerbund explizit die chemische Kriegsführung für die Niederlage seines Landes verantwortlich. [210] Captain John Meade, britischer Beobachter bei der äthiopischen Armee, bezeichnete C-Waffen als den signifikanten Faktor für den Sieg der Italiener:

It is my opinion that out of all of the superior weapons (…), mustard gas was the most effective (…) it (…) incapacitated very large numbers and so frightened the rest that Ethiopian resistance broke completely.” [211]

Auch Major General J.C. Fuller, vom Völkerbund als Beobachter nach Abessinien geschickt, sah in der Gaswaffe den Schlüssel zum Erfolg der Italiener: „It was an exceedingly cunning use of this chemical. [212]

Die Italiener hätten dank überwältigender materieller und personeller Überlegenheit den Krieg wohl auch ohne Giftgas für sich entscheiden können. [213] Die chemische Kriegsführung verhalf einem kampfschwachen italienischen Militär jedoch die strengen Vorgaben des Regimes umzusetzen und den Krieg ohne Aufsehen erregende Niederlagen zu gewinnen. Ohne Giftgas hätte sich der Konflikt vermutlich über Jahre hingezogen.

Zusammenfassung 

Drei unterschiedliche Kolonialkriege, drei unterschiedliche an ihnen beteiligte politische Systeme und drei unterschiedliche Szenarien führten zum Gaseinsatz. Doch allen drei geschilderten Fällen ist gemein, dass „military necessity [214] die jeweilig verantwortliche Armeeführung zum Einsatz von Giftgas bewog: Im Irak die Briten, als das militärische Ziel darin bestand, mit möglichst geringen personellen Verlusten und Kosten das Mandatsgebiet rasch und effektiv zu befrieden; in Marokko, weil das spanische Militär befürchten musste, sprichwörtlich ins Meer getrieben und von einer Aufständischenarmee bezwungen zu werden; und in Äthiopien, als das faschistische Regime Italiens seine hoffnungslos überschätzte Armee in einen Kolonialkrieg schickte, den es gegen einen sich verzweifelt zur Wehr setzenden Gegner nur mit der Giftwaffe gewinnen konnte. Unabhängig von der moralischen Verurteilung dieser Verstöße gegen internationales Kriegsrecht erfolgten die Einsätze in keinem der Fälle aus politischen oder ideologischen Motiven. Die Entscheidung für chemische Kriegsführung war schließlich und endlich militärisch begründet und der Erfolg ihrer Anwendung sprach aus militärischer Sicht eindeutig für sie. Bezeichnenderweise waren die politischen Entscheidungsträger, die den Gaseinsatz am prominentesten befürworteten, — Winston Churchill, Miguel Primo de Rivera und Benito Mussolini — allesamt ehemalige Armeeangehörige. Wenn es um militärische Entscheidungen ging, dachten sie wie ihre ehemaligen Kameraden.

So verabscheuungswürdig chemische Kriegsführung heute auch betrachtet wird, zum Zeitpunkt der geschilderten Konflikte sprach nach militärischer Logik vieles für und wenig gegen die chemische Waffe. „The incentives to use chemical weapons [215] waren überwältigend. Giftgas war eine ungewöhnlich vielseitige Waffe und versprach, insbesondere in der Kombination mit konventioneller Kriegsführung, eine ungeheure Effizienz im Krieg. Der Mangel an ausreichendem Schutz beim indigenen Gegner prädestinierte Kolonialkriege richtiggehend für den Giftgaseinsatz und wie die beschriebenen Fälle belegen, konnten chemische Waffen dabei kriegsentscheidend sein. Die anfängliche Unsicherheit im Umgang mit der neuen Waffe konnte durch zunehmende Professionalisierung behoben werden und moralisch gab es für Militärs im Grunde keine Einwände gegen Giftgas. Es als inhuman zu bezeichnen, während durch seine Verwendung dasselbe Ziel erreicht werden sollte, wie mit konventionellen Mitteln, nämlich den Gegner kampfunfähig zu machen, erschien sogar unlogisch. [216] Basierend auf Schilderungen anfänglicher Probleme mit dem Gas oder auf Berichten über spanische und italienische Fehler in der Anwendung, verweisen Gaskriegsgegner gerne auf die vermeintliche Ineffizienz der Gaswaffe und diskreditieren sie damit zu einer reinen Terrormaßnahme. [217] Diese Behauptung ist jedoch schlicht falsch. Giftgas hatte sich in allen Einsätzen als unvergleichbar wirkungsvolle und potentiell kriegsentscheidende Waffe erwiesen. Die ungeheure Nachfrage nach chemischen Kampfstoffen im Anschluss an den Ersten Weltkrieg beweist die besondere Relevanz, die sie bei den Militärs der Zeit genoss. „Schließlich war die Gaswaffe so etwas wie die Atombombe der 20er und 30er Jahre [218], allerdings mit einer deutlich überschaubareren Zerstörungswirkung und geringeren Folgerisiken. Dieselbe militärische Logik, die die amerikanische Regierung zum Abwurf zweier Atombomben auf Japan veranlasste, um damit prognostizierten Verlusten von bis zu ½ Millionen amerikanischer Soldaten bei einer konventionellen Invasion vorzubeugen, führte in Irak, Marokko und Äthiopien zum Gaskrieg. Moralische Zweifel standen für alle genannten Armeeführungen in keinem Verhältnis zu den militärischen Kosten und Verlusten, die die Nichtanwendung der Gaswaffe nach sich gezogen hätte.

Der Einsatz von Giftgas steht nicht symptomatisch für ein Unrechtsregime. Chemische Kampfmittel wurden von zahlreichen Nationen angewendet, unabhängig ihres politischen Systems. Die große Mehrheit der Kampfgaseinsätze war rein kriegsbedingt motiviert, sollte darüber hinaus aber nicht die Vernichtung oder Ausrottung des Gegners zum Ziel haben. Das befreit die in Frage kommenden Länder nicht vom Vorwurf der Anwendung einer schändlichen Waffe und nach heutigem Gesichtspunkt dem des Kriegsverbrechens, aber es verweist auf das eigentliche Motiv für Giftgasanwendung: militärische Notwendigkeit. Der Abessinienkrieg gilt auch ohne Gas als faschistischer Vernichtungskrieg. Dafür sprechen unzählige, unsägliche Kriegsgräuel der Italiener, Massenerschießungen und „Totaler Krieg.“ Nicht Giftgas war Ausdruck der Radikalisierung der spanischen Afrikaarmee, sondern die zunehmende Entfremdung von der Heimat, Hass auf das ungeliebte Parlament, von dem man sich im Stich gelassen fühlte, und eine rassistisch-fundamentalistische Dämonisierung des Feindes, die später auf die Bürgerkriegsgegner übertragen wurde. Der britische Giftgaseinsatz im Irak drückt letztlich ein rücksichtsloses Effizienzdenken der englischen Armee und ein Problem demokratischer Systeme aus, dass das wählende Volk der Regierung vermutlich Kriegsverbrechen am Gegner eher verzeiht, als hohe eigene Verluste. Er spricht aber nicht für eine generelle Schwäche der parlamentarischen Demokratie Großbritanniens dieser Zeit.

Abschließend lässt die diskutierte These nur eine Frage offen: Wenn Giftgas so effizient und beim Militär als Waffe hoch geschätzt war, warum kam es dann im Zweiten Weltkrieg nicht zur Anwendung? Ludwig Haber hat in seinem Essay Gas Warfare 1915-1945 – The Legend and the Facts versucht, darauf eine Antwort zu geben. [219] Die Argumente reichen von Hitlers Abneigung gegen Gaskriegsführung über die allgemeine Sorge der chemisch ähnlich gerüsteten Kriegsparteien vor der Vergeltung des Gegners. Am Ende waren den federführenden Militärs vermutlich konventionelle Maßnahmen schlicht ausreichend. Im Falle der Invasion Japans verwarf die US Armee anfängliche, bereits ausführlich erörterte Pläne der chemischen Kriegsführung und griff auf die neue Waffe in ihrem Arsenal zurück. [220] Die Atombombe war nun die neue ultima ratio.

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Terhoeven, Petra: „Die »Giornata della Fede« oder die innere Mobilisierung der italienischen Gesellschaft während des Äthiopienfeldzuges 1935/36“, in: Asserate, Asfa-Wossen u. Mattioli, Aram (Hrsg.): Der erste faschistische Vernichtungskrieg – Die italienische Aggression gegen Äthiopien 1935-1941, Köln 2006, S. 73-90.

Thoss, Bruno: „Kriegsschäden“, in: Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn, u.a. 2003, S. 658-661.

Winter, Jay: „Großbritannien“, in: Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn u.a. 2003, S. 50-63.

Woolman, David S.: Rebels in the Rif – Abd el Krim and the Rif Rebellion, Stanford 1968.

Yaphe, Judith S.: „The View from Basra: Southern Iraq’s Reaction to War and Occupation, 1915-1925”, in: Simon, Reeva Spector u. Tejirian, Eleanor H. (Hrsg.): The Creation of Iraq, 1914-1921, New York 2004, S. 19-35.

 

 

Stefan M. Kreutzer (*1978), hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Neuere und Neueste Geschichte, Alte Geschichte und Geschichte und Kultur des Nahen Orients sowie Turkologie studiert. Seine Forschungsschwerpunkte bilden das Wilhelminische Deutschland und dessen Außenbeziehungen zum Nahen Osten, speziell zur Türkei, Persien und Afghanistan, sowie die Geschichte des Ersten Weltkrieges. Gegenwärtig ist er Doktorand an der LMU und arbeitet an seiner Dissertation über das Leben und Wirken des deutschen Diplomaten Wilhelm Waßmuß. Im Frühjahr 2012 erscheint im Ares Verlag sein erstes Buch „Dschihad für den deutschen Kaiser – Max von Oppenheim und die Neuordnung des Orients (1914-1918)“. 

Anmerkungen

  • [1]

     Robinson, S. 231.

  • [2]

     Harris, S. xii.

  • [3]

     Ebd.

  • [4]

     Vgl. Jones, S. 3f.

  • [5]

     Vgl. Colemann, S. xvif. und Harris, S. xiii.

  • [6]

     Vgl. Kunz.

  • [7]

     Vgl. Balfour.

  • [8]

     Vgl. Ebd., S. 200.

  • [9]

     Vgl. Asserate.

  • [10]

     Del Boca.

  • [11]

     Ebd., S. 47.

  • [12]

     Vgl. Robinson, S. 141ff.: Frankreich setzte chemische Waffen in Algerien und Marokko ein, Großbritannien im Irak, Afghanistan und Indien.

  • [13]

     Vgl. Hull.

  • [14]

     Ebd.

  • [15]

     Ebd., S. 4.

  • [16]

     Fritz Haber zitiert in: Coleman, S. 40.

  • [17]

     Vgl. Haber.

  • [18]

     Vgl. Coleman.

  • [19]

     Vgl. Robinson.

  • [20]

     Vgl. Balfour.

  • [21]

     Vgl. Kunz.

  • [22]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn) und Brogini Künzi (Köln).

  • [23]

     Vgl. Asserate.

  • [24]

     Vgl. Simon.

  • [25]

     Stöhr, S. 34.

  • [26]

     Haber, S. 3.

  • [27]

     Vgl. Jones, S. 5.

  • [28]

     Vgl. Haber, S. 10.

  • [29]

     Harris, S. xv.

  • [30]

     Ebd., S. 10; diese Einschätzung teilen auch Kloot, S. 151f. und Coleman, S. 19.

  • [31]

     Vgl. Stöhr, S. 16, Kloot, S. 152.

  • [32]

     Doyle, S. 49.

  • [33]

     Vgl. Kloot, S. 153.

  • [34]

     Coleman, S. 22.

  • [35]

     Vgl. Jones, S. 14.

  • [36]

     Sir John French zitiert in: Coleman, S. 24.

  • [37]

     Vgl. Harris, S. 32.

  • [38]

     Coleman, S. 25.

  • [39]

     Jones, S. 22.

  • [40]

     Coleman, S. 32.

  • [41]

     Haber, S. 3.

  • [42]

     Fritz Haber zitiert in: Coleman, S. 40.

  • [43]

     Coleman, S. 30.

  • [44]

     Ebd.

  • [45]

     Vgl. Ebd.

  • [46]

     Charles H. Foulkes zitiert in: Harris, S. 34.

  • [47]

     Harris, S. 35 und vgl. S. 16; Vgl. auch Coleman, S. 9 und 21: „(…) German newspapers were so enthusiastic over the effectivness of poison gas that some even claimed that chemical weapons were more humane than bullets and shells.” (S. 21).

  • [48]

     Aus Beware the Ide(a)s of March! – A Contribution of the Chemical Warfare Service, USA zitiert in: Robinson, S. 239.

  • [49]

     Coleman, S. 18.

  • [50]

     Captain Thomas aus Robert Graves’ Goodbye to All That zitiert in: Harris, S. 12; der fiktive Charakter Captain Thomas bringt die Abneigung vieler Soldaten gegen den Gaskrieg auf den Punkt .

  • [51]

     Vgl. Robinson, S. 234f.

  • [52]

     Dokument zur chemischen Kriegsführung zitiert in: Brauch, S. 35.

  • [53]

     Vgl. Seagrave, S. 77 und Harris, S. 15.

  • [54]

     Vgl. Harris, S. 24.

  • [55]

     Robinson, S. 234.

  • [56]

     Harris, S. 21.

  • [57]

     Brauch, S. 27.

  • [58]

     Groehler.

  • [59]

     Vgl. Coleman, S. 32.

  • [60]

     Vgl. Ebd., S. 19f.

  • [61]

     Vgl. Ebd., S. 20 und Ferguson, S. 199; vgl. dazu Ebd., S. 196ff.

  • [62]

     Vgl. Robinson, S. 231f.

  • [63]

     Harris, S. 44.

  • [64]

     Ebd., S. 262; Vgl. zu den Bemühungen der Lobby der chemischen Kriegsführung beispielsweise die Platzierung von Artikel in The Times, die die Bedeutung von CBW und der chemischen Industrie hervorhoben, in Ebd. S. 236.

  • [65]

     Ebd., S. 231 und Vgl. Ebd., S. 231ff.

  • [66]

     Harris, S. 44.

  • [67]

     Robinson, S. 247.

  • [68]

     Vgl. Robinson, S. 96-111, Harris, S. 42 und Coleman, S. 41.

  • [69]

     Harris, S. 46.

  • [70]

     Ebd.

  • [71]

     Und zwar unisono in allen Ländern Europas und den USA.

  • [72]

     Coleman, S. 15; vgl. auch Seagrave, S. 64.

  • [73]

     Hull, S. 214.

  • [74]

     Brauch, S. 26.

  • [75]

     Robinson, S. 268.

  • [76]

     Ebd.

  • [77]

     Harris, S. 37.

  • [78]

     Ebd., S. 41.

  • [79]

     Robinson, S. 269.

  • [80]

     Harris, S. 42.

  • [81]

     Harris, S. 42.

  • [82]

     Robinson, S. 269.

  • [83]

     Vgl. Ebd.

  • [84]

     Coleman, S. 38.

  • [85]

     Ebd., S. 43.

  • [86]

     Robinson, S. 141.

  • [87]

     Ebd.

  • [88]

     Charles H. Foulkes zitiert in: Harris, S. 43.

  • [89]

     Ebd.

  • [90]

     Vgl. Robinson, S. 142 und Stöhr, S. 42.

  • [91]

     Vgl. Simon 2004, S. 13 und Fürtig, S. 21.

  • [92]

     Simon 20042, S. 4.

  • [93]

     Ebd.

  • [94]

     Vgl. Fürtig, S. 21.

  • [95]

     Yaphe, S. 24.

  • [96]

     Simon 2004, S. 12.

  • [97]

     Simon 20042, S. 43.

  • [98]

     Vgl. Fürtig, S. 21.

  • [99]

     Ebd.

  • [100]

     Vgl. Fürtig, S. 20.

  • [101]

     Vgl. Simon 20042, S. 45f.

  • [102]

     Fürtig, S. 21.

  • [103]

     Vgl. Coleman, S. 44 und Yaphe, S. 29.

  • [104]

     Vgl. Simon 20042, S. 47.

  • [105]

     Vgl. Simon 2004, S. 11.

  • [106]

     Vgl. Overmans, S. 663-666.

  • [107]

     Vgl. Thoss, S. 658-661.

  • [108]

     Vgl. Winter, S. 60-62.

  • [109]

     Ebd.

  • [110]

     Winston Churchill zitiert in: Ebd.

  • [111]

     Fürtig, S. 22.

  • [112]

     Winston Churchill zitiert in: Coleman, S. 44.

  • [113]

     Wing Commander Harris zitiert in: Ebd.

  • [114]

     Winston Churchill zitiert in: Ebd.

  • [115]

     Vgl. Balfour, S. 127, Robinson, S. 142, Coleman, S. 5 und 43f.

  • [116]

     Vgl. Harris, S. 44 und Coleman, S. 53.

  • [117]

     Vgl. Fürtig, S. 22f.

  • [118]

     Vgl. Pennell, S. 78ff.

  • [119]

     Vgl. Östrup, S. 233ff. und 239ff.

  • [120]

     Vgl. Balfour, S. 5ff.

  • [121]

     El-Asrouti, S. 34.

  • [122]

     Ebd.

  • [123]

     Balfour, S. 10.

  • [124]

     Vgl. El-Asrouti, S. 41.

  • [125]

     Vgl. Ebd., S. 34f. und Balfour, S. 8ff.

  • [126]

     El-Asrouti, S. 37.

  • [127]

     Balfour, S. 23.

  • [128]

     Ebd., S. 19.

  • [129]

     El-Asrouti, S. 37.

  • [130]

     Ebd., S. 38.

  • [131]

     James A. Chandler zitiert in: Ebd., S. 41

  • [132]

     Vgl. Woolman, S. 96; andere Schilderungen schreiben von 8.000-12.000 Todesopfern auf Seiten der Spanier, berücksichtigen allerdings nicht einheimische Hilfstruppen und mitreisende Zivilisten; vgl. bsp. Balfour, S. 52-82: „(…) almost 10.000 Spanish soldiers were killed. (S. 75).

  • [133]

     Vgl. Sasse, S. 40.

  • [134]

     Vgl. El-Asrouti, S. 52-55 und Woolman, S. 57.

  • [135]

     Vgl. Balfour, S. 52-82.

  • [136]

     Vgl. Woolman, S. 85, 97f. und Balfour, S. 10f., 22ff.

  • [137]

     Kunz, S. 56.

  • [138]

     Balfour, S. 84.

  • [139]

     Kunz, S. 83.

  • [140]

     Balfour, S. 57.

  • [141]

     Vgl. Balfour, S. 83-122.

  • [142]

     Vgl. Kunz, S. 60f.; Die Dringlichkeit der spanischen Anfrage nach chemischen Kampfstoffen unterstützt die Annahme der immanenten, militärischen Notwendigkeit: „Spanien benötigte (…) jetzt und gleich (…) Kampfstoffe.“ (S. 67).

  • [143]

     Ebd., S. 66.

  • [144]

     Sasse, S. 59.

  • [145]

     Vgl. Kunz, S. 72.

  • [146]

     Vgl. Sasse, S. 59.

  • [147]

     Vgl. Kunz, S. 59.

  • [148]

     Vgl. Sasse, S. 60.

  • [149]

     Vgl. Balfour, S. 138.

  • [150]

     Vgl. Kunz, S. 109f. und Balfour, S. 140.

  • [151]

     Sasse, S. 60.

  • [152]

     Balfour, S. 95.

  • [153]

     Vgl. Sasse, S. 61.

  • [154]

     Balfour, S. 20.

  • [155]

     Vgl. Ebd.

  • [156]

     Vgl. Kunz, S. 120f.

  • [157]

     Vgl. zu den Kriegsgräueln der Rifkabylen bspw. Balfour, S. 75 und Woolman, S. 91ff.

  • [158]

     Vgl. Kunz, S. 122-128.

  • [159]

     Vgl. Sasse, S. 60.

  • [160]

     Vgl. Kunz, S. 89f.

  • [161]

     Vgl. Kunz, S. 141-149.

  • [162]

     Vgl. Sasse, S. 61.

  • [163]

     Vgl. Balfour, S. 156.

  • [164]

     Vgl. Kunz, S. 112f. und 118ff.

  • [165]

     Mattioli 2006, S. 9.

  • [166]

     Ebd. S. 10.

  • [167]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn) , S. 121-125 und Kacza, S. 14ff.

  • [168]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn), S. 83-89.

  • [169]

     Ebd., S. 88.

  • [170]

     Mattioli 2005, S. 59.

  • [171]

     Ebd., S. 61.

  • [172]

     Ebd.

  • [173]

     Asserate, S. 7.

  • [174]

     Mattioli 2005, S. 63 und vgl. Ebd., S. 56f. und 61ff., sowie Del Boca, S. 47.

  • [175]

     Mattioli 2005, S. 63.

  • [176]

     Nolzen, S. 15 und vgl. Del Boca, S. 47.

  • [177]

     Vgl. Del Boca, S. 46, Mattioli 2005, S. 60 und Brogini Künzi (Köln), S. 34.

  • [178]

     Brogini Künzi (Köln), S. 32.

  • [179]

     Vgl. Mattioli 2005, S. 60 und vgl. Kacza, S. 51.

  • [180]

     Brogini Künzi (Köln), S. 34.

  • [181]

     Ebd.

  • [182]

     Vgl. Terhoeven, S. 73ff.

  • [183]

     Pietro Badoglio zitiert in: Brogini Künzi (Köln), S. 35.

  • [184]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn), S. 95ff.

  • [185]

     Knox, S. 109, vgl. S. 106-109 und S. 296ff.

  • [186]

     Vgl. bspw. die desaströse Niederlage der italienischen Expeditionstruppen in der Schlacht von Guadalajara im Spanischen Bürgerkrieg, in: Beevor, S. 266-284.

  • [187]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn), S. 224.

  • [188]

     Brogini Künzi (Köln), S. 34.

  • [189]

     Ebd.

  • [190]

     Brogini Künzi (Paderborn), S. 220.

  • [191]

     Pietro Badoglio zitiert in: Mattioli 2005, S. 98.

  • [192]

     Ebd.

  • [193]

     Vgl. Mattioli 2006, S. 14f.

  • [194]

     Vgl. Feldbauer, S. 55ff., Del Boca, S. 52, Kacza, S. 40f.

  • [195]

     Benito Mussolini in einem Telegramm an General Graziani, zitiert in: Del Boca, S. 52.

  • [196]

     Vgl. Jones, S. 45 und Brogini Künzi (Paderborn), S. 255.

  • [197]

     Robinson, S. 291.

  • [198]

     Robinson, S. 292.

  • [199]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn), S. 255 und Brogini Künzi (Köln), S. 38.

  • [200]

     Brogini Künzi (Paderborn), S. 258.

  • [201]

     Vgl. Brogini Künzi (Paderborn), S. 225: Badoglio löste Emilio De Bono ab.

  • [202]

     Brogini Künzi (Paderborn), S. 264.

  • [203]

     Vgl. Del Boca, S. 53 und Brogini Künzi (Paderborn), S. 260f.

  • [204]

     Haile Selassie zitiert in: Kacza, S. 53.

  • [205]

     Vgl. Robinson, S. 144ff., speziell S. 145.

  • [206]

     Benito Mussolini in einem Telegramm an Badoglio zitiert in: Del Boca, S. 53.

  • [207]

     Del Boca, S. 56.

  • [208]

     Ebd., S. 55.

  • [209]

     Vgl. Harris, S. 50.

  • [210]

     Vgl. Kunz, S. 149.

  • [211]

     Captain John Meade zitiert in: Coleman, S. 48.

  • [212]

     J.C. Fuller zitiert in: Coleman, S. 48.

  • [213]

     Vgl. Robinson, S. 146.

  • [214]

     Hull, S. 4

  • [215]

     Robinson, S. 294.

  • [216]

     Vgl. Coleman, S. 9.

  • [217]

     Vgl. Kunz, S. 147f. bspw. die Schilderungen der deutschen Beobachter des Gaskrieges in Marokko.

  • [218]

     Ebd., S. 24.

  • [219]

     Vgl. Haber.

  • [220]

     Vgl. Coleman, S. 75.

Empfohlene Zitierweise

Kreutzer, Stefan M.: Giftgaseinsatz in den Kolonien. Militärische Notwendigkeit und enthemmte Kriegsführung zwischen den Weltkriegen. aventinus varia Nr. 32 [14.03.2012], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9281/

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Erstellt: 14.03.2012

Zuletzt geändert: 14.03.2012

ISSN 2194-1971